Gegen Sprachlosigkeit

Friday, 19. September 2014

Gebet für die verfolgte Kirche

Gott, nach dem geheimnisvollen Ratschluss
deiner Liebe lässt Du die Kirche teilhaben
am Leiden deines Sohnes.

Stärke unsere Brüder und Schwestern,
die wegen ihres Glaubens verfolgt werden.
Gib ihnen Kraft und Geduld, damit sie
in ihrer Bedrängnis auf dich vertrauen und
sich als deine Zeugen bewähren.

Gib ihnen die Kraft, in der Nachfolge Christi
das Kreuz zu tragen und auch in der Drangsal
ihren christlichen Glauben zu bewahren.

Amen.


Alles skandalös?

Tuesday, 16. September 2014

Die Bischöfe Deutschlands, also unsere - bzw. meiner nicht, weil der erst am Samstag als solcher in Amt und Würden ist - machten sich dieser Tage mal wieder ihre Gedanken zu verschiedenen Themen.

Dazu gehörte auch das kirchliche Arbeitsrecht (das ich am liebsten abgeschafft sähe, weil es der Kirche massiv schadet, aber was zählt meine Meinung da schon).

Es wird eingesehen, daß angesichts der immer kleiner werdenden Zahl an überzeugten Katholiken a) diejenigen, die u.a. auch die katholische Position bgl. der Fragen von Ehe und Familie vertreten, immer weniger werden und dementsprechend b) immer weniger damit gerechnet werden kann, daß in nominell katholischen Einrichtungen diese Positionen von den Mitarbeitern auch mehrheitlich vertreten wird.

Das ist natürlich nichts wirklich Neues. Da gibt es verschiedene Lösungsansätze für eine neue Authentizität, die ich jetzt nicht weiter debattieren will.

Interessanter ist für mich der innerkirchliche Umgang mit den Mitarbeitern, die in ihrem privaten Leben nicht so leben, wie die Kirche das gerne sähe. Kurz gesagt: bislang ist es häufiger Usus, bspw. einen wiederverheiratet Geschiedenen nach der erneuten Trauung zu feuern, ebenso bspw. eine Mitarbeiterin, die in einer homosexuellen Lebensgemeinschaft lebt und diese staatlich anerkennen läßt.

Das ist ebenso bekannt.

Die Kirche darf das (leider), ist hierzulande verfassungsrechtlich abgesegnet.

Aber warum macht sie es (bzw. nicht “die Kirche”, die ich ja auch bin, sondern bestimmte Entscheidungsträger) überhaupt, was bringt das Positives? Hilft das bei der Evangelisierung? Warum existiert bspw. ein Katholisches Krankenhaus? Wird der Heilauftrag Jesu dadurch konterkariert, indem er von einem salopp gesagt “katholisch Unreinen” ausgeübt wird (sozusagen der unreine Samariter von vor 200 Jahren)?

Vor allem wenn eines passiert: es heutzutage kaum jemanden wirklich mehr stört?

Doch muss andererseits die Kirche alles zulassen?

Ein gutes Kriterium habe ich in einem sehr lesenswerten Artikel meines Lieblings-Blogs gefunden. Er verweist wiederum auf einen anderen Artikel eines Journals und dort wird der Skandal bzw. kirchenrechtlich gesprochen das sog. “schwere Ärgernis” als Unterscheidungskriterium genannt. Das bedeutet: in einer säkularen Umwelt, die vom Evangelium noch nicht oder nicht mehr durchdrungen ist, wird es nur wenige stören, wenn ein Mitarbeiter einer kath. Einrichtung gegen die Ehelehre Jesu verstößt. In einem katholisch inkulturiertem Umfeld würde das anders sein.

Und in welchem Umfeld leben wir?

Eben.

Außerdem gibt es bekanntlich sieben Hauptsünden. Natürlich sind sie Teil der Morallehre, die ein Mitarbeiter einer kath. Einrichtung zu beachten unterschreibt. Da gäbe es noch jede Menge anderer Gründen für eine sofortige Entlassung - aber kennt jemand den Fall einer Kündigung wegen Geiz oder - der Hauptsünde schlechthin - wegen Stolz?


