Nichts Neues

Wer sich mit dem Primat des Petrus beschäftigen will, kommt an dem Leben der “geeinten” Kirche (in “”, weil es auch da immer wieder Streitereien und Spaltungen gab) des Ersten Jahrtausends nicht vorbei. Daß es da grundsätzlich andere Beurteilungen seitens des Ostens und des Westens gibt, ist auch verständlich - und diese Differenzen wird auch kein noch so schlaues Buch aufheben können. Das nebenstehende, von dem hier mangels Alternative nur der Kopf der Einbandes gezeigt wird, hilft aber enorm, das Vorurteil der “Neuerfindung” bzgl. der päpstlichen Unfehlbarkeit aufzuheben. Schon der orthodoxe Theologe Olivier Clément soll gesagt haben (mir fehlt der exakte Quellbeleg, aber es war wohl in seinem Buch “You are Peter“), daß Leo der Große - um genau den geht es in diesem Buch - die römische Primatslehre voll ausgebildet hatte. Stichwörter, die auch mir neu waren, wären bspw. “Räubersynode”, Flavian, Tomus Leonis und der Kanon 28.

Mehr darüber in diesem faszinierenden Buch, für eine Habilitationsschrift erstaunlich gut lesbar geschrieben (natürlich sind Latein- und Griechischbruchstücke unübersetzt, aber für eine Habil ist das okay) und vor allem lebhaft. Man lebt diese Zeit mit, man merkt, worum es ging, man erliest sich die Machtspiele, Sorgen für den Glauben, Intrigen und Eitelkeiten.

Nein, der römische Primat ist nichts Neues - weder für den Westen noch für den Osten.





6 Kommentare zu “ Nichts Neues”

  1. Antifo meint:


    Die Webseite von Antifo

    Jetzt habe ich doch noch mal etwas. Mir ist aufgefallen, daß alle drei Autoren von

    Zur Ambivalenz der Menschenrechte: Missverständnisse der „Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa”
    http://www.bogoslov.ru/de/text/419609.html

    eigentlich römisch-katholisch sind. Insofern kann man den Text - trotzdem er sich auf die Auseinandersetzung zwischen GEKE und ROK bezieht - als Stelltungnahme der RKK lesen. Ich dachte das könnte Sie interessieren.

  2. Ralf meint:


    Die Webseite von Ralf

    Danke für den Hinweis.

    Es ist natürlich keine “Stellungnahme der RKK”, sondern von drei Theologen der RKK ohne repräsentativer Autorität, aber nichtsdestotrotz interessant.

    Mal ein kleines Gegenüber. Sie schrieben auf Ihrem Blog:

    Im Falle der ROK kann man sie stark verkürzt so wiedergeben, daß Sünde die Gottesebenbildlichkeit des Menschen und damit dessen Würde eintrübt. Buße bringt sie dagegen wieder zum Strahlen. Die Würde ist also in einem steten Auf und Ab begriffen.

    Die GEKE kritisiert diese Position, die sie auch in der Position der ROK herausliest, indem sie sagt:

    Bedingungen der Würde: Die russische orthodoxe Kirche anerkenne die Menschenrechte und die ihnen zugrunde liegende Menschenwürde nicht als „unantastbar, unveräußerlich und unteilbar”, sondern mache sie von einer moralischen Leistung des Menschen abhängig und stelle sie angesichts der Sündhaftigkeit des Menschen infrage: „Da die russisch-ortho­doxe5 Kirche Menschenwürde nur als moralischen Maßstab entfaltet, kann sie die Würde nicht als Begründung eines unbedingten Schutzes gegen menschliche Übergriffe verstehen” (2). Der Begriff der Menschenwürde werde „in eine moralische Kategorie transformiert” (3). Begleitend findet sich der Vorwurf, die „christologische Fundierung” und „soteriologische Ausrichtung” der Menschenwürde fehle (2).

    Andererseits schreibt die ROK:

    Ein sittlich unwürdiges Leben zerstört die von Gott verliehene Würde auf der ontologischen Ebene nicht, verdunkelt sie jedoch so sehr, dass sie kaum zu erkennen ist. Gerade deshalb braucht es eine große Willensanstrengung, um die natürliche Würde eines Schwerverbrechers oder Tyrannen zu erkennen oder gar anzuerkennen

    Ich sehe daher eine gewisse Diskrepanz zwischen Ihrer Zusammenfassung und der zitierten Äußerung der ROK.

  3. Antifo meint:


    Die Webseite von Antifo

    Ich war mir beim Schreiben der Zusammenfassung aus meinem Gedächtnis bewußt, daß ich wohl nicht jede Nuance richtig wiedergeben würde und sprach daher ich von einer “stark verkürzten” Zusammenfassung. Ich würde auch meinen, daß ich so weit nicht ja entfernt war.

