Ich habe ihn längere Zeit links liegen lassen, doch die Sehnsucht ist wieder da. Er ist nunmal meine musikalische Heimat, keine Musik, so riesig und vollkommen divers auch diese Sparte ist, kann meine Seele so bewegen wie er, der Jazz.
Als ich das Schuljahr 1992/’93 in den USA verbrachte, mit meinem Tenorsaxophon unter dem Arm, kam ich das erste Mal mit ihm in Kontakt, auf eine sehr anfängerfreundliche Art und Weise. Bebop und Co. stießen mich damals eher ab, viel zu kompliziert. Nein, meine Gastfamilie in St. Louis spielte mir Kenny G vor, eine mir jetzt viel zu seichte Easy Listening Musik. Aber damals echt gut, ich kannte sowas gar nicht und versuchte so nach und nach, ein wenig vom Band nachzuspielen.
Später dann die erste Jazz-MC, in einem 08/15-Laden dort gekauft (alle haben dort recht ansehnliche Jazzabteilungen). Ich kannte niemanden, es sollte bloß ein Saxophonist dabei sein, und es wurde eine von den “Brecker Brothers” mit dem Tenorsaxophonisten Michael Brecker. Ihr Album “The Return of The Brecker Brothers” versuchte ich, nicht immer zum Gefallen meiner zweiten Gastfamilie, bis zum Gehtnichtmehr mitzuspielen. Bei vielen Soli musste ich natürlich passen. Aber so nach und nach, mit ein wenig Harmonielehre, erkannte ich den Aufbau vieler improvisierter Passagen.
Jetzt, Jahre später, auch mit Bebop vertraut (man sollte halt erst gehen lernen bevor man läuft), ist mein eindeutiger Lieblingssaxophonist dieser, auch wenn ich Leute wie Coltrane, Parker und Rollins sehr schätze (und er noch nicht einmal Tenor spielte):
Aus den USA zurückgekehrt, hörte ich zuhause einmal, einfach aus der Städt. Bibliothek ausgeliehen, “Nude Ants” von Keith Jarrett, aus den 80ern. Es ging mir durch Mark und Bein, ich hatte noch nie so etwas Spirituell-expressives gehört. Nicht zuletzt durch den sonoren Sound dieses Saxophonisten war es mehr als nur ein Jazzquartett:
Wer eher aus der Sakralmusik kommt, dem kann ich nur das Album “Officium” empfehlen, dass er zusammen mit dem Hilliard Ensemble einspielte. Dieses Vokalensemble, spezialisiert auf Sakralgesänge des späten Mittelalters, zusammen mit den Sopransaxophonimprovisationen von Garbarek in einer tollen “Kirchenakustik”, ein Genuss!