In einem Forum habe ich die letzten Tage vermehrt über das Thema der Zulassung wiederverheiratet Geschiedener (wvG) zur Hl. Eucharistie debattiert, u.a. auch mit einem versierten Kanonisten (Theologe, Spezialgebiet Kirchenrecht). Auch wenn ich das vor zwei Beiträgen schon einmal angerissen habe, möchte ich das gern einmal weiter ausbreiten, was ich dazu denke.
Im Gegensatz zu den meisten Bloggern, so ist zumindest mein Eindruck von diesen, wünsche ich mir eine Änderung - Änderungen in der Kirchenlehre hat es immer mal gegeben (man schaue nur mal auf die Beichte). Dabei geht es mir aber keinesfalls um eine Änderung an der Unauflöslichkeit der Ehe. Wie beides zusammengehen kann, ist eigentlich gar nicht so schwierig.
Das setzt aber voraus, daß man gedanklich genau das unterscheidet, was zur Göttlichen Offenbarung gehört und was Resultat einer westkirchlichen Entwicklung ist.
Daß eine Ehe unauflösbar ist, ist Göttliche Offenbarung. Punkt, fertig, aus. Wer das anders sieht, widerspricht diametral der Aussage Jesu. Daran gibt es nichts zu rütteln.
Aber, das große Aber, was eine Ehe “gültig” macht, also was eine Beziehung zur kirchlich anerkannten Ehe macht, ist keine Göttliche Offenbarung, sondern dazu gab es im Laufe der Jahrhunderte Entwicklungsschritte, die weder das Privileg der Unfehlbarkeit für sich beanspruchen können noch sich zielgerichtet nur in eine Richtung entwickeln dürfen.
Stichworte wie Ehekonsens, körperliche Fruchtbarkeit, Ehevollzug etc., all das gehört zu kirchlichen und damit veränderbaren Rechtsnormen. In der Tat, bei unverändertem Kirchenrecht ist eine Zulassung wvG als mögliche Option (nicht als Anspruch!) innerhalb des Kirchenrechts schlicht und ergreifend nicht möglich, das wäre blanke Illusion. Der Ansatz, das Kirchenrecht quasi in seiner Bedeutung herabzustufen und die Barmherzigkeit hochzustufen ist zwar gut gemeint, aber in meinen Augen nur zweite Wahl (auch wenn ich den Eindruck habe, dies ist die Tendenz der Äußerungen mancher Bischöfe - das wird nicht gut enden!).
Dabei gehen meine Gedanken nicht von der nicht mehr gelebten Ehe aus, die, wie es im Kirchenrecht heißt, “Rechtsgunst genießt” und solange als gültig anzusehen ist, bis das Gegenteil festgestellt wird.
Der Ansatz, den ich für folgerichtig halte, ist sich die zweite Beziehung anzusehen, wissend, daß alles Gute nur von dem Einen Gott letztlich stammen kann als Ursprung alles Guten.
Wenn es in einer zweiten Beziehung vieles Gutes gibt: langjährige(!) Treue, Kinder, Vertrauen, gegenseitige Verantwortungsübernahme etc., dann ist es unmöglich - damit steht man fest auf katholischem Boden - daß Gott da Seine Hände nicht positiv im Spiel hat. Er ist der Einzige Ursprung alles Guten.
Dann ist es auch durchaus legitim zu fragen: wenn Gott da schon Seine Hände im Spiel hat, wenn er theologisch gesprochen diese Beziehung begnadet, mit Gnade beschenkt - wie bewertet die Kirche dann diese Beziehung, ohne, wohlgemerkt, ohne die erste Ehe einfach abzuhaken? War denn in der ersten Ehe nicht auch Gutes, vielleicht gab es da auch schon Kinder, war die ohne Gottes Gnade?
Dafür kann und darf es keine allgemeine Regel geben. Dafür kann und darf es keinen formellen Katalog geben, der abzuarbeiten wäre.
Es darf aber auch nicht sein, wenn man Gottes Gnade in der Gegenwart nicht als irrelevant einstuft, daß die Kirche hierzu einfach nichts sagt außer “Ehebruch”, und zwar formal nichts anderes sagt, nicht im pastoralen Einzelfall. Es geht darum, daß die Ehepartner der zweiten Ehe erhobenen Hauptes bleiben können, nicht aus Stolz, sondern aus der Gewissheit heraus, daß die Kirche in ihrer Gänze sie annimmt, nicht nur der Ortspfarrer.
