Archiv für February, 2005



Lesen!

Veröffentlicht am Monday, 28. February 2005, 17:59

Es ist immer wieder erstaunlich, daß manche öffentliche Stimmen das Wort von der abendländischen Kultur im Mund führen und sogar das jüdisch-christliche Erbe betonen. Dies geschieht zumeist nur zur Abgrenzung gegenüber anderen, besonders islamischen, Einflüssen. Christus und den Glauben an Ihn haben sie dabei selten im Blick (was man daran erkennt, wenn mal Themen wie Lebensrecht für alle oder auch die Kritik am Neoliberalismus angeschnitten werden). Es geht um ein rein kulturell-zivilisatorisches Konstrukt: das Kind verleugnet seine Eltern.

In diesem hervorragenden Interview legt Rémi Brague dar, wie wenig diese, wie er sie nennt, “Christianisten” mit Christus zu tun haben. Sie glauben an das Christentum, nicht an Christus. Auszüge daraus:

Das Christentum hat nichts Westliches. Es ist aus dem Osten gekommen. Unsere Vorfahren sind Christen geworden.
Sie haben eine Religion angenommen, die ihnen zu Anfang fremd war. Die Wurzeln? Was für ein merkwürdiges Bild… Warum sollte man sich mit einer Pflanze vergleichen wollen? Wenn wir auf französisch „se planter“ sagen meinen wir: sich irren, einen Fehler machen… Wenn wir also schon unbedingt Wurzeln brauchen, sagen wir es doch mit den Worten Platons: wir sind in umgekehrter Richtung gepflanzte Bäume, unsere Wurzeln sind nicht auf der Erde, sondern im Himmel. Wir sind in dem verwurzelt, was, wie der Himmel, nicht erfaßt, nicht in Besitz genommen werden kann. Auf einer Wolke kann man keine Fahnen hissen. Und wir sind auch bewegliche Tiere. Das Christentum ist nicht auf die Europäer beschränkt. Es ist missionarisch. Glaubt, daß jeder Mensch das Recht hat, die christliche Botschaft zu kennen, daß es jeder Mensch verdient, Christ zu werden. […]

Die Zivilisation des christlichen Europa wurde von Menschen erbaut, die keineswegs den Zweck verfolgten, eine „christliche Zivilisation“ zu erbauen. Wir verdanken sie Menschen, die an Christus glaubten, nicht Menschen, die an das Christentum glaubten. […]

Christus ist nicht gekommen, um eine Zivilisation zu erbauen, sondern, um die Menschen aller Zivilisationen zu retten. Das, was man „christliche Zivilisation“ nennt, ist nichts anderes als die Gesamtheit der „Nebenwirkungen“, die der Glaube an Christus auf die Zivilisationen hatte, die seinen Weg gekreuzt haben. Wenn man an Seine Auferstehung glaubt, und an die Auferstehung eines jeden Menschen in Ihm, sieht man alles in einem anderen Licht und handelt auch demzufolge, und zwar in jedem Bereich. […]

Ich frage mich auch, ob es immer richtig ist, von Christentum zu sprechen. Der Suffix könnte, zu unrecht, als eine Theorie bezeichnend verstanden werden, gleichbedeutend mit den „ismen“ wie bei: Liberalismus, Marxismus, usw. Augustinus hat einmal gesagt: das, was es bei den Christen Christliches gibt, ist Christus. Christ sein bedeutet in Kontakt stehen mit einer Person. Und eine Person kann man ja nicht zu einem Werkzeug machen. […]


Vorletzter Akt

Veröffentlicht am Monday, 28. February 2005, 15:42

Wenn es sowohl in der WELT als auch in der taz steht, dann wird es wohl stimmen: “die Anglikaner” wird es wohl bald nicht mehr geben, die Spaltung wird für den Moment eher aufgeschoben als aufgehoben. Der Umstand, daß die liberale Ausrichtung (kurz: der Westen) auch gar nicht mehr theologisch, sondern mit den Menschenrechten argumentiert (siehe Artikel der WELT), ist kein Hoffnungsschimmer für eine geschwisterliche Einigung.

