Mit Gewinn lesen

Lange Zeit stand ich der sog. historisch-kritischen Exegese (kurz HKE) recht kritisch gegenüber. Da schien mir doch zuviel über Bord geworfen worden zu sein: der historische Jesus versus den Jesus nach Ostern (also rückblickend interpretierte), seine eigenen Worte versus denen, die ihm in den Mund gelegen worden sein sollen, die echten versus den unechten Paulusbriefen etc. - und dies nur in Beziehung zum Neuen Testament!

Doch ich habe jetzt festgestellt, daß es nicht an der HKE liegt, was in mir Unbehagen ausgelöst hat, sondern die Art und Weise, wie nicht die Protagonisten dieser Methode, sondern deren Schüler (also meistens Theologen, die das zwar gelernt hatten, aber vielleicht mangels Zeit sich nie tief ins das Thema knien konnten) das ganze verkauften an die theologische Laienschar.

An andere Stelle schrieb ich kürzlich dazu (albern, ein Selbstzitat):

Im Moment lese ich übrigens mit großem Gewinn die beiden Einführungsbände ins NT von Ingo Broer der “Neuen Echter Bibel” (ein historisch-kritischer Kommentar basierend auf dem Text der EÜ). Ich stelle fest - mea culpa - daß mich die HKE eigentlich überhaupt nicht stört, wenn sich ihre Vertreter, wie es Broer wohltuend macht und wie es m.E. einem jeden Geisteswissenschaftler ansteht, die eigenen Meinungen nicht nur behauptet, sondern begründet, Nebenmeinungen zuläßt und darlegt und generell die Grenzen der eigenen Erkenntnis deutlich macht.

Bisher hatte ich mehr von den Schülern der HKE gelesen und gehört, die einfach nur Meinungen wiedergegeben haben à la “der Kolosser-Brief ist sicher nicht von Paulus, da hat die Wissenschaft lange bewiesen”. Daß es da immer einen Fluß an Meinungen gibt, daß ein Konsens bröckeln und sich ändern kann, daß es in dem Gebiet überhaupt keine Be-, sondern höchsten Hinweise geben kann, kam mir da immer zu wenig raus.

So wie bei Broer ist die HKE dagegen ein absoluter Gewinn.

Und hier findet sich das Bild eines Bandes von den beiden, auf das sich das Zitat bezieht.





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