Minderheitenprogramm

Saturday, 27. August 2005

Wahrscheinlich ist es nicht nur mir aufgefallen: die televisionäre Berichterstattung des WJT hatte nicht selten Reporter, die anscheinend mit Wissen über den kath. Glauben nicht gerade gesegnet waren. Auch eine diesbezügliche Vorbereitung (war das nicht journalistisches Grundhandwerk?) ließ sich des �fteren vermissen.

Nun gut, in Deutschland sind ja auch nur rund 27 Millionen der ebenfalls rund 82 Millionen Einwohner Katholiken. Dazu kommen dann noch ca. 27 Millionen Protestanten, d.h. insgesamt ist die Darstellung des “exotisch Christlichen” (nicht nur Katholischen) ein Minderheitenprogramm. Es wäre zu wünschen, daß sich der Allgemeinmensch hierzulande über den christlichen Glauben und die katholische Variante ein Grundstock an Wissen aneignet. Aber das bleibt wohl frommes Wunschdenken - allerdings ist der Gott, an den die meisten nicht glauben, auch nicht Der, an den ich als Katholik glaube…

Ich wurde aber neulich auch erst von Katholiken gefragt, was denn die “Aussetzung des Allerheiligsten” bedeuten könnte, seit wann es den Glauben an die Wiederkehr Christi gebe etc.
Also ist erst ein Kehren im eigenen Haus angesagt - die Katechese liegt eben am Boden und keiner hebt sie auf, und auf ein Bücher-Selbststudium hat auch nicht jeder Lust. Und doch werden meistens Bücher empfohlen, anstelle daß man sich selbst oder andere Menschen empfiehlt…


Ausblick

Thursday, 25. August 2005

Ich hoffe ebenso wie der Papst, daß dieser WJT in Köln und Umgebung einen bleibenden Eindruck auf die Kirche in Deutschland und auf alle Deutschen hinterlassen wird. Aber ich bin trotz der Hoffnung skeptisch: einerseits wegen des starken Verbandskatholizismus, der, natürlich aus dieser Gesellschaft stammend, häufig mehr auf Besitzstandswahrung und Sozialprestige als auf Jesus schaut und andererseits wegen der medialen Präsentation des WJT. Gut, es gab auch wohlwollende Kommentare, besonders in den Lokalsendern, doch der zwanghafte Versuch, Negatives und Konträres zu finden (lieber zehn Rummaulende als 500.000 Feiernde) stellte das ganze ein wenig schief dar.
Es schien nicht zu sein, was nicht sein darf. Es schien nicht m�glich zu sein, daß die Erfahrung der Liebe Gottes für Jugendliche wichtiger ist als die Frage Gummi ja/nein. Es schien nicht möglich zu sein, daß Jugendliche manche Morallehren sogar verstehen, weil sie eben erst den Glauben haben, dann die Moral (siehe vorherigen Beitrag). Es schien nicht m�glich zu sein, daß das Gefühl der weltumspannenden Familie, des Miteinander in Frieden und Freude wichtiger ist als die Frage nach “wie viel Papstverehrung darf es sein”.

Die ZEIT sticht hier mal wieder positiv hervor und zeigt das ganze Dilemma: wenn man als gläubiger Katholik bloß die Fragen beantwortet, die man in einem Interview gestellt bekommt (und das sind hierzulande die nach Sex und Priesterinnen und Zölibat und Sex und Priesterinnen und Zölibat und Sex und Sex und …), landet man in nullkommanix in der “Fundi-Ecke”. Wirklich Fragen aus der ersten Reihe stellt da keiner (Quantenphysik versus Einmaleins sozusagen). Dabei mangelt es gerade am Einmaleins in diesem Land, Wissen tendiert gegen Null. Und der Artikel zeigt auch, daß es eben gerde nicht um Papstanbetung, um Papolatrie, geht.

Ich kennen aus meinem persönlichen Umfeld, beruflich wie privat, aber auch Beispiele, wo dieser WJT zu einem neuen Schub an katholischer Identitätsfindung führt und bei anderen das Interesse wecken läßt - besonders angesichts der “katholischen Möglichkeiten”, eben der Weite, die mehr ist als das eigene Hirn.

Also ich hoffe weiter.

Vor allem daß wir uns immer mehr an Jesus halten und andere Ihn finden mögen.


