Gospel der Gospa?

Man sehe mir nach, daß ich mal wieder auf was Tagesaktuelles im Kirchenklatsch eingehe, aber anhand dieses Beispieles läßt sich einiges über die Kirche besser verstehen.

Kürzlich gab es ja mal wieder Aufregung über die Frage der Echtheit der Erscheinungen der Muttergottes im bosnischen Medjugorje (hier ein einleitender Beitrag dazu). Ob diese echt sind, ist jetzt hier nicht Frage - die kann ich auch gar nicht kompetent beantworten. Dies kann, übrigens erst nach Ende der Erscheinungen, sowieso nur einer - und dies ist eben nicht der Papst.

Die Kirche ist eben nicht so pyramidal aufgebaut, wie allgemein vermutet und noch mehr kolportiert wird. Die Kirche ist der Leib von Kirchen, denen Bischöfe vorstehen, die in Gemeinschaft (Communio) untereinander und mit dem Bischof von Rom (Papst) stehen, welcher dann noch einmal eine spezielle universale Oberhoheit (Jurisdiktion) ausübt.

Das beschneidet den Ortsbischof zwar theoretisch (und in manchen Fällen auch praktisch), aber wenn es nicht um eine Frage des verbindlichen Ritus oder Glaubens oder der Sitte geht, kann der Papst nicht einfach von oben etwas dekretieren. Kein Katholik auf diesem Planeten muß bspw. glauben, daß Maria in Fatima (Portugal) erschienen ist. Das war anfangs nicht des Papstes Baustelle, das ist es bis heute nicht. Mögliche Erscheinungen von Gestorbenen, die wir bei Gott glauben oder wähnen, sind eben Sache des vor Ort zuständigen Bischofs, und zwar nur seine. Eine vatikanische Kommission kann da dem Ortsbischof nicht vorschreiben, das ganze jetzt doch bitte anders zu sehen.

Auch was der Papst da meint, ist nicht ausschlaggebend.

Das ist zwar für manche immer wieder erstaunlich und ggf. verwirrend zu hören, daß es eben nicht so von oben nach unten geht, da würde ja die sichere Autorität fehlen, aber die höchste Auorität ist eben auch laut dem Dogma vom Vat I. eben nicht der Papst, sondern die Kirche als ganze. Diese Autorität wird dem Papst als Person unter bestimmten genauen Umständen auch zuteil - aber die Kirche genießt sie immer. Die Kirche ist Communio, Gemeinschaft untereinander. Und die Bischöfe sind Nachfolger der Apostel, nicht Statthalter des römischen Bischofs.

(Es ist ja sowieso ein interessanter Umstand, daß Papst Pius IX. das Erste Vaticanum als Konzilsgemeinschaft der Bischöfe brauchte, um sich bestätigen zu lassen, daß er als Papst gottgewollt eigentlich auch ohne Konzil handeln könne - aber das ist ein anderes Thema)

Das dazu.





2 Kommentare zu “ Gospel der Gospa?”

  1. Benedikt meint:


    Die Webseite von Benedikt

    Ganz so einfach ist das nicht. Zwar hat der Ortsbischof die prinzipielle Kompetenz bei der Beurteilung solcher Phänomene, trotzdem kann die Bischofskonferenz oder der Papst hinzugezogen oder aus eigener Initiative eingreifen - natürlich soll die übergeordnete Autorität nicht gegen den Ortsbischof agieren (wie das meines Erachtens Kardinal Schönborn getan hat).

    Die entsprechenden Normen finden sich hier: http://www.theotokos.org.uk/pages/appdisce/cdftexte.html

  2. Ralf meint:


    Die Webseite von Ralf

    Stimmt, ganz so einfach scheint das nicht zu sein. Die im Link beschriebene Zentralisierung ist aber zaghaft, und es wäre interessant zu erfahren, ob sich der Vatikan wirklich gegen den Willen eines Ortsbischofs positionieren würde.
    Generell halte ich diese zunehmende Zentralisierung für schlecht und falsche Ekklesiologie. Da B16 der Dialog mit den Ostkirchen am Herzen liegt, wird er dieses eingreifende Instrument nicht nutzen (es ist auch nicht unveränderlich) - denn im Osten hat der Ortsbischof berechtigterweise deutlich mehr Autorität als im Westen.


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