Meines Erachtens nach muss also das Wirken Gottes im Leben des Einzelnen, hier eben im Eheleben, ein Kriterium für die Bewertung der “Gültigkeit” einer Ehe sein. Es gilt also nachzuspüren, ob Gott diese erste Ehe als dauerhaft und sakramental intendiert hat. Das kann man nur rückblickend, weil auch bei diesem Modell die Ehe natürlich “Rechtsgunst genießt”. Das sollte man auch nur nach einer mehrjährigen Bußzeit können, weil sonst Fälle wie bspw. die des Bundespräsidenten a.D. Christian Wulff, der von seiner zweiten Frau nach weniger als zehn Jahren auch schon wieder getrennt lebt, zu häufig entscheiden werden müßten. Hier fehlte es offensichtlich am langjährigen Vorhandensein der oben genannten Kriterien (ganz neutral gemeint und ohne Urteil).
Zehn bis fünfzehn Jahre Bußzeit halte ich daher für angemessen und nicht aus der Hüfte geschossen. Das ist zwar eine lange Zeit, aber es bietet eine Perspektive und allen Beteiligten Sicherheit.
Wessen Aufgabe könnte das oben erwähnte “Nachspüren” sein? Natürlich dessen, der die Vollmacht des Bindens und Lösens bekommen hat, des Bischofs.
Es wäre also eine Erweiterung der jetzigen Kriterien. Es ist heute schon möglich, eine Ehe für “ungültig” erklären zu lassen bzw. zu annullieren, ohne in einer zweiten Beziehung zu sein - dazu gibt es formale Kriterien. Dies müßte gar nicht angepackt werden. Hier geht es um die Frage der Gültigkeit trotz vorhandener formaler Kriterien im Angesicht einer zweiten Beziehung. Die formalen Kriterien machen also eine Ehe nicht per se gültig, sondern das Fehlen eines Kriteriums macht sie ungültig.
Dabei geht es auch um die Wortwahl. Ungültig und gültig, auch von mir verwendet, sind hier rein kirchenrechtlich zu sehen und sollten im Sprachgebrauch nicht mehr vorne stehen. Aus einer Ehe kann ebenso gut eine “eheliche Lebensgemeinschaft” werden, wenn sie kirchlich gesehen keine “Ehe im vollen Sinn” ist bzw. war. Da fällt der Kirche schon kein Zacken aus der Krone.
Es geht jetzt gar nicht darum, irgendwelche Details einer möglichen Regelung bzw. Regelungsmöglichkeit aufzuzeigen. Ich möchte nur aufzeigen, daß man die Praxis nicht nur anders handhaben, sondern auch anders regeln kann, ohne das Kirchenrecht zu minimieren oder die Lehre aufzuweichen. Die Unauflöslichkeit einer Ehe bliebe bestehen.
Nur was die Ehe zur sakramentalen und von Gott begnadeten Ehe macht sind dann eben mehr als formale und stringent objektivierbare Kriterien.
Juergen meint:
30. September 2014Die Webseite von Juergen
Alles schön und gut.
Allerdings gibt es da ja noch Kanon 7 der 24. Sitzung des Konzils von Trient:
»Wenn jemand sagt, die Kirche irre, da sie lehrte und lehrt, dass (Mt 19, 6; 1 Kor 7, 10) nach der evangelischen und apostolischen Lehre, wegen Ehebruch des einen Ehegatten, das Band der Ehe nicht aufgelöst werden könne und dass Keiner von beiden, nicht einmal der Unschuldige, der nicht Ursache zum Ehebruch gab, eine andere eingehen könne, so lange der andere Ehegatte lebt und dass derjenige, welche eine Ehebrecherin entlassend, eine andere ehelicht und diejenige, welche den Ehebrecher entlassend, sich einem anderen ehelicht, Ehebruch begehe, der sei im Bann.«
Ralf meint:
30. September 2014Die Webseite von Ralf
Der Kanon ist kein Problem, da mein Modell ja die “Annullierung” der ersten Ehe immer mit einschließt.
Juergen meint:
1. October 2014Die Webseite von Juergen
Das Wort “Annulierung” ist mißverständlich, daß es im weltlichen Recht nicht (mehr) die Feststellung der Nichtigkeit bedeutet, sondern ein anderer Rechtsakt ist.
