Streitunlust

Man nennt das Zeitalter des Internets das Informationszeitalter. Es ist allerdings, und mit dem Web 2.0 noch deutlich potenziert, weniger eines der Information als vielmehr der Meinung. Und da jeder jetzt Meinungen aus aller Welt nicht nur lesen, sondern auch jeder selbst seine Meinung veröffentlichen kann, geht es natürlich mit der Qualität der Absicherung dieser Meinung bergab.

Viel Meinung, wenig Argument.

Wie Hans Conrad Zander in seinem herrlichen Buch über den Zölibat schrieb (ich greife hier den verlinkten Vortrag auf), neigt die Mehrheit zur Verdummung, da sie sich nicht mehr in einem Argumentationszwang befindet. Aber auch die Minderheit kann dieser Verdummung erliegen, wenn sie sich nur mit ihresgleichen abgibt und sich somit in einer relativen Mehrheit bewegt (eine große Gefahr von Internetforen oder auch der Blogwelt).

Wie kann man nun als Christ so einer Mehrheit begegnen, die jenseits von Plattitüden nichts mehr aufnehmen kann?

Ich denke Franziskus ist da den richtigen Weg gegangen. Als jemand, der gerne diskutiert, fiel es mir schwer, diesen Gedanken aufzunehmen, aber jetzt nach der Lektüre von den Timotheusbriefen und dem Titusbrief des Paulus wurde mir klar, daß Franz eigentlich nur das will, was Paulus schon einforderte: Abstand nehmen von Streitereien um Worte. Den Glauben verkünden und so stehen lassen, nicht versuchen durch Weisheit zu glänzen.

Franz schreibt in seiner Nicht Bullierten Regel über die Lebensform der Brüder, die zu Sarazenen (=Muslimen) oder anderen Ungläubigen gehen wollen (dieser Passus findet sich hier mehrfach im Blog):

5 Die Brüder aber, die hinausziehen, können in zweifacher Weise unter ihnen geistlich wandeln.
6 Eine Art besteht darin, daß sie weder Zank noch Streit beginnen, sondern “um Gottes willen jeder menschlichen Kreatur” (1 Petr 2,13) untertan sind und bekennen, daß sie Christen sind.
7 Die andere Art ist die, daß sie, wenn sie sehen, daß es dem Herrn gefällt, das Wort Gottes verkünden: sie sollen glauben an den allmächtigen Gott, den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist, den Schöpfer aller Dinge, an den Sohn, den Erlöser und Retter, und sie sollen sich taufen lassen und Christen werden; denn “wenn jemand nicht wiedergeboren wird aus dem Wasser und dem Heiligen Geiste, kann er nicht in das Reich Gottes eingehen” (vgl. Joh 3,4).
8 Dieses und anderes, was dem Herrn wohlgefällig ist, können sie ihnen und anderen sagen, denn der Herr sagt im Evangelium: “Jeder, der mich vor den Menschen bekennen wird, den werde auch ich vor meinem Vater bekennen, der im Himmel ist” (Mt 19,32).
9 Und: “Wer sich meiner und meiner Worte schämt, dessen wird sich auch der Menschensohn schämen, wenn er in seiner und des Vaters und der Engel Herrlichkeit kommen wird” (vgl. (Lk 9,26).

Nur mit Worten verkündigen “wenn sie sehen, daß es dem Herrn gefällt” - dessen sich sicher zu sein ist nicht so einfach. Und von streiten ist auch hier nicht die Rede, denn die Rede soll dem Herrn wohlgefällig sein (auch sehr paulinisch).

Deswegen werde ich mich nicht äußern zu irgendwelchen geplanten Anti-Papst-Demos, Chrismon-Artikeln oder Parlamentarier-Boykotten. Empören können sich andere, ich sehe keinen Sinn darin.

Ich sage nur, daß ich bei allen schmerzhaften Verfehlungen meinerseits unglaublich dankbar bin, Jesus als Sinngeber meines Lebens und Seine Kirche zu kennen.





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