Blogger-Debatte

Auf “Gesichtsbuch” hatte ich gestern zu später Stunde eine kleine Diskussion mit der Mit-Bloggerin Elsa und einem anderen Teilnehmer aufgrund dieses Beitrages.
Ich hatte geschrieben, und natürlich hat sich diese Meinung seit gestern nicht geändert, daß ich für die Laisierung der Kleriker bin, die der Pädophilie überführt worden sind.
Das stieß auf Widerstand mit Argumenten, die ich nicht so recht nachvollziehen konnte.
Einerseits wurde mit existenziellen Nöten der dann Nicht-Mehr-Priester argumentiert. Auf meine Frage, welche existenzielle Nöte denn ein Single hierzulande so haben kann, dessen Rentenbeiträge nachbezahlt wurden - bei vormals sehr gutem Einkommen! - gab es leider keine Replik.
Dann kam das Thema der Doppelbestrafung, d.h. neben der weltlich juristischen auch noch die kirchliche. Daß das nicht nur bei uns Ärzten berechtigterweise auch möglich ist (Entzug der Approbation und somit Berufs- und Berufungsverlust nach schwerer Straftat), schien nicht so wichtig zu sein.
Nicht zuletzt wurde damit argumentiert, daß eine gezeigte Reue ja auch was “bringen”müsse (inhaltlich wiedergegeben). Die Reue bringt die Vergebung vor Gott, das ja, aber daß eine Reue dadurch auch Jobsicherheit mit sich bringen müsse, war mir vollkommen neu und konnte mir auch nicht wirklich erklärt werden. Gilt ja auch nicht für andere Straftäter.
Schließlich ging es - bevor ich dann schlafen mußte - um den besonderen “Status” des Priesters, der natürlich kein “Status” ist sondern ein “Stand”, was etwas gänzlich anderes ist. Ein Priester kann nicht natürlich nicht “entweiht” werden.
Mir ging und geht es nicht um juristische oder kanonische Fragen, sondern um das Zeugnis der Kirche. Ich habe überhaupt nichts gegen Barmherzigkeit von Seiten der Kirche, aber der oft gehörte Hinweis, daß diese dem Anschein nach unterschiedlich verteilt wird, ist nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Barmherzigkeit und Vergebung muß auch nicht dazu führen, daß jemand wieder in Amt und Würden eingesetzt wird, wenn dies trotz Reue das Zeugnis der Kirche verdunkelt. Und daß es dies tut, ist hoffentlich nicht nur mir klar. Ich kenne selber tieffromme Menschen, theologisch höchst versiert, bei denen der Umgang der Hierarchie mit dem Mißbrauch zu schweren Glaubenskrisen geführt hat, zum Teil auch aus der Kirche heraus - auch Benedikt XVI. hörte dies ja von Mißbrauchsopfern.
Dabei geht es gar nicht darum, daß die Kirche mißbracht hat - denn die Kirche wurde auch mißbraucht, da die meisten Opfer ja Katholiken waren. Obwohl es nach dem Zeugnis der Schrift nicht allzu unwahrscheinlich ist, daß der Herr sich eindeutig mit der Seite der Opfer solidarisieren würde, nimmt die Kirchenleitung noch zu sehr die Sicht der Täter wahr.

Wann wird offiziell begonnen zu sehen, daß die Kirche mißbraucht wurde?
Wann beginnt man die Opfer auch offiziell und verbal als das zu sehen, was sie sind - zutiefst verwundete Glieder des Leibes Christi?
“Die Kirche hat AIDS” heißt es in manchen afrik. bischöflichen Stellungnahmen, um aufzuzeigen, daß die Kirche in ihren Gliedern von dieser Seuche selbst zutiefst betroffen ist.
“Die Kirche wurde mißbraucht von ihresgleichen”, so sollte es hierzulande heißen. Doch diese Wahrnehmung der Opfer als Subjekte der Kirche hat bislang offiziell und in Verlautbarungen noch nicht stattgefunden.

In dem oben zitierten Beitrag von Elsa steht auch ein Kommentar, der für meinen Standpunkt einen prominenten Fürsprecher aufführt. Der sel. JP2 sagte in der Ansprache an die amerik. Kardinäle im Jahr 2002 (Hervorhebung von mir):

It must be absolutely clear to the Catholic faithful, and to the wider community, that Bishops and superiors are concerned, above all else, with the spiritual good of souls. People need to know that there is no place in the priesthood and religious life for those who would harm the young. They must know that Bishops and priests are totally committed to the fullness of Catholic truth on matters of sexual morality, a truth as essential to the renewal of the priesthood and the episcopate as it is to the renewal of marriage and family life.





