(Hier geht’s zum Einwand Nummer 1)
Der nächste Einwand gegen die christlich motivierte Gewaltlosigkeit, der in dem genannten Buch vorgestellt wird, hat es in sich - gleichzeitig ist dieses Kapitel eines der besseren, und es geht zur Sache.
Die Frage ist: ist es vertretbar, daß man Unschuldige sterben läßt, bloß weil man einem militärischen Eingreifen nicht zustimmt?
Die Kernfrage ist also nicht, ob man selbst für seine Überzeugung sterben würde, sondern ob man andere für seine Überzeugungen sterben lassen würde. Dies wird von dem Autor dieses Essays klar benannt.
Und er fängt schon sehr sympathisch an. Er ist nämlich nicht gerne Pazifist. Er mag es eigentlich überhaupt nicht, in diese Kategorie gesteckt zu werden, findet viele Pazifisten überheblich und selbstgerecht und hat die Erfahrung gemacht, auch im eigenen familiären Umfeld, daß militärisches Engagement nicht nur moralisch gut erscheint, sondern auch von Menschen vertreten und an der Front verantwortet wird, die höchst integre Persönlichkeiten sind.
Doch letztlich geht es nicht um säkulare Moral, um Moral, die jedermann und -frau vielleicht nachvollziehen kann, sondern es geht um das Beispiel Jesu. und es geht vor allem um eines: um die Auferstehung. Ohne die Wahrheit der Auferstehung sind wir als Christen ja nach den Worten des Apostels Paulus eh die erbärmlichsten Kreaturen auf diesem Planeten (1 Kor 15), ohne die Auferstehung macht christlicherseits konsequente Gewaltlosigkeit überhaupt keinen Sinn. Und nur mit dem Glauben an die Auferstehung kann man die Frage bejahen, ob der Tod Unschuldiger zu verantworten ist.
Der Glaube an die Auferstehung und an die Gerechtigkeit Gottes führt dazu, daß irgendwann und irgendwie Gott allen, auch den unschuldig Getöteten, Gerechtigkeit widerfahren läßt. Das ist die Überzeugung des Christen (ich hoffe mal, daß das Konsens ist).
Gleiches gilt auch natürlich für die unschuldig Getöteten, die bei einem militärischen Eingreifen umkommen - denn ohne diese menschlichen “Kollateralschäden” kommt auch in den Zeiten angeblich präzisester Vernichtungswaffen kein Konflikt aus.
Wer militärisches Eingreifen ablehnt, tötet zwar nicht, aber er macht es sich ggf. zu bequem, nur damit er sich nicht die Hände schmutzig machen muß. Es ist aber auch möglich, ein militärsiches Eingreifen abzulehnen und trotzdem aktiv zu sein (siehe Einwand Nummer 1). Nur bei Untätigkeit wird das Töten regungslos zugelassen. Daher greift dieser oft gehörte Vorwurf des “sich zu leicht machens” nicht.