Zufall und Notwendigkeit?

Am Wochenende war ich mal wieder in Maria Laach bei der diesjährigen Tagung der Katholischen Ärztearbeit Deutschlands, eines leider kleinen weil sehr feinen Vereins, der sich mit zumeist geistlichen Themen, die auch am Rand mit der Medizin zu tun haben, auseinandersetzt (bei ethischen Fragestellungen auch schon mal deutlich näher an der alltäglichen Medizin dran).

Werbeblock: wer potentiell interessierte Ärzte kennt, Kontakt an mich oder direkt an die Geschäftsstelle (habe in dem Verein keine Funktion inne).

Jedes letzte Januar-Wochenende findet dort diese für alle Menschen offene Tagung statt. Und jedes Jahr geht es um eine Thematik anhand einer herausragendene Persönlichkeit, die für Kirche und/oder Gesellschaft eine Bedeutung erlangte. 2010 ging es um eine Rückschau auf Charles Darwin, sein Leben und Werk, und die Frage: Zufall und Notwendigkeit oder Gottes Schöpfungsplan? (das Programm mit den Referenten ist auf der Seite des Vereins zu finden, steht noch unter der Vorschau)

Die Vorträge warn wie immer anspruchsvoll, mal unterhaltend, mal ein eher anstrengendes Hörvergnügen. Auch unterschiedliche Sichtweisen von Referenten prallten aufeinander, selbst ein eher kreationistischer Ansatz wurde präsentiert und stellte die “Vorzüge” des biblischen Schöpfungsglaubens (tendenziell wurde dieser biblizistisch präsentiert) gegenüber der Evolutionstheorie dar.

Trotz meines Arztberufs hat mich diese Debatte über die Frage nach dem “wie isset denn jetzt?” nie sonderlich interessiert. Wie Heisenberg mal formulierte: “Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaft macht atheistisch; aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott”. So in etwa sehe ich das auch. Allein schon aus methodischen Gründen fehlt den Naturwissenschaftlern die fachliche Kompetenz, Aussagen über die Transzendenz zu machen.

Am interessantesten war für mich der Ansatz eines Vortrages (von Prof. Hattrup), daß es bei dem Erklärungsmodell der Evolutionstheorie als Gottersatz einen Haken gibt: bei dem Schema “Zufall und Notwendigkeit” als Erklärung für den Motor der Evolution geht nämlich eines nicht: der Zufall ist keine Erklärung. Der Zufall entzieht sich per deinitionem einer Erklärung, und so kann er auch nicht in einer Erklärung wissenschaftlich dienstbar gemacht werden. Der Clou war dann: nicht die Theorie ist falsch, sondern die Folgerung, deswegen gebe es keinen Gott. Denn, so Hattrup im Gegensatz zu Albert Einstein: doch, Gott würfelt.





6 Kommentare zu “ Zufall und Notwendigkeit?”

  1. Josef Bordat meint:


    Die Webseite von Josef Bordat

    „Denn, so Hattrup im Gegensatz zu Albert Einstein: doch, Gott würfelt.“

    Ja, im Bereich der Kontingenz, nicht aber im Bereich der Notwendigkeit (Th. v. Aquin). Den gibt es für Gott nämlich auch. So ist z.B. die menschliche Freiheit notwendig. Aus ihr ergeben sich die Kontingenzen, die Gott in seiner Schöpfung – salopp gesagt – in Kauf nimmt.

    Ich konnte in der Liste kein Referat erkennen, das einfach mal die katholische Lehrmeinung („theistische Evolution“) vorgestellt hat. Gab es dazu was?

    Dabei scheint die mir sehr plausibel. Ich hatte mal die Gelegenheit, in einer Berliner Gemeinde darüber zu sprechen:
    http://jobo72.wordpress.com/2009/10/09/die-existenz-gottes-und-die-wissenschaft/

    Herzliche Grüße,
    Josef Bordat

  2. Ralf meint:


    Die Webseite von Ralf

    Hallo Josef.

    Mit einem Axiom kommt man aber in einem Dialog nicht weiter, bei Dir wäre das Axiom eben die theistische Evolution.

    Hattrup geht es darum aufzuzeigen,daß innerhalb(!) der säkularen Evolutionstheorie ein Platz für Gott ist, nämlich im Zufall.

    Säkularisten leugnen ja auch die menschliche Freiheit (von wegen Notwendigkeit) - und genau das treibt nämlich Hattrup um, die Freiheit zu bewahren. Er ist sich der Tragweite sehr bewußt.

