Weg von der Nabelschau

Papst Benedikt schrieb in dem Brief an die Katholische Kirche in Irland, daß es vor allem die Angst um einen Ansehensverlust der Kirche war, der dafür sorgte, daß Mißbrauch jeglicher Art unter den Teppich gekehrt wurde. Erzbischof Zollitsch als Vorsitzender der hiesigen Bischofskonferenz sagte, dieser Brief sei auch eins zu eins auf die dt. Situation übertragbar, auch hier sei es um Sicherung des Standes, Sicherung der Interessen, Sicherung des Ansehens gegangen (und darum, behaupte ich einmal, geht es oftmals heute noch). Vielleicht wäre es dann sinnvoll mal wieder hervorzukramen, was sich die Dt. Bischöfe vor rund 35 Jahren auch schon mal selbst zu sagen hatten, auf einer gemeinsamen Synode:

Der Weg in die Nachfolge führt immer auch in eine andere Gestalt der Armut und Freiheit: in die Armut und Freiheit der Liebe, in der Jesus am Ende selbst den Tod „überlistete“, da er nichts mehr besaß, was dieser ihm hätte rauben können. Er hatte alles gegeben, für alle. In solche Armut und Freiheit der Liebe, die sich zu allen gesandt weiß, ruft die Nachfolge.
Sie ruft uns dabei immer neu in ein solidarisches Verhältnis zu den Armen und Schwachen unserer Lebenswelt überhaupt. Eine kirchliche Gemeinschaft in der Nachfolge Jesu hat es hinzunehmen, wenn sie von den „Klugen und Mächtigen“ (1 Kor 1, 19-31) verachtet wird. Aber sie kann es sich - um dieser Nachfolge willen - nicht leisten, von den „Armen und Kleinen“ verachtet zu werden, von denen, die „keinen Menschen haben“ (vgl. Joh 5,7). Sie nämlich sind die Privilegierten bei Jesus, sie müssen auch die Privilegierten in seiner Kirche sein. Sie vor allem müssen sich von uns vertreten wissen. Deshalb sind in unserer Kirche gerade alle jene Initiativen zur Nachfolge von größter Bedeutung, die der Gefahr begegnen, daß wir in unserem sozialen Gefälle eine verbürgerlichte Religion werden, der das reale Leid der Armut und Not, des gesellschaftlichen Scheiterns und der sozialen Ächtung viel zu fremd geworden ist, ja, die diesem Leid selbst nur mit der Brille und den Maßstäben einer Wohlstandsgesellschaft begegnet. Wir werden schließlich unsere intellektuellen Bezweifler eher überstehen als die sprachlosen Zweifel der Armen und Kleinen und ihre Erinnerungen an das Versagen der Kirche. Und wie sollten wir schließlich mit dem Ansehen einer reichen Kirche überhaupt glaubwürdig und wirksam jenen Widerstand vertreten können, den die Botschaft Jesu unserer Wohlstandsgesellschaft entgegensetzt?





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