Keine rosarote Brille bitte

Mich wundert es immer, wenn katholische Bischöfe meinen, uns würde ja “bloß das Amt des Papstes” von der Einheit mit den nicht-katholischen Ostkirchen, den Orthodoxen, trennen. Es wird dabei suggeriert, beide Seiten seien gleich an der Einheit interessiert, beide Seiten würden gleich an der Spaltung leiden, beide würden sich gleich eifrig zusammensetzen und an dem “Problem päpstlicher Primat” arbeiten.

Das ist mitnichten der Fall. Zahlreiche orthodoxe Landeskirchen - die Theologie ist da nicht einheitlich - erkennen bspw. noch nicht einmal regelhaft die katholische Taufe an, u.a. auch die Serben nicht.

Und in Serbien wurde gestern ein Mann heiliggesprochen, der sich vor allem aus westlicher Sicht dadurch auszeichnete, daß er die Kirche von Rom verabscheute (er sah das Papsttum als drittze große Sünde der Menschheit neben der von Adam und Judas Ischariot). Gut, es gibt auch genug katholische Heilige, die keine hohe Meinung von den Orthodoxen hatten, das ist nicht der Punkt.

Das könnte man ja übergehen, wie es auch in der katholischen Kirche geschieht.

Die Serbisch-orthodoxe Kirche sieht das aber anders (in einem einstimmigen Beschluß der Bischofssynode). In den zugelassenen Gebeten zur Feier des neuen Hl. Justin Popovic heißt es (ich habe nur die engl. Übersetzung finden können):

Apolytikion mode 1
Let us honor with splendor the divinely inspired theologian, the wise Serb Justin, who by the scythe of the Holy Spirit hath thrashed the error of atheism and the insolence of the Latins, being a mystic of the God-man and lover of piety, crying out: Glory to Christ Who hath glorified thee, glory to Him Who hath crowned thee, glory to Him Who hath rendered thee a luminary to those who are in a state of darkness.

Kontakion mode 1
We proclaim to the faithful the inexhaustible fount conveying the Orthodox doctrines, and an angel-like man full of divine zeal, the divine Justin, the offspring of the Serbs, who by his sound teachings and writings hath strengthened the faith of all in the Lord.

Wenn der Kampf gegen die “Impertinenz der Lateiner” (damit sind wir gemeint, und insolence kann man auch mit Frechheit überstzen) auch heutzutage noch ein lobenswertes Merkmal eines Heiligen ist, dann sollte man dies katholischerseits zumindest mal zur Kenntnis nehmen, aller Bekenntnisse des neuen serbischen Patriarchen zum Trotz, der ja einem Papstbesuch nicht abgeneigt scheint. Ein anderer Kandidat und sogar Favorit bei der Patriarchenwahl (wenn man in Serbien von Favorit sprechen kann, da am Schluß - wohl einzigartig auch in der Orthodoxie - das Los entscheidet) war einst eifriger Schüler von Archimandrit Popovic: Erzbischof Amfilohije (zusammen mit dem abgesetzten Bischof Artemije).

Daß das Gebet auch zeigt, wie weit es in Serbien mit der Trennung Nation-Kirche ist, sei auch nur noch mal erwähnt.

Natürlich darf die Serbisch-Orthodoxe Kirche das tun, ist auch verständlich irgendwie.

Nur sollten wir uns keinerlei Illusionen hingeben. Sonst gibt es nur Ent-Täuschungen.





Ein Kommentar zu “ Keine rosarote Brille bitte”

  1. Marcus, der mit dem C meint:


    Die Webseite von Marcus, der mit dem C

    Die orthodoxen Kirchen haben meiner recht unkundigen Kenntnis nach das Problem, daß sich viele als Staatskirche verstehen, oder seit dem Verlust des Status als solche in einer dauerhaften Trauerphase befinden und manchen der Nationalismus wichtiger ist, als die Botschaft Christi. Doch halte ich es für möglich und sinnvoll, daß mit jenen offen gesprochen wird, die nicht nur antikatholischen pawlowschen Reflexen folgen oder ihrem Nationalismus frönen. Ich denke, gerade über die Erfahrung mit den unierten Kirchen können wir lernen, wo unsere Gemeinsamkeiten sind und versuchen, der Einheit näher zu kommen.

    Herzliche Grüße
    Marcus, der mit dem C


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