Archiv für die 'Eselsohr - Bücherrezensionen' Kategorie



Überrascht

Veröffentlicht am Thursday, 26. February 2004, 21:04

Wohl über kaum einen Mann der Kirche wird hierzulande so hergezogen wie über Joseph Cardinal Ratzinger, den Präfekten, also so was wie ein Vorsteher, der Kongregation für die Glaubenslehre, dem ehemaligen Sacrum Officium, von dem einst die Inquisition (wörtlich ja: Befragung) ausging. Die Aufgabe dieser vatikanischen Behörde ist es bekanntlich darüber zu entscheiden, was noch den Rahmen der katholischen Glaubenslehre umfasst und was diesen verlässt. Kein leichter Job, ich möchte ihn nicht haben.
Nun, dieser Mann tut sich ja des öfteren auch als Autor hervor. Er war als junger Theologe beim Zweiten Vatikanischen Konzil dabei und war mit unter 40 schon Professor für Dogmatik. Promoviert (oder habilitiert) wurde er übrigens einst über den Hl. Bonaventura, der Mann kennt sich also mit alter franziskanischer Theologie aus.
Wie dem auch sei: die Bücher, die er heutzutage verfasst, sind glücklicherweise nicht nur keine fachtheologischen (und damit oft schwer verständlichen) Wälzer, sondern gut dargestellte Überlegungen zu kirchlichen und anderen Themen dieser Welt.
Man muss nicht immer seiner Meinung sein, aber bei der ganzen Kritik, die ihm so widerfährt, wäre es ehrlich und anständig, wenn man ihn nicht nur in seiner Position als Präfekt in schultheologischen Ausführungen, sondern als Priester und Theologe zu Wort kommen lässt.
Empfehlen kann ich dazu die ersten zwei Bücher, in Interviewform geschrieben. Ich hatte zuerst das chronologisch letztere gelesen (das zweite), es war meine erste “Begegnung” mit ihm, ich war positiv überrascht.

Sehr gut gefallen, besonders die erste theoretische Hälfte (bei der praktischen Kritik sehe ich einiges anders) hat mir auch sein Buch über die Liturgie. Wer sich mal wirklich ernsthaft und ohne Vorbehalt dafür interessiert, warum es der apostolischen Kirche mit 2000 Jahren Geschichte eben so wichtig ist, den Gottesdienst auf eine ganz bestimmte Art und Weise zu feiern und warum das eben nicht jeder Gemeinde, Gruppe etc. anheimgestellt ist, der lese dieses Buch.


Dafür

Veröffentlicht am Tuesday, 17. February 2004, 20:21

Dass eine Satire mal meine Meinung ändern würde, hatte ich vorher auch nicht gedacht. Als Kind dieser Zeit war ich natürlich auch dagegen. Ist ja klar. Gehört sich so.
Doch nach der Lektüre sah ich einiges anders, den Wert davon. Den Wert, den eine sich angeblich “selbst” verwirklichende Gesellschaft (und die dieses “Selbst” doch sowieso nicht gefunden hat) nicht verstehen will und vielleicht auch nicht kann.

Doch bei der Lektüre Vorsicht: die Spießer sind immer in der Mehrheit, auch in der Kirche. Vielleicht gehörst Du dazu, vielleicht auch ich.


Franziskanisch

Veröffentlicht am Monday, 16. February 2004, 20:41

Von der Missionszentrale der Franziskaner wurde ein Grundkurs zum franziskanisch-missionarischen Charisma (CCFMC) konzipiert und veröffentlicht. Zusammengefasst gibt es ihn auch als Buch “Mit Gott im Heute” von Anton Rotzetter, einem der Hauptmitarbeiter am Kurs. Sehr lesenswert, wenn man warum auch immer wissen will, was en gros das Franziskanische ausmacht (natürlich ist das Franziskanische nicht in ein Buch zu packen und die Strömungen sehr unterschiedlich):

Wer sich genauer mit der Lebensregel des Ordens beschäftigen will, kommt als hervorragende Interpretation derselben an einem Buch wie dem folgenden nicht vorbei (hat auch Schwächen, klar, aber füllt vieles im Text mit Leben). Franz selbst wollte ja gar keine Interpretation, er meinte, der Text spreche für sich selbst, weil er einfach “nur” das wollte (das ist eine Menge), was drin steht. Dem Anspruch wird wohl kaum ein Franziskaner weltweit gerecht. Dennoch:


