Archiv für August, 2003



Fundament

Veröffentlicht am Tuesday, 26. August 2003, 21:57

Zur Zeit lese ich ab und an thematisch angeordnete Texte der Kirchenväter. Namen wie Ambrosius, Gregor von Nazianz, Johannes Chrysostomus, Irenäus von Lyon, Ignatius von Antiochien, Augustinus, Ephraem der Syrer und Leo der Große tauchen darin auf, aber auch ebenso wichtige, wenn auch im Geschichtsverlauf tragische Männer wie Origenes und Tertullian.
Doch was sind überhaupt Kirchenväter, wieso heißen sie so und wozu sie lesen? Es sind Männer des größtenteils 2. bis 5. Jahrhunderts, die die apostolische Lehre in Worte fassten, die den Glauben gegen falsche Ansichten verteidigten und aufgrund der Auseinandersetzung mit der heidnischen hellenistischen Welt die oftmals mündlich überlieferte Lehre, die über das Wort des Evangeliums hinausging, in Worte gossen. Bei ihnen kann man nicht nur den apostolischen Glauben finden, sondern auch die große Einheit mit der Ostkirche verspüren, da diese Männer für beide Schwesterkirchen größte Autorität genießen.

Und machen wir uns nichts vor: es war schon für damalige Menschen schwierig zu glauben bis un-glaublich, dass Gott höchstpersönlich Mensch wurde, dass die Empfängnis Gottes ohne männlichen Samen bewerkstelligt wurde, dass dieser Jesus mausetot war und von den Toten wiederauferstand.

Leicht geht es uns über die Lippen, das abschätzige “ja, damals”. Doch muss man über Industrien und ein Stromnetz verfügen, um zu wissen, dass es Kinder ohne Sex normalerweise nicht gibt? Muss man Flugzeuge und Autos haben um zu wissen, dass Tote im Normalfall eben nicht mehr erscheinen?
Welche Arroganz treibt uns (und es war so auch in mir lange Zeit) denn um: wer auf Eseln reitet hat quasi “per definition” keine Ahnung vom Leben?
Unterschätzen wir nicht die vor uns Gewesenen.


Es gibt sie

Veröffentlicht am Thursday, 21. August 2003, 16:31

Wer sie noch nicht kennt, hat was verpasst.

Ruth Pfau.

Hier ist ihre Seite.


Gucken

Veröffentlicht am Thursday, 21. August 2003, 16:21

Es ist soweit, die Bilder der Vézelay-Wallfahrt sind für die schon gespannt wartende Weltöffentlichkeit im Netz der Netze öffentlich zugänglich, sogar ohne Gebühren!

Einfach hier und dann aufs Foto klicken, die je nach Netzzugang längere Ladezeit abwarten, starten und dann genießen….

Das Lied (nach dem Sonnengesang des Franziskus) ist übrigens von dem Bruder geschrieben worden, der auf dem Bild mit dem Erzbischof (7/90) auf dem rechten Bildrand erscheint. Man sieht ihn auch später noch öfters mit Gitarre. Und ich selbst bin glücklicherweise nur selten abgebildet.


Lahm

Veröffentlicht am Tuesday, 19. August 2003, 17:19

Worüber regen sich Christen hierzulande auf? Sinkende Gläubigenzahlen, weniger Priester, miese Presse, das eine oder andere römische Dokument vielleicht (auch wenn diese kaum jemand wirklich liest), die Ökumene etc.
Es gab einen Ökumenischen Kirchentag, über vieles wurde debattiert gesprochen und so weiter. Doch über eines im offiziellen Programm überhaupt nicht.

Die verfolgten Christen weltweit.

Ist wohl nicht en vogue im Wischiwaschi-Christentum der europäischen Postmoderne, dass ihre Religion die meistverfolgte der Welt ist. Könnte ja ein schlechtes Gewissen verursachen, da reden wir lieber über die Kirchensteuer oder Gottesdienste als Events.

Die Religions- und Gewissensfreiheit ist die Mutter aller Menschenrechte, sie war der Grund für die ersten Auswandererwellen in die Neue Welt, sie stieß so manches religiöses Monopol um. Ohne sie hätte es nie die Bill Of Rights gegeben. In Ländern mit mehrheitlich oder zum Großteil christl. Bevölkerungen ist sie überall gewahrt und geschützt - fast nirgendwo sonst!

“Kirche in Not/Ostpriesterhilfe” (siehe linkliste) hat jetzt eine neue deutsche Webseite gestartet. Es gibt kaum etwas, was mir global wichtiger erscheint. Angesichts der zunehmenden Identitätssuche weltweit werden die Religionen eine immer bedeutendere Rolle spielen.

