Vielleicht ist es sinnvoll, da ja auch ab und zu sehr kirchenferne Leser diesen Blog besuchen, daß auch ich mal kurz darlege, was ich über das denke, was derzeit über die Kirche zu lesen ist und was vielfach durch Kirchenleute passiert ist:
Erstens nervt mich tierisch die Verteidigungshaltung mancher Kirchenleute (damit meine ich Geistliche oder hauptamtliche Laien, auf jeden Fall Repräsentanten). Selbst wenn es um eine Kampagne gegen die Kirche ginge, wäre das auch egal. Jetzt ist es nicht an der Zeit, die eigenen Fälle zu relativieren in ihrer Zahl. Es ist nicht an der Zeit, vorgefertigte Entschuldigungen vom Blatt abzulesen, auch ein Besuch beim Papst ist nicht als erstes auf der Agenda der Menschlichkeit.
Es ist an der Zeit, sich Willy Brandt und Papst Paul VI. zum Vorbild zu nehmen und auf die Knie zu gehen. Nicht vor den Medienvertretern, sondern vor den Opfern. B16 sprach bekanntermaßen in den USA mit einigen von ihnen, wieviele haben die dt. Bischöfe schon aufgesucht und das auch kundgetan?
Zweitens ist es ekelhaft, wenn allein schon der Eindruck entsteht, ausgerechnet an Priestern wird die christliche Nächstenliebe und Vergebung geübt, wo man sie an anderen vermißt. Jeder Verdachstfall ist an die staatl. Stellen zu melden, egal wann er war. Der Priester ist aus dem pastoralen Dienst bis zur Klärung des Falles zu entfernen, bei Bestätigung dauerhaft. Natürlich kann durch Rufmord eine priesterliche Existenz zutiefst gestört werden, aber vielleicht ist der Betroffene in der Lage, dies unter wahrer Nachfolge Jesu zu verbuchen - von Bequemlichkeit war beim Weiheversprechen schließlich keine Rede. Bei Erhärtung eines Verdachts geht das kirchlicherseits sowieso an den Vatikan, da der Fall des Mißbrauchs zu den drei schwersten Verbrechen in der Kirche zählt.
Drittens, und am schlimmsten, ist die mögliche Strafe, die sich die Täter beim Herrn zuziehen, wenn sie Rechenschaft ablegen müssen - vielleicht fällt endlich bei solchen Begebenheiten das moderne “WirkommenalleindenHimmel”-Dogma. Vielleicht wird endlich jetzt mal wieder die Rede vom Gericht Gottes kanzelfähig. Das wird kein Spaß, wenn die Täter keine Reue und Umkehr zeigen.
Viertens interessiert mich nicht so sehr, welchen Schaden das Ansehen der “Institution Kirche” genommen hat, sondern was Jesus angetan wurde von diesen Kirchenleuten, dieser Jesus, der sich immer mit den Kleinsten und Wehrlosen identifiziert hat. Nicht die Kirche wurde primär geschädigt, sondern Gott.
Und zu fünftens verweise ich auf den vorletzten Beitrag, da ein Generalverdacht jetzt für alle Geistliche einen Spießrutenlauf bedeuten würde. Die Tendenz zur Sippenhaft besteht immer und überall.
Zum Schluß: ich bin nicht wegen oder trotz Priester X, Bischof Y oder Laie Z in der Kirche, auch wenn ich das Glück hatte, inspirierende und inspirierte Menschen kennenzulernen. Ich bin Glied der Kirche, weil ich dort mit Jesus hautnah in den Sakramenten in Beziehung treten kann, weil sie eine einheitliche Lehre hat, weil sie nicht beengt national, sondern weltweit mit dem Nachfolger Petri als Garanten der Einheit verfaßt ist. Und am letzten Punkt kann auch kein noch so schlechter Papst was ändern (zum Glück haben wir ja aktuell einen guten).