Erstaunlich

Monday, 22. August 2005

Für ein traditionell kirchenfreundliches Blatt wie den SPIEGEL (okay, schlechter Witz) ist dieser Artikel über BXVI und den WJT ja schon der Knüller an Zuneigung zur Kirche. Natürlich gibt es auch wieder die üblichen Verdächtigen bzw. Verdächtigungen, aber der Titel trifft es sehr und gehört von den Kanzeln gerufen:

Erst kommt der Glaube, dann die Moral.


Ernsthaft

Friday, 19. August 2005

Wahrscheinlich meinen die Interviewer, Harald Schmidt sei mal für ein paar Momente wieder Kabarettist gewesen. Aber ich denke, den letzten Satz hier meint er ernst. Nur zeigen muß man das ja nicht sofort. Täte mir auch ganz gut…


Werk-zeug

Friday, 19. August 2005

Wenn man mit zwei Worten in deutschen katholischen Kreisen ein wie auch immer gemeintes Raunen auslösen will, dann wären diese nicht unbedingt “Jesus Christus”, schade eigentlich, aber dafür ganz bestimmt “Opus Dei” (zu dt. Werk Gottes). Diese katholische Bewegung erfüllt angeblich so ziemlich alle Klischees, die man sich von der Kirche insgesamt und besonders dem Vatikan wünscht, um so richtig kritisieren zu können:

- Eine “Geheimorganisation” sei sie - warum hat mir noch keiner erklären können.
- Die Aussteiger würde zeigen, wie schlimm es zuginge - ich habe aber auch benediktinische Aussteiger kennengelernt, ebenso “recovering catholics”. Was bedeutet das also?
- Die Askese dort wäre extrem - verglichen mit dem, was der Hl. Franz von Assisi gelebt hat, ist das da Kindergarten. Ist Franz also “ultra-konservativ reaktionär”?
- Es sei eine “Eliteschmiede” der Kirche - auch hier fehlt der Beleg, und es gibt ja auch jede Menge franzisk. Universitäten und Studentenwohnheime. Außerdem kann man es keinem verübeln, wenn jemand hierzulande etwas in Bildung investiert.
- Die Kinder und jungen Erwachsenen, die in den OD Häusern wohnen, würden ihren Eltern entfremdet - ich kann aus persönlicher Erfahrung nur sagen: überzeugter katholischer Glaube entfernt von den meisten Eltern, egal wo man sich ihn aneignet.

Nein, ich bin nicht im OD und habe mit ihnen auch nichts zu tun. Mich wundert nur immer das Zusammentreffen von Intelligenz und bei religiösen Fragen unverhüllt vorgetragene Vorurteilsbehaftung.


Verständnisproblem

Friday, 19. August 2005

Es gibt ja in Köln auch Gegenveranstaltungen zum WJT. Veranstaltet werden diese von Menschen, die den christlichen Glauben insgesamt und den katholischen im speziellen komplett ablehnen. Soweit so gut, ist vollkommen okay.

Verstehen kann ich allerdings nicht, warum dies in einer Weise geschieht, die Gläubige sehr leicht verletzen kann und den Glauben verballhornt (gelinde gesagt). So eine Ausdrucksweise sagt doch mehr über das Niveau der Veranstalter als über den katholischen Glauben aus, ich nenne das jetzt mal “mangelhafte Sozialkompetenz”…

Ob es auch eine Gegenveranstaltung 2006 à la “Fußballfreie Zone” während der WM geben wird? Und wird man da auch Fußballfans verhöhnen?


Erster Schritt

Friday, 19. August 2005

Wenn ich einige der Wünsche und Forderungen höre, die an BXVI gerichtet werden bzgl. dessen, was er sagen solle jetzt in Köln und in Zukunft, dann drängt sich mir ein Vergleich mit meiner beruflichen Erfahrung auf.
Vielleicht liegt es daran, daß besonders die kritischen Stimmen medial “gecovert” werden, aber es ist schon interessant: der Papst soll laut mancher sagen, was gefällt.

“Ich bin der Herr, Dein Arzt”,

so beschreibt Gott u.a. seine Rolle und Wirkung. Der Arzt, der Heilung ermöglicht.

Doch wie heilen, wenn man keine Krankheitseinsicht hat? Was gehört denn vor die Therapie, wenn nicht die Diagnose? Und wenn der Herr durch die Stimme seines Leibes, der Kirche, die Diagnose stellt, wie kann Er dann heilen, wenn sich niemand angesprochen fühlt?

Ich erlebe es häufiger, daß Alkoholiker, Diabetiker, Kettenraucher etc. einfach keinen Anlaß sehen ihr Verhalten zu ändern und auch keine Einsicht in die Folgen ihrer Krankheit und/oder Sucht haben (ich spreche bewußt nicht von Schuld, darum geht es nämlich gar nicht).

