So scheint es jedenfalls zu sein, wenn das Thema Ärztemangel mal wieder hochschwappt (noch nicht so arg viel, weil der extreme Mangel erst noch kommt).
Der Arzt will nicht aufs Land. Der Arzt will nicht in die armen Stadtteile der Großstadt.
Bei beiden Aussagen kann ich als Facharzt für Allgemeinmedizin auch nur einwenden: warum sollte er auch?
Auf dem Land ist generell die Akademikerdichte geringer als in der Stadt, insofern ist ein relativer Mangel da nur normal. Dazu kommen die zum Teil extremenen Bedingungen für die Notdienste (da bessert sich schon manches), so daß es quasi kaum noch freie Wochenenden für den Arzt gibt. Es ist auch so, daß der Arzt und Familienvater auch guter Vater und Ehemann sein will, was ohne Da-Sein eben nicht geht. Auf irgendeiner dt. Nordessinsel gibt es auch nur einen Arzt, so daß dieser 365 Tage/Jahr im Bereitschaftsdienst ist. Das ist in der Provinz nicht ganz so schlimm, aber regelmäßige freie Wochenenden sind nicht drin.
Nun kann man ja einwerfen, daß man das ja wisse, wenn man Hausarzt auf dem Land wird. Genau, deswegen werden es auch immer weniger. Ein höheres Honorar oder eine wirkliche Selbständigkeit machen da meines Erachtens nach nicht das Entscheidende aus.
In den armen Stadtteilen der Großstädte sieht es ähnlich aus. In Duisburg-Marxloh gibt es bspw. nicht einen Kinderarzt, in meinem Viertel (dem ärmesten Düsseldorfs mit >9000 Einwohnern) nur einen Hausarzt und einen Chirurgen, das war’s. Durch die Wohndichte und ÖPNV kann man schneller mal in einen anderen Stadtteil, wo dann der Hausarzt ist, okay, aber für Hausbesuche für alte Menschen, kinderreiche Familien und ähnliches sieht es schon mau aus.
Was kann man in beiden Fällen tun?
Ich sehe nur eine Lösung: die Kommunen, bspw. durch die Gesundheitsämter, müssen früher oder später Ärzte anstellen, die ein bestimmtes Gebiet hausärztlich versorgen. Das Gehalt ist fest, das Personal wird bezahlt, ebenso die Miete der Praxis. Nur so wird medizinischer Unfug wie das massenhafte IGeLn verhindert. Das würde einen massiven Systemwandel bedeuten, da die Ärzteschaft ihrer Verpflichtung nicht mehr nachkommen kann, eine flächendeckende Versorgung durch Ärzte sicherzustellen. Im Moment wird da ja noch einiges geradegelogen.
Man kann natürlich auch à la Cuba (da wird’s so gemacht, ist eher der diktatorische Weg) die Ärzte “zwingen”, aufs Land oder in ein Problemviertel zu gehen - nur wird das gnadenlos scheitern.
Wenn medizinische Versorgung zum Grundrecht des Menschen gehört und die Ärzteschaft in den Augen des Staates dieses Grundrecht nicht mehr verwirklichen kann, dann ist er selbst gefordert.