Parallelen

Friday, 05. September 2014

Es war der vierte Beitrag in diesem Blog, annodazumal im Juli des Jahres 2003 (auch hier trifft wieder zu: wenn Du Gott zum Lachen bringen willst, erzähl Ihm von Deinen Plänen). Dieser vierte Beitrag handelte von diesem Buch, das ich seither erst das zweite Mal lese: die “Nachfolge Christi” des Thomas von Kempen.
Nachdem ich jetzt mehr über die franziskanische Spiritualität weiß, sehe ich die enormen Parallelen, die sich da auftun. Weiß jemand, ob Thomas als Augustiner-Chorherr - heutzutage gelten diese ja nicht also große Asketen - genauere Kenntnisse der Schriften des Franziskus hatte? Oder ist es vielmehr so - was ich vermute - daß er die zu dieser Zeit einfach allgemein als richtig angenommenen asketischen Grundhaltungen beschrieben hat? Diese triefen geradezu vor dem, was jetzt noch als franziskanische Askese bekannt ist: Einfachheit, Armut, Selbstverleugnung, Geschwisterlichkeit.

Soweit mein vielleicht eher wissenschaftliches Interesse.

Aber dafür wurde dieses Buch nicht geschrieben, sondern für den Christenmenschen aller Generationen, und ich betone wie schon 2003, für alle Traditionen. Ein ökumenischeres Buch der Glaubenspraxis wird man schwerlich finden können.


In Spanien verlangt Jesus mehr

Friday, 05. September 2014

Einer der Gründe für die gähnende Blogruhe war mein Jahresurlaub in südlichen Gefilden. Der ist jetzt leider vorbei (*istdaskalthier*)…

Ein medial wichtiges Kirchenthema ist die kommende Bischofssynode “zur Familie” (im Rahmen der Evangelisierung, aber das wird in den säkularen Medien weggelassen) - und hierzulande steht da besonders, wie so oft, die Frage nach der Kommunionszulassung von wiederverheirateten Geschiedenen im Vordergrund.

Ohne jetzt auf die ganzen Stellungnahmen von Bischöfen und anderen einzugehen, die sich im Vorfeld in Stellung bringen, möchte ich etwas berichten, was ich im Urlaub erfahren habe und was zumindest für die Diözese Málaga zutrifft:

da ich der Ortssprache glücklicherweise mächtig bin, konnte ich während eines Gespräches mit einer Einheimischen, die bald kirchlich heiraten will, Interessantes erfahren. So ist die Voraussetzung für die Zulassung zur kirchlichen sakramentalen Eheschließung der Besuch beider Partner eines mindestens 10monatigen(!) Kurses samt schriftlicher Prüfung, deren Bestehen erforderlich ist! So krass das klingt, bei der Erstkommunion bereiten wir auch vor, bei der Firmung (beides verbesserungswürdig, aber immerhin), bei der Ehe aber nahezu Null. Insofern ist das dortige Vorgehen nur konsequent.

Wäre dies bei uns ebenso der Fall, würde wohl die Zahl der Kirchenaustritte noch einmal ansteigen, nicht nur die Zahl der kirchl. Ehen massiv einbrechen.
(Daher glaube ich auch nicht an so eine Direktive in einem Bistum bei uns).

Ach ja, der dortige Bischof heißt natürlich: Jesús.


Abgeblogged

Friday, 15. August 2014

Nein, weder dieser Blog noch der Betreiber sind dauerhaft entschlafen.

Es gibt allerdings - zumindest bei mir - Lebensphasen, die diesen Zeitvertreib nicht mehr prioritär sein lassen.

Womöglich wird hier bald wieder mehr erscheinen, ich weiß es aber noch nicht.

Grundsätzlich muß ich sagen - nicht zum ersten Mal - daß mich kirchenpolitische Themen nicht nur aktiv nicht interessieren - ich schreibe also kaum über sie - sondern ich habe es auch eingestellt, entsprechende Blogs zu lesen, die dies zu ihrem Hauptthema machen (ob bewußt oder unbewußt, ist dabei irrelevant).