Wer mal nicht weiß, um was er beten soll, wer mal schauen will, ob seine Probleme wirklich groß sind, informiere sich dort.

Auch wenn ich es von kath.net habe, fonolog hat die Info auch schon kommentiert.


Zusatz

Veröffentlicht am Saturday, 16. August 2003, 23:19

Ich vergaß zu erwähnen, dass die einzige dt. Kartause bis in die 60er Jahre des jetzt letzten Jahrhunderts auf Düsseldorfer Boden stand, genauer gesagt in Düsseldorf-Unterrath im Norden der Stadt. Aufgrund des sich ausbreitenden und lauter werdenden Flughafens zogen die Mönche dann ins Allgäu nach Bad Wurzach und errichteten dort die Kartause Marienau.


Anders?

Veröffentlicht am Saturday, 16. August 2003, 21:05

Verstehen wir so ein Leben? Nur Gott im Gebet zugewandt, nicht bedacht auf messbare Wirkung nach außen, nicht darauf aus, die Welt zu verbessern oder irgendeinen Erfolg oder Anerkennung zu haben.

Kartäuser.

Der einzige Orden, der sich seit der Gründung vor über 900 Jahren nicht reformiert hat. Nicht reformieren musste?

Und: Franziskus zog sich Zeit seines Lebens immer wieder in Einsiedeleien zurück, hätte sich mal fast ganz dafür entschieden. Wer das nicht versteht, versteht Franziskus nicht.


Vézelay 2003 Teil II

Veröffentlicht am Saturday, 16. August 2003, 16:05

Also, ich versuche mal grob, meine Eindrücke und Erinnerungen in Worte zu fassen. Als wir am letzten Tag, voller Ermüdung und Blasen, den Hügel von Vézelay sahen und das “In Deinen Toren will ich stehen” anstimmten, kam noch einmal so etwas wie Belebung in unsere Gruppe. Da wir sehr früh da waren, hatten wir jede Menge Zeit, vor einem der alten Stadttore rumzuhängen. Schließlich ging es als erste Gruppe zum letzten Anstieg in die Basilika, angefeuert von den anderen Gruppen, die wir erstmals sahen (es waren insges. fünf Sprach- und Regionsgruppen, die auf einer je eigenen Route sternförmig auf Vézelay zugewandert waren).
In der Basilika (davorstehend hatte ein Franziskaner aus Togo uns trommelnd freudig begrüßt)erwartete uns schon der Erzbischof mit Franziskanern, Klarissen und der Gemeinschaft von Jerusalem. Wir überbrückten die Zeit bis zum Eintreffen aller anderen mit “Laudate omnes gentes”.

Aber ich werde zu detailliert, das wird dann ja nie fertig. Die vier Tage selbst in Vézelay waren sehr abwechslungsreich. Gemeinsames Morgengebet, vieles in den drei Sprachen Niederländisch, Französisch und Deutsch, Erfahrungsaustausch unter den Gruppen, Nacht der Liturgie, Abende des Feierns, Besuch der Einsiedelei, Markt der franziskanischen Möglichkeiten (ich hielt mich lange bei den umherziehenden Brüdern auf) und nicht zuletzt die feierliche Messe zum Todestag der Hl. Klara.

Einfach ein sehr schönes Erlebnis.


Ausblick?

Veröffentlicht am Thursday, 14. August 2003, 21:58

Die “erste Tochter der Kirche” wurde sie einst genannt, die katholische Kirche in Frankreich. Heute gehören die großen Kathedralen dem Staat, sonstige Kirchen den örtlichen Gemeinden (also nicht den Pfarrgemeinden) und, selbst im Burgund erlebt, verstauben und verfallen stark. Der sonntägliche Messbesuch liegt auch in den ländlichen Gebieten bei unter 5% der Getauften (welche etwas über die Hälfte der Bevölkerung ausmachen), viele Gemeinden werden von Laiengremien, die der Bischof ernennt, geführt und von einem für mehrere Gemeinden zuständigen (und oft älterem) Priester koordiniert, oder wie diese selbst sagten, moderiert. Ein Ortspfarrer erhält ein Gehalt von rund 500 Euro / Monat, dafür übernimmt die Gemeinde o. der Landkreis die Kosten für Miete (Pfarrhaus), Nebenkosten und Telefon. Ein Ortspfarrer arbeitete nebenberuflich und freiwillig als Kuchenverkäufer auf dem Markt. Eine Kirchensteuer gibt es nicht, die Kirche ist arm. Das ist die eine Seite.

