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Es fängt bei der Sprache an

Im Rahmen der Beschäftigung mit der Gewaltlosigkeit wurde mir rasch klar, daß eines der Elemente, die viele Vertreter der politischen Gewaltlosigkeit so unsympathisch macht (zumindest habe ich das Gefühl daß sie es sind), ihre alles andere als gewaltlose Sprache ist.

(Ich weiß, ich habe das schon mehrfach angesprochen über die Jahre hinweg)

Gewaltlosigkeit zu fordern ist so sinnhaftig wie Spontaneität zu fordern. Forderungen jeglicher Art beinhalten schon eine der Ausdrucksform inhärente Gewalt.

Gewaltlosigkeit kann man nur anbieten.

Dabei stieß ich schon vor Jahren auf GfK oder NVC, Gewaltfreie Kommunikation oder Non-Violent Communication, wobei dieses Adjektiv “gewaltfrei” genau wie bei “Gewaltfreiheit” generell ja eine blöde Beschreibung ist. Man beschreibt eine Katze ja auch nicht als Nicht-Vogel oder Nicht-Elefant. Doch leider hat es sich durchgesetzt, die Gewaltfreiheit eben negativ zu betiteln, also als das, was sie nicht ist anstelle als das, was sie ist. Deswegen wird sie auch leider häufig als Passivität mißverstanden (Gewalt ist ja ein sehr aktiver Prozess). Derzeit üben iubita mea und ich ein wenig die Grundlagen der GfK.

GfK stammt von Marshall B. Rosenberg, und behauptet, daß es eigentlich nur zwei wirkliche Äußerungen des Menschen in einer Beziehungsrede gibt: Danke! und das bittende Bitte!. Alles andere seien Abwandlungen dieser Äußerung, auch eine schlimme Beleidigung sei eigentlich “a tragic suicidal expression of ‘please!’”. Konflikte in Beziehungen - zwischenmenschlich wie zwischensstaatlich - treten auf, wenn Bedürfnisse nicht erfüllt werden. Diese eigenen(!) Bedürfnisse müsse man sich klar machen, von Urteilen, positiven wie negativen, des Gegenübers komplett absehen - und diese Bedürfnisse formulieren. Rosenberg geht davon aus, daß erst dann die Chancen steigen, seine Bedürfnisse, die ihre Berechtigung hätten, überhaupt erfüllt zu bekommen.

D.h. es gilt der Satz des mittelalterlichen Sufi-Mystikers Rumi:

Jenseits von Richtig und Falsch gibt es ein Feld - dort treffen wir uns.

Dabei ist das größte Hindernis meiner Überzeugung nach - das eigene Selbst. Mit sich selbst gewaltfrei zu kommunizieren, sich selbst nicht zu verurteilen, ist der erste und wichtigste Schritt.

Natürlich gibt es bei GfK Spannungen zu einer sehr objektivierbaren Form des christlichen Offenbarungsverständnisses (Rosenberg ist auch kein Christ, eher agnostischer Jude), doch empfinde ich sie als sehr franziskanisch. Franziskus empfand sich ja selbst als so sündenhaft und erlösungsbedürftig, daß er über niemanden den Stab brach. Auch nicht über die, die bei diversen Tatbeständen Volltreffer im kirchlichen Sündenregister gelandet hatten.

Ich kann es nur empfehlen, sich mit der GfK auseinanderzusetzen. Wer (gerne auch in Etappen) drei Stunden Zeit hat, lernt hier die Essentials:





2 Kommentare zu “ Es fängt bei der Sprache an”

  1. Norbert Sczepanski meint:


    Die Webseite von Norbert Sczepanski

    hallo,
    ja, ja - ich stimme ihnen SEHR zu:
    es fängt bei der sprache an

    und danke für den so schönen satz
    des mystikers rumi :-)

    diesen satz habe ich mir erst mal
    gespeichert UND
    ihren blog auch :-)
    herzlichen gruss
    norbert sczepanski

  2. Ralf meint:


    Die Webseite von Ralf

    Hallo Herr Kollege,

    danke für die positive Rückmeldung.

    Das Rumi-Zitat habe ich übrigens auf der Homepage einer systemisch arbeitenden Beraterin gefunden :-) (für Coach gibt es ja keine weibl. Form).


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