Veröffentlicht am Sunday, 26. December 2004, 22:02
Eher zufällig entdeckte ich das Büchlein, in dem zeitgenössische Philosophen über die Rückkehr des Phänomens Religion bzw. des Religiösen nachdachten (schwadronierten?). Sie trafen sich 1998 auf Capri, dieser Band ist eine Dokumentation der Essays der dort vertretenen Denker.
Aus einfachem Interesse, was denn die Herren (leider keine Damen dabei, wird auch von den Herren bemerkt) Philosophen so über die Religion als solche denken, wurde richtige Lesarbeit.
Es gab sehr viele interessante Denkanstöße, aber das Bändchen ist für den Einstieg sicher nicht zu empfehlen. Wenn manche Autoren, besonders Derrida und Vattimo, sich selbst aus früheren Arbeiten zitieren, daneben mit Heidegger, Kant, Hegel, Platon etc. leichtfüßig hantieren, dann steht man vor einem schier uneinnehmbar hohem Verstehenshindernis (was übrigens der Grand Seigneur der dt. Philosophie und der einzige Deutsche hier, Hans Georg Gadamer, selbst unmwunden zugab - er gab zu, vieles von Vattimo nur bruchstückhaft verstanden zu haben).
Grundsätzlich auffallend ist, vielleicht ein Axiom der Philosophie von heute, ich hatte das ja schon einmal, die Ablehnung einer Offenbarung. Es wird alles nur vom Menschen her gedacht - daher merkt man auch schnell: “nee, sie kriegen’s nicht so richtig hin.” Aber auch dieser Ansatz bringt viele interessante Gedanken, hier nur einige ohne Zuordnung zu den Autoren:
- “Religion” ist als Wort so lateinisch-abendländisch durchtränkt, daß die Verwendung bzgl. des allgemeinen Phänomenes eigentlich fehl am Platz ist (kann es also “Religionen” geben?)
- Religion ist philosphisch nicht zu beurteilen, da der Grund ein jeweils ganz anderer ist
- das Judentum (im angeblichen Gegensatz zum angeblich paulinischen Christentum, - als Abgrenzung zur Botschaft Jesu) betont immer und sehr die ständige Andersheit und Fremdheit Gottes und ständige Messiaserwartung. Der Ruf Jesu am Kreuz des Verlassenseins ist somit keine Ausnahmesituation, sondern ein Kulmination jüdischen Glaubensverständnisses (Stichwort Wüstenerfahrung). (Hat mir persönlich sehr gefallen, auch wenn der Gegensatz Paulus - Jesus doch arg kontruiert und wirklich nicht neu ist, außerem wird die Erwartung der Wiederkehr Christi bei Paulus als mehr oder weniger belanglos abgetan).
- die seit Heidegger geforderte Abkehr von der Metaphysik wird mit Aufkommen der Religion wieder wichtig
Nur ein paar Punkte. Ich bin kein Philosoph und gebe vielleicht manches verzerrt wieder, aber Spaß gemacht hat es allemal (nur Derrida war echt zu langatmig) - wird sicher noch einmal gelesen, wenn ich mehr von den alten Philosophen weiß.