Veröffentlicht am Monday, 05. November 2007, 23:47
Unter anderem war ich während des einwöchigen Besuches in Rumänien auch für wenige Tage (zwei) in Hermannstadt/Sibiu. Diese Stadt in Siebenbürgen (übrigens deckungsgleich mit Transylvanien) ist dieses Jahr europäische Kulturhauptstadt und hat - auch wenn dies die erste ist, die ich besuche - diesen Titel auch verdient und sich richtig schick gemacht. Sehr schön, wirklich.
Beeindruckend auch die kirchliche Vielfalt. Neben der wunderschönen orthodoxen Metropolie Transylvaniens (also der Kirche des orthodoxen Erzbistums) finden sich in unmittelbarer Nähe eine große Römisch-Katholische Kirche, eine Lutherische (beide direkt am Großen Platz, dem Piaţa Mare), eine Calvinistische und eine Griechisch-Katholische (die beiden letzteren habe ich aber nicht mehr besuchen können).
Wenn ich an Zufall glauben würde, wäre es ein solcher, daß ich ausgerechnet am Reformationstag in die große Lutherische Kirche ging (hatte bei meinem protestantischen Nichtwissen keine Ahnung von diesem Datum) und mit iubita mea, die rumänisch-orthodox ist, am deutschsprachigen Mittagsgebet teilnahm - als einzige Besucher. Der junge Pfarrer sprach noch einige Zeit mit uns, erzählte von der großen Ökumenischen Versammlung im September diesen Jahres, die u.a. eine größere Annäherung der verschiedenen Kirchen vor Ort brachte, erstmals fährt nächstes Jahr eine Gruppe Jugendlicher von Orthodoxen, Katholiken und Protestanten gemeinsam nach Taizé (Taizé ist bisher nicht so bekannt in Rumänien - aber während der Ökum. Versammlung haben zwei Taizé-Brüder die Gebete in der Lutherischen Kirche mitgestaltet).
Natürlich war es auch interessant zu sehen, wie der luth. Pfarrer während des eigentlichen Gebetes am Hochaltar stand, mit dem Rücken zu uns. Der Volksaltar dient da nur zur Wortverkündung, was den Pfarrer zur Aussage reizte, sie seien liturgisch gesehen katholischer als die Katholiken …
Die Predigt ging ntürlich an diesem Tag über “sola gratia”, aber das ist auch okay so. Ist ja ihr Feiertag. Für mich war es schön, daß man über kirchliche Grenzen hinweg miteinander beten kann.
Ansonsten sah ich jede Menge orthodoxer Kirchen. Für mich interessant zu sehen, daß auch Bischofskirchen selten die Ausmaße römisch-katholischer Kirchen annehmen, interessant auch die Fremdheit des Kirchenaufbaues bei doch Vertrautheit der Bilder. Allein das Fehlen eines weithin sichtbaren Tabernakels (den gibt es wohl hinter der Ikonostase) ließ mich zögern niederzuknien.
In der Orthodoxie scheint vieles noch althergebracht zu sein, und zwar im positiven Sinn (auch wenn manche dies negativ sehen). Daß ein Priester auch im Alltag stets als solcher zu erkennen ist, halte ich bspw. für eine erfreuliche Konstanz. Orthodoxe Priester haben daher den Vorteil, daß sie sich nie Gedanken über Klamotten machen müssen (und außerdem aufs Rasieren und Haareschneiden zumeist verzichten).
Natürlich gibt es auch da einiges, was mir vollkommen unverständlich bleibt, aber das ist ja immer so.
Auf Video habe ich von Freunden eine orthodoxe Hochzeit sehen können, auch hier etwas Fremdes und Bekanntes zugleich. Sehr symbolhafter Ritus, sehr feierlich, sehr ausführlich sozusagen. Kurz gesagt wird bei den liturgischen Feiern der Orthodoxie wohl nie auf die Uhr geschaut. Als pastoral gilt, was den Menschen der Heiligkeit Gottes näherbringt. Und das geht eben nicht mal schnell so.