Im kanonischen Recht verwischen diese Begriffe, bzw. sie meinen das gleiche: Die Feststellung ob bzw. daß eine Ehe nie zustande gekommen ist.
Wenn aber eine Ehe nicht zustande gekommen ist, die Nichtigkeit also feststeht, dann ergibt sich das ganze Problem freilich nicht, weil die (vermeintlich) zweite Ehe in Wirklichkeit die erste und einzige Ehe ist.
Jorge meint:
1. October 2014Die Webseite von Jorge
Es gibt ja im Grunde zwei Ansätze: Erleichterung der Ehenichtigkeit oder Duldung einer nichtsakramentalen Zweitverbindung nach einer Bußzeit.
Kirchenrechtler gehen häufig in die erste Richtung. Dogmatiker oft lieber in die zweite (so übrigens auch G.L. Müller in seinen älteren Veröffentlichungen vor seiner Bischofsweihe).
Dein Ansatz ginge in die Richtung, eine erste Ehe nach einer Bußzeit zu anullieren, nur um der zweiten Ehe ebenfalls den Wert einer vollen sakramentalen Verbindung einräumen zu können. Das sehe ich mit gewissem Stirnrunzeln, weil die erste Ehe da praktisch im Nachhinein und nur deshalb entwertet wird, weil sie gescheitert ist (und nicht aus den trad. Gründen, also weil sie unter falschen Voraussetzungen geschlossen wurde und von Anfang an keine Ehe war). Es käme einer tatsächlichen Scheidung (Verlassen und Tilgung des Gatten aus dem Bewusstsein), wie sie die Kirche eigtl. verbieten muss, weil Jesus genau dies verabscheute, darum schon recht nahe (zu nah, finde ich).
Der Ansatz der Duldung einer (dann aber gerade nicht als vollgültig sakramental aufzufassenden) Zweitverbindung ginge in die Richtung, die zweite Partnerschaft zu tolerieren, weil sie eben durchaus einen sittlichen Eigenwert hat (inkl. Sexualleben), aber die eigentliche (erste) Ehe deswegen nicht völlig zu negieren oder für inexistent zu erklären (wenn sie das nicht war). Das käme der Wahrheit, auch der Wahrheit der Betroffenen, meine ich näher. Die erste Ehe war ja zumindest ein ernst gemeinter Versuch (wenn nicht, ist die Anullierung sowieso geboten) und bleibt als solcher eine von Gott eigtl. gewollte und gesetzte Realität, die das Leben auch weiterhin prägt (auch wenn man dem Anspruch Gottes nicht gerecht werden konnte und jetzt in einer neuen Partnerschaft lebt).
Man müsste nur verstehen, dass diese gescheiterte, aber fortdauernde sakramentale Realität nicht *notwendig* bedeuten muss, die (an sich nicht sittlich schlechte) zivile Zweitehe auflösen und zum ersten Gatten zurückkehren bzw. fortan allein bleiben zu müssen (das wäre eben sehr oft eine krasse Überforderung, wenn auch vllt. nicht für dich und mich oder Jürgen).
Das stattgehabte Scheitern bleibt ein Anspruch und eine traurige Realität im Hintergrund, die einerseits bewältigt und respektiert werden muss, andererseits aber keine totale Lähmung zur Folge haben muss, sondern auch eine Art Ansporn sein kann, Fehler nicht zu wiederholen (insofern gliche das meine ich auch den typischen Folgen einer schweren Sünde, die man bereut, aber nicht rückgängig machen kann).
Markus Graulich hat sich in seiner neuesten Veröffentlichung eher in die Nichtigkeitsrichtung bewegt.
Er hat m.E. vollkommen recht mit seiner Aussage, dass die Bereiche Unauflöslichkeit und Gewissen eigtl. Aufgabe der Dogmatiker und Moraltheologen sind und nicht der Kanonisten. Er sagt auch richtig, dass das K§ die dogmatische Realität als Vorgabe abbilden muss.
Allerdings geht er leider nicht ausführlicher auf das m.E. vordringliche kirchenrechtliche Problem ein, nämlich die ungesunde Diskrepanz zwischen Gnadenstand und Rechtslage des “öffentlichen Sünders”. Das Konzept des öfftl. Sünders (und darauf beruht der Sakramentenausschluss) zielt eben gar nicht darauf, ob der Betreffende *wirklich* sündigt (er kann ja aus tausenderlei Gründen entschuldigt sein), sondern nur darauf, ob es so aussieht, als würde er sündigen (Normzweck von c.915 ist das scandalum und gerade nicht das Gewissen). Dies führt zu allerlei Ungereimtheiten, die ein genuin kirchenrechtliches Problem darstellen und viel zur Unverständlichkeit der kirchlichen Regelungen beitragen.
