Veröffentlicht am Saturday, 02. January 2010, 21:32
Es gibt in diesem Land bei vielen Christen Befürchtungen, der Islam könne “stark” werden, könne gar zu stark werden, er sei doch eigentlich stärker als das Christentum, da er mit offensichtlich mehr Identifizierung von den Gläubigen gelebt werde.
Nun, das reine Vorkommen oder die Verbreitung eines Glaubens bzw. einer Religion sagt noch lange nichts über die Stärke aus. Ich bin der Meinung, daß das Christentum zu Zeiten der Inquisition schwach war, ebenso der Islam jetzt. Ebenso wie es damals in manchen Regionen Europas (insbesondere Spanien unter den “Katholichen Königen” und ihren Nachfolgern) ohne Strafandrohung nicht möglich war, eine andere Sicht Gottes und der Welt als die dominant auftretende katholische Sichtweise zu haben, ist es jetzt in islamisch dominierten Ländern ncihtmöglich, seine Religion ohne Strafandrohung zu wechseln. Es gibt Ausnahmen in Schwarzafrika, GottseiDank, aber die arabischen und (in geringerem Umfang) asiatischen Länder sind da sehr rigide. Offensichtlich geht es da entspannter zu, wo sich der Islam nicht mit dem Schwert verbreitet hat - also außerhalb Nordafrikas und der arabischen Halbinsel bis Zentralasien.
Erst wenn man eine andere Meinung gelassen aushalten kann, ist das ein Zeichen für Stärke, erst wenn man sogar Schmähungen, die man natürlich nicht provozieren soll (was sollen die auch bringen?), gelassen erträgt.
Franziskus sagt in seiner Nicht-bullierten Regel (NbR), Kapitel 16 (das Missionskapitel, wenn Brüder zu Sarazenen und anderen Ungläubigen gehen wollen):
5 Die Brüder aber, die hinausziehen, können in zweifacher Weise unter ihnen geistlich wandeln.
6 Eine Art besteht darin, daß sie weder Zank noch Streit beginnen, sondern “um Gottes willen jeder menschlichen Kreatur” (1 Petr 2,13) untertan sind und bekennen, daß sie Christen sind.
7 Die andere Art ist die, daß sie, wenn sie sehen, daß es dem Herrn gefällt, das Wort Gottes verkünden: sie sollen glauben an den allmächtigen Gott, den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist, den Schöpfer aller Dinge, an den Sohn, den Erlöser und Retter, und sie sollen sich taufen lassen und Christen werden; denn “wenn jemand nicht wiedergeboren wird aus dem Wasser und dem Heiligen Geiste, kann er nicht in das Reich Gottes eingehen” (vgl. Joh 3,4).
8 Dieses und anderes, was dem Herrn wohlgefällig ist, können sie ihnen und anderen sagen, denn der Herr sagt im Evangelium: “Jeder, der mich vor den Menschen bekennen wird, den werde auch ich vor meinem Vater bekennen, der im Himmel ist” (Mt 19,32).
9 Und: “Wer sich meiner und meiner Worte schämt, dessen wird sich auch der Menschensohn schämen, wenn er in seiner und des Vaters und der Engel Herrlichkeit kommen wird” (vgl. (Lk 9,26).
Vor allem spricht daraus eine für die damalige Zeit unglaublich große Gelassenheit, denn der erste Weg ist einfach nur der Weg des Bekenntnisses. Sagen, daß man Christ sei, mehr nicht. Kein Zank oder Streit anfangen, ihnen untertan(!) sein. Letztlich ist der Herr für das Heil der anderen verantwortlich, man selbst ist höchstens Werkzeug und wird eingesetzt von Ihm - oder eben auch nicht, denn es gefällt Gott bestimmt nicht immer.
Diese ruhige Gelassenheit ist dem Islam heute in den Regionen, in denen er vorherrscht, ebenso fremd wie manchen katholischen Regionen Europas zu Zeiten der Inquisition.
Deswegen muß man sich vor eine Erstarken des Islam keine Sorgen machen, denn weltweit gesehen ist er nicht stark, sondern schwach.
Mich würde ein Erstarken freuen. Von muslimischen Freunden kenne ich diese Stärke, diese Gelassenheit der eigenen Glaubensüberzeugung.
Fehlen tut sie mir in vielen Sparten des kirchlichen Raumes (”links” wie “rechts”) und bei dezidiert Gläubigen jeder Couleur ebenso wie bei dezidiert Ungläubigen. Da werden schnell Verbalkeulen gebraucht, politische Einflußnahme wird gesucht.
Gelassen sein. Überzeugt sein. Überzeugungen sein lassen, auch wenn man sie nicht teilt.