Sinnvolles zu geistlichen Themen dagegen zu sagen, ohne ins Geschwätz abzugleiten, ist dagegen nicht immer einfach. Auch wenn natürlich auch die normale Politik vieles kommentierungswürdiges zu bieten hat, gilt auch hier der Satz des Karl Valentin: es ist schon alles gesagt worden, nur noch nicht von jedem.

Und da muß ich nicht dazugehören, zumindest nicht immer.


Gebet für den neuen Erzbischof

Friday, 11. July 2014

Herr Jesus Christus, du bist bei uns. Du begleitest unser Bistum, die Kirche von Köln.

Wir danken dir für unseren neuen Erzbischof Rainer Maria Woelki und bitten dich:
Gib ihm Kraft und Heiligen Geist für seinen Hirtendienst.
Lass ihn Worte und Wege finden, die uns im Glauben stärken, in der Liebe neu entzünden und vorwärts bringen auf dem Weg der Einheit.

Stärke ihn mit deinem Wort, damit er es als dein treuer Diener weitergibt; die Menschen zum Glauben ermutigt
und ihnen in Freude und Hoffnung, in Trauer und Angst aufrichtig und geduldig zur Seite steht.

Schenke ihm die Weisheit und das nötige Geschick der Leitung,
dass alle, die mit ihm zusammenwirken, vertrauensvoll und hoffnungsfroh bleiben in ihrem Dienst.

Stärke uns alle durch deinen Geist.
Sei du der wahre Hirte in unserer Mitte;
bleibe bei uns und geh’ mit uns in die Zukunft.

Herr, wir danken dir, der du mit dem Vater und dem Geist
lebst und wirkst, heute bis in Ewigkeit. Amen.

Heilige Gottesmutter und Jungfrau Maria, Patronin unseres Erzbistums Köln, bitte für uns!
Heiliger Maternus.
Heiliger Apollinaris.
Heilige Edith Stein.
Seliger Duns Scotus.
Seliger Adolph Kolping.


Lernen am Beispiel

Friday, 13. June 2014

Die protestantische Theologie zeichnet sich m.W. auch dadurch aus, daß sie eine - auf Römerbrief Kapitel 13 beruhend - ausgesprochene Nähe zur staatl. Herrschaft als göttlich gewollt eher betont hat (um es mal vorsichtig auszudrücken). Sprich: der Obrigkeit ist prinzipiell eher zu gehorchen, weil diese gottgewollt eingerichtet sei.

(In der Orthodoxie findet sich dieses Phänomen bis heute auch)

Der Apostel Paulus schreibt in dem Brief an die Römer, Kapitel 13:

1 Jeder leiste den Trägern der staatlichen Gewalt den schuldigen Gehorsam. Denn es gibt keine staatliche Gewalt, die nicht von Gott stammt; jede ist von Gott eingesetzt.
2 Wer sich daher der staatlichen Gewalt widersetzt, stellt sich gegen die Ordnung Gottes, und wer sich ihm entgegenstellt, wird dem Gericht verfallen.
3 Vor den Trägern der Macht hat sich nicht die gute, sondern die böse Tat zu fürchten; willst du also ohne Furcht vor der staatlichen Gewalt leben, dann tue das Gute, sodass du ihre Anerkennung findest.
4 Sie steht im Dienst Gottes und verlangt, dass du das Gute tust. Wenn du aber Böses tust, fürchte dich! Denn nicht ohne Grund trägt sie das Schwert. Sie steht im Dienst Gottes und vollstreckt das Urteil an dem, der Böses tut.
5 Deshalb ist es notwendig, Gehorsam zu leisten, nicht allein aus Furcht vor der Strafe, sondern vor allem um des Gewissens willen.
6 Das ist auch der Grund, weshalb ihr Steuern zahlt; denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben.
7 Gebt allen, was ihr ihnen schuldig seid, sei es Steuer oder Zoll, sei es Furcht oder Ehre.

Soweit so (anscheinend) klar.