Was Trient angeht, ist der von Jürgen zitierte Kanon meine ich ein Element, das eher in die (von mir seit jeher präferierte) Richtung Duldung weist.
Schöne Grüße!
Ralf meint:
1. October 2014Die Webseite von Ralf
Hallo Jorge, vielen Dank erst einmal für Deinen interessanten Kommentar.
Würde ich die Bußzeit nicht ansetzen, bei der ich in der Tat für viele Jahre (mindestens zehn) plädiere, bevor eine sakramentale Anerkennung der zweiten Beziehung überhaupt möglich ist, dann wäre es eine einfache Scheidung - und ehrlich gesagt ist eine Annullierung einer Ehe vor einer zweiten Beziehung, so was kommt ja auch vor, faktisch genau das.
Was genau Jesus verabscheute an der Scheidung wissen wir gar nicht. Vielleicht war es auch der Umstand, den Verlassenen jetzt allein sich selbst zu überlassen - alles Spekulation.
Was das scandalum als Ausschlußgrund angeht, so ist mir dies neu und sehr interessant - erst kürzlich habe ich das in Sinne des kirchlichen Arbeitsrechtes mal thematisiert: http://paxetbonum.de/index.php/2014/09/16/alles-skandaloes/
Ich vermute aber mal, das Deine Sichtweise diesbezüglich nicht von allen geteilt werden wird.
Noch einmal: die erste Ehe wird nicht abgehakt - erstens können das die Ehepartner selbst nicht wirklich und zweitens gäbe es die erwähnte langjährige Bußzeit, damit sich die zweite Beziehung auch bewähren kann und Verlässlichkeit aufzeigt.
Ich verstehe auch nicht ganz die Sinnhaftigkeit eines in manchen Lebenslagen faktisch “toten” Sakramentes. Wie sakramental ist denn eine Ehe, wenn beide Ehepartner lange Jahre wiederverheiratet sind oder nur einer, aber ganz woanders lebt und es keinerlei kontakt mehr gibt? Wo wird denn das Verhältnis Christi zu Seiner Kirche noch symbolhaft vergegenwärtigt?
Die Sakramente sind ja nicht um ihrer selbst willen da, sondern für uns Menschen!
Eine Duldung wäre eine Beziehung zweiter Klasse - sprich mal mit Ausländern, die als Aufenthaltsstatus nur “geduldet” werden, wie gut sich das anfühlt. Das mag in manchen Fällen angemessen sein, aber das wird vielen langjährigen zweiten Beziehungen auch nicht gerecht.
Juergen meint:
1. October 2014Die Webseite von Juergen
Rein praktisch stellst Du Dir das also so vor:
Da heiraten zwei Leute in jungen Jahren, leben einige Jahre zusammen und haben ein gemeinsames Kind. Dann geht die Ehe in die Brüche und wird staatlicherseits geschieden.
Einer oder beide heiraten wenig später erneut.
Dann kommt die „Bußzeit“ und die Kirche sagt 10 Jahre lang: Pfui, pfui, pfui. Das ist alles noch irregulär und gar nicht gut.
Nach 10 Jahren stellt die Kirche dann fest: Oh, war doch nicht pfui. Ist ja was Gutes draus geworden. Jetzt aber rann an den Tisch des Herrn.
Oder nach 10 Jahren stellt die Kirche fest: Haben wir ja gleich gesehen, daß das nix war.
(Dann könnte man es ja noch ein drittes Mal versuchen…)
—-
Aber wird nicht in Wirklichkeit bei der ganzen Diskussion das Pferd von hinten aufgezäumt? Es werden jene in den Blick genommen, die vor Jahren schon eine zweite zivile Ehe eingegangen sind und in dieser zweiten zivilen Ehe nun natürlich Verpflichtungen haben, für einander da sind, vielleicht auch glückliche Kinder haben etc.
Hätte da nicht bevor die zweite zivile Ehe geschlossen wurde, den Leuten klar gemacht werden müssen, worauf sie sich kirchlich einlassen?
Warum erreicht man zu dem Zeitpunkt die Leute nicht?