Man kann hier sehen, wie es bei kulturübergreifenden christlichen Gemeinschaften enden wird, wenn das einheitsstiftende Fundament - in personam Petri - fehlt. Niemand möge sich der Illusion hingeben, daß es in der Kirche Jesu Christi anders wäre.


Noch’n Fest

Veröffentlicht am Thursday, 24. February 2005, 22:35

Schon wieder ist ein Apostel heute dran, diesmal der Matthias. Man wird ihn in den Evangelien unter der Original-Zwölferschar vergeblich suchen, er wurde nämlich, wie die Apostelgeschichte berichtet, für den unrühmlichen Judas Iskariot dazu gelost (und die Jünger sahen in so etwas wie einem schnöden Losglück den Willen Gottes, das nur mal nebenbei…).
Und warum ist der Matthes für uns interessant: immerhin ist sein Grab das einzige eines Apostels nördlich der Alpen, liegt in der Benediktinerabtei, die seinen Namen trägt, in Trier. War neulich mal dort, wenn man nicht weiß, daß das Beil ein Zeichen für diesen Heiligen ist, würde man achtlos dran vorbeigehen. Kein Name steht da, nichts, im Kirchenschiff vor dem Chorgestühl.
Ach ja, ein weiterer Heiliger ist in der Krypta der gleichen Abtei recht schmucklos in einem verstaubten Steinsarkophag beherbergt: Eucharius, der erste Bischof von Trier.
So, die beiden findet man also hier.


Dermatologisch getestet

Veröffentlicht am Tuesday, 22. February 2005, 21:21

Wahrscheinlich haben es nicht viele Priester in ihrer Werktagsmesse (falls überhaupt gefeiert) erwähnt, und vielen Katholen geht es wahrscheinlich sonst wo vorbei (leider!) oder verursacht gar Ekel-Pickel, aber heute war und ist das Fest “Kathedra Petri”. Was das heißt wird kurz und knapp hier und gewohnt exzellent, ausführlich und auf Englisch dort erläutert.
Gerade für die Katholiken ist das Petrusamt sine qua non. Ohne Petrus keine katholische Kirche. Mir wird es zunehmend wichtiger, nicht weil der Alte Herr in Rom bestimmt früher oder später einen Nachfolger findet und ich doch so ein JPII-Kind bin (ich war ja erst 3, als er gewählt wurde…). Nein, die Tatsache, einen menschlichen Hirten hier und heute der gesamten Kirche zu haben, war für mich anfänglich immer eine extreme Hybris und Anmaßung, doch es zeigt sich mir mehr und mehr die Bedeutung (ich kann es noch nicht erklären, bin noch nicht so weit). Im übrigens meine ich damit nicht die praktische Seite, wie Garant der Einheit etc., sondern es hat eine zutiefst anthropologische Dimension, die Aussagen über das Petrusamt sagen viel über Gottes Meinung über den Menschen aus. Darauf kommt es letztendlich an.


Langer Weg

Veröffentlicht am Sunday, 20. February 2005, 16:36

Dies Domini.

Von Zeit zu Zeit kommt irgendein Besucher hier vorbei, der diese Seite durch einen Verweis in der Ehemaligen-Liste meiner alten Schule gefunden hat. Vielleicht war auch ein ehemaliger Mitschüler dabei. Er oder sie wird
sehr überrascht gewesen sein ob der hier dargebotenen Themen, da ich damals noch so interessiert an dem christlichen Glauben war wie an dem berühmten Sack Reis in China.

Da es in meinem Fall alles andere als ein “Damaskus-Erlebnis” wie bei Paulus gab, sondern das ganze auch ein intellektueller Kampf war, jeden Tag neu ausgefochten, und da gerade deswegen der katholische Glaube für mich der in sich kohärenteste ist, möchte ich in einer neuen link-Rubrik anspruchsvolle christliche und auch dezidiert katholische online-Magazine vorstellen. Es können rein theologische sein, allgemein gehaltene, deutsch- oder englischsprachige. Ausschließen will ich bewußt die, die mit einer “die bösen anderen”-Attitüde publiziert werden. Dadurch findet sich hier einiges nicht wieder, was man in “progressiven” oder “konservativen” Kreisen zur Hauptlektüre zählt. Es soll ein Liste von Magazinen werden, die ein gutes Layout haben, ansprechend gestaltet, die zwar eine Meinung haben, aber nicht vor allem gegen, sondern für etwas sind. Ich bitte alle um Tips und Hinweise!