    Hinsichtlich der Lesart der GEKE ist in dem von Ihnen zitierten Ausschnitt aus der Antwort der RKK-Theologen ja ausgeführt, weshalb der unbedingte Schutz gegen menschliche Übergriffe auf Basis der Unveräußerlichkeit der Würde durchaus nicht zur Disposition steht.

    Ob diese Würde von Dritten dann immer auch gesehen wird, steht freilich auf einem anderen Blatt, aber wo sie objektiv verdunkelt ist, bringt es doch nichts, wenn die ROK sich hinstellt und behauptet, daß man sie sehen müsse. Das mag von der Argumentation her grenzwertig erscheinen, aber sich von so einer Definition Schutz vor Ungerechtigkeit und Verfolgung zu erhoffen wäre ja sowieso unrealistisch.

    In dem zeitlich vor dieser Grundlagenlehre vom X. Weltkonzil des Russischen Volkes verabschiedeten Dokument der Russischen Erklärung der Menschenrechte drückt sich das Festhalten an der Würde auf der ontologischen Ebene übrigens als “Wert” des Menschen aus:

    “Als Gottes Ebenbild besitzt der Mensch einen besonderen Wert, der ihm nicht genommen werden kann. Diese Tatsache muß von jeder Person, jeder Gesellschaft und jeder Regierung respektiert werden. Indem es gute Werke vollbringt, erhält das Individuum Würde. Deshalb unterscheiden wir zwischen Wert und Würde des Individuums. Wert ist inhärerent; Würde ist erworben.”

    http://antifo.wordpress.com/2009/03/14/russische-erklarung-der-menschenrechte/

    Die Bedingtheit der Würde in diesem weniger anspruchsvollen Text ist für uns zwar ungewohnt, aber hier ist der Begriff des Wertes eben von größerer Bedeutung, weil er von der Ebenbildlichkeit Gottes abgeleitet wird.

    Die Aufteilung in Wert/Würde ist durchaus nicht unüblich. Auch das BVerfG hat bei kitzligen Fragen schon damit argumentiert:

    http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv096375.html

  4. Antifo meint:


    Die Webseite von Antifo

    Ergänzung:

    Statt

    “Die Würde ist also in einem steten Auf und Ab begriffen.”

    hätte ich in der Zusammenfassung wohl schreiben müssen

    “Die Sichtbarkeit der Würde ist also in einem steten Auf und Ab begriffen.”

  5. Ralf meint:


    Die Webseite von Ralf

    Es scheint ein semantisches Problem zu sein. Ausgehend von der dt. Rechtskultur des Grundgesetzes, ist die Würde inhärent (für einen Christen göttlichen Ursprunges) und der Wert ein von außen (menschlich)zugeschriebenes Attribut.

    Wahrscheinlich liegt auch hier der Hase im Pfeffer, wenn die ROK und die KK angeblich unterschiedliche Standpunkte haben.

    Ob es da schon wiss. Arbeiten zu gibt?

  6. Pax et bonum » Kathedra Petri II meint:


    Die Webseite von Pax et bonum » Kathedra Petri II

    […] Entscheidend für die weiter oben ganannte abschließende Formulierung wurde das Eingreifen des römischen Bischofs, des Papstes Leo dem Großen. Er war selbst nicht anwesend (das war bei den im Osten statfindenden Konzilien durchaus üblich), sondern hatte seine Gesandten hingeschickt. Die christologische Streitfrage hatte er nun nach eigenem Bekunden als Inhaber des Apostolischen Stuhls (damit wurde - auch eher unbekannt - nur der römische bezeichnet, obwohl Petrus zuvor auch erster Bischof von Antiochien war) autoritativ beantwortet, indem er ein Schreiben in Chalcedon vorlesen ließ (was der Bischof von Alexandria lange verhindern wollte - jaja, so ging’s damals schon zu …). Dieses Schreiben ging als “Tomus Leonis” in die Geschichte ein. Die Reaktion darauf wird so überliefert, daß manche Konzilsväter begeisert ausriefen, mit der Stimme Leos hätte Petrus selbst gesporchen. Wo ist jetzt der Haken? Nun, die Bedeutung dieses Tomus wird aus nachvollziehbaren Gründen in Ost und West unterschiedlich gesehen. Während bspw. der orthodoxe Theologe Olivier Clément in seinem Buch “You are Peter” das ganze eher ein wenig runterspielt (obwohl er zugibt, daß sich Leo seiner päpstlichen Vollmacht schon da voll bewußt war), legt Stephan Otto Horn in dem von mir bereits kurz rezensierten Buch schön dar, welche große Bedeutung das Eingreifen des Inhabers des Apostolischen Stuhles hatte. Das kann der Osten natürlich nicht einfach schlucken, das kann man auch nicht argumentativ erzwingen und Quellen können unterschiedlich bewertet werden. […]


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