Kaum einer, bei mir war es auch nicht anders, wird oder würde den gesamten katholischen Glauben gleich zu Beginn eines neuen erwachsenen Glaubenslebens als Paket voll annehmen. Wenn ich so einen träfe, wäre es mir zumindest ein wenig suspekt, ohne daß ich es diesem Menschen ausreden wollte. Ich persönlich mußte jedenfalls für viele Glaubensaussagen in wenig Gehirnschmalz investieren, insbesondere die Interpretationsbasis der Kirche muß sich erst erschließen. Wenn sie das getan hat, und ich halte sie für absolut überzeugend, dann kann man viel mehr ganz flott verstehen, wenn nicht, dann versteht man einiges nie.
Ein sehr guter Freund von mir ist auch einigermaßen am kath. Glauben interessiert und liest auch dieses und jenes, geht ab und an zur Messe, legt insgesamt auf sein Katholischsein großen Wert. Vor Jahren mal sprachen wir über die Lehre der sexuellen Enthaltsamkeit vor der Ehe. Wir beide konnten das nicht mehr für uns als erreichbar behaupten…
Er verstand damals überhaupt nicht die Basis für diese Lehre, kannte zwar die biblischen Stellen, hielt sie aber für rein kulturell gebunden und nicht verbindlich für heute.
Vor einigen Monaten kam eher unvermittelt das Thema wieder auf, ohne daß wir in den Jahren darüber geredet hätten: mittlerweile verstand er es, sah es als Ideal, auch als Lehre, die nicht geändert werden müsse, ohne daß er sich selbst dazu in der Lage sah.
Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie ich vor rund sieben bis acht Jahren einem Priester auf die Frage nach der Bedeutung der Kirche für mich antwortete: sie darf mir sagen, was der rechte Glaube ist, aber nicht im geringsten, was ich zu tun habe!