    Nein, kein Vortrag (der letzte war eher kreationistisch) hat die katholische Lehre vorgestellt, da es auch die katholische Lehre dazu nicht gibt.
    Intelligent Design ist es auch nicht (Kardinal Schönborn hält davon laut Hattrup auch nicht mehr allzuviel).

  3. Josef Bordat meint:


    Die Webseite von Josef Bordat

    die katholische Lehre”

    Hm… Es gibt immerhin einige Enzykliken usw., die eine Richtung andeuten und die ist mit „theistische Evolution“ ganz gut bezeichnet, wie ich finde. ID hat m.M.n. gravierende theologische Defizite, d.h. vor allem einen anderen Gottesbegriff. Der Designer steht eben nicht außerhalb von Raum und Zeit und stößt Prozesse als Erstursache im Modus der Finalität an (Ursprung, Urgrund), sondern wird als Verursacher im Modus der Kausalität gedacht (Anfang), was dann in der Tat zu erheblichen Problemen führt (etwa: Wer designed den Designer?). ID ist also keine besonders gute metaphysische Grundlage. Da bietet Thomas von Aquin mehr.

    Es wäre interessant zu wissen, ob und wenn ja, wie Hattrup, den ich nicht kenne (seine Schriften zum Thema leider auch nicht), seinen Ansatz in Beziehung setzt zur „theistischen Evolution“ bzw. auf welche Autoren er sich bezieht. Kannst Du da einen Literaturtipp geben?

    LG, Josef

  4. Ralf meint:


    Die Webseite von Ralf

    Hallo Josef.

    Erst einmal hat er eine eigene Webseite: www.dieterhattrup.de

    und bei den altbekannten online-Buchhändlern findet man von ihm jede Menge Literatur.

    Übrigens hat der Mann (Dr. der Mathematik) sich über Bonaventura habilitiert (und einige Schriften z.T. neu übersetzt im Eigenverlag), kennt sich also sowohl naturwissenschaftlich wie scholastisch gut aus.

    (Und daß Bonaventura mit mehr liegt als der Aquinat, dürfte als franziskanischer Mensch keine Überraschung sein)

  5. Ed Dellian meint:


    Die Webseite von Ed Dellian

    Lieber Herr Bordat,

    ich kenne Dieter Hattrup aus einer Korrespondenz. Er ist Kantianer 100 pro und lässt nichts gelten, was “hinter Kant” zurück liegt. Z.B. von Galilei und Newton weiß er nichts, und leider will er davon auch nichts wissen. Man wird also kaum sagen können, dass er sich “naturwissnschaftlich gut auskennt.”
    Übrigens: Die Vorstellung, dass Gott “außerhalb von Raum und Zeit” sein müsse und nur “causa finalis” sein könne, beruht auf einer mangelhaften, nämlich “relativistischen” Vorstellung von Raum und Zeit, und auf einer ebenso mangelhaften, nämlich “logizistischen” Vorstellung von Kausalität. Letztere dokumentiert sich u.a. in Ihrer Frage nach dem “Designer des Designers.”
    Gott steht nicht außerhalb von Raum und Zeit, denn in ihm leben, weben und sind wir. Und das Nachdenken über Kausalität als Charakteristikum nicht des Denkens, sondern des Seins (also ontologisch, nicht logisch!)führt zur Erkenntnis der realen Existenz einer “ersten schöpferischen Ursache” - also zur Erkenntnis der Existenz Gottes. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und: Zu wissen, dass Gott wirklich “ist” und “wirklich” ist, ist eine ganze Menge. Wie sagt doch Isaac Newton so schön: Das Wissen von der Existenz Gottes führt unmittelbar dazu, dass wir uns unserer Pflichten sowohl ihm gegenüber, als auch gegenüber unseren Mitmenschen bewusst werden.

    Herzlichst Ihr
    Ed Dellian.

  6. Ralf meint:


    Die Webseite von Ralf

    Ich habe Dieter Hattrup persönlich kennengelernt. Immerhin ist er promovierter Mathematiker, insofern weiß ich nicht, ob Du, Ed (auf meinem Blog wird gnadenlos geduzt), eine ähnliche Kompetenz vorweisen kannst, so ein negatives Urteil zu fällen.
    Er ist auch nicht “Kantianer 100 pro” (wie ist man das denn?) und kennt natürlich Newton und Galilei.

    Aber Du wirst Deine Behauptungen sicher gut belegen können, oder?

    (Meintest Du eigentlich wirklich Josef Bordat oder doch eher mich?)


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