Was ist Leben
Es wird ja mal wieder in der BRD über Abtreibung debattiert, dieses Mal über das Verbot der Werbung dafür.
Was mir dabei auffällt, ist, daß es einerseits ein enormes biologisches Unwissen gibt und daß anderseits von Lebensschützern, die ja häufig religiös geprägt sind, genau dieses Wissen nicht ganz nüchtern ohne jeglichen religiösen Anhang genutzt wird.
Rein biologisch betrachtet: was ist Leben, was ist ein eigener Organismus? Die Biologie definiert Leben im Organismus als Erscheinung von drei Faktoren:
- eigener Stoffwechsel
- Wachstum
- Fähigkeit zur Fortpflanzung
Der eigene Stoffwechsel bedeutet, daß eigenes Erbgut selbständig vermehrt wird und daß Nährstoffe von außen dazu genutzt, nämlich verstoffwechselt werden. Viren bspw. nutzen den Stoffwechsel anderer Zellen, da sie selber keine sind und keinen eigenen Stoffwechsel haben. Sie schleusen sich in fremde Zellen ein und kapern da die Erbgutvermehrung, indem sie ihr eigenes da einschleusen. Der fremde Stoffwechsel wird dazu mißbraucht. Deswegen bilden Viren auch definitionsgemäß keinen Organismus und sind nicht einmal Leben.
Einzelne Körperzellen wie Hautzellen des menschen bilden ebenfalls keinen Organismus, da sie nie die Fähigkeit zur Fortpflanzung haben, auch wenn sie die anderen beiden Faktoren erfüllen. Da ich bisher niemanden kenne, der ernsthaft bestreitet, daß ein 3jähriges Kind ein menschlicher Organismus ist, auch wenn in dem Alter die Fortpflanzung unmöglich ist, geht es hier um die Potenz zur Fortpflanzung, also die spätere Möglichkeit. Die ist bei Hautzellen nie gegeben, daher bilden sie keinen keinen Organismus.
Beim menschlichen Embryo ist rein biologisch all das gegeben. Die Zellen haben einen eigenen Stoffwechsel (anders als Viren), sie vermehren sich, wachsen also, und sie haben die Potenz zur späteren Fortpflanzung. Natürlich hat diese Eigenschaften jeder Embryo von Säugetieren ebenfalls. So sind Hundeembryos und Elefantenembryos tierische Organismen, Menschenembryos sind menschliche Organismen. Wir nennen menschliche Organismen im allgemeinen “Menschen”.
Das ist die rein biologische Sicht.
Natürlich wissen auch einige, daß es beim Thema Abtreibung um eine Rechtsgüterabwägung geht, dem Recht der Selbstbestimmung der Frau und dem Recht des ungeborenen Menschen auf Leben. Dabei wird das Lebensrecht derzeit deutlich hintangestellt. Doch diejenigen, die das wissen und diese Sicht teilen, sind deutlich in der Minderheit der Abtreibungsbefürworter. Die meisten behaupten einfach, “das da” könne kein menschlicher Organismus sein (selbst in Lebensstadien, wo schon rein optisch das Menschsein eindeutig ist).
Hier kann ein einfache biologische Argumentation ohne jegliche religiöse Konnotation hilfreich sein. Das kann jeder in seinem Bioschulbuch nachlesen, die Definition eines Organismus ist seit Jahrzehnten dieselbe. Und der Mensch im Bauch der Mutter ist einer davon.
Nachtrag: noch eine Möglichkeit, fernab jeglicher religiöser Argumentation dieses Thema zu bearbeiten, ist die existentielle Ansprache. ich vermute mal jedes Kind weiß früher oder später, daß es mal im Bauch der Mutter war. Und zwar war es als dieselbe Person schon im Bauch der Mutter - kein Kind würde verstehen: Du wurdest erst mit der Geburt Du, vorher warst Du ein nichts. Der Abtreibungsbefürworter war im Bauch der Mutter er selbst. Er - nichts sonst - war mal Fötus, war mal Embryo. Er wurde nicht er selbst durch den Durchtritt durch den Geburtskanal. Nach meiner Erfahrung leuchtet das allen ein, auch wenn manche das nicht wollen.