Alles skandalös?

Die Bischöfe Deutschlands, also unsere - bzw. meiner nicht, weil der erst am Samstag als solcher in Amt und Würden ist - machten sich dieser Tage mal wieder ihre Gedanken zu verschiedenen Themen.

Dazu gehörte auch das kirchliche Arbeitsrecht (das ich am liebsten abgeschafft sähe, weil es der Kirche massiv schadet, aber was zählt meine Meinung da schon).

Es wird eingesehen, daß angesichts der immer kleiner werdenden Zahl an überzeugten Katholiken a) diejenigen, die u.a. auch die katholische Position bgl. der Fragen von Ehe und Familie vertreten, immer weniger werden und dementsprechend b) immer weniger damit gerechnet werden kann, daß in nominell katholischen Einrichtungen diese Positionen von den Mitarbeitern auch mehrheitlich vertreten wird.

Das ist natürlich nichts wirklich Neues. Da gibt es verschiedene Lösungsansätze für eine neue Authentizität, die ich jetzt nicht weiter debattieren will.

Interessanter ist für mich der innerkirchliche Umgang mit den Mitarbeitern, die in ihrem privaten Leben nicht so leben, wie die Kirche das gerne sähe. Kurz gesagt: bislang ist es häufiger Usus, bspw. einen wiederverheiratet Geschiedenen nach der erneuten Trauung zu feuern, ebenso bspw. eine Mitarbeiterin, die in einer homosexuellen Lebensgemeinschaft lebt und diese staatlich anerkennen läßt.

Das ist ebenso bekannt.

Die Kirche darf das (leider), ist hierzulande verfassungsrechtlich abgesegnet.

Aber warum macht sie es (bzw. nicht “die Kirche”, die ich ja auch bin, sondern bestimmte Entscheidungsträger) überhaupt, was bringt das Positives? Hilft das bei der Evangelisierung? Warum existiert bspw. ein Katholisches Krankenhaus? Wird der Heilauftrag Jesu dadurch konterkariert, indem er von einem salopp gesagt “katholisch Unreinen” ausgeübt wird (sozusagen der unreine Samariter von vor 200 Jahren)?

Vor allem wenn eines passiert: es heutzutage kaum jemanden wirklich mehr stört?

Doch muss andererseits die Kirche alles zulassen?

Ein gutes Kriterium habe ich in einem sehr lesenswerten Artikel meines Lieblings-Blogs gefunden. Er verweist wiederum auf einen anderen Artikel eines Journals und dort wird der Skandal bzw. kirchenrechtlich gesprochen das sog. “schwere Ärgernis” als Unterscheidungskriterium genannt. Das bedeutet: in einer säkularen Umwelt, die vom Evangelium noch nicht oder nicht mehr durchdrungen ist, wird es nur wenige stören, wenn ein Mitarbeiter einer kath. Einrichtung gegen die Ehelehre Jesu verstößt. In einem katholisch inkulturiertem Umfeld würde das anders sein.

Und in welchem Umfeld leben wir?

Eben.

Außerdem gibt es bekanntlich sieben Hauptsünden. Natürlich sind sie Teil der Morallehre, die ein Mitarbeiter einer kath. Einrichtung zu beachten unterschreibt. Da gäbe es noch jede Menge anderer Gründen für eine sofortige Entlassung - aber kennt jemand den Fall einer Kündigung wegen Geiz oder - der Hauptsünde schlechthin - wegen Stolz?





6 Kommentare zu “ Alles skandalös?”

  1. Friedlon meint:


    Die Webseite von Friedlon

    Wichtiger noch als ein heiligmäßiges Privatleben fände ich, wenn wenigstens bei der Arbeit in der katholischen Einrichtung ein einigermaßen christliches Benehmen an den Tag gelegt würde.
    Wenn das einzig katholische an einer Einrichtung das entsprechende Wort auf dem Klingelschild ist, macht das kirchenamtliche Mühen insgesamt wenig Sinn.

  2. Michael G. meint:


    Die Webseite von Michael G.

    Diesmal kann ich Ihre Einschätzung leider so gar nicht teilen.

    Seit ca. 10 Jahren mache ich in einem katholischen Krankenhaus ehrenamtlich Arbeit in der gewählten “Mitarbeitervertretung”.
    Längst spielt es keine Rolle mehr, ob der Chefarzt oder der Verwaltungsleiter gegen die “Grundordnung des kirchlichen Dienstes” verstoßen. Man wird gegangen weil die Fallzahlen
    nicht stimmen, oder der Case-Mix-Index zu Wünschen übrig läßt.
    Aber ich glaube, so brutal wie in den großen Klinikkonzernen ist es noch nicht.

    Sicher wir haben ein, dem Betriebsverfassungsgesetz gegenüber, abgeschwächtes Mitarbeitervertretungsrecht und komplizierte Strukturen.
    Aber es funktioniert: soviel ich weiß haben z.b. alle Düsseldorfer kath. Krankenhäuser eine gut funktionierende Mitarbeitervertretung, es gibt Vernetzung auf Diözesanebene und das KSI in Bad Honnef ist eine gute Adresse für Fortbildungen für Mitarbeiterverteter.

    Krankenhäuser “katholischer Prägung” wie WB Schwaderlapp, (wohl mit Bezug auf M.Lütz) in seinem Interview in der RP sagte, was soll das sein ? Ich kann mir nichts darunter vorstellen.
    Und ganz praktisch : will man denn die, doch recht umfangreiche, katholische Krankenhauslandschaft auf Betriebsverfassungsgesetz, Betriebsräte und Verdi umstellen ?

