Dies Domini.
In Deutschland ist man ziemlich schnell ein rhetorischer Totalausfall, wenn man die Shoa, den Holocaust an Millionen Juden und anderen verhaßten Menschengruppen, mit irgendetwas in einen Zusammenhang bringt. Selbst eine Aufzählung mit diesem Ereignis in einer Reihe ist tabu. Ich hörte mal eine Abwandlung des bekannten Zitates von Watzlawick:
Man kann nicht nicht vergleichen.
Dies trifft es recht gut. Auch wenn ein Vergleich oder gar eine Beurteilung der Schwere mit keinem Wort erfolgt, kein “so … wie”, “schlimmer als”, “vergleichbar mit” auftauchen, im Ohr oder Auge des gemeinen Empfängers schwingt einVergleich mit, und die eigentliche Aussageabsicht erreicht kaum jemanden mehr wirklich (Kardinal Meisner kann ein Liedchen davon singen).
Persönlich halte ich das Vergleichstabu für gefährlich. Die Shoa ist von ganz normalen Menschen verbrochen worden und ist immer potentiell wiederholbar, die Täter waren eben nur Menschen. Wird sie aus den Möglickeiten menschlichen Unwesens als exzeptionell ausgeklammert, nimmt man dem Holocaust den Stachel des immer wieder Möglichen (wenn man mal voraussetzt, daß Menschen sich nicht prinzipiell zum Guten ändern).
Was bei Kardinal Meisner lautstarken Protest auslöste (obwohl dieser gar nicht verglich), ist bei seinem Mitbruder und medialem Lieblingsbischof Kardinal Lehmann nur eine kleine Notiz bei Radio Vatikan wert: der Vergleich zwischen Abtreibung und Holocaust sei gestattet.