Wollen die Vertreter der Kirche sie überhaupt erreichen?
Aber selbst wenn sie erreicht würde, befürchte ich, daß man Verliebte kaum davon abbringen kann, wegen des Ausschlusses von den Sakramenten auf die neue Beziehung zu verzichten.
Allein: Der Mensch ist dafür verantwortlich was er tut. Jedes Handeln hat Folgen und in diesen Fällen müßten die Folgen jedem klar sein. Hier findet wieder eine Schuld-Umkehr statt, wie man sie häufig bei kirchlichen Themen findet: Nicht der Sünder hat Schuld, sondern die Kirche, die eine Tat als Schuldhaft qualifiziert. Nicht der Sünder muß umkehren, sondern die Kirche soll die Regeln ändern.
Die Regeln der Kirche sind aber bekennt, denn es sind ja nicht jene, die der Kirche endlos fern stehen, die nun – obwohl in einer irregulären Verbindung stehend – gerne zur Kommunion gehen würden. Es sind ja jene die schon noch mit der Kirche etwas anfangen können.
Denen kann man also keine Unkenntnis in den Dingen unterstellen.
Ralf meint:
1. October 2014Die Webseite von Ralf
Nein, Jürgen, so stelle ich mir das nicht “rein praktisch” vor - und da ich weiß, daß Du das auch weißt, finde ich diese Antwort enttäuschend von Dir.
Es geht hier nicht um Kirchenregeln um der Regeln willen, es geht um ein Sakrament, das direkte Wirken Gottes in der Welt mit symbolhafter Ausdeutung.
Natürlich bin ich für eine deutlich bessere Ehevorbereitung (Du mußt nicht viele aktuelle Beiträge hier im Blog lesen, um das festzustellen), natürlich bin ich dafür, den Eheleuten vorher eindeutig und überprüfbar klarzumachen, worauf sie sich einlassen.
Aber wenn Du wirklich (aus patzigem Trotz? denn so klingt es!) meinst, es findet eine Schuld-Umkehr statt (wo bitte habe ich auch nur ansatzweise so etwas geschrieben?), wenn Du meinst: ha, da sieht’s man mal wieder, die Kirche soll sich nur dem Zeitgeist anpassen! - dann hast Du weder mein Anliegen noch meinen Ansatz verstanden. Womöglich bloß “Änderung?” gesehen, Dich bekreuzigt und “bäh!” ausgerufen, keine Ahnung. Ich wäre dankbar, wenn Du mich nicht in irgendeine Schublade stecken würdest.
Es geht nicht um die Frage ob Änderungen per se schlecht sind (das wäre unkatholisch), sondern ob diese Änderung, so wie ich sie beschrieben habe(!), schlecht wäre - und zwar für das Seelenheil der Menschen.
Juergen meint:
1. October 2014Die Webseite von Juergen
Wenn Du in der Lage wärest Dich klar, unzweideutig und unmißverständlich auszudrücken, wäre viel einfacher Deine Texte richtig zu verstehen.
Offenbar habe ich sie nicht richtig verstanden. Es wäre also das Beste die Beiträge von mir einfach zu löschen, da sie ja offenbar an dem von Dir gemeinten vorbei gehen.
Ich weiß sowieso nicht, warum, ich mich immer mal wieder auf derlei fruchtlose Gespräche einlasse.
Ich sage es ja immer wieder:
FußballKirche ist schön, wenn da nur nicht die Millionen verschiedeneBundestrainerGläubigen wären…*flöt*
Ralf meint:
2. October 2014Die Webseite von Ralf
Gut, Jürgen, es mag an meiner Ausdrucksweise liegen, im reinen Text geht ja immer viel Kommunikation verloren.
Aber die beleidigte Wurst zu sielen, ist Dir auch nicht angemessen.
Zum Thema: erst einmal Änderungen generell: es hat schon immer welche gegeben, von der Taufformel (die in Ost und West unterschiedlich ist, wenn auch jeweils trinitarisch) über die Materie der Eucharistie (gesalzenes oder ungesalzenes Brot), die Epiklese (vor oder nach der Wandlung bzw. durch sie die Wandlung) über die beichte, die Disziplin nach Todsünden etc.
Eigentlich hat sich nahezu alles irgendwann einmal geändert.
Dadurch wurde es weder falsch noch die dahinterliegende Lehre verändert.
Bist Du also mit mir einer Meinung, daß Änderung per se nicht falsch ist?