Für diese Menschen kann ich nur sehr wenig bis gar nichts tun. Auf geistlicher Ebene kann auch die Kirche, kann selbst der Herr nur wenig für andere Kranke und Süchtige tun - denn Er gibt uns eine Freiheit, die Ihn ans Kreuz geführt hat und uns häufig ins Elend führt.

(Nachtrag: anscheinend sind Deutsche heiliger als Italiener und Franzosen).


Ganz nah beieinander

Wednesday, 17. August 2005

Es ist schon krass zu sehen, wie all und besonders die US-amerikanischen katholischen Quellen (Blogs, EWTN, Zeitschriften etc.) von Orten und Plätzen berichten, die ich selbst kenne wie meine Westentasche. Eine der besten Berichterstattung bietet der Blog von Young and Catholic, dessen link ich bei Petra fand.
Und genau da wird dann erzählt, wie der Erzbischof von Chicago, Cardinal Francis George, Katechesen genau in der Kirche hält, die ich ein Jahr lang als Pfarrmitglied (bis zu meinem Umzug nach Remagen) sonntäglich besucht habe und bei denen ich ein paar Jugendlichen als Katechist bei der Firmvorbereitung helfen durfte (wir hießen damals “Kachel”, das andere Wort ist auch zu kompliziert anscheinend :-) ).

Weltkirche zuhause. Geil.


Eindrücke II

Wednesday, 17. August 2005

Bin gerade aus Köln zurückgekommen. Es ist etwas ganz besonderes, auch wenn schon wissen muß was man sehen und wen man besuchen will, um nicht vollkommen verloren umherzuirren. Die Domplatte sieht man vor lauter Menschen kaum und selbst der sonst immer existente Wind dort hatte eine Pause eingelegt. Ach ja, ein paar nichtkatholische Gruppierungen sah ich auch: u..a einen Evangelikalen mit “Jesus rettet”-Schild und die wie stets sehr adrett gekleideten und seitenscheitelgezogenen Missionare der Mormonen.
Neben ein wenig Schlenderei habe ich konkret das Franziskanische Zentrum in der Ulrichgasse in Köln und die Franciscan Friars of the Renewal besucht, die direkt neben dem Dom in der St. Maria Himmelfahrt-Kirche waren.
Bei ersteren Franziskanern predigte gerade der Generalminister (dieser Worte bedeuten ursprünglich ja “oberster Diener” und so sind sie hier auch gemeint), also der oberste Franziskaner, während der Messe. Der Mann ist Spanier und es war mal wieder schön, eine spanische Messe zu hören. Übrigens gut gepredigt, besonders gegen Ende. Danach war ein wenig Händeschütteln mit dt. Franziskanern angesagt, ich kenne ja einige. Leider war ein guter Bekannter von mir, bald im Noviziat bei ihnen, ausgerechnet heute nicht da.
Bei den “Franziskanern der Erneuerung” (linkliste siehe Reformorden) hatte ich ein langes und gutes Gespräch mit einem von ihnen, dessen Inhalt hier aber jetzt nicht publik wird…

Ansonsten waren es sehr subjektive Eindrücke diversester Art: anscheinend sind fast alle jungen Chilenen in der Schönstatt-Bewegung
(wohl u.a. weil deren Erzbischof da geistlich zuhause ist); jetzt weiß ich wirklich, woher der Name “Italo-Western” stammt - es ist deren Affinität zu Hüten…

Es waren weitaus mehr deutsche Flaggen zu sehen als ich erwartet hatte; es ist einfach ein geiles Gefühl in dieser Kirche zu sein, Teil von ihr zu sein; die Vielfalt der Kirche ist echt der Hammer; die Verehrung für JPII bei den Jugendlichen, der JPII-Generation, ist wirklich stark; Trauer war ob des Todes von Frère Roger aus Taizé überhaupt nicht zu spüren, vielmehr Freude allerorten u.v.m. …


Ein Licht ist erloschen

Wednesday, 17. August 2005

Die meisten anderen blogs haben schon davon berichtet, ich sah es gestern nacht kurz vorm Zubettgehen im Fernsehen des Bereitschaftsdienstzimmers, kurz vor Mitternacht auf dem Ticker eines Nachrichtensenders: Frère Roger, der Gründer, der Fels und die Symbolfigur der Gemeinschaft von Taizé ist heimgegangen. Jetzt sitzt er sicher mit seinem Freund Karol Wojtyla nah beim Herrn und schaut der von beiden geliebten Jugend der Welt in Köln beim Beten, Singen und Feiern zu.

