Überrascht

Ich muß sagen, das hätte ich Bischof Heinrich Mussinghoff nicht zugetraut - er findet tatsächlich die alte Karfreitagsfürbitte des Römischen Ritus in der außerordentlichen Form (lapidar genannt: tridentinische Messe) besser als die von Papst Benedikt XVI. verkündete.

Hier die neue samt Übersetzung (von 2008):

Oremus et pro Iudaeis. Ut Deus et Dominus noster illuminet corda eorum, ut agnoscant Iesum Christum salvatorem omnium hominum.
Omnipotens sempiterne Deus, qui vis ut omnes homines salvi fiant et ad agnitionem veritatis veniant, concede propitius, ut plenitudine gentium in Ecclesiam Tuam intrante omnis Israel salvus fiat. Per Christum Dominum nostrum. Amen.

Lasst uns auch beten für die Juden, auf dass Gott, unser Herr, ihre Herzen erleuchte, damit sie Jesus Christus erkennen, den Retter aller Menschen.
Allmächtiger ewiger Gott, Du willst, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. Gewähre gnädig, dass beim Eintritt der Fülle aller Völker in Deine Kirche ganz Israel gerettet wird. Durch Christus, unseren Herrn. Amen.

Diese solle doch, so Bischof Heinrich, wieder zurückgenommen werden.

Tja, dann gilt die alte Version von 1959 eben (was Bischof Heinrich natürlich weiß):

Oremus et pro Judaeis, ut Deus et Dominus noster auferat velamen de cordibus eorum, ut et ipsi cognoscant Jesum Christum Dominum nostrum.
Omnipotens sempiterne Deus, qui Iudaeos etiam a tua misericordia non repellis, exaudi preces nostras, quas pro illius populi obcæcatione deferimus, ut agnita veritatis tuæ luce, quæ Christus est, a suis tenebris eruantur. Per eundem Dominum nostrum.

Lasset uns auch beten für die Juden, dass Gott, unser Herr, wegnehme den Schleier von ihren Herzen, auf dass auch sie erkennen unsern Herrn Jesus Christus.
Allmächtiger ewiger Gott, du schließest sogar die Juden von deiner Erbarmung nicht aus; erhöre unsere Gebete, die wir ob der Verblendung jenes Volkes vor dich bringen: Möchten sie das Licht deiner Wahrheit, welches Christus ist, erkennen und ihrer Finsternis entrissen werden. Durch ihn, unseren Herrn.

Ich muß gestehen, daß mir die neue Version doch deutlich besser gefällt.





3 Kommentare zu “ Überrascht”

  1. Jorge meint:


    Die Webseite von Jorge

    “Wir haben eine wunderbare Formulierung im ordentlichen Ritus, und ich würde es sehr begrüßen, wenn die neue Form der Fürbitte im außerordentlichen Ritus zurückgezogen würde.”

    Würde ich unterschreiben. Benedikts Formulierung ist in der Kernaussage aber m.E. nicht wirklich zu beanstanden. Das Gefährliche an seiner Formulierung ist weniger die Aussage an und für sich, sondern die Tendenz, bestimmten Gruppen ausgerechnet in dieser Frage eine Extrawurst zu gönnen. Indem er den Altritualisten die Möglichkeit gewährte, die ordentliche Form der Fürbitte nicht mitsprechen zu müssen, hat er ihre diesbezüglichen Vorbehalte im Grunde sanktioniert und ihnen praktisch erlaubt, sich in diesem Punkt von der allgemeinen Entwicklung der Glaubenswirklichkeit und -gewissheit der Kirche abzukoppeln.

    Dein absichtliches “Missverständnis” in dem Beitrag ist ja wohl als ironische Spitze gemeint und insofern nicht tragisch und keiner Gegenrede wert. Wichtig wäre mir aber die antijüdische Christusfrömmigkeit nun aber gerade für uns als frzk. Christen ein wunder Punkt ist, den viele von uns kaum wahrzunehmen scheinen. Gerade wir müssten hier extrem sensibel sein und dieses Thema sehr differenziert und kleinteilig angehen.

    Ich halte Jeremy Cohens Thesen (”The Friars and the Jews”, 1982) für überspitzt und etwas einseitig (wiewohl sie aus dem Blickwinkel jüd. Historiografie auch in ihrer Einseitigkeit verständlich und im Übrigen in der Forschung weitgehend akzeptiert sind). Grds. sind wir jdfs. in der Frage der Judenfeindschaft eher sogar stärker betroffen als die Dominikaner und können uns auch nicht durch positive Gegenbeispiele herausreden - anders als beim Thema Inquisition, wo es trotz hyperaktiver Beteiligung des Ordens am Unrechtssystem doch oft auch eine gewisse Fremdheit und Distanz zumindest einiger frzk. Kreise gab, die sich so im dominik. Umfeld nicht finden lässt. Das ist beim Thema antijüd. Ressentiments und Aktivitäten nicht der Fall, da waren auch Spiritualen und frzk. Oppositionelle nicht harmloser als das Ordensestablichment.

    Auch scheint mir Cohens Vermutung recht plausibel, die radikalisierte Judenfeindschaft der Mendikanten könnte etwas mit dem städtisch-merkantilen Umfeld zu tun haben, aus dem sich die Bewegung rekrutierte (zumal das seine übrigen Schlussfolgerungen eher relativiert, insoweit es unterstreicht, dass die Mendikanten auch nicht viel judenfeindlicher waren als das allg. urbane Umfeld ohnehin).

    Seisdrum, jdfs. ist das ein Thema, was einen speziell aus frzk. Sicht bes. interessieren sollte (das war’s, was ich anmerken wollte :-)

  2. Jorge meint:


    Die Webseite von Jorge

    Sorry, ich hab’s einen Tick zu früh abgeschickt und zwei Fehler übersehen:

    Im dritten Absatz:
    “Wichtig wäre mir aber *anzumerken, dass* die antijüdische …” (die *zwei Worte* fehlen).

    Unten muss es nat. “Ordensestablishment” heißen (nicht “Ordensestablichment”). Sorry und danke!

  3. Ralf meint:


    Die Webseite von Ralf

    Jorge, wenn Bischof Heinrich gesagt hätte “… und ich würde es sehr begrüßen, wenn diese neue Form der Fürbitte auch im außerordentlichen Ritus Anwendung finden würde”, dann hätte ich ja nichts gesagt. Aber so verkauft er die Menschen für dumm. Eine neue Form zurückziehen heißt die alte bestehen lassen.

    Deutscher bin ich schon länger als daß ich Franziskaner bin und vom Gott der Geschichte habe ich gelernt, daß Deutsche bei der Judenmission defnitiv nichts zu sagen haben. Das bedeutet aber nicht, daß ich mein national-kulturell geprägtes Fühlen auf die Weltkirche überstülpen kann.

    Was die franziskanische Geschichte und Judenfeindschaft angeht, so befürchte ich in der Tat, daß die Mendikanten nicht besser waren als das allgemein Umfeld - nämlich schlicht sehr judenfeindlich. Die Franziskaner waren als Großbewegung sowieso selten besser als ihr Umfeld und sind es auch heute noch zu wenig (ich ja auch nicht). Ich habe bspw. - allerdings ist das doch ein Extrembeispiel - noch um 2004 einen kroatischen OFM kennengelernt, der in ex-jugoslawischen Bürgerkriegszeiten für die kroatischen Neo-Ustascha hierzulande Waffengeld gesammelt hat. Schlimm, doch leider kommt so etwas vor.


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