Veröffentlicht am Tuesday, 21. May 2013, 22:27
Aufhänger der im folgenden beschrieben Diskussion war folgendes: der Aachener Friedenspreis wird dieses Jahr unter anderem an drei Schulen verliehen, die sich dafür ausgesprochen haben, daß die Bundeswehr keine Möglichkeit haben soll, im Rahmen der eigenen Schule für sich zu werben.
U.a. auf Barbaras Blog, aber nicht nur dort, sondern auch auf facebook und in anderen Medien, wurde auch von katholischer Seite gegen diese Entscheidung protestiert, Barbara schrieb einen Brief an den Ortsbischof Heinrich und an den Militärbischof Franz-Josef.
Ich hatte damals im Kommentarbereich des Beitrages über den Brief an Bischof Heinrich folgendes geschrieben:
Als erstes:
Ich halte die Preisverleihung für vollkommen richtig, gerade weil ich Christ bin. In der Nachfolge Jesu darf Gewalt keinen Platz haben.
und danach aufgrund von Gegenmeinungen:
Barbara hat sich in dem Brief als Katholikin geoutet, somit als Nachfolgerin Jesu. Wieso es für eine Nachfolgerin des gewaltlosen Königs der Könige nicht zu verstehen ist, dass manche einer auf Gewalt basierenden Organisation keine Plattform bieten wollen, ist mir schleierhaft.
Die Bundeswehr ist weder das THW noch das DRK, sie besteht vielmehr aus Soldaten, deren Grundausbildung eben effektives Töten nahebringt - das ist der Sinn einer Armee.
Natürlich darf man andere beschützen, das Tötungsverbot gilt aber immer.
Ein Beitrag auf Barbaras Blog ist wahrscheinlich Resultat dieser meiner Kommentare, dazu gibt es im Kommentarbereich selbet noch vesrchiedenen gegenmeinungen, u.a. den Hinweis, daß bei den Zehn Geboten vom Mord und nicht vom Töten die Rede ist.
Ich möchte jetzt im einzelnen auf diese Meinungen eingehen, dabei ist die Reihenfolge nicht priorisiert, sondern wie sie mir in den Kopf kommt.
1. es ist durchaus umstritten, wie das Tötungsverbot der Zehn Gebote ( 2 Mos 20,13 und 5 Mos 5,17) richtig zu übersetzen ist. Die Vulgata schreibt “non occides”, was “töten, niederschlagen” bedeutet, Luther übersetzt mit “töten”, die Elberfelder ebenfalls, die Einheitsübersetzung dagegen mit “morden”. Bei den internationalen Übersetzungen (ich überblicke Spanisch, Englisch, Französisch und Rumänisch) gibt es durchaus wechselhafte Übersetzungen selbst innerhalb der gleichen Sprache (also wie bei uns). Von eindeutig “du sollst nicht morden!” kann also keine Rede sein.
2. Barbara bezeichnet sich selbst als nicht in der Nachfolge Jesu stehend, weil sie die Evangelischen Räte nicht befolge. Nun, das eine hat mit dem anderen nur bedingt etwas zu tun. Jeder getaufte und gefirmte Christ steht in der Nachfolge Jesu, für einen gläubigen Christen gilt dies umso mehr. Natürlich gibt es die besondere Art der Nachfolge eben in Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam, so wie es neben dem allgemeinen noch das besondere Priestertum gibt, aber die Nachfolge an und für sich gilt für alle, unabhängig vom Lebensstand. Davon kann sich keiner und keine freisprechen. Uns allen soll es zuerst um das Reich Gottes gehen - das bedeutet nichts anderes als in Seiner Nachfolge zu stehen und dafür zu leben, daß diesem Reich der Boden bereitet wird.
Sollte der erwähnte Beitrag aufgrund meiner Kommentare geschrieben worden sein, so werden mir in diesem “moralisierende Vorwürfe” sowie eine “Überhöhung” über andere Christen unterstellt, zudem solle ich mir doch anschauen, wie Jesus mit den Soldaten umgegangen sei.
Inwiefern ich jemandem Vorwürfe gemacht habe, ist mir nicht bekannt. Ich denke zwar in der Tat, daß der Soldatenberuf mit der Nachfolge Jesu schlecht bis gar nicht vereinbar ist, aber das bedeutet nicht, daß ich jemandem Vorwürfe mache, wenn er es anders sieht. Würde ich Vorwürfe machen, wäre meine Rede schon nicht mehr gewaltfrei (was sowieso am schwierigsten ist). Ich überhöhe mich über niemanden, habe allerdings meine Überzeugung.
Jesus war gewaltlos - und gerade das hat zur Gewalt geführt, da dieser Botschaft immer widersprochen wird. Und wenn ich mich Christ nenne, also zu Christus gehörend, dann kann ich nicht - das ist meine feste Überzeugung - redlicherweise andere Grundprinzipien als der vertreten, mit dessen Namen ich mich schmücke.
Jesus ging mit den Soldaten so wie mit allen Leuten um: fair und gerecht. Nur weil Er jemandem keine Vorwürfe machte, heißt das noch lange nicht, daß Er damit einverstanden war. Auch dem Zöllner gegenüber, der letztlich sein ergaunertes Vermögen zurückgeben wollte, hat Er sich zuvor offen, freundlich und fair gegenüber gezeigt.
Dabei geht es prinzipiell in dieser Frage gar nicht um Erfolg oder Mißerfolg, dabei geht es nicht um Völkerrecht, nicht um die Frage, ob die USA jemals von der afghanischen Regierung oder Armee angeriffen worden sind (ich kann mich zwar nicht daran erinnern, aber was soll’s), nicht um die Frage, was eine demokratische Institution ist und was nicht, sondern einzig und allein um die Frage: was kann ich mit dem Namen “Christ” vereinbaren, was ist dieser Name mir wert? Was steht höher: ein Staatsgebilde und ihre Institutionen oder mein Glaube an den Dreifaltigen Gott, der sich in Vollkommenheit im gewaltlosen Jesus offenbart hat? Es ist letztlich eine Frage der Priorität.
Ich hatte schon vor kurzem angedeutet, daß wir viel zu tief im utilitaristischen Denken verhaftet sind: was bringt das, was nutzt das, was hilft etc. Uns soll es um das Reich Gottes gehen, und da werde ich wohl Zustimmung ernten (hoffe ich), das hat wohl mit Utilitarismus eher wenig zu tun.
Mit dieser Meinung mache ich mir sicher nicht nur Freunde, auch innerkirchlich nicht (und zwar nicht nur im Netz). Zwar ist sie seit Jahrhunderten kirchlich abgesegnet (schon Papst Nikolaus IV., der die erste Regel für den weltlichen Franziskanerorden approbierte, untersagte dort das Waffentragen für die weltlichen Ordensleute, was das Ende einiger italienischer Stadtkriege bedeutete), aber leider hat sie sich nocht nicht durchsetzen können. Aber so ist Gewaltlosigkeit nun einmal: ein Angebot, sie drängt sich nicht auf. Sie will überzeugen mit Argumenten und dem Leben, nicht mit Privilegien und Macht. Bei Jesus endete sie am Kreuz, am Ort unseres Heiles. Sie hat auch schon andere Verfechter zu ihrem ganz persönlichen Kreuz geführt, mich noch nicht. Ich hoffe ehrlicherweise auch, daß dieser Kelch an mir vorüber gehen wird.