Lebendige Ordensgemeinschaften (trotz Nachwuchsmangel der großen Orden), Franziskaner, die wie in frühesten Zeiten ohne Geld und ohne solches anzunehmen durch die Gegend ziehen und durch ihr Leben predigen ohne große Worte (das mit tollen Erfahrungen), über 800 Klarissen landesweit, neue mönchische Ordensgemeinschaften wie die von Jerusalem (s. Eintrag vom 12.08.), die stark an Zahl zunehmen, mehrere hundert Einsiedler im ganzen Land verstreut, das Priesterseminar in Paris ist voll (die theolog. Ausbildung erfolgt nicht an einer staatl. Uni in Paris), weitaus mehr Erwachsenentaufen als in Deutschland bei geringerer Bevölkerungszahl, viele Klöster als spirituelle Zentren und Eintrittspforte in die herrliche Welt des Glaubens… Das ist die andere.

Was mag davon Zukunft werden für die Kirche in Deutschland?


Kurz bemerkt

Veröffentlicht am Wednesday, 13. August 2003, 21:56

Habe gerade festgestellt, dass sowohl die Hl. Klara von Assisi als auch Nikolaus von Kues, auch Cusanus genannt, am 11. August ihren Todestag feiern, die erste 1253 (ihr 750. Jubiläum war der Grund für die Wallfahrt nach Vézelay), letzterer 211 Jahre später 1464. Beide waren sehr beeindruckende Persönlichkeiten, sehr unterschiedlich im Wirken und Ideengut und doch von einer ungeheuren Gottessehnsucht durchdrungen, wenn auch auf unterschiedlicher Art.
Es lohnt sich, beide Leben genauer zu betrachten.


Betäubt

Veröffentlicht am Tuesday, 12. August 2003, 22:26

Ich bin noch ganz benommen von den umwerfenden Erlebnissen in Vézelay, in Teil II werde ich zumindest versuchen, einiges dazu zu hinterlassen.
Dieser Ort alleine ist der Hammer. Auch wenn ich nie in Assisi war, alle sagten mir, die Ähnlichkeit ist frappierend, viel mehr die der Atmosphäre als unbedingt die der Geographie. Am Fuße des Hügels liegt die Eremitage “La Cordelle”, die derzeit von vier Laienbrüdern bewohnt wird, ein Ort des Gebetes und der Stille gemäß der Regel des Franziskus für die Einsiedeleien, übrigens die erste Niederlassung der Minderbrüder (Franziskaner) in Frankreich überhaupt, zu Lebzeiten des poverello von seinem Mitbruder und Musiker Pazifikus gegründet. Nur wenige Meter davon rief der Hl. Bernhard von Clairvaux den 2. Kreuzzug aus, dort in der Basilika liegen die Gebeine der Apostolin der Apostel, der Erstverkünderin der Auferstehung, der Hl. Maria Magdalena.
Obwohl das Dorf bloß rund 1000 Einwohner zählt, gibt es dort Franziskanerinnen, die genannten Franziskaner ganz nahe und die Basilika selbst dient der Gemeinschaft von Jerusalem, eine in Zahlen boomende neue Ordensgemeinschaft, als Stätte des täglich mehrfachen und liturgisch wunderschönen und würdevollen Gebetes…


Vézelay 2003 - Teil I

Veröffentlicht am Tuesday, 12. August 2003, 21:40

Mehr als 55 Grad in praller Sonne.
Mehr als 20 km pro Tag (insgesamt vier) gelaufen, auch in der Mittagshitze.
Mehr als 5 Liter Wasser am Tag getrunken.
Mehr draußen als in den Sporthallen geschlafen.
Mehr als eine Blase an manchen Zehen.
Mehr als nur eine Nation vertreten.
Mehr Ordensleute als “Weltleute”.
Mehr gelacht als sonst.
Mehr sehr gute und tiefe Gespräche geführt als sonst.
Mehr auf den anderen geachtet, mehr geholfen als sonst.
Mehr Hilfe angenommen als sonst.
Mehr vertraut als sonst.
Mehr verwandte Seelen gefunden als sonst.

Mehr…


Weg

Veröffentlicht am Sunday, 03. August 2003, 20:01

Ab morgen früh bin ich in Richtung Frankreich unterwegs (siehe Eintrag vom 20.07.), dann wird bis zum 12. oder 13.08. hier nichts passieren.