Archiv für February, 2017



Ganz kurz

Veröffentlicht am Thursday, 23. February 2017, 19:43

Nach all den Einwürfen gegen oder für den Papst und seine Amtsführung, von Amtsträgern und/oder Laien und Repliken für oder gegen sie, recht frisch oder schon etwas älter, möchte ich nur eines allen Protagonisten dieses Schauspieles zurufen:

Ich hoffe wir sehen uns bei der Beichte!

(gesündigt in Gedanken, Worten und Werken…)


Fülle

Veröffentlicht am Monday, 20. February 2017, 23:01

Es gibt ja gar nicht so wenige kirchenverbundene Menschen, die meinen, “der Vatikan” oder “Rom” (oder “Ratzinger”) habe die Befreiungstheologie verboten. Diese wiederum teilen sich in zwei Gruppen: die, die das super finden und die, die das super doof finden.

Nun, beide irren. Die Befreiungstheologie wurde mitnichten verboten. Das kann schlechterdings auch nicht sein, da die Begriffe Erlösung und Befreiung auch synonym gebraucht werden können (auch wenn man das vorab erklären muß).

Ja, es gab und gibt manches Mal problematische Aspekte der Theologie der Befreiung (TdB) bzw. ihrer Methodologie, aber das Grundanliegen ist total katholisch. Heutzutage ist ihr Hauptproblem in Lateinamerika eher, daß die Hauptzielgruppe, die Armen, sich scharenweise den Pfingstlern und anderen Evangelikalen zuwenden, die nun wirklich alles andere sind als befreiungstheologisch. Das Buch ist von 1990, da sah das noch ein wenig anders aus.

Worum geht es der Befreiungsthologie und warum gefällt sie mir? Vor allem sind dies drei Punkte:

1. während in der “klassischen” Theologie die Caritas und Diakonie eher so dargestellt wird, daß “die Kirche den Armen hilft”, daß also die Kirche bzw. ihre Gläubigen als Subjekte den Armen als Objekte hilft, verändert die TdB die Sichtweise komplett: die Armen werden selbst verantwortliche Subjekte, auch Subjekte ihres Schicksals, das sie selbst beeinflussen und in die Hand nehmen können und sollen und dazu befähigt werden sollen. Denn die Armen sind oftmals genau Teil dieser Kirche - aber auch wenn nicht, sind sie immer(!) Ebenbilder Gottes. Des Gottes, der selbst um unseretwillen arm wurde.

2. die Theologie ist ein zutiefst praxisbezogene Theologie. Dies fängt damit an, daß alle aktiven Theologen dieser Ausrichtung in Basisgemeinden aktiv sind, lebendigen Kontakt zu denen haben, um die es geht, den Armen. Akademische Gedankenspiele finden quasi nicht statt und finden ihr Korrektiv immer im gelebten Glauben.

3. Und für mich am wichtigsten: das Hauptanliegen ist, auch wenn dieses Schriftzitat nicht im Buch genannt wird, aber das ist meine Zusammenfassung, ein Umsetzen des Wunsches Jesu, daß alle das Leben in Fülle haben sollen (Joh. 10,10). Es gibt sogar Übersetzungen (Elberfelder bspw.), die von “Überfluß” sprechen. Was bedeutet das im lateinamerikanischen Kontext, im Kontext von ökonomisch Marginalisierten, auch wenn sie die Bevölkerungsmehrheit stellen? Was bedeutet es, wenn man keinen Grund erwerben kann mangels Ressourcen, wenn man keine sicheren Jobs haben kann, wenn es keine guten Schulen gibt, wenn Frauen Freiwild sind - dann bedeutet Fülle als Ziel genau diese Mißstände abzustellen. Ein leerer Magen oder ein mißhandelte Seele kann nicht einfach ein Leben in Fülle haben!

Für andere Marginalisierte in anderen Kontexten bedeutet Befreiung dann etwas je anderes - so haben sich die TdB in Asien und Nordamerika auch anders entwickelt.

Und hier bei uns? Wie kann eine TdB bei uns aussehen? Wenn ich sie vom Gesichtspunkt der Befreiung Marginalisierter sehe, dann sehe ich da wenig Anhaltspunkte. Wenn ich sie aber von Gesichtspunkt der fehlenden Fülle her betrachte, dann findet sich schnell etwas, nicht wahr?

Was fehlt denn den Christen hierzulande für ein Leben in Fülle, ein Leben im Überfluss? Das Materielle ist wohl eher nicht …

Es ist in meinen Augen - und da nehme ich mich überhaupt nicht aus - die Freude.

Eine Theologie der Befreiung in Deutschland müßte meines Erachtens nach eine Theologie der Freude sein! Wie sie dann auch aussehen und gelebt werden mag - was uns am meisten fehlt ist Freude!


Mal was Politisches

Veröffentlicht am Friday, 17. February 2017, 16:55

Was Politisches in einem Blog zu schreiben, dessen Autor sich eher dem Spirituellen zugewandt sieht, ist nichts Gewöhnliches. Ich möchte daher auch nicht über irgendwelche aktuellen Turbulenzen schreiben, sondern einen Schritt zurück gehen und das ganze etwas aus der Ferne betrachten, insbesondere aus der Sicht eines Katholiken, und aus der Sicht eines franziskanisch geprägten Katholiken.

Parteipolitisch befinden sich manche Länder der säkularen Welt im Umbruch: es kommt ein Thema auf, das lange vernachlässigt wurde: Identität.

Dabei ist dieser Begriff deswegen zum mißbrauchten geworden, weil er wie viele andere nicht streng definiert ist. Was gehört dazu? Nationalität? Kultur? Mentalität? Weltanschauung oder Religion?