Juergen meint:
2. October 2014Die Webseite von Juergen
Ich habe dazu eine Meinung, tue sie hier aber nicht mehr kund.
Ich schrieb ja schon, daß derlei Gespräche fruchtlos sind.
Jorge meint:
2. October 2014Die Webseite von Jorge
Hallo!
@Jürgen hat geschrieben:
Dann kommt die „Bußzeit“ und die Kirche sagt 10 Jahre lang: Pfui, pfui, pfui. Das ist alles noch irregulär und gar nicht gut. Nach 10 Jahren stellt die Kirche dann fest: Oh, war doch nicht pfui. Ist ja was Gutes draus geworden.
Hier ist das alte Konzept der Bußzeit aber ganz verzerrt wiedergegeben.
Die Kirche hat ja in der Frühzeit tatsächlich derartige Bußzeiten verhängt für solche Dinge. Wenn die Zeit zuende war, sagte die Kirche doch nicht: Sorry für die Moläste, es war doch nicht so schlimm wie wir dachten. Dann wäre die Bußzeit ja ein Fehler gewesen. Sie sagte ja vielmehr: Ok, jetzt ist es abgebüßt und ihr seid sündenfrei. Ob der erste Ehegatte da noch am Leben war oder nicht, spielte dabei oft auch gar keine Rolle. Insofern käme Ralfs Vorschlag den altkirchlichen Lösungen mancher Ortskirchen ja recht nah.
Ich denke, du siehst das viel zu statisch, so als ob die “Wahrheit” ein Zustand wäre, der richtig oder falsch sein kann, aber geschichtslos.
In Wirklichkeit ist “Wahrheit” im Leben eines Menschen ja nicht (oder sagen wir: nicht vorwiegend) der Zustand, in dem man sich gerade befindet, sondern die Geschichte, die man durchmacht. Etwas, was zu einem gegebenen Zeitpunkt sicher falsch war, kann sich hinterher im Sinne Gottes als das Richtige erweisen. Das ändert nichts daran, dass es seinerzeit falsch war.
Gerade in Lebensgeschichten schreibt Gott doch sehr häufig auf krummen Linien gerade.
Dieses allzu statische Wahrheitsverständnis nach dem Motto: Was einmal falsch ist, kann hinterher nicht richtig sein, ist rein menschlich-systematisch gedacht ja logisch und richtig, biblisch-dynamisch gedacht aber doch eher platt und wenig fruchtbar, denke ich. Gott ist ja viel klüger, als wir denken.
Jorge meint:
2. October 2014Die Webseite von Jorge
@Ralf, du hast recht, was Jesus exakt an der Ehescheidung störte, wissen wir nicht genau.
Du musst aber glaube ich zugeben, dass dein Modell der klassischen Rechtslogik der “Nichtigkeit von Anfang an” (die für die Ungültigkeit nur auf die Situation bei der Eheschließung abstellt und gerade nicht auf die spätere Entwicklung) widerspricht und insofern einen Systembruch darstellt. Die Kanonistik steht solchen Systembrüchen extrem skeptisch ggü., weil man dann immer die ganze Denksystematik ummodeln muss.
Graulich, den ich inzwischen zuende gelesen habe, sieht das in seinem neuesten Aufsatz im Grunde ebenso und hält an der klassischen Nichtigkeitsdefinition fest (das hatte ich gestern noch nicht so klar gehabt). Die Lösung, zu der er gelangt, kommt rein sachlich-faktisch zu einem ganz ähnlichen Ergebnis wie deine oder meine Überlegungen: Unter bestimmten Voraussetzungen würde die zweite Ehe legalisiert. Seine Lösung ist mir aber wieder zu rechtslastig, schon der Name für das von ihm vorgeschlagene Rechtsinstitut stört mich: “Dissimulatio”.
Ich weiß nicht die exakte lat. Bedeutung, bei uns im Spanischen heißt “disimulación” svw. Verstellung, Täuschung, So-tun-als-ob. Das ist das genaue Ggt. von “Wahrheit”.
Er meint also, weil klar ist, das Zweitehe nicht immer und ewig eine Sünde sein kann und die Leute faktisch nichts Böses tun, müsste man rechtlich, wo das nicht anders geht, so tun als ob es legal wäre, obwohl es im Prinzip nicht geht. Eine Dispens zum Ehebruch schließt er aus rechtslogischen Gründen dagg. aus. Diese Gründe überzeugen mich aber wenig. Eine Dispens wäre sauberer und “wahrer”, für meinen Geschmack.