Was haben aber die Apostel tatsächlich getan? Wie gingen sie mit Anordnungen der Obrigkeit um? Dazu findet sich eine interessante Episode in der Apostelgeschichte, von der ich nicht weiß, inwiefern sie Eingang in die Hunderte Meter Literatur zum Thema Römer 13 gefunden hat. Es geht um das Verhalten nach Anordnungen des Hohen Rates (Sanhedrin), der nach dieser Quelle auch unter den Römern alle juristischen Kompetenzen beibehalten hatte:

Zusammenfassend ist anzunehmen, dass der Sanhedrin alle jemals nach jüdischem Recht innegehabten Befugnisse hinsichtlich der Behandlung von Kapitalverbrechen behalten hatte. […] Es ist mangels historischer Quellen auch nicht nachweisbar, dass dem Sanhedrin seitens der römischen Verwaltung oder durch römisches Gesetz irgendein Teil seiner nach jüdischem Recht ausgeübten Gerichtsbarkeit entzogen worden war.

Und zum Verhältnis Apostel-Sanhedrin gibt es folgende Episode in der Apg im Kap. 5 (Hervorhebungen von mir):

Sie [die Mitglieder des Sanhedrin] stimmten ihm zu,
40 riefen die Apostel herein und ließen sie auspeitschen; dann verboten sie ihnen, im Namen Jesu zu predigen, und ließen sie frei.
41 Sie aber gingen weg vom Hohen Rat und freuten sich, dass sie gewürdigt worden waren, für seinen Namen Schmach zu erleiden.
42 Und Tag für Tag lehrten sie unermüdlich im Tempel und in den Häusern und verkündeten das Evangelium von Jesus, dem Christus.

Da hatte Petrus mal Glück, daß er den Paulusbrief noch nicht kennen konnte … :-)


Damals und heute

Sunday, 01. June 2014

Die Heilung des Gelähmten im Tempel (Apostelgeschichte, Kapitel 3)

Damals:

1 Petrus und Johannes gingen um die neunte Stunde zum Gebet in den Tempel hinauf.
2 Da wurde ein Mann herbeigetragen, der von Geburt an gelähmt war. Man setzte ihn täglich an das Tor des Tempels, das man die Schöne Pforte nennt; dort sollte er bei denen, die in den Tempel gingen, um Almosen betteln.
3 Als er nun Petrus und Johannes in den Tempel gehen sah, bat er sie um ein Almosen.
4 Petrus und Johannes blickten ihn an und Petrus sagte: Sieh uns an!
5 Da wandte er sich ihnen zu und erwartete, etwas von ihnen zu bekommen.
6 Petrus aber sagte: Silber und Gold besitze ich nicht. Doch was ich habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi, des Nazoräers, geh umher!
7 Und er fasste ihn an der rechten Hand und richtete ihn auf. Sogleich kam Kraft in seine Füße und Gelenke;
8 er sprang auf, konnte stehen und ging umher. Dann ging er mit ihnen in den Tempel, lief und sprang umher und lobte Gott.
9 Alle Leute sahen ihn umhergehen und Gott loben.
10 Sie erkannten ihn als den, der gewöhnlich an der Schönen Pforte des Tempels saß und bettelte. Und sie waren voll Verwunderung und Staunen über das, was mit ihm geschehen war.

Heute, ca. 2000 Jahre später (in etwa):

1 Petrus und Johannes gingen um die neunte Stunde zum Gebet in den Tempel hinauf.
2 Da wurde ein Mann herbeigetragen, der angeblich von Geburt an gelähmt war. Man setzte ihn täglich an das Tor des Tempels, das man die Schöne Pforte nennt; dort sollte er bei denen, die in den Tempel gingen, um Almosen betteln.
3 Als er nun Petrus und Johannes in den Tempel gehen sah, bat er sie um ein Almosen.
4 Petrus und Johannes blickten ihn an und Petrus sagte: Sieh uns an!
5 Da wandte er sich ihnen zu und erwartete, etwas von ihnen zu bekommen.
6 Petrus aber sagte: Silber und Gold besitze ich nicht. Doch was ich habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi, des Nazoräers, geh umher!
7 Und er fasste ihn an der rechten Hand und richtete ihn auf. Sogleich kam Kraft in seine Füße und Gelenke;
8 er sprang auf, konnte stehen und ging umher. Dann ging er mit ihnen in den Tempel, lief und sprang umher und lobte Gott.
9 Alle Leute sahen ihn umhergehen und Gott loben.
10 Sie erkannten ihn als den, der gewöhnlich an der Schönen Pforte des Tempels saß und bettelte. Und sie waren äußerst verärgert über ihn und veurteilten ihn dafür, daß er sie jahrelang betrogen hatte.


