Das Thema Einsamkeit hat bei vielen einen schlechten Beigeschmack. Man will zwar gerne mal allein sein, aber niemals einsam. Dabei ist es im Deutschen irgendwie komisch: das Alleinsein ist bloß eine Subjektivierung eines Adjektivs, ein Seinszustand, während die Einsamkeit auch für anderes gelten kann: “die Einsamkeit der Wälder” oder so. “Das Alleinsein der Wälder” geht ja schlecht.
Wenn man nun den positiv-spirituellen Aspekt hervorheben will, wie es bspw. ein Einsiedler versucht, dann hat er in unserer Sprache echt ein Problem, denn allein fühlt er sich in der ständigen Präsenz Gottes (wenn’s gut läuft) ja gar nicht. Er ist eben einsam, das ist dann positiv. Allein-sein wird dann zum Inbegriff des Negativen, Einsamkeit ist gut. So werden die Bedeutungen umgekehrt und das Unverständnis ist vorprogrammiert.
Die englische Sprache hat’s da besser getroffen, indem sie zwischen “alone” (dazu gibt es kein Substantiv!), “lonely” und “loneliness” (schlecht!) und “solitude” unterscheidet. Letzteres ist die positive Einsamkeit, das erste das gute, wenn man hier meint, man will mal “allein sein”.
Vom Wert der Einsamkeit also zu reden ist auf Deutsch denkbar schwierig. Wer will schon einsam sein? Redet man im angelsächsischen Bereich aber vom “value of solitude”, so weiß auch der religiös Unbeleckte gleich, was gemeint ist. Schade für hierzulande, aber so ist es halt. Keine Sprache ist perfekt.