Unscheinbar

Erst einmal eine Frohes Neues Kirchenjahr nachträglich!

Und mit diesem neuen Kirchenjahr beginnt der Lesezyklus des Lukas-Evangeliums, ebenso wie das des Markus im Jahr zuvor ein wunderschönes Evangelium.
Das Evangelium nach Markus war für mich viele jahre lang irgendwie das Unwichtigste. Ich dachte: das, was da drinsteht, steht auch woanders drin (also bei Matthäus und eben Lukas) und irgendwie ist es arg kurz, beginnt und endet ziemlich abrupt.

Erst nach und nach habe ich es schätzen gelernt - nicht wegen seines inhaltlich anderen Schwerpunktes, sondern weil es die Geschichten aus Jesu Erdenleben, die es berichtet, nicht selten einfach facettenreicher und schöner darstellt.
Meine Lieblingsgeschichte ist der der blütflüssigen Frau, die Jesus heilt.

Hier zum Vergleich, der Text des Lukas (Kapitel 8):

43 Darunter war eine Frau, die schon seit zwölf Jahren an Blutungen litt und bisher von niemand geheilt werden konnte.
44 Sie drängte sich von hinten an ihn heran und berührte den Saum seines Gewandes. Im gleichen Augenblick kam die Blutung zum Stillstand.
45 Da fragte Jesus: Wer hat mich berührt? Als alle es abstritten, sagten Petrus und seine Gefährten: Meister, die Leute drängen sich doch von allen Seiten um dich und erdrücken dich fast.
46 Jesus erwiderte: Es hat mich jemand berührt; denn ich fühlte, wie eine Kraft von mir ausströmte.
47 Als die Frau merkte, dass sie es nicht verheimlichen konnte, kam sie zitternd zu ihm, fiel vor ihm nieder und erzählte vor allen Leuten, warum sie ihn berührt hatte und wie sie durch die Berührung sofort gesund geworden war.
48 Da sagte er zu ihr: Meine Tochter, dein Glaube hat dir geholfen. Geh in Frieden!

Und hier die Version des Markus aus Kapitel 5:

25 Darunter war eine Frau, die schon zwölf Jahre an Blutungen litt.
26 Sie war von vielen Ärzten behandelt worden und hatte dabei sehr zu leiden; ihr ganzes Vermögen hatte sie ausgegeben, aber es hatte ihr nichts genutzt, sondern ihr Zustand war immer schlimmer geworden.
27 Sie hatte von Jesus gehört. Nun drängte sie sich in der Menge von hinten an ihn heran und berührte sein Gewand.
28 Denn sie sagte sich: Wenn ich auch nur sein Gewand berühre, werde ich geheilt.
29 Sofort hörte die Blutung auf und sie spürte deutlich, dass sie von ihrem Leiden geheilt war.
30 Im selben Augenblick fühlte Jesus, dass eine Kraft von ihm ausströmte, und er wandte sich in dem Gedränge um und fragte: Wer hat mein Gewand berührt?
31 Seine Jünger sagten zu ihm: Du siehst doch, wie sich die Leute um dich drängen, und da fragst du: Wer hat mich berührt?
32 Er blickte umher, um zu sehen, wer es getan hatte.
33 Da kam die Frau, zitternd vor Furcht, weil sie wusste, was mit ihr geschehen war; sie fiel vor ihm nieder und sagte ihm die ganze Wahrheit.
34 Er aber sagte zu ihr: Meine Tochter, dein Glaube hat dir geholfen. Geh in Frieden! Du sollst von deinem Leiden geheilt sein.

Der Text suggeriert, daß Markus selbst noch mit der Frau gesprochen hat, Lukas dagegen nicht (ich glaube nicht, daß er einfach vom ihm bekannten Markus-Text das für ihn “Unwichtige” weggelassen hat).

Ihr ganzes Vermögen hatte sie für Ärzte ausgegeben, die ihr doch nicht geholfen haben. Das geht bis heute so - mit Leid kann man viel Geld machen. Milliardengroß ist der Markt der nicht überprüften Heilmethoden, und nicht weniges davon wird von selbsternannten “Erlösern” angepriesen, denn genau ihre Methode helfe gegen so arg viel!

Und sie hatte von Jesus gehört. Bloß gehört. Sie kannte ihn nicht, hatte Ihn nicht erlebt. Doch sie war überzeugt, daß dieser Jesus sie heilen könnte.
Ob wir es schaffen, anderen so von Jesus zu erzählen, daß sie so einen starken Glauben entwickeln, um ihr Heil zu erfahren?

Wie reden wir von Jesus, besonders auch in diesen Tag der freudigen Erwartung? Bezeugen wir Seine heilende Kraft? Glauben wir überhaupt noch daran, geprägt von einer utilitaristisch-rationalen Welt? Und zwar nicht nur für andere, sondern auch für uns selbst, daß Jesus Dich und mich heilen kann, selbst wenn wir nur Sein Gewand berühren?





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