Heute früh, ich war gerade aus dem Bereitschaftsdienstzimmer gekommen, wurde ich zu einem meiner Patienten gerufen, bei dem wir Lungenkrebs und vor kurzem große Hirnmetastasen festgestellt hatten. Er hatte sich von gestern auf heute dramatisch und etwas unerwartet drastisch verschlechtert, röchelte nur noch, konnte nicht mehr sprechen.
Der Tod war eindeutig nahe.
Damit er nicht erstickt, wollte ich ihn noch kurz absaugen (Détails müssen nicht sein). Eine Praktikantin, junge Medizinstudentin im 2. Semester, wollte sich das nicht ansehen, ich bat sie aber zu bleiben: “sieh es dir ruhig an, das gehört dazu.”
Kurz vor dem Absaugen plötzlich ein Krampf, der Kopf fiel nach vorne. Ich saugte ihn ein wenig ab, nur kurz, das Röcheln wurde weniger, Schnappatmung hatte schon eingesetzt.
Zwei Minuten später war er verstorben, ohne Schmerzen bis zuletzt. Verkürztes Leiden.
Die Studentin war weinend aus dem Zimmer gegangen, sie hatte zwar schon Tote gesehen, aber noch nie das Sterben eines Menschen so hautnah und konkret.
Nachdem wir nachher ein wenig darüber sprachen, wurde mir mal wieder bewußt - ohne daß ich es aussprach, mir schien der Moment nicht opportun, es wäre zu “intim” gewesen - wie wichtig mir der Glaube an ein Danach ist. Der Mann ist gestorben, ja, sicher, aber ich hoffe und bete für ihn, daß er bei Gott Gnade findet, daß Seine Liebe ihn überströmt und alles von ihm wirft, was die beiden, Geschöpf und Schöpfer, trennt.
Seit einigen Monaten bete ich jedesmal bei der Leichenschau, die ich ja nach einigen Stunden durchführen muß, folgendes Gebet, hier schon einmal gebracht, das ich einem Freiwilligen der Hospizarbeit verdanke, ein rauher aber liebenswerter Hardcore-Kathole (danke noch einmal!). Der Vorname des Verstorbenen ist natürlich nur angedeutet.
Heute habe ich es (nach Bereitschaftsdienst) vergessen, auch nicht das kleine Kreuzzeichen auf seine Stirn gemacht, daher bitte ich auch um dein Mitbeten:
Lieber F.,
ich empfehle dich dem allmächtigen Gott.
Ihm vertraue ich dich an, dessen Geschöpf du bist.
Kehre heim zu deinem Schöpfer,
der dich aus dem Staub der Erde gebildet hat.
Christus, der für dich gekreuzigt wurde,
der für dich den Tod gelitten hat;
er gebe dir Wohnrecht in seinem Paradies.
Der wahre und gute Hirt erkenne dich an als sein Eigentum.
Er spreche dich los von allen deinen Sünden und rechne dich zu seinen Erwählten.
Deinen Erlöser sollst du sehen Angesicht zu Angesicht, Gott schauen in alle Ewigkeit.