Requiescat in pacem.


Oh!

Monday, 15. August 2005

Der WDR entdeckt u.a. meinen Blog. Na sowas.


Eindrücke

Monday, 15. August 2005

Heute morgen, ich war schon zur Arbeit, haben mich meine beiden rumänischen Gäste wieder verlassen. Es war eine sehr interessante Zeit. Da ich mich nur mit einem von beiden unterhalten konnte (der andere sprach so gut wie null Wort irgendeiner Fremdsprache), war es zwar super nett - ich habe mich extrem gut mit ihm verstanden - aber eben auch etwas eingeschränkt in den Erfahrungen. Der Austausch war auch religiös, was allerdings bei einem Besuch zur Vesper in Maria Laach und in einem lichtdurchfluteten Bonner Münster auch nicht ausbleibt. Ansonsten hatten die Leute selbst mit der hiesigen Pfarre (mit der ich nicht viel zu tun habe) ein großes Programm, u.a. einen Besuch in der Bistumsstadt Trier natürlich.

Der des Englischen Mächtige war der, der nach eigenen Aussagen nicht gläubig ist. Und auch dieser mußte erstaunt feststellen, mir ging es ja früher nicht anders, daß unsere Generation über christliche Symbolik nichts mehr lernt, weder in der Schule noch sonst wo. Was bedeutet die Ostung der Kirchen (”ah, ist das so?), woher kommt der Tabernakel etc.

Warum erzählt das keiner?

Gestern nachmittag konnte ich mich auch etwas länger mit dem Delegierten der karibischen Bischofskonferenz unterhalten. Aus Trinidad (daher kam er), St. Vincent, St. Lucia etc. kamen auch sehr viele hier ins Dekanat, weitaus mehr als aus Rumänien, welches ja auch ein zu weit über 90% orthodoxes Land ist. Nun, dieser Delegierte hat aus einem Gebetskreis mit gerade mal zwei anderen jungen Männern eine Gemeinschaft aufgebaut, die mittlerweile über zwei Dutzend Mitglieder hat, ein Ableger ist auch schon da, und der selbst auch noch - wie uncool - faktisch nach den Evangelischen Räten lebt (was nicht jeder da muß) - anstelle von Armut nennen sie es Einfachheit, was auch ehrlicher ist, denke ich. Das ganze lehnt sich an ein Säkularinstitut an, ist aber (noch?) keins.

Nun, als ich so über meinen Glaubensweg sprach und er über seinen, mußte ich es natürlich loswerden: “You have a lot to give us. Bring us your joy and evangelize us!” Seine ernsthafte Antwort: “Yeah, I hear this all over the place. Seems to be very necessary.”

Ach ja, als er mich fragte, ob meine Bekehrung eine Art charismatisches Erlebnis war (so’ne Art Blitzeinschlag des Heiligen Geistes, gibt es in der Tat!), und ich dies verneinte, dazu auch erwähnte, daß dies hierzulande nicht gerade eine große Bewegung sei, ganz im Gegensatz zum amerik. und afrik. Kontinent, wurde aus dem Strahlelächeln ein kurzes trockenes “yeah, that’s obvious”. Ich konnte mich vor Lachen kaum halten…


Christus beherbergen

Thursday, 11. August 2005

Die heute angekommenen Gäste aus Rumänien, die vor dem eigentlichen WJT einige Tage meine Gäste sein werden, zeigen mal wieder, daß es so etwas wie Zufall eigentlich nicht gibt. Am Festtag der Hl. Klara von Assisi findet sich nun Mensch (von zweien) ein, der ebenso wie ich jahrelang von den Franziskus und den Seinen heute inspiriert wurde, der sogar jahrelang bei ihnen lebte (soweit ich das verstehe als Gast), auch wenn er mittlerweile - so gibt er zu - die Gnade des Glaubens nicht mehr sicher hat… schade… er bedauert das selbst…

Danke, Herr.


