Skizzen aus Berlin

Es ist Sonntag vormittag und ich sitze mit fünf bis sechs Leuten in einem Biergarten namens “Zum neuen See” (oder so ähnlich). Ganz in der Nähe wurden annodazumal Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ermordet…

Nun, das Thema ist ziemlich schnell: Kirche (und sei es auch nur als derzeitiges Modethema). Der Papa Ratzi. Ich als einziger dt. Kathole vor Ort (das ital. Pärchen, wol recht gläubig, hält sich zurück) in dieser Runde muß dann für vielerlei Fragen bereitstehen. Aber es zeigt sich schon schnell, daß BXVI (Benedikt XVI.) eine Menge Respekt bekommt, auch von eingefleischten Protestanten oder, in großer Mehrheit, ehemaligen Christen, jetzt Agnostiker.
Man beschäftigt sich mit dem, was Joseph Ratzinger so zu sagen hatte und hat. Und natürlich gibt es Vorurteile, das Schlagwort “Mittelalter” wird hervorgeholt, aber die innere Kohärenz des von BXVI gesagten überzeugt all die, die davon schon was gelesen haben.

Nur die am Ende stehenden Schlußfolgerungen und Forderungen gefallen nicht. Können sie aus säkularer Sicht aber auch nicht. Mein Grundgefühl aber ist positiv: endlich mal die ernsthaften Bemühungen um Verständnis…
Manchem (einem Ex-Katholiken und Ex-Ministrant) paßt schon die ganze Wahrheitsfrage nicht, einem anderen sind BXVIs Konsequenzen nicht “zeitgemäß”. Wie auch immer. Grundsätzlich scheinen die Zeichen - vielleicht auch nur für kurze Zeit - auf intellektuelle Beschäftigung zu stehen. Schon ein Resultat dieses Pontifikates.

Ein Abend später, mit nahezu den gleichen Personen, bin ich von den kirchenhistorischen Kenntnissen eines ehemal. Protestanten (jetzt keine Kirchenzugehörigkeit) beeindruckt, der das ganze aus kulturhistorischem Interesse für wichtig erachtet - womit er durchaus Recht hat. Ein wenig konnte ich Mißverständnis beiseite schieben (so war er der Meinung, Enzykliken seien “ex cathedra”, und ihm schien der Gedanke der Erlösung einleuchtender zu werden), anderes blieb.

Daß so viel über die Kirche geredet werden würde, gerade in dem Diasporagebiet Berlin, hatte ich nun wirklich nicht erwartet. Okay, ich habe mich auch nicht dagegen gewehrt…

Nachtrag: zweimal wurde ich gefragt, ob “es denn gut gewesen sei”, was sich auf meinen Meßbesuch am Sonntag bezog (als katholische Spaßbremse wurde durch mich natürlich das Baden am See verkürzt, damit ich abends zur Messe konnte). Ich weiß dann nie, was ich dazu sagen soll (auch wenn ich mich an die St.-Hedwigs-Kathedrale durchaus erst gewöhnen mußte). Gibt es was “besseres” als eine Hl. Messe? Aber greifen da Kriterien wie “gut” oder “schlecht” überhaupt?





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