Ja, es ist irgendwie sperrig, dieses Buch, das einfach nur ein Thema hat, einen Menschen: Jesus aus Nazareth. Über 800 Seiten geht es um niemand anderen, um nichts anderes. Nahezu jede Facette, die jemals Streitpunkt war, die im Bewußtsein des gemeinen Christen oder Interessierten sein könnten, wird behandelt. Dabei wird nichts ausgelastet - das Aufräumen von Klischees, das Hinterfragen von wiss. Übereinkünften, das Hinterfragen der eigenen philosophischen Einstellung des Lesers, der ja mit einem bestimmten (manchmal unbewußten) Hintergrund an den Bibeltext geht. Recht wohltuend ist der Umgang mit nichtbiblischen Schriften, da auch sie durchaus einiges zum Wissen über diesen Mann beitragen können.
Aber ist das Buch wohltuend? Es ist kein wissenschaftl.-theologisches Werk, will es auch nicht sein. Es tut wohl, daß der Text der Hl. Schrift in seine Zeit, in seine Fremdheit verortet wird ohne daß wir uns anmaßen, alles besser beurteilen zu können als die Menschen damals, die der Zeit viel näher standen. Es strengt aber auch an, da wirklich fast nichts ausgelassen wird.
Insgesamt finde ich das Buch durchaus empfehlenswert. Es ist sperrig im Kopf, bleibt hängen. Das ist gut.
Negativ finde ich manche Pauschalurteile gegen wiss. Theologieströmungen, nicht wegen des Urteils an sich, das teile ich häufig, sondern wiel sie außer am Schluß ab und zu eigentlich nie mit irgendwelchen Quellenangaben verifiziert werden. Wenn man argumentativ angreift, sollte man zumindest exemplarisch Roß und Reiter nennen. Ein Anhang am Schluß mit Fußnotenverzeichnis stört den Lesefluß nicht und hätte all denen gedient, sie sich tiefer damit befassen möchten. Denn manchmal scheinen die Standardwerke der Theologie wirklich so haarsträubende Thesen als “gesicherte Erkenntnis” zu verkufen, daß man schon deren Titel gerne wüßte (da bin ich ja immer froh, daß die Bischöfe der Kirche und nicht die Professoren den Glauben überliefern - dem Glauben ist Irrtum auf dem neuesten Stand (Wissenschaft) nicht
gerade zuträglich).