Frohe Ostern!

Sunday, 20. April 2014

ER IST WAHRHAFT AUFERSTANDEN!!!

Erzählt es rum: Jesus lebt und liebt uns alle, vergibt immer wieder aufs neue ohne Zögern, eröffnet uns den Weg zum Vater, führt uns zusammen in Seiner Kirche, läßt uns Geschwister werden, gibt Zuversicht in den dunkelnsten Momenten und Stunden, gibt Kraft, gibt Liebe, gibt alles Gute …


Taktik

Wednesday, 09. April 2014

Journalist X bezeichnet Nationalismus als “wirre Ideologie”.

Der Vorsitzende der NPD sagt daraufhin, Journalist X betreibe “populistische Anbiederei an veränderungsunwillige liberale Kreise” und meint: “Solche polemische Kritik und die Zustimmung zu ihr lassen darauf schließen, daß mit ‚Nationalismus‘ Gefühle und Ängste bei Menschen angesprochen werden”.

STOP! FALSCH!

Der Journalist ist in Wahrheit eine Frau namens Birgit Kelle, der NPD-Vorsitzende ist in Wahrheit auch jemand ganz anderes, nämlich der EKD-Vorsitzende Schneider, das Thema war natürlich nicht Nationalismus, sondern “Gender” (eine Hypothese von Soziologen, mangels wissenschaftlich-empirischer Belege nicht weiter relevant) und die genannten “Kreise” waren selbstverständlich nicht liberal, sondern konservativ.

So, jetzt paßt es wieder. So’n blöder Lapsus.


Es fängt bei der Sprache an

Friday, 28. March 2014

Im Rahmen der Beschäftigung mit der Gewaltlosigkeit wurde mir rasch klar, daß eines der Elemente, die viele Vertreter der politischen Gewaltlosigkeit so unsympathisch macht (zumindest habe ich das Gefühl daß sie es sind), ihre alles andere als gewaltlose Sprache ist.

(Ich weiß, ich habe das schon mehrfach angesprochen über die Jahre hinweg)

Gewaltlosigkeit zu fordern ist so sinnhaftig wie Spontaneität zu fordern. Forderungen jeglicher Art beinhalten schon eine der Ausdrucksform inhärente Gewalt.

Gewaltlosigkeit kann man nur anbieten.

Dabei stieß ich schon vor Jahren auf GfK oder NVC, Gewaltfreie Kommunikation oder Non-Violent Communication, wobei dieses Adjektiv “gewaltfrei” genau wie bei “Gewaltfreiheit” generell ja eine blöde Beschreibung ist. Man beschreibt eine Katze ja auch nicht als Nicht-Vogel oder Nicht-Elefant. Doch leider hat es sich durchgesetzt, die Gewaltfreiheit eben negativ zu betiteln, also als das, was sie nicht ist anstelle als das, was sie ist. Deswegen wird sie auch leider häufig als Passivität mißverstanden (Gewalt ist ja ein sehr aktiver Prozess). Derzeit üben iubita mea und ich ein wenig die Grundlagen der GfK.

GfK stammt von Marshall B. Rosenberg, und behauptet, daß es eigentlich nur zwei wirkliche Äußerungen des Menschen in einer Beziehungsrede gibt: Danke! und das bittende Bitte!. Alles andere seien Abwandlungen dieser Äußerung, auch eine schlimme Beleidigung sei eigentlich “a tragic suicidal expression of ‘please!’”. Konflikte in Beziehungen - zwischenmenschlich wie zwischensstaatlich - treten auf, wenn Bedürfnisse nicht erfüllt werden. Diese eigenen(!) Bedürfnisse müsse man sich klar machen, von Urteilen, positiven wie negativen, des Gegenübers komplett absehen - und diese Bedürfnisse formulieren. Rosenberg geht davon aus, daß erst dann die Chancen steigen, seine Bedürfnisse, die ihre Berechtigung hätten, überhaupt erfüllt zu bekommen.

