B16 und die USA
Und noch einmal ein Link, diesmal nicht so angenehmen Inhaltes, aber gerade deswegen bitter nötig: die Organisation Christian Solidarity Worldwide (CSW) hat einen Bericht (pdf-Datei) über die Folgen für die Menschen veröffentlicht, die den Islam als Glaubensgemeinschaft verlassen - insbesondere auch in westlichen Ländern.
Lesen. Augen auf. Und dennoch vorurteilsfrei bleiben (denn auch die muslimischen Geschwister(!) haben den gleichen Vater, auch wenn sie ihn “nicht kennen”, wie Jesus über die Samariter sprach…).
Nach dieser kurzen Nachricht über den Beginn eines theologischen Gesprächs auf höchster Ebene zwischen den Weltreligionen zeigt dieser Artikel (auch auf Englisch) erste positive Fortsetzungen dieser Tendenz auf regionaler Ebene. Endlich.
Dies Domini.
Allen Christen der Kirchen des Ostens wünsche ich ein gesegnetes und frohes Fest der Auferstehung unseres Herrn!
Dies Domini.
Am 10. Dezember 1977 sprach der eben erwähnte Erzbischof und Märtyrer Oscar Arnulfo Romero folgende Worte:
Es muy fácil ser servidores de la palabra sin molestar al mundo, una palabra muy espiritualista, una palabra sin compromiso con la historia, una palabra que puede sonar en cualquier parte del mundo porque no es de ninguna parte del mundo —una palabra así no crea problemas, no origina conflictos.
Lo que origina los conflictos, las persecuciones, lo que marca la Iglesia auténtica es cuando la palabra quemante, como la de los profetas, anuncia al pueblo y denuncia: las maravillas de Dios para que las crean y las adoren, y los pecados de los hombre que se oponen al Reino de Dios para que los arranquen de sus corazones, de sus sociedades, de sus leyes, de sus organismos que oprimen, que aprisionan, que atropellan los derechos de Dios y de la humanidad.
Éste es el servicio difícil de la palabra.
Pero el Espíritu de Dios va con el profeta, va con el predicador, porque es Cristo, que se prolonga anunciando su Reino a los hombres de todos los tiempos.
Ganz frisch ist diese Rede, nicht wahr (zumindest für die hispanophilen)?
Dies Domini.
Manches Mal rege ich mich über mich selbst auf, jetzt ist es mal wieder so weit. Da lese ich gerade, daß ein Kardinal gestorben ist, ursprünglich aus Kolumbien stammend und die letzten fast 20 Jahre in Rom tätig, da denke ich mir als erstes: Na, dann wird’s ja mit der Seligsprechung vo Oscar Romero endlich weitergehen, dieser Kardinal war ja diesbezüglich (aus persönlichen Gründen) ein großer Bremser.
Eigentlich hätte ich denken sollen:
Möge der Herr seiner Seele Gnade erweisen und ihn aufnehmen in Sein Reich.
Wenn sich “der Herr Papst”, wie Franziskus ihn liebevoll und vielleicht auch etwas ironisch nannte, sich heute unangekündigt mit Opfern des amerikanischen Pädophilie-Skandales trifft (Hunderte bis Tausende wurden über Jahre hinweg von Priestern mißbraucht - manche Diözese ist jetzt bankrott, weil ihre feigen Bischöfe eben alles unter den Tisch kehrten), dann zeigt er sich als wahrer Seelsorger, spendet Trost in Zeiten größter Trauer und Verletzung. Er schert sich nicht um Ämter, geht ihm um den Menschen. Wenn schon seine bischöflichen Mitbrüder versagen, darf er sich da nicht einklinken. Ein wahrer Seelsorger.
Daß B16 dieses Jahr zum Paulus-Jahr gewählt hatte, hatte ich schon wieder vergessen, als ich mich entschied, mir mal wieder dessen Briefe und die Apostelgeschichte vorzunehmen. Letztere mal wieder nach vielen Jahren in einem durchzulesen, war und ist wirklich ein großer Gewinn. Die Evangelien lehren uns die Worte und das Leben des gekreuzigten und auferstandenen Herrn,die Apostelgeschichte ist aber m.E. nach nicht minder wichtig, da sie uns zeigt, wie wir diesen Glauben leben können, welche Drangsale auf uns warten könnten, wie man missionarisch sein kann - kurz: wie Christsein geht.
Und dann stieß ich heute auf diesen Abschnitt im Brief an die Römer:
Du nennst dich zwar Christ und verlässt dich auf das Gesetz, du rühmst dich deines Gottes, du kennst seinen Willen und du willst, aus dem Gesetz belehrt, beurteilen, worauf es ankommt; du traust dir zu, Führer zu sein für Blinde, Licht für die in der Finsternis, Erzieher der Unverständigen, Lehrer der Unmündigen, einer, für den im Gesetz Erkenntnis und Wahrheit feste Gestalt besitzen. Du belehrst andere Menschen, dich selbst aber belehrst du nicht. Du predigst: Du sollst nicht stehlen!, und stiehlst. Du sagst: Du sollst die Ehe nicht brechen!, und brichst die Ehe. Du verabscheust die Götzenbilder, begehst aber Tempelraub. Du rühmst dich des Gesetzes, entehrst aber Gott durch Übertreten des Gesetzes. Denn in der Schrift steht: Euretwegen wird unter den Heiden der Name Gottes gelästert.
