Verständnisfrage

Letztens ging es beim Mittagessen mit Kollegen um das Thema Abtreibung (ich weiß, “da macht der mal wieder ein Faß auf!”). Mich überraschte die Unkenntnis der anderen Ärzte ein wenig, daß man in Deutschland vollkommen straffrei bis zum Einsetzen der Wehen das Kind töten (lassen) darf.

Abtreibung und Strafe sind ja sowieso zwei Reizwörter. Aber es geht hier wie so oft um nicht geringe sprachliche Unterschiede. Von den Befürwortern der Straflosigkeit (also faktisch “gefühlte” Legalisierung) wird zu Recht gesagt, man müsse für die Entscheidung der Frauen in den allermeisten Fällen Verständnis aufbringen. Gut, das Adoptionsfreigabe vielen nicht einmal als ernsthafte Option vorschwebt, ist eine andere Sache (die ich tatsächlich nicht verstehe), aber grundsätzlich gilt das: zu Recht Verständnis haben.

Nun, ich habe aber auch, ehrlich und ungelogen, Verständnis dafür, wenn eine Ehefrau, die über mehrere Jahrzehnte von ihrem Mann geschlagen, mißhandelt, vergewaltigt und wasweißichnochwie gedemütigt wird, ihm irgendwann eine Kugel durch den Kopf jagt, um dieser erlebten Hölle zu entrinnen.

Verständnis ja. Doch heißt das, daß man das als Gesellschaft und als einzelner durchgehen lassen sollte? Bei weitem nicht alles, was ich verstehe und somit Empathie aufbringen kann, finde ich gut, nicht alles sollte unbestraft bleiben.

Geschweige denn staatlich finanziert.

Wenn also mal wieder von “Verständnis für die Frauen” die Rede sein sollte im öffentlichen Diskurs, so muß sich kein Verteidiger der Rechte Ungeborener dieses Verständnis absprechen lassen.





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