De Trinitate

Veröffentlicht am Saturday, 14. February 2004, 22:13

Zuerst hatte ich mir die zusammenfassende Version gekauft, dieses Buch:

Die Aussage, dass Gott in seinem innersten Wesen dreifaltig, also Vater, Sohn und Hl. Geist ist, ist ja eigentlich die Kernaussage der christlichen Offenbarung. Leider spielt dies im normalen publiken christlichen Sprachgebrauch kaum ein Rolle. Ob man das den Menschen nicht zutraut, vor einem unergründbaren, nur mit natürlich nicht erschöpfend stammelnden Worten beschreibbaren Geheimnis anbetend zu verharren? Hmmm. Ich hab das Buch jemandem gegeben, der sich für das Christentum interessierte. Ich hielt es für besser, als mit frommen Allgemeinplätzen anzufangen. Um das Unterscheidende geht es!

Dies wiederum ist die umfassende Ausgabe der Arbeit von Greshake über den Versuch, die Trinitätsaussage für Leute von heute zu erläutern. Ist ohne theologische Vorkenntnisse, ein wenig Altgriechisch schadet auch nicht, nur schwierig zu verstehen, deswegen auch nur eingeschränkt zu empfehlen, ganz im Gegensatz zum ersten ungleich schmaleren Büchlein.


Günstiger

Veröffentlicht am Saturday, 14. February 2004, 18:16

Als ich dann in Spanien weilt, konnte ich mit folgendem Buch für damals etwas über 4000 ptas. (unter 30 Euro) das kaufen, wofür ich heute in diesem Land bestimmt über 100 Euro ausgeben müsste. Es ist alles drin, die Schriften, alle Biographien, Legenden und fast alle Fremdzeugnisse.

Es ist der riesen Vorzug der Biblioteca de Autores Cristianos, von den großen Menschen der Kirche erschwingliche Komplettbänder zu veröffentlichen. Oft im Dünndruck, aber bei über 1000 Seiten ist das auch okay. Warum das hier nicht geht, weiß ich nicht.


Und es war um mich geschehen

Veröffentlicht am Saturday, 14. February 2004, 18:09

Als ich mir Gedanken darüber machte, ob vielleicht das Ordensleben eine Option für mich sein könnte, so total bescheuert mir dieser Gedanke auch erschien, gab mir mein damaliger Nachbar dieses Buch:

Genau das war es! Genauso wie in der Regel beschrieben wollte ich leben! Das war’s.
Als ich dann auch noch dieses hier fand:

war die Sache ziemlich klar. Der Untertitel “ein Anfang und was davon bleibt” zeigt zwar auch die Schwäche dieser großen franziskanischen Bewegung, sich allzu sehr anzupassen und zu schwächeln, doch die Glut ist da.


Geistvoll

Veröffentlicht am Friday, 13. February 2004, 23:07

Ein Dialog auf höchstem intellektuellen Niveau und voller Respekt, den die ebenfalls aufgezeichneten Kritiker aller Couleur leider nicht erreichen, stellt das “Buch” von Umberto Eco und dem ehemaligen Erzbischof von Mailand Carlo Maria Cardinal Martini dar. Auch wenn es nicht das klärt, was der Titel verspricht, so ist doch dieser Briefwechsel, denn das war das Buch ursprünglich und wurde in einer italienischen Kulturzeitung als solcher in mehreren Monaten abgedruckt, ein Höhepunkt derzeigen Austausches zwischen Gläubigen und Ungläubigen. Angesichts des enzyklopädischen Wissens von Umberto Eco als Mediävist (er zitiert Thomas von Aquin quasi freihand) und seines katholischen Erziehungshintergrundes ist er zwar nicht das Paradebeispiel des Ungläubigen, nichtsdestoweniger ist dieses Buch ein Glücksfall und lädt hoffentlich zur Nachahmung ein.


Maria

Veröffentlicht am Friday, 13. February 2004, 20:48

Als noch recht frisch überzeugter Christ hat man es ja gerade hierzulande durch die Alleinherrschaft der Ratio(?) und der Gegenwart der protestantischen Ablehnung von Heiligenverehrung schwer, sich mit diesem Thema zu befassen. Man ist ja auch Kind seiner Zeit, ich bin da wahrlich keine Ausnahme. Walter Nigg hatte ich da als Hilfe ja schon erwähnt - auch wenn er von Verehrung nichts schreibt.