Steine auf dem Weg

Wednesday, 10. August 2005

Bisher war ich ja immer, das ist unter Katholiken nicht gerade Mehrheitsmeinung, für den EU-Beitritt der Türkei (u.a. aus dem einfachen Grund, weil eine sich nach und nach demokratisierende Türkei - und das würde sie nur in der EU tun - ein gutes Beispiel für andere islam. Länder sein könnte). Ich bleibe auch dabei und hege die gleiche Hoffnung wie Seine Heiligkeit Bartholomaios I. Doch leicht macht es mir die Türkei nicht. Solche Beispiele, ich habe nicht den geringsten Anlaß, an dessen Richtigkeit zu zweifeln, machen mich wütend. Das christliche Glaube ist eben die meistverfolgte Religion der Welt. Beten wir für die verfolgte Kirche (wem die Worte fehlen, dem sei im Gotteslob 28,4 empfohlen).
Ich werde mal dem Botschafter hier meinen Protest schriftlich äußern, daß Halki immer noch nicht eröffnet wurde (das kann er schlecht abstreiten).


Weggang

Wednesday, 03. August 2005

40%. 40% der Personen, die das Medizinstudium in Deutschland beginnen, arbeiten nachher hierzulande nicht im klassisch-ärztlichen Beruf. Ca. 20% brechen ab, 20% machen nachher was anderes oder gehen ins Ausland.
Gerade jetzt gibt es wieder mehr Proteste, die Ausdauer scheint sich zu lohnen- immer mehr Menschen wird das Ausmaß an Arbeitzeit bewußt, das ein junger Assistenzarzt leisten muß. Ich erlebe das selbst häufiger in der Klinik, nach einem “Dienst” (sprich: mindestens 26 Stunden am Stück mit durchschnittlich 5 Stunden Schlaf drin, aber jederzeit abrufbereit) fragen mich manche, die mich am Vorabend und in der Nacht erlebt haben: “Sie sind ja immer noch hier!”
Im allgemeinen werden schätzungsweise von den Assistenzärzten 60-70 Stunden pro Woche gearbeitet, mein Grundgehalt (BAT angeglichen) liegt in meinem Alter (29, die Einstufung bei Einstellung ist einfach eine Gehaltsstufe drunter bei kath. Häusern, warum auch immer) bei etwas unter 2600 Euro brutto. Das Nettogehalt läge ohne Bereitschaftdienste (kurz eben der obige “Dienst”) bei etwas unter 2000 Euro inklusive Ortszuschlag und dem anderen Kram.

Bei 60-70 Wochenstunden! (Inklusive Bereitschaftsdienste)

Es ist historisch gewachsene Ausbeutung (mein Krankenhaus ist die einzige Ausnahme, die ich bundesweit(!) kenne), daß Überstunden nicht aufgeschrieben werden und auch nicht in Freizeit ausgeglichen werden, es gibt maximal (so kenne ich es von einigen Häusern, das ist aber auch
noch recht jung) so eine Art Pauschalabgleichung wie z.B. fünf extra Tage Urlaub im Jahr (für 60-70 Std./Woche inklusive den Diensten, ohne vielleicht so 50 Stunden …).

Ach ja, es wird ja immer erzählt, wir verdienen so viel zusätzlich durch unsere “Dienste”. Mein Bruttogehalt pro Stunde “Dienst” liegt bei 24 Euro. Okay, wenn ich 40-60 Stunden im Monat extra arbeite, kommt da einiges dazu. Aber erstens ist man zu Diensten verpflichtet und zweitens sind das ja keine Überstunden, wie Herr Lauterbach hier behauptet.

Vielleicht trügt mich ja meine Binnensicht, aber ich halte den Verdienst von Jungärzten, der für einen Single wie mich natürlich mehr als vollkommen reicht (und der Staat kassiert vorher die Hälfte…), bei der Verantwortung (nachts alleiniger Internist im Haus bspw.) und dem Arbeitspensum für alles andere als zu hoch.

Okay, ich gehöre natürlich damit zu den “Reichen”, dem Feindbild der Linkspartei. Daß ich mich manche Wochen des Studiums ungelogen am Monatsende nur noch von Knäckebrot und Marmelade ernährt habe, weil mir als BAFöG-Empfänger eben trotz Studentenbude von 250 DM warm, ohne Auto und mit Studentenfahrkarte für ÖPNV die Kohle ausging, daß gleichzeitig der Junge gleichen Alters, aus dem Wohnhaus gegenüber meinem Elternhaus, schon mit Mitte 20 ein Haus bauen konnte (bei Großunternehmen sind Lehrlingsgehälter nicht immer schlecht) und ich weitaus mehr als ein Jahrzehnt arbeiten muß, um überhaupt gleichzuziehen mit der Summe des Verdienten (vergessen wir mal den Vorsprung des Hausabzahlens), das interessiert alles nicht. (Ähh, nein, ich habe kein Haus und habe auch nicht vor, bald eins zu erwerben, das ist nur ein Rechenbeispiel - der Nachbar ist allerdings real existierend und er hat bereits ein Haus).