Okay, ein Wort habe ich absichtlich geändert, denn es war mir, als spräche der Text mich direkt an. So sind wir zu oft - wegen unseres Verhaltens wird der Name Gottes (”Geheiligt werden Dein Name”) geschmäht, weil wir alles andere als ein gutes Beispiel geben. Die Frage ist nicht, wie man ein christliches Beispiel abgibt, das tut man immer, sobad man sich wagt Christ zu nennen, sondern wie ein gutes…
Ich richte, weil ich zu wissen glaube worauf es ankommt. Ich be-und manchmal verurteile, obwohl ich zumindest im Herzen manchmal dasselbe tue.
Vielleich ist es nur eine kleine Frucht, aber das Lesen der Briefe des Paulus an die etablierte, sich sicher wähnende Glaubensgemeinschaft als an die unsrige, ist zumindest für mich nicht allzu falsch…
Dies Domini.
Ich weiß gar nicht, ob ichi ihn schon erwähnt habe (befürchte nein), nachdem der Autor mir ja selbst geschrieben hatte. Es gibt einen sehr guten und intellektuell anspruchsvollen katholischen Blog (also nicht so wie der hiesige), der ab sofort auch in der Linkliste erscheint:
Die Franciscan Friars of the Renewal in Irland. Ein Interview mit dreien von ihnen, einen (den crazy Br. Martin) habe ich vor Jahren London kennenlernen dürfen. Sehenswert.
Auch wenn wir nicht von ihr sind, wir leben in der Welt. Deswegen jetzt auch der Newsticker des Radios der Kirche von Köln.
Unterhalb von “Katholisches” findet der geneigte Leser jetzt eine neue Rubrik der theologischen Leseräume, noch im Aufbau begriffen (bin für Links dankbar). Aus St. Georgen kann ich u.a. die Aufsätze des Jesuiten (SJ steht ja für die Schlauen Jungs) Dieter Böhler empfehlen: es ist heutzutage selten genug, daß ein Exeget, also Bibelexperte, vatikanische Verlautbarungen (siehe seine Besprechung von der Vorschrift aus Rom namens Liturgiam authenticam) so entspannt mit einer Grundsympathie sieht und schlüssig erklärt.
In einem anderen Text geht er das seit langem bestehende Thema der Begrenztheit einer jeden Form von Bibelauslegung an (Auszug):
Als Paulus dem Philemon sein kleines Brieflein schrieb wegen des Sklaven Onesimus, wollte er nur gerade dem Philemon und nur in dieser Angelegenheit schreiben, sonst nichts. Daß heute im 21. Jahrhundert ein Christ in Germanien den gar nicht an ihn gerichteten Brief immer noch liest, bzw. in der Liturgie vorgelesen bekommt, geht weit über die Autorenintention des Paulus hinaus. Es ist die rezipierende Kirche, die eine Paulusbriefsammlung herstellt für den Gottesdienst, die das Brieflein zum Teil einer kanonischen Sammlung von Zeugnissen über den Gott Israels und Jesu Christi macht. Als Micha im 8. Jh. v. C. in Judäa gegen die dortigen Landenteigner polemisierte, wollte er nur im 8. Jh. gegen judäische Landenteigner polemisieren. Daß wir Christen des 21. Jh. in Deutschland die alten Orakel Michas noch immer lesen, geht weit über die damalige Autorenintention des Propheten hinaus. Daß wir das immer noch lesen, liegt daran, daß Israel die Orakel des Micha redaktionell zum Michabuch als einem Gotteszeugnis ausgebaut hat und dieses Michabuch in die Sammlung seiner kanonischen Schriften aufnahm. Der Sinn eines kanonisch gewordenen Textes hängt nicht am damaligen Autor und seinen Intentionen von damals allein. Nur danach aber fragte historisch-kritische Exegese. Der Sinn eines kanonischen Textes liegt auch in der Beziehung zur rezipierenden Glaubensgemeinschaft. Sie hat den damaligen Text neu adressiert und etwa an uns hier und heute gerichtet, was Micha nie vorhatte. Der Sinn eines kanonischen Textes liegt außerdem wesentlich in seiner Beziehung zu dem großen literarischen Gefüge des Kanons, in den die Rezeptionsgemeinschaft ihn eingefügt hat, um ihn über die damalige Situation hinaus aktuell zu halten.
Viel Spaß beim Stöbern!
…sind anders. Und glauben anders, nicht unbedingt anderes.
So etwas spricht auch mich an.
… dann kann aus einer auch mal eine Redaktuerin der ZEIT und aus der anderen eine orthodoxe Äbtissin von mehreren Klöstern geworden sein.