Mit der Mutter Jesu, der Muttergottes, mit Maria ist es wirklich nicht einfacher. So viele Überzeichnungen erweckten in mir zuerst den Eindruck, es nicht mit einer jungen jüdischen Frau aus dem damaligen Israel, sondern einer religiösen Barbiepuppe zu tun zu haben.
Das Buch “Fleisch geworden aus Maria” vom Bonner Dogmatiker Karl-Heinz Menke ist mehr ein fach-theologisches Werk als bspw. die von Nigg. Ich ging einfach in “meine” christliche Buchhandlung und wollte mir irgendwas zusammenfassendes über die Mariologie (die Lehre der Kirche über die Stellung Marias im Heilsplan Gottes) kaufen. Das, was das Buch verspricht zu sein, nämlich ein Kurzlehrbuch der Mariologie, ist es auch. Dabei zutiefst biblisch fundiert und hat als Hauptanliegen, die jungfräuliche Empfängnis Jesu in Maria aus der hebräischen Bibel (dem AT) allein(!) zu belegen.
Bis auf die fehlende Übersetzung von griechischen Begriffen ist das Buch erste Sahne, kann ich nur empfehlen.


Ich hab’s versucht!

Veröffentlicht am Wednesday, 11. February 2004, 22:22

Mindestens zweimal habe ich versucht, das Taschenbuch von Hans Küng ganz durchzulesen. Es wurde mir ganz am Anfang meines Weges zum erwachsenen christlichen Glauben (vor etwa 7-8 Jahren) von einem meiner besten Freunde geschenkt (einem Aleviten). Auch wenn er sich selber nicht sicher war, ob die Wahl so gut war, ihm erschien auch schon das Vorwort der Neuauflage nicht ganz geheuer (der Autor hält eine Laudatio auf sich selbst; ich hatte zuerst gar nicht gemerkt, dass er das selbst schreibt), gab er es mir.

Aber es ging nicht.

Zuviele Ungereimtheiten, schwammige Restaussagen und zwanghaftes Bemühen, den christlichen Glauben für alle zurechtzuklopfen waren mein erster Eindruck. Dafür sollen Menschen ihr Leben geopfert haben, friedvoll und ohne Kampf? Für ein “kann man so, so, so, oder auch so sehen”? Die persönliche Umkehr kam bei Küng kaum vor. Weh tat da gar nichts. Nachfolge im Weichspülgang, politisch korrekt und dem allgemeinen Gutsein angepasst.

Wohlgemerkt, damals kannte ich weder den Autor noch die ganze Geschichte seines Verhältnisses zur Kirche. Jahre später versuchte ich noch einmal, das dicke Werk “Christsein” zu lesen. Doch wieder musste ich nach etwa 2/3 aufgeben. Es ging nicht. Doch auch diese Erfahrung war wichtig.

So sieht’s heute aus:


Alle

Veröffentlicht am Monday, 09. February 2004, 22:39


Von Walter Nigg kann ich eigentlich jedes Buch empfehlen, auch wenn ich diese zwei ganz und andere nur kurz angelesen habe. Nigg war Theologieprofessor in der “reformierten Kirche” und verlor sogar mal einen Lehrstuhl, weil es sich zu sehr mit der Hagiographie (Lebenbeschreibung von Heiligen) beschäftigte, bei den Reformierten sind die kath. Heiligen ein rotes Tuch. Konvertiert ist Nigg nie, aber heimisch war er zum Schluss in seiner kirchlichen Gemeinschaft schon lange nicht mehr.
Was Nigg als Hagiographen besonders auszeichnet, dass er diese Menschen von all den schwülstigen Überzeichnungen der Jahrhunderte befreit und sie mit allen Ecken und Kanten, mit allem Guten und nicht selten Schlechten präsentiert.
Nigg schreibt eben für Leute von heute über Leute von gestern.


Wegweiser

Veröffentlicht am Wednesday, 04. February 2004, 00:16

Der geistige Weg Mutter Teresas war wirklich ein (theoretisch) ganz einfacher. Doch gerade das Einfache erweist sich oft als schwierig, so dass wir dazu neigen, es zu verkomplizieren - vor allem, um ihm auszuweichen.

