Regel Kapitel 2.1
4. Regel und Leben der Brüder und Schwestern in der Franziskanischen Gemeinschaft ist dieses: Das Evangelium unseres Herrn Jesus Christus zu beobachten nach dem Beispiel des hl. Franziskus von Assisi, der Christus zur geistlichen Mitte seines Lebens vor Gott und den Menschen machte.
Christus, das Geschenk der Liebe des Vaters, ist der Weg zu ihm. Er ist die Wahrheit, in die uns der Heilige Geist einführt. Er ist das Leben, und er ist gekommen, uns in seiner Fülle daran teilnehmen zu lassen.
Die Brüder und Schwestern der Franziskanischen Gemeinschaft lesen immer wieder im Evangelium. Sie suchen auf den Anspruch der Frohen Botschaft in ihrem Leben Antwort zu geben und es an ihm auszurichten.
Was für alle Ordensgemeinschaften der Kirche gilt, aber schon immer in den franziskanischen Ordensregeln explizit drin stand, ist, daß das Evangelium selbst die höchste Ordensregel ist. Daran wird auch kaum ein Christ ernsthaft zweifeln. Die verschiedenen Ordenstraditionen betonen eben mehr den einen oder anderen Schwerpunkt der Nachfolge Jesu, doch Ziel ist immer die Nachfolge.
Daß Jesus hier noch einmal “die Wahrheit” genannt wird - und eben nicht nur Wahrheit ohne Artikel oder gar “eine Wahrheit”, entnommen dem Evangelium, stellt meines Erachtens angesichts der weltweiten Verbreitung des OFS mit Berührungspunkten mit zahlreichen anderen Religionen einen wichtigen Punkt dar. Es ist unaufgebbares Gut des christlichen Glaubens, daß Jesus die Wahrheit ist, daß die Wahrheit über Gott nicht in “wahren” Sätzen besteht, sondern in einer Person. Eine Person, die keine Bewunderer wollte (wie schon Kierkegaard feststellte), keine Erklärer, sondern Nachfolger.
Das Wie der Nachfolge ist dann wiederum in der höchsten Ordensregel, dem Evangelium, nachzulesen, auf den Spuren des Hl. Franziskus. Ein weltlicher Franziskaner ohne Liebe zur Hl. Schrift ist nicht. Es geht dabei nicht um theologisch akkurate Bibelarbeit, es geht nicht um das Für und Wider verschiedener Übersetzungen, auch wenn das natürlich sein darf. Aber schon die Bergpredigt allein bietet genug für ein Leben an Nachfolgeübungen, da reicht hier im deutschsprachigen Raum die offizielle Einheitsübersetzung vollkommen aus.
Dieser Versuch der Nachfolge bleibt immer Stückwerk, doch der Versuch ist es jeden Tag wert.