Eine Weihe an die Jungfrau Maria ist etwas, was nicht nur für die allermeisten, wenn nicht gar alle, außerhalb der Kirche erklärungsbedürftig ist, sondern - so meine Vermutung - auch für die Mehrheit innerhalb.
Ich versuche mal die Kurzversion: Jesus ist der Herr, der Gottmensch Jesus Christus, wahrer Gott und wahrer Mensch. Er ist aber auch durch sein Menschsein - was aber interessanterweise keiner der Apostel in den Briefen erwähnt - also durch Annahme der Natur des Menschen unser Bruder geworden.
Nicht selten hört man ja hierzulande die Gebetsschlußformel “durch Christus, unseren Bruder und Herrn. Amen.”
Wenn ich daran glaube, daß in Jesus Gott ein für allemal unser Bruder geworden ist, dann ist auch seine Mutter Maria ein für allemal unsere Mutter Maria.
Das ist hoffentlich nachvollziehbar.
Und eine Weihe an diese Maria ist nichts anderes als das an sie gerichtete Versprechen, sie sich noch mehr zum Vorbild zu nehmen, sie noch mehr zu lieben wie Jesus seine Mutter geliebt hat.
Daher ist es auch verständlich, daß die frühere Generalministerin des OFS (=wörtlich: oberste Dienerin), Encarnación del Pozo (seit wenigen Tagen nicht mehr im Amt, da die Amtszeit abgelaufen war), kürzlich in Assisi beim Internationalen Generalkapitels (=oberste Versammlung) den gesamten OFS an Maria geweiht hat. Wie Franziskus sollen wir der Jungfrau mit kindlicher Liebe anhängen, eben wie ein Kind seiner Mutter anhängt. Übrigens ein süßer Name, Encarnación del Pozo, “Fleischwerdung aus dem Brunnen”…
Folgendes ist der Weihetext:
Weihe des OFS an die Jungfrau Maria
Heilige Jungfrau Maria,
unter den Frauen in der Welt ist keine dir ähnlich geboren, Tochter und Magd des erhabensten, höchsten Königs, des himmlischen Vaters,
die du durch den Willen des Vaters und das Wirken des Heiligen Geistes Mutter unseres heiligsten Herrn Jesus Christus wurdest; Braut des Josef, Mutter und Königin der Kirche.Du Jungfrau, zur Kirche geworden,
die du die franziskanische Familie schützst und verteidigst.
Als deine Kinder wollen wir dir unsere Verehrung ausdrücken und von dir lernen, deinem Sohn immer ähnlicher zu werden.
Hier, an diesem besonderen Ort, am Grab unseres seraphischen Vaters, des hl. Franziskus von Assisi, weihen wir dir alle Gemeinschaften des OFS, jedes einzelne Mitglied, unsere Geistlichen Assistenten und die franziskanische Jugend, die gegenwärtigen und die zukünftigen, alle unsere Familien, die Alten und Jungen und bitten dich, dass sie immer lebendigere und ausstrahlendere Zellen in Kirche und der Welt zu werden vermögen.Mutter und Königin, sieh auf unsere Gemeinschaften. Handle in jeder und in allen Mitgliedern nach deinem Willen. Wache über die Gnade unserer Berufung in den OFS.
In deinen erbarmenden und reinen Händen mögen unsere Gemeinschaften Werkzeuge des Friedens und der Hoffnung in der Welt werden. Mögen unsere Familien und Gemeinschaften Zeugen einer brennenen Liebe warden und fähig, die Liebe zu deinem Sohn und zur Kirche in vielen suchenden und fragenden Menschen zu erneuern.
Selige Jungfrau Maria.
Wir selber weihen uns deinem mütterlichen Herzen mit dem Vertrauen, das unserem seraphischen Vater Franziskus zu eigen war. Denn du bist unsere Mutter, die uns behütet und verteidigt und uns die Gnade und Barmherzigkeit deines Sohnes erhält.
Amen.Im Namen aller Brüder und Schwestern des OFS in der ganzen Welt in Anwesenheit von Msgr. Domenico Sorrentino, Bischof
von Assisi.1. November 2014, Hochfest Allerheiligen.
Encarnación del Pozo, Generalministerin des OFS.