Schwarz-weiß ist eben einfach.

Gut, man kann gegen Ärzte polemisieren, wir sind das gewohnt. Dazu die gewohnte Fremdbestimmung von Menschen, die vom Arbeitsalltag praktischer Medizin keine Ahnung haben (dazu reicht auch ein Medizinstudium nicht aus, wie jeder erfährt, der seine erste Stelle
antritt).

Wir stimmen dann mit den Füßen ab.

Und dieses Land hat dann eben zu wenig Ärzte, selber schuld.


Wortfremd

Wednesday, 03. August 2005

Neulich sah ich ein großes Plakat mit der Aufschrift, so im typischen Evangelikalen-Style: Laßt euch mit Gott versöhnen!

Wieso? Ich habe mich doch gar nicht mit ihm gestritten!


Zentrum

Monday, 01. August 2005

Der Mittelpunkt der franziskanischen Welt feiert morgen sein Kirchweihfest. Porziuncula. Hier wurde von Francesco Bernadone, der Franz aus Assisi, im Jahr 1209 die Gemeinschaft der Minderen Brüder gegründet, später Franziskaner genannt. Hier empfing anno 1214 Chiara di Favarone di Offreduccio, Klara, den kurzen Haarschnitt, der den religiösen Stand symbolisierte. Nicht weit davon starb Franziskus, aufs Innigste vereinigt mit der Herrin Armut, nackt auf dem Boden liegend, umringt von den Brüdern, die ihn von Anfang an begleiteten. Hier kann man von 1216 an bis heute jeden Tag einen vollkommenen Ablaß gewinnen (der Ablaß ist, ich gebe es zu, eine der wenigen theologischen Lehrsachen, die sich mir intellektuell noch nicht ganz erschlossen hat).

Die Mutter aller Kirchen der franziskanischen Familie, eine einfache Kapelle, von Franziskus eigenhändig wiederhergestellt, früher auf freiem Feld, heute umrahmt von einer der größten Kirchen der Christenheit.


100 Tage im Amt

Friday, 29. July 2005

Papst Benedikt XVI. ist 100 Tage im Amt. Was hat sich seitdem auf protestantischer Seite in bezug auf Annäherung an uns getan?

(Nur mal, damit beide Seiten gefragt werden)


Anker

Thursday, 28. July 2005

Martin hat in seinem Katholischen Notizbuch schon mehrfach über das Stundengebet bzw. über die Bücher, die diese Gebetstexte enthalten. In der Entwicklung meines Glaubenslebens war das Stundengebet von extremer Wichtigkeit, ist es eigentlich bis heute, und auch wenn ich viellecht mal gerade die Komplet oder Vesper ab und an schaffe, nicht selten hungere ich danach.
Es gab eine Phase, damals wohnte ich gerade in einem Studentenwohnheim der Kath. Hochschulgemeinde (dafür muß man nicht hardcore-katolisch sein, aber auf jeden Fall nicht abgeneigt), als ich mit einem damaligen Nachbarn nahezu jeden Abend zu zweit in der Kapelle nur bei Kerzenschein singend die Komplet betete, zum Teil auch die Laudes.

Der Hammer.

Genauso wie man das Kirchenjahr und die kirchliche “Verarbeitung” des gesamten Geschehens mit und um Jesus erst versteht, wenn man wirklich jeden Sonntag zur Kirche geht (insbesondere in den Zeiten Advent bis Pfingsten), versteht man einen Großteil der Theologie wirklich nur dann mit Herz und Verstand, wenn sie betend erfährt. Die Hymnen sprechen für sich, das immer wiederkehrende Durchkauen (”Ruminatio”, ein Kernbegriff der christl. Meditation) der Psalmen läßt sie zum eigenen Gebet werden, es ist dann viel mehr als nur ein “Gebet lesen”. Dieser Weg des Vermittelns und Verstehens von Theologie war schon immer der Weg der Ostkirche, über Liturgie (wozu das Stundengebet im Westen als Stundenliturgie, liturgia horarum, auch zählt). Es macht sehr viel Sinn.

Gerade jetzt, wo ich arbeitsmäßig eine starke besonders auch emotionale Belastung habe, kann das Stundengebet in seiner einfachen und gleichen Form ein Anker sein.

Herr, auf Dich vertraue ich. In Deine Hände lege ich mein Leben. Laß leuchten über Deinem Knecht Dein Antlitz, hilf mir in Deiner Güte.