Hier findet sich ein spannender Artikel dazu. Treffend beschrieben das Grundgefühl des postmodernen Menschen:
Ich empfinde eine diffuse Sehnsucht nach Spiritualität. Religiosität ist eine Leerstelle in meinem Alltag, das stört mich, doch ich kann sie mir nicht verordnen wie Rückengymnastik oder Klavierstunden oder was man noch so als Frau Anfang vierzig macht. Meine Reise, das ist die Hoffnung, soll Bewegung in die verfahrene Situation bringen. In welche Richtung auch immer.
Andernorts berichtet eine benediktinische Novizenmeisterin hier über das Nonnewerden, eine Ex-Atheistin dagegen investiert das Geld ihrer Ordensgemeinschaft.
Nach längerer Zeit mal wieder was zum Thema Medizin…
Drei Jahre arbeitete ich im Krankenhaus, dann wollte ich raus und bin es auch - die unpersönliche Mühle in einem sehr starren System voller Intransparenz (monatelang wollte ich wissen, und keiner konnte es mir sagen(!), welche Kosten ich überhaupt mit meinen diagnostischen Maßnahmen verursache) war mir einfach zu viel.
Jetzt, nach sechs Monaten als Angestellter Arzt in Weiterbildung in einer allgemeinmedizinischen Hausarztpraxis einer Großstadt, stellt sich auch hier die Zukunft alles andere als rosig dar. Das System ist so kompliziert, daß da auch viele Ärzte nicht mehr durchblicken, so abstrus, daß alle, denen ich nur weniges bislang erklärt habe, die Köpfe schütteln und sich berechtigterweise fragen, wo die Beiträge denn landen.
Und erst kürzlich wurde höchstrichterlich festgestellt, daß Krankenkassenvorstände ihre Bezüge veröffentlichen müssen - also die Menschen wollten und mußten bislang nicht, die sich doch immer für bestmögliche Kosteneffizienz eingesetzt hatten …
Heuchler halt.
Insbesondere das ambulante Versorgungssystem ist immanent krank - der regionale Ärztemangel ist nur ein noch kleines, aber bald massives Symptom dafür. Es gibt Journalisten in Großstädten (wie bspw. dieser hier, der wohl als Redakteur in der Bundeshauptstadt sitzt und eben nicht 200km entfernt in der brandenburgischen Provinz, die doch bestimmt auch ein Regionalblatt haben), die sich darüber aufregen, daß wir Ärzte so ungern in Nester ohne breites kulturelles Angebot und ohne Internationalität gehen und daß wir Ärzte - dafür studieren wir doch das BesserMenschSein-Examen, oder? - eben auch bevorzugt da arbeiten, wo wir die materiellen Wünsche unserer Familien und von uns selbst am problemärmsten erfüllen können.
Ja, ich weiß, all dies ist verwerflich. Eigentlich muß der Arzt per definitionem ein besserer Mensch sein, eben der säkulare Priester der Jetztzeit. Er darf eben nicht so sehr auf den Euro schauen, muß auch Leistungen anbieten, die die Krankenkasse nicht (mehr) bezahlt. Daß er sie selbst dann bezahlt und auch nicht geschenkt bekommt, ist ja egal. Er ist ja Arzt. Er hat’s ja… (schön wär’s).
Nur ein paar Beispiele des Wahnsinnes Gesundheitssystem in Deutschland…:
1. jeder Hausarzt der hiesigen Region (Nordrhein, die Westhälfte von NRW) darf pro Jahr mit gesetzlich Krankenversicherten nur einen maximalen Umsatz von rund 2,4 Mio. Punkten machen (Vorsorgeuntersuchungen ausgenommen, es geht hier um die die wirklich krank zum Arzt gehen). Wieviel er dabei im Januar verdient hat, erfährt er im Juli, sprich alle Abrechnungen erfolgen erst ein halbes Jahr später. Da man von Punkten keine Miete bezahlen kann, wird rückwirkend(!) festgelegt, was ein Punkt damals denn so wert war (nicht ist). Kalkulation ist somit nicht möglich. Da die Gesamtsumme in Euro aller Punkte aller Ärzte aller Fachrichtugen in Nordrhein schon vorher feststeht (politisch entschieden), ist es also eine bloße Frage der Verteilung.
Zuletzt lag der Punktwert bei unter vier Cent (also ein Punkt wurde mit unter 4 Cent honoriert), aber ich rechne einfach mal mit 4 Cent. Das mal 2,4 Mio. Punkten ergibt 96.000 Euro Umsatz - mehr darf der Kassenarzt mit den gesetzlich Versicherten, die nicht zur Vorsorge oder Impfung in die Praxis kommen, nicht umsetzen, egal, ob 60 oder 2000 Patienten kommen, es gibt kein Maximalumsatz pro Patient, sondern pro Arzt! Davon gehen dann ab: Mieten, Personalkosten, Sachkosten etc. Da sind 60% Kosten nicht zu hoch gegriffen (zumindest in einer Großstadt wie Düsseldorf). Übrig blieben dann 38.400 Euro. Das ist dann der Bruttoverdienst.
Und wer kann jetzt nicht verstehen, daß Privatversicherte besser behandelt werden?
Weitere Beispiele folgen …