Janko meint:
2. April 2010Die Webseite von Janko
Ich würde alles unterschreiben, nur den letzten Absatz nicht. Ich bezweifle immer mehr, dass wir mit B16 einen guten Papst haben! Sein reaktionärer Kurs, den er ja schon als Kardinal und oberster Glaubenswächter der gesamten Kirche aufgedrückt hat, scheint mir immer mehr dazu zu führen, dass die Kirche auseinander bricht. Aus den Rissen werden Gräben und ich sehe einfach nicht, dass der Papst “die Brüder im Glauben zu stärken” vermag, es sei denn eben, man versteht unter Brüdern immer nur die vermeintlich rechtgläubigen und auf der - im Moment sehr traditionalistischen - Spur sich befindlichen. Aus den Fettnäpfchen, in die dieser Papst anfangs getreten ist (Regensburger Rede, Brasilienbesuch, etc.), sind inzwischen richtige Ölfässer geworden, die sich in das Feuer der Spaltung ergießen. Ich dachte, der Gipfel sei mit dem Eklat um die Piusbrüder erreicht, aber die Missbrauchsskandale, die inzwischen ja auch Deutschland beschäftigen, gehen noch darüber hinaus, weil nun die Glaubwürdigkeit von Kirche im Mark erschüttert ist (auch wenn viele das noch nicht sehen). Ich bin der Auffassung, dass es jetzt darum gehen muss, wie man von Kirche und von Gott, Jesus, froher Botschaft sprechen kann NACH dem, was in Kirche geschehen ist. Im Übrigen - um das zu ergänzen - bin ich auch nicht Teil der Kirche WEGEN des Papstes, sondern TROTZ des Papstes und manch anderer Kirchenvertreter, die mich im Moment weiß Gott nicht inspirieren, sondern eher unendlich ratlos machen. Ich sehne mich nach jemandem wie Johannes XXIII., der kommt und die Fenster weit aufreißt, damit endlich durchgelüftet werden kann. Es mufft, es stinkt in unserer Kirche, und zwar ganz gewaltig. Und das schlimmste ist, dass diese Kirche immer mehr um sich selbst kreist und sich selbst zum Lieblingsthema geworden ist, obwohl ihre Stimme gebraucht wird an ganz anderen Stellen - dort wird sie aber nicht mehr gehört, weil sich Kirche unglaubwürdig gemacht hat. Das ist eine veritable Katastrophe! Das steht im Widerspruch zum Auftrag Jesu, der ganzen Welt eine frohe Botschaft zu verkünden!
Ralf meint:
6. April 2010Die Webseite von Ralf
Hallo Janko, frohe Ostern Dir!
Danke für Deinen Beitrag. Ich kenne viele, die so denken wie Du - und ich gebe zu, ich habe es nie verstanden.
Insbesondere habe ich nie verstanden, daß Papst Johannes XXIII. so idealisiert wird - wer sein Geistliches Tagebuch liest (antiquarisch noch zu haben und sehr empfehlenswert), wird feststellen, daß dieser Papst als großer lehr-Reformator wahrlich nicht geeignet ist und daß dies auch nie seine Intention war. Die Lehre wollte er nie ändern und hat er nie geändert - dagegen wohl die Art und Weise, diese zu präsentieren. Natürlich tat er das auf eine Art und Weise (siehe sein Misaale von 1962, welches ja durch Summorum Pontificum wieder allgemein erlaubt wurde), die heute bei den meisten Liberalen nicht ankäme - deswegen verstehe ich nicht, wie gerade diese Gruppe ihn so anpreist.
Es ist in der Tat so, daß die Kirche and den entscheidend wichtigen Stellen nicht mehr gehört wird - dies liegt u.a. daran, daß sie insbesondere in den säkularen Ländern viel zu wenig eigene Medienarbeit leistet. Denn von den säkularen Medien ist da keine echte Unterstützung zu erwarten, warum auch? Wir sollten sie auch nicht anstreben, sondern selbst etwas aufbauen. Daß die Kirche viel zu sehr um sich kreist, ist leider wahr, aber deswegen muß man das ja nicht mitmachen - ich versuche auf diesem Blog, das auch weitestgehend zu vermeiden.
Unglaubwürdig sind nahezu 100% der Christen, aber die retten uns auch nicht, sondern der Auferstandene Herr. Ihm sollen wir glauben, Ihm, der Seine Botschaft durch so miserable Geschöpfe wie Dich und mich transportiert.
Und daß es in der Kirche stinkt, finde ich gar nicht. Wahrscheinlich habe ich mich zu sehr mit der Kirchengeschichte beschäftigt und kenne zu sehr die Ostkirchen byzantinischer Tradition, um die Theologie des Josef Ratzinger für das zu halten, was im allgemeinen “reaktionär” genannt wird. Das sind eh nur Schlagworte. Mir wäre inhaltliche Auseinandersetzung lieber.