Der Beitragstitel bezieht sich nicht auf meine Bewertung dieses Buches - ich finde es sehr gut und auf alle Fälle empfehlenswert. Die wichtigsten Mystiker des katholischen Abendlandes werden vorgestellt - allerdings auch nur diese. Die Ostkirchen, deren mystische Tradition deutlicher größer ist als im Westen, werden komplett ausgespart, Protestanten erscheinen ebenfalls nicht.
Dennoch gibt es gerade für Katholiken eine gut lesbare und interessante Übersicht, die Lust auf mehr macht. Jede vorgestellte Persönlichkeit wird auch in ihren Zitaten kurz vorgestellt, in meinen Augen manches Mal zu knapp für einen guten Eindruck.
Großen Wert scheint der Autor auf etwas zu legen, was mir widersprüchlich erscheint - eine mystische Orthodoxie im Sinne einer Rechtgläubigkeit der mystischen Erfahrung. Die mystische Theologie ist der stammelnde Versuch, intensive Gotteserfahrung zu artikulieren. Dabei gibt es in den Augen des Autors offensichtlich eine Art “Mainstream”, die manche Erfahrungen für nicht christlich deklariert. Interessanterweise fallen darunter die Behauptungen von Meister Eckhart aus dem 13. Jahrhundert, dem bekanntesten dt. Mystiker, nachdem wir schon hier im irdischen Leben Gott in seiner Wesenheit unverhüllt erkennen können und manche Meinung der mir zuvor unbekannten Marguerite Porète, einer Zeitgenössin Eckharts, die ähnliches postulierte.
Ich bin mit dem Autor der Meinung, daß es auch Irrwege der Mystiker geben kann - dafür haben wir ja die Korrektur durch die Kirche, die ich für eminent wichtig halte, damit aus manchen Theologen und interessierten Laien keine Gnostiker werden, die meinen, es eben mehr als andere “durchblickt” zu haben - doch ist das ganze in der Mystik nicht einfach in Schubladen zu stecken. Problematisch wird es aber immer dann, wenn mystische Erfahrungen in Worte gepackt werden und die Person versucht, diese höchst individuelle Erfahrung zu verallgemeinern.
Daher: ich verstehe das Anliegen des Autors, teile es auch, finde aber die Wortwahl manchmal etwas zu herb (auch bzgl. esoterischer “Angebote”). Das Anliegen des Buches aber, die Vorstellung herausragender Mystiker, wird voll erreicht.
Widersprüchlich