  3. Ralf meint:


    Die Webseite von Ralf

    Lieber Michael G.,

    es wäe gut, wenn ein Mitarbeiter eines kath. KH nicht gegangen wird, weil er gegen die kath. Morallehre verstößt - doch ein Gerichtsverfahren gegen einen mir bekannten Chefarzt eines kath. Hauses hier in Düsseldorf, welches - soweit ich weiß - bis zum BGH oder BArbG ging und welches der Arzt gewann, das ganze vor wenigen Jahren, zeigt, daß es auch anders sein kann, eben “wie früher”. Er hatte seine langjährige Lebensgefährtin geheiratet nach lange zurückliegender Scheidung. Ob das nur der Aufhänger war und man eh nicht zufrieden war, keine Ahnung, aber zumindest war dies der offizielle Grund.

    Die MAV haben nicht nur ein “abgeschwächtes” Recht, sie haben sogar ein Recht nicht, welches die katholische Soziallehre selber zugesteht: das Streikrecht. Und wenn dieses fundamentale Recht der Arbeitnehmerschaft genommen wird, interessiert mich auch nicht, ob MAV “funktionieren” - denn das kann sehr viel bedeuten. Ohne Gewerkschaft im Hintergrund hat man auf AN-Seite nie das tarifrechtliche Know-How wie die AG-Seite - und die Bischöfe wissen das.

    Ein Krankenhaus “katholischer Prägung” wäre eine einfache Zertifizierung (wie bspw. nach ISO oder auch proCum Cert) - welche Ressourcen werden für Hl. Messe, Sakramentenempfang, Seelsorge, geistliche Literatur etc. vorgehalten und wie gehen die Mitarbeiter damit um, welches Wissen haben sie über die Lehre der Kirche bspw. über die Krankensalbung, warum könnte sie für einen Patienten wichtig sein etc.

    Das gehört alles dazu (und da würden schon viele katholische Häuser scheitern).

    Und zu ganz praktisch: eins nach dem anderen, in 3-5 Jahren sind alle Häuser umgestellt. Das würde gehen - wenn man es denn will.

  4. Michael G. meint:


    Die Webseite von Michael G.

    Lieber Ralf,

    zunächst mal vielen Dank für Ihre ausführliche Stellungnahme zu meinem Kommentar !
    Dennoch bin ich verwundert, dass die Kritik am sogenannten “3 Weg” jetzt gerade aus der Mitte der Kirche zu kommen scheint.
    Wenn man den Gedanken der “Dienstgemeinschaft” konsequent denkt, ist aber eigentlich klar, dass es da eben keine Mittel des Arbeitskampfes wie Streik oder Aussperrung geben kann.

    Und: ich finde die Arbeitnehmer-Verteter in der paritätisch besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission AVR/Caritas haben doch gerade jetzt (Beschlüsse vom Samstag, 27.9.) ziemlich viel Know-how bewiesen: es gibt keine Abkoppelung vom Leittarif TVöD bei der Caritas.

  5. Ralf meint:


    Die Webseite von Ralf

    Lieber Michael G.,

    wenn, ja wenn es eine Dienstgemeinschaft wäre, die dieses Wort verdienen würde! Ich habe einige katholische Krankenhäuser als Arbeitnehmer erlebt, kenne auch einen gläubigen Bruder des OFS, der mehrere kath. Seniorenheime als Altenpfleger kennt und immer noch dort tätig ist: weder von Dienst noch von Gemeinschaft irgendeine Spur. Denn Dienst heißt auch gegenseitiger Dienst, Gemeinschaft heißt füreinander einstehen.

    Nein, der Markt macht so etwas ohne massive weitere Zuschüsse aus Kirchensteuermitteln, um eben die Härten des Marktes abzufedern, schlechterdings unmöglich. Diese Zuschüsse gibt es nicht, dafür gibt es reihenweise nichtssagende Leitbilder (wer eins braucht hat schon ein Problem!).

    Steht im Tarifvertrag - Stichwort katholische Dienstgemeinschaft - etwas darüber, daß die Mitarbeiter für ihr geistliches Leben Zeit zur Verfügung gestellt bekommen? Werden die AG angehalten, Angebote zu unterbreiten?

    Sorry, wenn ich “Dienstgemeinschaft” höre, erwarte ich Dienstgemeinschaft, wenn ich katholische Träger höre, erwarte ich katholisches.

    Zumindest im katholischen Rheinland scheint es das nicht zu geben.

  6. Michael G. meint:


    Die Webseite von Michael G.

    Lieber Ralf,

    ja, Freistellung für geistliches Leben ist in den AVR/Caritas geregelt, Allgemeiner Teil, § 10, Abs.5 “Der Mitarbeiter, der im Einverständnis mit dem Dienstgeber an Exerzitien teilnimmt, erhält dafür im Kalenderjahr bis zu 3 Arbeitstage Arbeitsbefrei-
    ung unter Fortzahlung der Dienstbezüge…”

    Früher war es bei uns so: die Stationsschwestern waren Ordenschwestern und haben ihr Team zusammengehalten wie eine Familie, die Schwachen gefördert, Butterbrote, Bowle und Reibekuchen für ihre Leute gemacht, Wohnungen besorgt, Geld
    geliehen, waren von Früh bis Spät für die Patienten da.
    Heute gibt es bei uns leider keine Schwestern mehr.
    Ein Vakuum das nur schwer auszufüllen ist.
    Und Sie haben recht, die Dienst-”Gemeinschaft” ist allenfalls noch rudimentär vorhanden. Aber manchmal eben doch, besonders wenn es jemand besonders schlecht ging.


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