Die täglich gleichen Sätze der Komplet, mehr als bloß Worte. Wenn sich der Tag dem Ende neigt, man selbst verausgabt ist und alles doch nur Stückwerk blieb, Ihm den Tag und das Leben anvertrauen.


Symbiose

Wednesday, 27. July 2005

Die über Jahrhunderte wirksame Zusammenarbeit zwischen Kirche und Kunst, hier im Bereich populärer Musik, versucht diese Seite wiederherzustellen. Musik war neben der bildenden Kunst eines der Evangelisationsmittel schlechthin. Okay, heute können die Leute lesen, aber zumindest über Facts des Glaubens und der Kirche tun sie es zumeist nicht, da werden Vorurteile gestreichelt.
Also wird es höchste Zeit auch hier den Amis mal was abzuschauen.


Falsches Spielfeld

Sunday, 24. July 2005

Dies Domini.

Ich habe mich schon des öfteren selbst gefragt, warum ich nichts schreibe zu den inhaltlichen Auseinandersetzungen zwischen den Bio-Wissenschaften und der Theologie. Dann habe ich festgestellt, daß es bei einem anderen naturwissenschaftliche geschulten Blogger, dem hier, ähnlich zugeht.

Ich nehme mal an, die Gründe könnten ähnliche sein. Es geht nämlich fast nie um Wissenschaft versus Theologie, sondern um einen “wissenschaftlich” aussehenden Streit zwischen verschiedenen Philosophien. Wenn ein Naturwissenschaftler sagt, daß Gott im Prozeß X keine Rolle spiele, so hat diese Aussage nichts wissenschaftliches an sich. Es kommt zwar gut an und beeindruckt auch sehr, und die Allgemeinheit denkt: “Wird schon stimmen, schließlich ist das ein Wissenschaftler”, aber diese Aussage geht einfach über das hinaus, was man wissenschaftlich, zumal naturwissenschaftlich, überhaupt herausfinden kann.

Es ist vielmehr Philosophie, eine philosophische Aussage, der eine bestimmte Wahrheits- und Erkenntnistheorie zugrunde liegt, vielleicht auch unbewußt.

Dummerweise sind aber auch viele Theologen philosophisch nicht mehr so firm und erkennen dies ohne weiteres und lassen sich dann auf eine naturwissenschaftliches Debatte ein, bei dem sie schon von Beginn an die sicheren Verlierer sind. Außerdem kennen viele Theologen die methodischen Grenzen der naturwissenschaftlichen Aussagbarkeit nicht.

Beispiele für diese illegitime Ausdehnung der Naturwissenschaft sind die gerade erst erwähnte Debatte um die Evolutionstheorie oder auch die über die Willensfreiheit des Menschen angesichts neurowissenschaftlicher Ergebnisse.


Sehr mutig

Sunday, 24. July 2005

Dies Domini.

Respekt! Da gibt ein Lehrer, der bereits im Ruhestand ist und den das ganze demnach nichts kostet, seine Lehrerlaubis für Katholische Religion zurück. Das ist natürlich sehr mutig, so als kleiner Rebell, eine wirklich kostenlose Minirevolte, die sogar in den Medien erscheint. Wow! ich bin zutiefst beeindruckt.

Am durchdachtesten ist natürlich die Begründung, die neben persönlicher Animosität besonders folgendes Qualitätsmerkmal enthält (siehe Artikel):

Des Bischofs

“Glaubenseinstellung geht an der Realität vorbei.”

Jetzt wissen wir endlich alle, worauf es ankommt! Vergeßt die realitätsferne Bergpredigt, das realitätsferne Beispiel zahlloser unscheinbarer demütiger Christen, vergeßt Franziskus, Charles de Foucauld, die Untergrundpriester in China oder die Aufopferung einer namenlosen Nonne der Schwestern der Nächstenliebe, hört auf die realitätsnahe Lehre dieses bedeutenden Pädagogen!


Widerspruch?

Saturday, 23. July 2005

In den letzten Tagen gab es eine kleine mediale Welle bzgl. der Aussagen von Christoph Cardinal Schönborn über die Vereinbarkeit von Evolutionstheorie und christlichem Glauben (die Détails, des Cardinals Artikel in der New York Times und die Reaktionen darauf finden sich in anderen blogs).