All diese Begriffe werden aber ebenso nach eigenem Gusto ge- und mißbraucht …

Also: wer bist Du, Leser und Leserin, wie definierst Du Dich - falls überhaupt (doch versuchen lohnt sich allemal).

Ich bin beispielsweise u.a. Deutscher. Aber wenn noch der Glaube dazukommt, und das tut er bei mir sicher, bin ich nicht katholischer Deutscher, sondern deutscher Katholik. Das “Hauptwort” ist nicht die Nation. Heimat ist für mich viel mehr die Kirche als eine Region oder Fleckchen Erde, auch wenn ich natürlich meine Mentalität immer mit mir rumschleppen werde.

Nun ist das sicher nicht bei allen so - und deswegen werden Parteien zunehmend gewählt, die einen Identitätsschutz versprechen, die versprechen, daß das eigene Selbst wie “zuvor” sich ungefährdet und ohne Einfluß von außen entfalten kann. Das geht natürlich nur dann, wenn man diesen äußeren Einfluß - also Menschen - ablehnt und ausschließt. Und genau deswegen geht das für mich nicht, weil eben meine Heimat nicht primär territorialer Natur ist. Doch, so nehme ich, ich bin da nicht nur in einer kognitiven, sondern auch faktischen Minderheit. Ich persönlich kann niemanden wählen, für den Ausschluß zum Grundsatzprogramm gehört.

Das ist auch ein prinzipielles “Problem” von mir - ich sehe mich privat als konservativ an, als Bürger aber als Liberaler. Ich las des Öfteren neulich, daß die eigentliche politische Grenze schon lange nicht mehr zwischen rechts und links verlaufe, sondern zwischen liberal (libertär finde ich nicht so passend) und autoritär. Diesen Gedanken kann ich sehr viel abgewinnen, das ist auch mein Empfinden. Die zunehmenden Sprech- und “Denk”verbote allerorten stoßen mich ab, die Regelungswut und Entmündigung des Einzelnen finde ich erbärmlich. Einen Ausweg kenne ich aber auch nicht, da nahezu alle Parteien hier große Geschütze auffahren.

Nun ist es so, daß sich die Katholische Kirche bezüglich der Wahlempfehlung dieses Mal ja vor allem in Bezug auf eine Partei nicht wirklich zurückhält, wenn man den Wortmeldungen mancher Bischöfe glauben darf. Doch sie ist dort - auch wenn ich diese Ansicht für richtig halte - auf verlorenem Posten. Warum? Nun, die Kirche hat schon längst keine identitätsstiftende Kraft mehr hierzulande - und will sie nach meinem Eindruck auch gar nicht mehr haben. Es gibt also immer mehr katholische Deutsche, wenn sie dieses Adjektiv überhaupt noch tragen. Wenn das identitätsstiftende Wort aber mit Kirche nichts zu tun hat, dann hat das Evangelium auch bei der Wahl nichts verloren.

Der eine oder die andere wird sich wundern, wieso ich Liberaler sein kann und dennoch die doch so rigoristisch wirkende Katholische Kirche oft in Schutz nehme. Kurz gesagt: das eine gilt für mich, zum anderen: jeder soll nach seiner Art und Weise leben können. Zwar halte ich den Glauben für objektiv wahr, aber mir käme es nie in den Sinn, diese Überzeugung anderen vorzuschreiben oder sie zu privilegieren, genauso wie ich mich dagegen wehren würde, wenn der Kirche Liberalität vorgeschrieben werden würde. Daß eine Vorschrift der Liberalität ein Oxymoron wäre, sei nur nebenbei erwähnt.

Die Frage der Identität als politisch brisantes Thema war zu erwarten, die Ohnmacht der etablierten Groß-Parteien, die sich Grundsatzdebatten jenseits von wirtschaftlichem Pragmatismus schon seit vielen Jahren konsequent verschlossen, überrascht ebensowenig (man denke nur an die Reaktionen, als sich der damalige Außenminister Fischer im Jahr 2000 an der Humboldt-Uni in Berlin erdreistete, über die Ziele und auch Grenzen der EU nachzudenken. Aus diesem Debattenanstoß, mehr konnte es nicht sein, ist natürlich nichts geworden).

Anstelle aber daß sich die Kirche wieder ernsthaft bemüht, die hiesige Kultur zu durchdringen und somit auch langfristig Verankerung bei den Menschen zu suchen, traut sie sich viel zu wenig von ihrer Motivation zu sprechen, die ihr Tun doch fundieren sollte. Denn von einer Motivation, einer zutiefst empfundenen Überzeugung, spricht man nicht plakativ - zumal wenn sie den Redner selbst nichts kostet. Man erhebt nicht den Zeigefinger, man erinnert nicht die “anderen”, wie diese es zu sehen und zu halten hätten. Nein, die Inkulturierung, falls sie gewünscht ist, gelingt nur durch ständige unscheinbare Umformung der Welt. Und sich wenig darum zu scheren, was andere dazu sagen.


Nicht genug

Veröffentlicht am Tuesday, 07. February 2017, 22:25

Ich muss gestehen, ich bin sein Fan. Oder besser: ich bin der Fan dessen, was er sagt, denn ihn selbst kenne ich nicht - und um ihn geht es nicht, ihm sicher auch nicht.

Johannes J. Kreier ist Rektor des “Klosters am Rande der Stadt” in Saarbrücken, in dem auch Schwestern der Hl. Klara leben und beten - und hat einen eigenen Youtube-Kanal.

Um einen kleinen Vorgeschmack auf die Wortmächtigkeit dieses Mannes zu bringen, habe ich - wie könnte es anders für einen Laienfranziskaner sein - ein Video ausgesucht, in dem eine Predigt zum Hochfest des Hl. Franziskus gezeigt wird. Von dem Heiligen aus Assisi bekomme ich eben nie genug.