7 Kommentare zu “ Blogger-Debatte”

  1. Sarah meint:


    Die Webseite von Sarah

    Wenn ein eindeutiges Geständnis des Priesters vorliegt die Tat/Taten begangen zu haben stimme ich dir zu. Ich lese jetzt nicht auf fa..b… nach, was die allgemeine Meinung ist….

  2. Phil meint:


    Die Webseite von Phil

    Hmm… Ein laisierter Priester kann sehr wohl immer noch seiner Pädophilie frönen. Kinderspielplätze gibt es zuhauf. Ein eine dicke Pension bekommender Expriester (die ja anscheinend dick sein soll, wenn ich Dich recht verstehe) hat auch nicht viel zu tun, und wie wir wissen, ist Müßiggang aller Laster Anfang.

    Er kann jedoch auch an Stellen versetzt werden, wo der Kontakt mit Kindern schwierig bis unmöglich ist. Wäre das nicht sinnvoller? Du hast mir auf fb leicht höhnisch vorgeworfen, daß ein Bischof nicht so mächtig sei, um einem Priester den Gang auf den Spielplatz zu verbieten (wenn ich Dich richtig verstanden habe). Natürlich kann der Bischof für einen in einer Großstadt weiterhin agierenden Priester, der am besten noch eine eigene Wohnung hat, nicht über seine Freizeit etc. verfügen. Aber es gibt doch genügend Orte auf der Welt, wo ein Mensch ohne Kontakt mit Kindern leben und arbeiten kann! Vielleicht verstehe ich hier was nicht, aber hat nicht der Bischof bzw. die Kirche im Allgemeinen die Macht, jemanden dorthin zu versetzen?

    Ich stimme Dir ja zu, daß ein schuldig gewordener Priester nicht mehr seelsorgerisch arbeiten kann, jedenfalls nicht für Kinder, Eltern und Jugendliche. Aber zwischen einem Gemeindepfarrer und einem Priester im Allgemeinen können doch Welten liegen! Ein Priester kann seiner Weihe auch anders entsprechen; er kann Seelenmessen lesen oder für die Kirche das Brevier beten. Für seine Opfer, für seine Seele, daß sie nicht am Ende verdammt werde und für die Kirche.

    Ich mein, denkst Du wirklich, die Kirche würde sich rein waschen (tatsächlich und im Licht der Öffentlichkeit), wenn sie die Priester laisiert? Wie wird wohl die Welt denken, wenn ein solcher Mensch Wiederholungstäter werden würde? Glaubst Du, das Fallbeil würde nicht wieder in Richtung Kirche fallen? Wie würde die Welt denn reagieren, wenn straffällige Priester laisiert werden und, wie Du ja bestätigst, dessen Rentenbeiträge anscheinend durchaus lebenswert sind? Und viel wichtiger: Wie will man verhindern, daß ein laisierter Priester nicht wieder straffällig wird?

    In der Hinsicht denke ich, es ist zu einfach, wenn die Kirche durch eine Laisierung sich von der Person distanziert; sie muß eine Situation schaffen, daß ein Kindesmißbrauch nicht mehr vorkommen kann. Eine Versetzung an “ungefährlichere” Stellen ist hier, denke ich, ein erster Schritt (wenn an dem auch noch viel gearbeitet werden muß).

    Ich hoffe, ich konnte klar machen, daß es mir nicht um Barmherzigkeit mit straffällig gewordenen Priestern geht, sondern um Effektivität. Ich denke, daß man bzgl. der Aufarbeitung von Mißbrauchsfällen noch viel tun kann, jedoch stimme ich Dir absolut nicht zu, daß eine Laisierung die richtige Konsequenz wäre. Sie würde meiner Meinung nach zu kurz greifen.

  3. Thomas meint:


    Die Webseite von Thomas

    Ich finde das Argument Reue müsse etwas bringen alleine sehr zweifelhaft. Reue sollte doch wirklich von Innen herauskommen und für sich selbst stehen. Wenn ich Reue zeige, um dadurch z.B. eine Strafmilderung erreiche, hat dass doch ein kleines G’schmäckle, oder?

