Wer die apostolischen Kirchen (also die katholische und die orthodoxe) verstehen will, wer also die ältesten Kirchen verstehen will - manche wollen das ja jesneits aller Vorurteile durchaus - können nicht bei der Bibel stehen bleiben. Im Gegenteil, was in die Bibel kommt, wurde ja von genau dieser Alten Kirche bestimmt.
Das durch ein Buch allein der Wunsch Christi nach der Einheit der Kinder Gottes nicht gelingen kann, zeigt ja die gesamte Welt, nicht nur die christliche. Es gibt Abertausende von christl. Gruppierungen, die, sich voneinander abgrenzend, sich Kirche nennen - von Einheit keine Spur. Weder im Glauben und schonmal gar nicht im Ritus.
Im Islam gibt es die Mehrheitsgruppe der Sunniten, aber auch die Schiiten, im Buddhismus Anhänger des Lamaismua, eine kleine Minderheit übrigens im Weltbuddhismus, im Judentum die Richtungen der Orthodoxie, Reformierte, Konservative, Liberale.
Ob das bei anderen okay ist, steht mir nicht zu zu beurteilen. Im Christentum jedenfalls ist es Christi expliziter Wunsch, “dass sie eins seien”.
Die orthodoxe Kirche hat die Einheit zumindest im Glauben und im Ritus, auch wenn des öfteren nationalistische Streitereien das Bild sehr trüben (Gott sei wirklich Dank, dass die kath. Kirche supranational ist).
Aber auch mit dieser Kirche verbindet die kath. Kirche viel, nämlich die Wahrung der Elemente der Kirche Christi, die aus ihr eine wahre Kirche machen.
Wenn man wissen will, was jenseits von Bibel, die ja wie nun bekannt eine Einheit nicht stiften kann, die Fundamente der Schwesterkirchen sind, muss zur sehr lohnenswerten Lektüre der Kirchenväter greifen (es gibt im Netz mehr auf Englisch).
Keine Sorge, das sind keine trockenen juristischen Texte über Struktur und Co., sondern lebendige Zeugnisse über den Glauben der Christenheit. Ich habe nur sehr selten etwas Vergleichbares gelesen. Es zeigen sich auch schön die Entwicklungen im theolog. Verständnis, denn genau darum geht es da: was glauben wir, was ist Überlieferung (die Kirche gab es ja schon vor dem NT, und diese Texte entstanden oft bei Streitfragen), und vor allem sind viele Texte Schriftkommentare, des Alten wie des Neuen Testamentes.
Allein die Tatsache, dass besonders die ersten Schriftsteller für ihren Glauben mit dem Leben bezahlten (Ignatius von Antiochien, der schon das Bischofsamt als etwas natürlich Gegebenes beschrieb, schrieb bspw. die schönsten Briefe auf dem Weg nach Rom, wo er den Löwen vorgeworfen wurde) ist für mich seit jeher ein starkes Zeugnis gewesen.
Dass die Bibel nicht vom Himmel gefallen ist (plumps!) und vor allen Dingen dass die Leute früher bei weiten nicht dümmer waren, nur weil sie noch nicht über Stromkraftwerke verfügten und sich vielleicht langsamer auf Pferden und Eseln bewegten, zeigen mannigfaltige Texte der Kirchenväter. Ein nahezu unerschöpflicher Fundus und sichere Quelle des Glaubens der Kirche, den man sich nicht bastelt, sondern annimmt oder nicht.