D.h. es gilt der Satz des mittelalterlichen Sufi-Mystikers Rumi:

Jenseits von Richtig und Falsch gibt es ein Feld - dort treffen wir uns.

Dabei ist das größte Hindernis meiner Überzeugung nach - das eigene Selbst. Mit sich selbst gewaltfrei zu kommunizieren, sich selbst nicht zu verurteilen, ist der erste und wichtigste Schritt.

Natürlich gibt es bei GfK Spannungen zu einer sehr objektivierbaren Form des christlichen Offenbarungsverständnisses (Rosenberg ist auch kein Christ, eher agnostischer Jude), doch empfinde ich sie als sehr franziskanisch. Franziskus empfand sich ja selbst als so sündenhaft und erlösungsbedürftig, daß er über niemanden den Stab brach. Auch nicht über die, die bei diversen Tatbeständen Volltreffer im kirchlichen Sündenregister gelandet hatten.

Ich kann es nur empfehlen, sich mit der GfK auseinanderzusetzen. Wer (gerne auch in Etappen) drei Stunden Zeit hat, lernt hier die Essentials:


Mal wieder den Kaffee auf

Sunday, 23. March 2014

Ich weiß ja nicht, ob meine werten Leser und Innen sich sonst noch wo in kirchlich geprägten Internetgefilden rumtreiben.

Ich für mich merke mal wieder, daß es mich nervt - und daß viele Stunden, die ich bloglesend, kommentierend und insbesondere forumschreibend zugebracht habe, deutlich wertvoller hätten genutzt werden können.

Die Papst- wie Bischofsfixierung von vielerlei Seiten regt mich auf. Als ob es darauf ankäme. Nur dummerweise gleite ich selbst viel zu schnell und zu sehr in den ekklesiogenen Promi-Klatsch ab.

Sozusagen meine Konsequenz für die Fastenzeit war: keine Blogs mehr lesen, die sich hauptsächlich mit Kirchenpolitik beschäftigen und den Glauben selbst kaum thematisieren. Foren meiden, die sich an Schuhfarben des Papstes hochziehen, die Papst Franziskus für unkatholisch halten oder die ihn andererseits für einen positiv besetzten Revolutionär der Kirche halten.

Letztlich bleibt da nicht mehr viel übrig.

Weitere Konsequenz: weniger im Netz hängen - und wenn, dann sinnvoller.

Mir tut es gut, ich bemerke die Wirkungen jetzt schon.


Nein, dürfen Sie hier nicht!

Thursday, 06. March 2014

Darf ich in einer Rede nicht sagen, was ich denke?

So (naiv?) fragt heute Sibylle Lewitscharoff in einem Interview mit faz.net, bezugnehmend auf die äußerst harschen Reaktionen auf ihre Rede in Dresden (hier komplett als .pdf-Datei nachzulesen).

Erst einmal erntet sie eine Menge Widerspruch. Damit muß sie rechnen, Rede und Gegenrede gehören zusammen.

Doch das mehrheitliche Niveau des Widerspruchs zeigt mal wieder zweierlei:

a) wir leben gesellschaftlich nicht mehr in einer aufgeklärten Demokratie mit Grundrechten, sondern in einer aufgeschreckten Empörokratie mit Maulkörben (siehe auch die Verhinderung der Buchpräsentation von Sarrazin).

b) Wichtig ist nicht, was gesagt wurde, sondern bloß daß ein paar Stichworte gefallen sind - denn die Mühe, eine auch nur ein paar Seiten eines Redemanuskriptes zu lesen, macht sich in den Zeiten, wo das Dschungelcamp schon feuilletontauglich geworden ist, nun wirklich kaum noch jemand. Darf man das überhaupt noch voraussetzen oder erwarten? Kontext - was für’n Text? Aussageabsicht - häh?

Es geht nicht darum, daß Fr. Lewitscharoff jetztAnspruch darauf hätte, daß jetzt alle brav “Amen!” sagen und murmeln “stimmt, die Frau hat so Recht, die Gesellschaft ist wirklich aus dem Ruder gelaufen”- bei einer Rede mit dem Thema Tierschutz oder so wäre das vielleicht möglich gewesen.

Doch nicht dabei!

Hallo!

