Archiv für December, 2012



Richtig verschätzt

Veröffentlicht am Thursday, 27. December 2012, 00:56

Wer sich häufiger mal mit Statistiken beschäftigt (oder von Berufs wegen beschäftigen muß), der reagiert im allgemeinen sehr verhalten, wenn Äußerungen fallen wie “es wird geschätzt” oder “man schätzt”.
Insbesondere bei politisch brisanten Themen ist es sinnvoll, der Frage nachzugehen, wer was aufgrund welchen Interesses behauptet.

Nur drei Beispiele:

Heute las ich auf ZEIT Online den Artikel über einen Priester, der wegen Untreue zu seinem Versprechen in gefühlte Existenznot kam. Dort steht, daß “laut Schätzungen” 20% aller weltweiten Priester ihr Versprechen der Keuschheit nicht einhalten.
Natürlich steht da nicht, wer da schätzt. Nein, Schätzungen an und für sich haben anscheinend schon einen offiziellen Touch.
Und ebenso natürlich ist diese Zahl einem Vertreter einer Organisation, die sich gegen den Zölibat einsetzt, viel zu niedrig. Er glaubt an 50%. Geschätzt natürlich. Auch hier fehlen Belege.

Oder: alljährlich gehen mittlerweile mehrere Tausend Menschen in Berlin auf den Marsch für das Leben und tragen dabei 1000 Kreuze (was ich begrüße). Dabei stehe jedes Kreuz für ein Kind, das an einem Tag in Deutschland abgetrieben werde. Offiziell gibt es rund 120.000 gemeldete Abtreibungen pro Jahr, mal ein paar mehr, mal ein paar weniger. Natürlich sind das keine 1000/Tag, dann wären es ja 365.000. Aber “man schätzt” die Dunkelziffer viel höher.

Oder: in nahezu allen medizinischen Informationen, von den betreffenden Seiten auf wikipedia bis zu thematischen Infos von amerikanischen Regierungsstellen, findet man die Behauptung, daß bis zu 50% aller ungeborenen Kinder (dort dann meistens “befruchteter Mehrzeller” oder so genannt, bin ich ja auch) unbemerkt abgetrieben werden, also Spontanaborte seien.
Belege habe ich dafür nie gefunden. Auch methodisch hatte ich meine Zweifel, da man dann ja die Frauen täglich untersuchen müßte. Nach einiger Recherche fand ich dann genau zwei kleine amerikanische Studien dazu, hochwertig publiziert, die eine mit 520, die andere mit 220 Frauen, die man tatsächlich täglich untersucht hat (Schwangerschaftstest im Urin) - eine sehr kleine Fallzahl übrigens. Und wie waren die Zahlen dort? 14% bzw. 25% (übrigens die kleinere Rate bei der Studie mit mehr Frauen, was eigentlich größere Studien verlangen würde).
Die oft genannten 50% stammen aus einer kanadischen Arbeit, dort beruhen sie aber der Einfachheit halber auf einer bloßen Behauptung ohne jegliche Daten.

Was ich damit sagen will: macht die Augen auf, fragt nach, warum wer was als “Schätzung” verkaufen will - und glaubt es erst einmal nicht. Trotz eines evtl. unterstützenswerten Anliegens schadet sich letztlich jeder selbst, wenn er Behauptungen aufstellt, die auf unbelegbaren Schätzungen beruhen.


Wie wird es sein?

Veröffentlicht am Sunday, 23. December 2012, 22:53

Die Tasche mit den wichtigsten Utensilien ist gepackt, jeden Tag kann es soweit sein. Ausgezählt für übermorgen, aber man weiß ja nie.

Nervosität.

Und freudige Unruhe.

Das Zimmer ist auch schon eingerichtet, Sachen gekauft, die Familie freut sich mit und alle sind gespannt.

Gut, üben kann man vieles davor, doch wie wird es dann wirklich sein?

Sicher mit weniger Schlaf.

Sicher mit weniger Freizeit, weniger Party, vielleicht auch weniger Zeit für die Freunde.

Und werden es die Freunde verstehen, wenn man ab dann die Welt anders wahrnimmt, alles anders wird, die einen Sachen unwichtiger und andere Sachen wichtiger werden?

Doch - wie man es von anderen so hört - möchte man es danach nie mehr anders. Ob das auch stimmt?

Es soll eine Liebe sein, die man noch nie verspürt hat.

Erst dann soll man wirklich wissen, was bedingungslose Liebe heißt.

Ist das nicht alles übertrieben?

Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber ich kenne das Davor und das Danach. Ich weiß wie es ist, wenn manche Nahestenden es nicht verstehen, daß man die Welt plötzlich anders wahrnimmt. Wenn alles anders wird. Wenn man eine Ahnung davon bekommt, was zu 100% bedingungslose und unverdiente Liebe sein kann. Doch auch ich möchte es nie mehr anders.
Und ich wünsche mir sehr, wie Franziskus von Assisi es mal vorschlug, daß wir Maria gleich Jesus jeden Tag neu gebären und Er durch uns in die Welt kommt, durch unsere Gedanken, Worte und Werke.
Möge er uns immer in freudiger Unruhe vorfinden und gut vorbereitet, wenn Er kommt.

Frohe Weihnachten!


Regel Kapitel 2.10

Veröffentlicht am Tuesday, 11. December 2012, 23:57

Letzter Teil: 2.9

17. In der Familie pflegen sie den franziskanischen Geist des Friedens, der Treue und der Achtung vor dem Leben. Dadurch versuchen sie ein Zeichen zu setzen für die bereits in Christus erneuerte Welt. Vor allem die Eheleute bezeugen in der Welt die Liebe Christi zu seiner Kirche, indem sie aus der Gnade des Ehesakramentes leben. Mit einer christlichen Erziehung zu Einfachheit und Aufgeschlossenheit, auf die geeignete Berufswahl jedes ihrer Kinder wohl bedacht, gehen sie froh mit ihnen ihren menschlichen und geistlichen Lebensweg.

An anderer Stelle, in den sogenannten Konstitutionen des OFS, der genaueren Ausgestaltung der hier zitierten Regel, wird die Familie als der “erste Bereich” bezeichnet, in dem die christliche und franziskanische Berufung gelebt werden soll. Daher ist dieser kleine Abschnitt enorm wichtig. Die Adventszeit mit der nahen Weihnachtszeit und dem Weihnachtsfest ist ein besonders guter Zeitpunkt, um über unsere Familien nachzudenken.
Oftmals fällt es leichter, andere Brüder und Schwestern zu nennen, als die eigenen familiären Brüder und Schwestern so zu behandeln, wie man es sich geschwisterlich wünscht. Was bedeutet denn bspw. “brüderlich teilen”? Teilen wir denn mit unseren Geschwistern? Auch erwachsen geworden bleiben meine Geschwister meine Geschwister …

Der Geist des Friedens soll von den Gliedern des OFS in die eigene Familie ausstrahlen, der Geist der Treue und der Achtung vor dem Leben (vom Beginn bis zum Ende). Das letzte ist eher einfach zu bewerkstelligen, wenn man eben Prinzipien teilt, die mit Abtreibung, Euthanasie, Krieg oder anderen Tötungsplänen nichts am Hut haben.
Der Geist der Treue ist hier nicht nur auf die Ehe gemünzt, sondern hier bedeutet m.E nach Treue die Treue gegenüber der Erfüllung der familiären Pflichten. Wer eine Familie gründet, gibt ein gehobenes Maß an Selbstbestimmung auf. Für mich ist die Familie auch eine Schule der Selbstbeschränkung.
Und der Geist des Friedens ist die Gnade schlechthin, denke ich. Diesen Geist auszustrahlen ist immenses Glück - bemühen müssen wir uns tagtäglich, doch unser Versuchen bleibt immer Stückwerk. Hier ist Franziskus ein ganz großes Vorbild. Wenn jemand den Geist des Friedens ausstrahlen konnte, dann er.

Weiter wird das Ehesakrament als Gnadenmittel betont. Es ist das einzige Sakrament, was sich Laien tagtäglich schenken können - und das Bewußtsein dafür ist meiner Meinung nach ziemlich unterentwickelt. Es ist ein wirkliches Sakrament, d.h. jeden Tag aufs neue bestätigt der Herr selbst diesen Bund, und die weise Meinung der Kirche, daß so ein Zusammenleben Sakrament ist, liegt wohl auch in der Erfahrung der möglichen Schwierigkeit und Konfliktträchtigkeit begründet. Wenn es klappt, muß es Gnade gewesen sein :-)

(Mir teilte mal ein orthodoxer Priester mit, daß der Grund der Krönung der Ehepaare im byzant. Ritus der sei, daß eine Ehe eben auch Martyrium sei …)

Häufig, nicht immer, gehören zu einer christlichen Ehe (was immer genau das sein mag) auch Kinder. Dieser Absatz spricht in meinen Ohren wohltuend zurückhaltend von der Erziehung und läßt jeden Ton von Indoktrinierung glücklicherweise vermissen. Wir können unsere Kinder für das Leben ausstatten und im Leben begleiten, aber sie in eine vorgedachte Form zu pressen wäre sicher nicht der Weg, der basierend auf der unaufgebbaren Würde des einzelnen von Gott geliebten Menschenkindes den Namen christlich verdienen würde.