Luise Rinser war das, was man eine Links-Katholikin nannte (ich kenne einige Personen ihres Alters, die von ihr gar nicht angetan sind), und bekannt wurde sie vor allem auch durch die Bekanntgabe des zölibatär-amorösen Verhaltnisses mit Karl Rahner (nach dessen Tod wurden die Briefe veröffentlicht). Auch wenn ich sicher nicht immer mit ihr konform gegangen wäre, die Kirche braucht solche Leute. Vor allem, wenn es jemand wie sie in diesem Buch “Bruder Feuer” vermag, das Phänomen des Franz von Assisi in damals aktuelle Zeit (70er) zu übersetzen. Vieles wurde mir klarer - und zeigt sein Leben eben aufgrund der Nähe in noch krasserem Licht.


Aktuell

Veröffentlicht am Monday, 02. February 2004, 22:33

In der anderen Rubrik habe ich sie gerade erwähnt. Das Breviloquium steht (zur Zeit) bei mir immer noch griffbereit im Schrank und wird auch ab und an gelesen. Wer mal wissen will, was Scholastik überhaupt ist und sich nicht durch Thomas von Aquins dicke Wälzer lesen will, dennoch hervorragende Theologie haben will, ist da gut bedient. Das andere Buch geht darüber hinaus und zeigt auch Bonventuras enorm wichtige Bedeutung für den franzisk. Orden und die Lebensweise des jungen Orden.


Erst denken

Veröffentlicht am Sunday, 01. February 2004, 15:05

Dies Domini.


“Eros, Glück, Tod und andere Versuche im christlichen Denken” von Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz war ein wirklicher Glücksgriff. Wunderschöne Beiträge über die Bedeutung, ja die Sakramentalität des Eros im Christentum oder auch über die Anti-Ekstase im christlichen Gottesdienst. Einfach schön geschrieben, toll formuliert und durchdacht. Diese Frau ist eine der wenigen zeitgenössischen christlichen DenkerInnen der Philosphie von wirklichem Format.


Selbsterklärend

Veröffentlicht am Thursday, 29. January 2004, 23:37

Das erste fand ich damals gut für den Einstieg, das zweite geht mehr in theologische Details.


Damit fing’s an

Veröffentlicht am Thursday, 29. January 2004, 20:53

Eigentlich zu schwierig, wenn man wie ich damals null Vorkenntnisse hat, aber es hat sich dennoch gelohnt. Das war das erste Buch, mit dem ich mich dem Phänomen Religion (aus reiner intellektueller Langeweile) näherte, vor Bibel und Co.


Verbunden

Veröffentlicht am Monday, 19. January 2004, 22:37

Über Thomas Merton hatte ich ja schon einmal ein wenig geschrieben. Unerwartet fand ich bei der Lektüre dieses sehr zu empfehlenden Buches

auch einen Merton gewidmeten Beitrag, der ein Kapitel seines Lebens erzählt, das leider oft in seiner offiziellen Vita als Einsiedler verschwiegen wird: er hatte sich mal Hals über Kopf verknallt. Und die Frau auch in ihn. Er blieb aber seiner Berufung treu.
Der Autor Freddy Derwahl, der selbst einmal Mönch werden wollte, besuchte auch einen Einsiedler auf der griechischen Insel Patmos, der als zur katholischen Kirche konvertierter, aus dem Reformjudentum stammender Amerikaner nicht so recht ins Klischee des Einsiedlers passte (aber das tun wenige in diesem Buch, es liegt wohl am Klischee). Dazu auch noch ein erfolgreicher Dichter, ursprünglich der Beatgeneration, Freund von Merton und, wie dieser mal schrieb, “mit einem Gesicht wie ein Pferd”. Da ist was dran:

Der Mann hieß Robert Lax und starb im Jahr 2000.

Tja, und sowohl bei der Internetsuche zu dem Autor des Eremiten-Buches wie auch zu Robert Lax traf ich immer wieder auf eine Seite, die ich hier einfach mal empfehlen möchte. Etwas einigermaßen Gehaltvolles im Netz findet man ja nicht so häufig: Perlentaucher, das Kulturmagazin im Internet.