Meine Idee für eine Dispens oder “Duldung”, da hast du schon recht, liefe aber tatsächlich in die Richtung, dass die zweite Ehe irgendwie “zweiter Klasse” wäre. Ich finde aber, damit kann man leben und es entspricht ja auch der Wahrheit, dass es eben die zweite Ehe ist und nicht die erste. Muss ja nicht heißen, dass sie in dem oben beschriebenen Sinne einer “lebensgeschichtlichen” Wahrheit nicht trotzdem von Gott gesegnet sein könnte.
Willst du eine Kopie von Graulichs Aufsatz?
Jorge meint:
2. October 2014Die Webseite von Jorge
P.S.: Was die Sache mit dem scandalum betrifft, glaube ich nicht, dass ich da eine Sondermeinung vertrete. Am besten erklärt diese Dinge Ed Peters auf seiner kanonistischen Website. Da geht es im Kern um die Abgrenzung von forum externum (c.915) und forum internum (c.916).
Nach 916 darf natürlich sowieso kein schwerer Sünder ohne Beicht zur Kommunion gehen, aber er muss das in seinem Gewissen beurteilen und niemand darf ihm die Kommunion verweigern.
Nach 915 (und der wurde, wie auch Graulich nochmal klarstellt, speziell für wvg geschaffen) gibt es dagg. für die sog. “öfftl. Sünder” einen disziplinären Ausschluss, der nicht auf das Gewissen des Einzelnen oder die Beichte abstellt, sondern auf die offenkundige tatsächliche Situation; Normzweck ist nicht der Schutz des Gewissens, sondern die Vermeidung des Ärgernisses. Nur deshalb darf ja in diesem Fall auch die Kommunion verweigert werden.
Das ist nicht neu und nichts Besonderes, nur führt es eben mitunter zu komischen Diskrepanzen und Unstimmigkeiten. Nimm einfach den Fall der sog. Josephsehe, das ist ja der klassische Anwendungsfall, wo ein “verstockter öffentlicher Sünder” in Wirklichkeit gar kein Sünder ist.
Wer als Bigamist Josephsehe versprochen und gebeichtet hat, darf ja (wegen 916) zur Kommunion. Trotzdem bleibt er nach außen ein “öfftl. Sünder” nach 915 (inkl. aller – etwa arbeitsrechtlicher – Konsequenzen) und darf deswegen ja auch nicht offen, sondern nur “diskret” (heimlich ohne Wissen der Gemeinde) kommunizieren, eben um den “Skandal” zu vermeiden.
Bei Echo Romeo hatte ich zufällig gerade einen etwas missglückten (weil viel zu langen und darum teils versehentlich doppelt geposteten und darum etwas schwer lesbaren) Kommentar dazu geschrieben, wo aber noch ein paar Details dazu stehen (zu dem Beitrag “Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem” - sehr passend ;-)
Schöne Grüße!
Ralf meint:
7. October 2014Die Webseite von Ralf
Die derzeitigen Entwicklungen im katholischen Arbeitsrecht bieten ja auch für die hier besprochenen Situation eine Lösung. Sie sprechen nämlich auch vom scandalum, ohne das eine Weiterbeschäftigung gut möglich ist. Erst, wenn die neue Beziehung im Arbeitsumfeld ein scandalum ist, soll die Entlassung drohen.
(Nicht selten ist ja erst die Entlassung das scandalum …)
Realist meint:
22. October 2014Die Webseite von Realist
Warum 10 Jahre Busse tun?
Bring die Frau um, nach 10 Jahren bist Du - bei guter Führung - wieder ein freier Mann.
Pax et bonum » Paßt fast meint:
26. September 2015Die Webseite von Pax et bonum » Paßt fast
[…] Die ersten öffentlichen Wellen sind abgeebbt, das Motu proprio des Papstes zur Neuordnung der Feststellung der Ehenichtigkeit in der Westkirche (das für die Ostkirchen lasse ich mal weg) kann jetzt beruhigter besprochen werden. Mich freut es, weil sie etwas tut, was der Ekklesiologie der Kirche viel mehr entspricht (und sich nebenbei etwas, wenn auch nur wenig, von meinen früheren Gedanken finden läßt): sie wertet die Stellung des Ortsbischofs deutlich auf. […]