Daß die Doxologie, also die Anbetung, der eigentliche Ort der Theologie sei, habe ich ehrlich gesagt nicht unbedingt in einer Einführung in die katholische Dogmatik erwartet - und habe mich sehr darüber gefreut! Aber die lateinische Dogmatik hat nun einmal einen bedeutenden Anteil an Geschichte der eher spekulativen Dogmatik (was sie nicht falsch macht), so daß diese Aussage nicht zu erwarten war. Die ostkirchliche Tradition betont dagegen seit jeher den Sitz der dogmatischen Theologie im liturgischen Leben der Kirche (eine Einführung in die orthodoxe Theologie der Gegenwart will zuhause auch noch gelesen werden) …
Diese Einführung gefällt mir aus verschiedenen Gründen sehr: ganz anders bspw. als der positivistisch und neuscholastisch orientierte “Grundriß der Katholischen Dogmatik” von Ott, den ich auch mal besaß und dessen von mir abgetippten “de fide”-Sätze zu einer kleinen Netz-Lawine von Kopien führte (ohne Quellennennung, also Plagiate quasi) - also ganz anders als dieser beschreibt die Autorin sehr gut die hermeneutischen sprachlichen Probleme und die Zurückhaltung, wenn es um die Formulierungen absoluter Wahrheiten geht. Man kann ja auch nicht so tun, als hätte der Hl. Thomas von Aquin seine Vision gegen Lebensende nicht gehabt oder als hätte Wittgenstein nie was über die Sprache als solche geschrieben (beides im Buch aber nicht erwähnt)…
Die Autorin geht vom biblischen Bilderverbot als Selbstbeschränkung aus, wenn es um Theologie, also Rede von Gott geht. Ein sehr schöner Ansatz. Rede von Gott kann nur analog geschehen (man denke an das Vierte Lateranum 1215 und die kirchliche(!) Feststellung der Unmöglichkeit, Gott adäquat zu beschreiben), letztlich geht es um metaphorische Sprache. Dennoch, und darin liegt quasi der “Clou”, können diese Aussagen wahr sein. Doch die Wahrheit Gottes zeige sich letztlich nicht anhand von Formulierungen, sondern im Leben. So wie wir an eine Wahrheit glauben, die nicht sprachliche Aussage ist und Grammatik und Semantik unterliegt, sondern die Person ist, so bezeuge sich Wahrheit in der gelebten Existenz des einzelnen.
Auch die Spannung Dogmatik versus Exegese wird angesprochen, also die “Konkurrenz” der Dogmatik und Bibelwissenschaft um die Deutungshoheit. Die Autorin betont zurecht die Hl. Schrift als “norma normans non normata”, also als normensetzende und nicht normierte Quelle und hat auch prinzipiell keine Probleme mit den einzelnen Methoden der Exegese, sieht aber bei manchen Vertretern der historisch-kritischen Exegese (nicht der Methode selbst!) eine Verabsolutierung der eigenen Erkenntnis und eine “Hermeneutik des Verdachts” (tolle Formulierung!), die sozusagen die Kirche unter Generalverdacht stellt.
Zwei Drittel dieser Einführung sind dem allgemeinen Teil gewidmet, der spezielle geht eher sporadisch auf einige Brennpunkte der Dogmatik ein (bspw. Christologie). Aber genau das sollte eine Einführung tun. Daher kann ich sie als Grundlage für ein Verständnis dogmatischer Aussagen im 21. Jahrhundert nur empfehlen.