Ausgangspunkte verschieden

Gestern hatte ich ein längeres Gespräch mit einer gut befreundeten Italienerin. Sie hatte zwar Wert darauf gelegt, daß ihr Sohn - der dt. Kindsvater, ebenfalls ein guter Freund und gerne Protestant - katholisch getauft wurde (sie hält das Gefühl der Gemeinschaft in der kath. Kirche für weitaus ausgeprägter als in den prot. Landeskirchen), aber es gibt auch sehr vieles, was sie am Katholizismus stört.
Ich konnte zwar einiges aufklären, aber der Begriff des Katholizismus lohnt es, mal genauer beleuchtet zu werden.
Ihre Wahrnehmung von “dem, was katholisch ist” und somit zu ihrem Bild des Katholizismus wurde, war ihre Kindheit und Jugend in der Nähe von Bologna. Mein Bild ist grundverschieden - nicht weil der gelebte Glauben in meinem Umfeld so arg verschieden war, sondern weil dies zu dem Zeitpunkt, als ich mich mit dem Glauben zu beschäftigen begann, nahezu egal war. Mir ging es um die Frage: was lehrt diese Kirche, die sich römisch-katholisch nennt und zu der Du angeblich schon seit der Osternacht des Jahres 1976 gehörst.
Also was lehrt die Kirche, nicht was lehrt der Ortspfarrer, der Diakon, die Eltern oder die Relilehrer in Grund- und weiterführender Schule. Und nicht was machen die Menschen daraus, dazu war ich mir meiner eigenen Fehlerhaftigkeit schon viel zu bewußt. Natürlich ist es schöner, kongruente Vorbilder zu haben, die den Glauben der Kirche überzeugt haben und leben. Aber bis heute kenne ich davon nicht so wirklich viele. Wird es dadurch unwahrer?

Diese unterschiedlichen Ausgangspunkte sind meines Erachtens nach einer der Gründe, warum Konvertierte und Bekehrte des Erwachsenenalters bei den “Immerschon”-Katholiken auf so wenig Verständnis stoßen. Die einen sahen den eigenen Kirchturm als Basis zur Entscheidung (machen wir uns nichts vor, außer Ortspfarrer und dem weit weg entfernten Papst gibt es für sehr viele keine anderen Kirchenleute), die ersteren gingen mehr zu der originären Lehre.

Es kommt vor, daß sich Menschen von der Kirche abkehren, die jahrelang dabei waren, wenn sie mal erfahren, was die Kirche wirklich lehrt und vor allem warum. Es kommt ebenso vor, daß Menschen die voller Begeisterung die Lehre der Kirche aufnehmen, angesichts der ganz anderen Welt in der eigenen Gemeinde genauso die Tür von außen zumachen.

Es wäre schön, wenn beide sich träfen, beide voneinander lernen. Wenn die einen sich schlau machen bezüglich der Fundamente des Glaubens, den eigenen Charakteristika, und die anderen verstehen, daß es bis zu einem gewissen Grad (der individuelle Grenzen hat) sein darf, wenn statt feste Speise noch Milch auf dem Plan steht.

(Und wenn man sich zugesteht, selbst noch viel zu oft Milch zu bevorzugen…)





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