Ich muß sagen, daß mich das gelinde gesagt ein wenig gewundert hat. Denn das Streitthema war ja nicht die Evolution, sondern die Frage, ob Gott darin ein Rolle spielt, ob Er die Regeln festgesetzt hat.
Ich sehe keinen Gegensatz zwischen christlichem Glauben und Evolution, auch wenn ich, ich denke nur an einige Merkmale der menschlichen Anatomie, mich schon frage, ob dies alles im Laufe der Zeit nur aus Zufall hat entstehen können und ob dies überhaupt so ein Überlebensvorteil ist, daß dort evolutiver Druck zur Selektion entsteht. Nun ja, vielleicht habe ich ein beschränktes Verständnis von “Laufe der Zeit”.

Zufall ist ja bekanntlich eine menschliche Kategorie. Muß dies auch für Gott gelten? Ich glaube kaum…

Die Evolutionstheorie hat ja auch mittlerweile ihre Zielvorstellungen formuliert (hin zu komplexeren Organismen), die sie aus empirischer Beobachtung gewonnen hat. Damit widerspricht sie zum Teil ja dem “Zufallsanspruch”, da ja nur ein ungerichteter Zufall wirklich ein solcher bleibt.

Es gibt ja zugegebenermaßen enorme Schwachstellen in der Evolutionstheorie, es seien nur zwei genannt: 1. warum überhaupt Leben und somit warum überhaupt Selektion und 2. wie entstand der erste(!) Kleinstorganismus. Gut, der erste Punkt mag philosophischer Natur sein, aber beim zweiten haut die Wahscheinlichkeitsrechnung übel rein, sprich das ganze ist mehr als unwahrscheinlich - trotzdem irgendwann mal passiert. Davon abgesehen ist das Wie vollkommen unklar, doch wenn schon der Anfang nicht sitzt, wackelt eben das ganze Gebäude.

Doch immer noch verstehe ich nicht den Konflikt mit dem christlichen Glauben, wenn man mal entspannt davon ausgeht, daß nicht alles Zufall (im Sinne Gottes) sein muß, was unserem menschlichen Horizont so erscheint.

Ach ja, hier gibt es ein gutes und ausgewogenes Interview dazu, mit einem Mann, der sowowhl den Kontakt zur Kirche als auch zur Wissenschaft sucht und findet. Das heißt die üblichen Klischees und Plattitüden, die bei anderen Kommentaren auf beiden Seiten hervorbrachen, sucht man hier vergeblich.


Fromm sein

Wednesday, 20. July 2005

Was mag das heißen? Fromm sein…

Bin ich fromm? Ich finde mich alles andere als fromm. Wobei, das setzt natürlich auch wieder voraus, daß ich selbst ein Bild vor meinem Auge habe, wenn dieser Begriff fällt.

Fromm sein heißt für mich ganz persönlich: hier scheint jemand ein geistliches Leben zu führen, ein geistlicher Mensch zu sein. Dies ist sein Quelle.
Das bedeutet keineswegs ein Geistlicher sein zu müssen, nein.

Ist es überhaupt ein Sein, nicht vielmehr ein tägliches Werden?

Es gibt Dutzende Gründe, warum ich mich nicht für fromm halte, doch die gehören eher ins Beichtgespräch ;-).
Sich öffentlich zu seinem Glauben zu bekennen gilt ja für viele schon als ein Anzeichen für Frömmigkeit, es ist aber erst einmal nicht mehr als ein echtes Lippenbekenntnis - das Lebensbekenntnis zeigt sich ganz woanders. Oft auch im “stillen Kämmerlein”, und genau deswegen ist die Frage nach dem “fromm sein” abschließend wohl bei kaum einem abschließend zu beurteilen (die Heiligen lasse ich jetzt mal außen vor).

Fromm sein …. wie macht man das? …


Säen sollen wir

Wednesday, 20. July 2005

Im Evangeliumstext des heutigen Tages ist das berühmte Gleichnis vom Sämann dran. Und die dt. Bischöfe haben dieses vor einiger Zeit mal aufgegriffen, um wieder ein Bewußtsein für das missionarische Wesen(!) der Kirche zu schaffen. Übrigens ein guter Text, hier (Nr. 68, Rezeption darauf die Nr. 72) u.a. als pdf-Dokument runterlad- und lesbar (stelle gerade fest, daß das schon wieder fünf Jahre her ist….).

Säen sollen wir, ernten ist vielleicht dann der Job der nach uns Kommenden (auch wenn’s immer schöner ist, selbst die Früchte einzufahren).

Doch wer besorgt eigentlich den “guten Boden”, der laut Jesus notwendig ist, damit der Samen, das Wort, Frucht bringt? Alles Gnade oder was?