Veröffentlicht am Wednesday, 15. July 2015, 21:26
Der heute in der Kirche gelesenene Abschnitt des Evangeliums lautet (Mt 11,25-27):
In jener Zeit sprach Jesus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast.
Ja, Vater, so hat es dir gefallen.
Mir ist von meinem Vater alles übergeben worden; niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will.
Gleichzeitig feiert die Kirche eine Heiligen, einen meiner Lieblingstheologen, den für mich größten des Hochmittelalters (bin eben kein Thomist), ein unvergleichlicher Franziskaner, der in aller Demut und Bescheidenheit zu großer Weisheit und Klugheit kam:
der Hl. Bonaventura von Bagnoregio (Taufname Giovanni di Fidanza).
Seine Schriften sind für mich immer wieder aufregend und anregend. Ich bin sowieso ein Fan der Scholastik - alle Argumente, insbesondere auch die des Gegenübers werden geachtet und gewichtet (machen wir das heute noch?), es wird streng mit der Vernunft argumentiert und gleichzeitig die Offenbarung Gottes in ihrer Gänze, insbesondere auch die Hl. Schrift, durchschritten und durchlebt. Seine Grundlagen, die Hl. Schrift und die Kirchenväter (letztere hielt er für weitaus bedeutender als die antiken Philosophen, die er deswegen nicht als Autorität ansah, anders als Thomas von Aquin), machen ihn bis heute zu einem enorm fruchtbringenen Vermittler zwischen der lateinischen und der ostkirchlichen Theologie.
Als Generalminister, also als “Chef auf Zeit” des jungen und “wilden” Ordens der Minderen Brüder (Franziskaner) besuchte er so gut er konnte, natürlich zu Fuß, alle Häuser der Gemeinschaft und versuchte zwischen den streitenden Auffassungen zu vermitteln. Die persönliche Armut war ihm selbstverständlich - angebliche “Notwendigkeiten des Amtes” waren ihm fremd.
Ebenso als Generalminister hatte er mehrfach das Bischofsamt abgelehnt. Als er das dann schließlich doch aus Gehorsam zum Papst annahm, war er gerade dabei, nach dem Essen abzuspülen - und kündigte seinen Brüdern an, daß das, was auf ihn zukäme, nur Sorgen und Last wäre, das Spülen dagegen eine Quelle des Segens sei.
In Wissen und Weisheit liegt die große Versuchung, sich über andere zu erheben - das beginnt mit der Erhebung über das frühere Selbst vor diesem Wissen (die Weisheit ist dann natürlich futsch, wenn man das macht).
Der Kirchenlehrer Hl. Bonaventura kann uns lehren, wie man beides vereinen kann: das kindliche Gemüt und die theologische Finesse, die Treue im Kleinen und das Suchen im Großen. Mystik und Nüchternheit. Die Erniedrigung des Selbst und die Ehre Gottes.
Hl. Bonaventura, Doctor Seraphicus, bitte für uns.