  4. Ralf meint:


    Die Webseite von Ralf

    Phil, die Aufgabe der Kirche ist es das Evangelium zu verkünden, das eigene Zeugnis dafür ist entscheidend. Daß das Zeugnis durch nichts verdunkelt werden darf, war insbesondere das wichtige Anliegen des letzten Papstes (der jetzige wird es natürlich genauso sehen).

    Das ist der entscheidende Punkt. Ich muß dazu das Zitat von JP2 nicht noch einmal wiederholen.

    Natürlich kann ein Priester an eine Stelle versetzte werden, wo es kaum Kinder gibt. Doch was sagt das über das Freizeitverhalten aus? Es ist auch nicht Aufgabe der Kirche, dafür zu sorgen, daß ein Mißbrauch nicht mehr vorkommen kann (sie kann nicht Verbrechen verhindern) - was sie tun kann, ist dafür zu sorgen, daß es nicht mehr durch Amtsträger geschieht. Und da bin ich einfach für den sichereren Weg.
    Elsa fragte bei Gesichtsbuch an, ob es denn um die “bella figura” ginge.
    Natürlich geht es um die bella figura, diese muß ja bspw. ein Heiliger auch aufzeigen, um heiliggesprochen zu werden. Es sei denn, uns sind die anderen egal und wir wollen die Menschen nicht erreichen. Dann könnten wir uns darin suhlen, die Erwählten zu sein.
    Hier in NRW ist es Nachricht bei allen(!) Lokalsendern, daß in Trier Pädophile weiter als Priester arbeiten können. Auch wenn das nichts Neues sei, wie Bischof Ackermann gestern im Domradio sagte, und auch wenn es den aktuellen Richtlinien entspreche - offensichtlich gibt es eine Menge Leute, die diese Richtlinien für falsch halten und Altes wird nicht dadurch richtig, daß es schon länger so läuft.

    Noch einmal: es geht nicht ums Reinwaschen, das habe ich nie behauptet, es geht um das klare Zeugnis der Kirche.

  5. Phil meint:


    Die Webseite von Phil

    Einfach Päderasten aus dem Weihestand in die freie Welt entlassen wird der “bella figura” der Kirche nicht guttun, denn wenn diese weiderholungstäter werden, wird es weiterhin heißen “Herr K. war Priester, bis er wegen pädophiler Straftat des Amtes enthoben wurde”. Das wird nichts, gar nichts ändern.

    Und nochmal: Durch eine geeignete Wahl der Versetzung kann die Kirche sehr wohl sehr viel verhindern bzw. die Möglichkeit der Sünde stark minimieren. (Nebenbei würde ich schon sagen, daß die Kirche z.T. durchaus die Aufgabe hat, die Möglichkeit der Sünde zu minimieren…)

    Auch mir geht es um das Zeugnis der Kirche. Ob dieses Zeugnis ist bei Laisierung so klar ist, wie Du denkst - daran habe ich, gerade, wenn die Person wieder rückfällig wird, meine Zweifel.

  6. Phil meint:


    Die Webseite von Phil

    P.S.:

    Ich werd nochmal weiter darüber meditieren; betreffs der Reue - und Barmherzigkeits-Argumentation sollten unsere Freunde auf FB nicht vergessen, daß auch Paulus folgendes über einen Blutschänder sagte:

    “Schafft den Übeltäter aus eurer Mitte!”

    Ich bleibe zwar dabei, daß ich nicht weiß, ob Laisierung wirklich die großartige Möglichkeit ist, für die Du sie hälst (wobei das, was mir vorschwebt - lebenslanger Gottes-Dienst als Rekluse, nicht vorgesehen ist…), jedoch ist natürlich zu sagen, daß das herauswerfen von Menschen laut Paulus durchaus legitim ist.

  7. Ralf meint:


    Die Webseite von Ralf

    Auf Elsas Seite wurde ja folgender Dialog angeführt:

    http://www.firstthings.com/article/2007/01/sin-grace-and-zero-tolerance–40

    bei dem es um das gleiche Problem geht, das ganze dann aus amerikanischer Sicht.

    Was mich noch massiv stört, ist der Umstand, daß mit “Umkehr und Reue” automatisch eine Wiedereinsetzung in Amt und Würden suggeriert wird. Die Reue und Umkehr führen dazu, daß man wieder das Heil erlangen kann - das ist doch entscheidend. Dabei ist es außerst sekundär, in welchem Lebensstand das geschieht


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