Veröffentlicht am Sunday, 13. January 2013, 00:41
Vor einigen Tagen hatte ich auf Facebook eine Diskussion mit anderen Katholiken darüber, was ein Christ denn gutheißen solle in Situationen wie bspw. Syrien, also die Frage, ob militärischer Einsatz von außen nicht nur zu rechtfertigen, sondern zu fordern sei.
Begonnen hatte diese Diskussion mit der Behaptung, Pazifisten würden tatenlos zusehen und das Schicksal der Leidenden sei ihnen egal.
Ich weiß, über dieses Thema sind Bibliotheken geschrieben worden, aber ich möchte auch mal meinen Senf dazu geben.
In der Diskussion habe ich die pazifistische Meinung vertreten (und zwar aus Überzeugung, nicht als rhetorische Übung)
Es ist unschwer zu überprüfen, daß für einen Christen mit dem Glauben an Jesus Christus dessen Anweisungen aus dem Evangelium eindeutig nicht in Richtung Kriegsführung, sondern in Richtung Friedfertigkeit und Erduldung von Unrecht gehen.
Aber das soll jetzt gar nicht das Thema sein, das ist ja eindeutig (man nehme nur die Bergpredigt). Mir wurde gesagt, ich solle mich doch einfach mal an den Katechismus der Katholischen Kirche halten, und genau das habe ich getan. Angesichts der Lehre vom “Gerechten Krieg” (ich bevorzuge ja die Übersetzung “Gerechtfertigter Krieg”, was ebenso stimmt und die Konnotation des Gut-Sein im Wort “gerecht” wegläßt) dachte ich zuerst, ich würde etwas finden, was meiner Meinung widerspricht.
Doch mitnichten!
Gleichsam eine Lebensanleitung für Gewaltlosigkeit ist Nr. 2306:
Wer auf gewaltsame und blutige Handlungen verzichtet und zur Wahrung und Verteidigung der Menschenrechte Mittel einsetzt, die auch den Schwächsten zur Verfügung stehen, legt Zeugnis ab für die Liebe des Evangeliums, sofern dabei nicht die Rechte und Pflichten der anderen Menschen und der Gesellschaft verletzt werden. Er bezeugt zu Recht, welch schwerwiegende physische und moralische Gefahren der Einsatz gewaltsamer Mittel mit sich bringt, der immer Zerstörungen und Tote hinterläßt.
Warum sinkt seit Jahren die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland? Nicht weil die Unfallchirurgie so enorme Fortschritte gemacht hätte, sondern weil die Sicherheitsmaßnahmen immer besser werden, weil also die Gefahr für das Menschenleben sinkt, Gefahren erst gar nicht entstehen können. Prävention vor Zusammenflickenmüssen! Das bedeutet hier also: keinen Waffenexport und keinen Anspruch, bei Waffensystemen vorne dabei zu sein!
Im Katechismus steht das unter 2315:
Die Anhäufung von Waffen erscheint vielen als ein paradoxerweise geeignetes Vorgehen, mögliche Gegner vom Krieg abzuhalten. Sie sehen darin das wirksamste Mittel, um den Frieden zwischen den Nationen zu sichern. Gegenüber einer solchen Abschreckung sind schwere moralische Vorbehalte anzubringen. Der Rüstungswettlauf sichert den Frieden nicht. Statt die Kriegsursachen zu beseitigen, droht er diese zu verschlimmern. Die Ausgabe ungeheurer Summen, die für die Herstellung immer neuer Waffen verwendet werden, verhindert, daß notleidenden Völkern geholfen wird. Somit hält die übermäßige Rüstung die Entwicklung der Völker auf. Sie vervielfacht die Konfliktgründe und verstärkt die Gefahr der Ausbreitung von Kriegen.
Und was ist mit dem “gerechten Krieg”? Die Bedingungen dazu finden sich in 2309:
Die Bedingungen, unter denen es einem Volk gestattet ist, sich in Notwehr militärisch zu verteidigen, sind genau einzuhalten. Eine solche Entscheidung ist so schwerwiegend, daß sie nur unter den folgenden strengen Bedingungen, die gleichzeitig gegeben sein müssen, sittlich vertretbar ist:
- Der Schaden, der der Nation oder der Völkergemeinschaft durch den Angreifer zugefügt wird, muß sicher feststehen, schwerwiegend und von Dauer sein.
- Alle anderen Mittel, dem Schaden ein Ende zu machen, müssen sich als undurchführbar oder wirkungslos erwiesen haben.
- Es muß ernsthafte Aussicht auf Erfolg bestehen.
- Der Gebrauch von Waffen darf nicht Schäden und Wirren mit sich bringen, die schlimmer sind als das zu beseitigende Übel. Beim Urteil darüber, ob diese Bedingung erfüllt ist, ist sorgfältig auf die gewaltige Zerstörungskraft der modernen Waffen zu achten.
Dies sind die herkömmlichen Elemente, die in der sogenannten Lehre vom „gerechten Krieg” angeführt werden.
Die Beurteilung, ob alle diese Voraussetzungen für die sittliche Erlaubtheit eines Verteidigungskrieges vorliegen, kommt dem klugen Ermessen derer zu, die mit der Wahrung des Gemeinwohls betraut sind.
Das Wichtigste steht im ersten Satz: es geht um das Recht eines Volkes, sich zu verteidigen. Es geht eben nicht darum, eine Staatsform oder Werte in fernen Hügeln zu verteidigen. So etwas rechtfertigt keine zivilen Opfer (die es immer gibt!)
Christen sollen Jesus nachfolgen. Wie viel Unrecht, das er sicher auch gesehen hat (wie Mißhandlungen durch die Besatzer, Wucher-Zölle und Erniedrigungen der Frauen) hat er denn anders als durch das Wort und Beispiel zu verhindert versucht?