Es geht um SELBST-Verwirklichung!

Die Heilige Kuh des Hedonismus!

Es geht um das infantile (Eltern kennen es von Kindern so ab 3 Jahren) “Ich will aber!” des postmodernen Ego-Utilitaristen.

So etwas rührt man doch nicht an, wenn man medial überleben will!!!

Gut, wer die ganze Rede liest, muß schon beim IQ unter einer Bananenschale geblieben sein, wenn er der Frau noch Hetzerei und Menschenverachtung vorwirft, aber leider gibt es nicht weniger solcher Landsleute, die in Print-und Online-Medien veröffentlichen.

Und die Büchner-Priesträgerin hätte genau dasselbe sagen können mit anderen Worten, ohne daß so ein Shitstorm losgetreten worden wäre. Aber wer eine Diplomatenrede hören wil, soll Diplomaten einladen.

Also, was lernen wir mal wieder aus dieser neuen medialen Empörung, die durchs Dorf getrieben wird?

Die Gesellschaft ist nicht toleranter geworden als vor 100 Jahren - sie nutzt zwar nicht mehr den Arm des Gesetzes, sondern den Arm der vierten Macht im Staat; nicht mehr Körperverletzung, sondern Ehrabschneidung und Rufmord; nicht mehr Berufsverbot von oben, sondern - warten wir’s mal ab in diesem Fall - faktisches Berufsverbot von unten, von seinesgleichen.


Möge es Gott vergelten!

Friday, 28. February 2014

Seit heute hat das Erzbistum Köln keinen Bischof mehr (und bekommt hoffentlich bald einen neuen). Also bin ich auch derzeit bischofslos, hirtenlos.
Da das Heil JottseiDank nicht am Bischof hängt, kann ich auch weiterhin katholisch sein, aber ich möchte hier einfach mal meinem Bischof Joachim, hochgestochen der Exzellenz Erzbischof Joachim Kardinal Meisner, kurz danke sagen.

Als ich zum Glauben an Christus fand und auch glauben konnte, daß diese sehr menschliche Kirche doch vor allem Seine ist und Sein Werk (mit dem Possesivpronomen meine ich jetzt nicht den Bischof), schrieb ich meinem Bischof einen Brief. Ein Brief voll Freude darüber, eine neue Mutter gefunden zu haben (ich weiß, für alle Außenstehenden klingt das irgendwo zwischen schwülstig-dumm und vollkommen banane).
Und er nahm sich offensichtlich Zeit, mir selbst zu antworten - gut, solche Briefe beantwortet man auch lieber als die Tiraden, die er wohl auch sonst geschickt bekommt.

Als ich noch überlegte, einen “Geistlichen Beruf” zu ergreifen (in einem Orden, natürlich den Franziskanern, mit Kutte und allem pipapo), durfte ich ihn mehrere Male auf Ausflügen erleben, bei denen er im persönlichen Umgang sehr angenehm war (damals war mein jetziger Weihbischof Dominik Schwaderlapp noch sein Privatsekretär, bei Kirchens heißt das “Geheim”sekretär, und bei diesen Ausflügen mit dabei). Beide, er wie auch sein Sekretär, sprachen offen über ihren Weg mit und in der Kirche.

Er war nie ein guter Diplomat, aber sicher auch kein Drückeberger. Als ein bischöflicher Mitbruder ihn mal aufgefordert habe, nicht immer so verbal auf den Putz zu hauen (darin war er ja sehr gut), habe er geantwortet: “Ruhe ist keine Christenpflicht, das finde ich nicht im Evangelium!” Durch manche Rundumschläge hat er sicher auch mal Leute verletzt, die ihm eigentlich wohlgesonnen sind - das war wohl einerseits seinem schlesischen Naturell geschuldet (das ich als Halb-Schlesier etwas kenne), andererseits auch der Tatsache zuzuschreiben, daß er sich womöglich - man nehme das als unqualifizierte Ferndiagnose - nur im katholischen Milieu wirklich wohl fühlt. Und eine Sache muß ich zugeben: ich hätte ihn nicht gerne als beruflichen Chef gehabt.