Lästig?

Veröffentlicht am Thursday, 17. February 2005, 12:56

88jährige Patientin, herzkrank, lebt allein, die Kinder weit weg, sehr melancholisch, schon immer gewesen. Äußert den Wunsch doch sterben zu können, sie falle doch sowieso anderen zur Last (den Ärzten, Schwestern und nicht zuletzt den Kindern).

In Holland oder Belgien wäre sie näher am Tod.


Ökonomisch?

Veröffentlicht am Saturday, 12. February 2005, 00:04

Wie gestern in den Nachrichten von Radio Vatikan zu lesen war, verbietet UN-Generalsekretär Kofi Annan seinen Blauhelmen im Kongo Sex mit Einheimischen, da es wiederholt zu Vergewaltigungen, Kindesmißbrauch und anderen Übergriffen gekommen sei.

Ob Herr Annan auch in Bosnien den blühendsten Wirtschaftszweig von allen auslöschen will? Ach nein, es ginge ja nur um Einheimische! Na gut, dann können die versklavten Weißrussinen, Ukrainerinnen, Rumäninnen etc. ja weiter ausgebeutet, mißbraucht, geschlagen, vergewaltigt etc. werden.

Unsere Friedenstruppen.

Schön, daß sie sich so um das Bruttosozialprodukt ihrer Einsatzländer mühen.

Wie friedlich.

(Oder hat blauhelmig was mit blauäugig zu tun oder verpassen die Blauhelme ein solches den Frauen, wenn die nicht wollen wie die Friedensbringer oder…)


Langer Schatten

Veröffentlicht am Tuesday, 08. February 2005, 22:14

Heute vor 800 Jahren sitzt ein junger Mann, so in meinem Alter, vielleicht ein paar Jahre jünger, nach jahrelangem inneren Ringen in einer Höhle außerhalb des Städtchens, das er liebte, in dem er aufgewachsen war und in dem seine Familie nach ihm fahndet.

Keiner versteht ihn.
Sie halten ihn alle für komplett durchgeknallt.
“Er schmeißt sein Leben weg!”

Er versteckt sich.

Angst hat er wohl nicht so viel, glaubt gar, von Gott selbst zu diesem Leben bestimmt worden zu sein (wie arrogant, wie fundamentalistisch!).

Geht er in seine Heimatstadt um zu betteln, er, der doch selbst aus reichem Hause stammt, so wird er von seinem ehemaligen “Freunden” verlacht und verspottet; Kinder werfen Steine und verjagen ihn.

“Warum tut er sich das an?”

Heute, 800 Jahre später, ist er ein Vorbild für Millionen.


An die Grenzen gelangt

Veröffentlicht am Friday, 04. February 2005, 20:56

Mal wieder “Dienst” gehabt, sprich diesmal von Donnerstag morgen bis Freitag morgen durchgehend. Nicht eine einzige Minute geschlafen, 26h durchgearbeitet. Grenzen erreicht.


Ganz gut - aber nichts Neues

Veröffentlicht am Wednesday, 02. February 2005, 22:29

Über den Autor hatte ich schon mal ein wenig geschrieben. Dieses Buch ist sicherlich ein guter Einstieg, wenn man einen Einstieg in die christliche Selbstreflexion sucht - die Basis einer jeden Mystik, da Gott uns näher ist als wir selbst.
Es gibt auch ein paar Gedanken, die nur zu unterstützen sind und die man woanders nicht findet - wie bspw. den Hinweis, daß das ständig geforderte “auch bei der Arbeit beten”, “betend arbeiten” etc. zumeist Humbug ist - lieber gut arbeiten und sich nicht vormachen, man würde dabei ständig an Gott denken.
Im großen und ganzen schöpft der Autor aber aus bekannten Quellen, und bei den Wüstenvätern oder Meister Eckhart findet man nicht weniges pointierter und prägnanter. Aber dies ist ein Buch des 20. Jahrhunderts, insofern bestimmt für viele lesbarer als etwas aus dem 13. Jh. oder noch älter.