Er ist kein Kind der Postmoderne, die alles in Zweifel zieht und letztlich nur dem Zweifel und der eigenen Kritik glaubt und daher immer um sich selbst kreist. Er hat einen tiefen Glauben, der in seiner schlichten Einfachheit wirklich beneidenswert ist. Nein, damit meine ich nicht, er sei nicht intellektuell redlich, sondern diese tiefe unbeirrbare Überzeugung ist das, was mich immer beeindruckt hat. Für ihn ist alles, was katholische Lehre ist, schlicht und ergreifend w-a-h-r. Ich wünschte für mich wäre das immer so einfach.

Jetzt ist er über 80 Jahre alt. Und tritt ab. Verdient hat er es allemal. Möge sein Dienst für die Kirche beim Herrn Geltung finden, möge Er es ihm vergelten! Möge ihm der Herr noch viele Jahre schenken, damit er wieder mehr Zeit hat für seine Familie, die Neffen und Nichten. Und möge ihm der Herr einen Tagesablauf ohne Terminkalender schenken!

(Vergelten, dieses alte Wort, das man eigentlich nur noch im Süden der Republik und bei Kirchens findet …)


Der Lehrstuhl des Petrus

Sunday, 23. February 2014

Das liturgische Fest war zwar gestern, aber schon vor drei Jahren (ich dachte, es wären erst zwei gewesen!) hatte ich mal eine kleine Trilogie meiner Gedanken zu diesem Fest und dem Anspruch, der sich damit verbindet, hier publiziert. Da ich aus diversen Gründen aktuell nicht dazu komme, immer was neues zu schreiben und andererseits dieser Blog schon über zehn Jahre auf dem Buckel hat, bin ich mal so frei mich selbst zu zitieren. In den verlinkten Originalbeiträgen I bis III findet man diverse Links, die ich jetzt einfach mal weglasse - bei Bedarf kann sich jeder selbst genauer informieren.

Teil I

Ich hoffe, bislang der Papolatrie (=Anbetung des Papstes) unverdächtig gewesen zu sein.
Das einheitsstiftende Amt des Papstes halte ich aber für unabdingbar für die Kirche und in der Tat für ein von Christus gewolltes konstitutives Element für die Kirche - insofern bin ich stramm katholisch.
Dennoch halte ich es für sehr gefährlich, aus dem jeweiligen Amtsinhaber einen religiösen Superstar zu machen, wie es seit dem großen Dramaturgen, dem bald seliggesprochenen JP2 oft geschah und geschieht (auch wenn es nicht so das Ding für B16 zu sein scheint).

Ich weiß nicht, wie es den Lesern so geht, aber anfangs hatte ich immer das Gefühl, die Orthodoxen hätten irgendwie doch eher den ursprünglichen Glauben bewahrt und das Papsttum sei eine katholische Sonderentwicklung. Erst ein gewisses historisches Studium der Quellen hat mich eines besseren belehrt. So ist es bspw. keinesfalls so, daß es unter den Orthodoxen eine “Einheit im Glauben” gibt, auch wenn diese immer postuliert wird.

Ein paar Infos zu beidem, so gut es mein Gedächtnis hergibt in chronologischer Reihenfolge:

1. der Ketzertaufstreit: rund um das Jahr 250 gab es einen Streit zwischen dem damaligen Bischof von Karthago, Cyprian, und dem Bischof von Rom, Stephan I., über die Frage, ob eine Taufe, die in richtiger Form von einem Christen außerhalb der Kirche (=Ketzer) gespendet worden ist, denn jetzt in den Augen der Kirche gültig sei oder nicht. Cyprian war ein strenger Vefechter der Wiedertaufe (in seinen Augen natürlich Ersttaufe, da die erste keine gültige war), Papst Stephan lehnte dies strikt ab, es käme nur auf die Form und Intention an. Der Bischof von Alexandria, Dionysius, neigte eher der Meinung des Papstes zu, sah aber die Gefahr einer Kirchenspaltung und mahnte behutsames Vorgehen an. Er selbst hat aber wohl keine Zweittaufe gespendet.
Geklärt wurde das ganze dann im Ersten Ökumenischen Konzil zu Nizäa im Jahr 325. Der 8. Kanon (Kanon ist ein Konzilsbeschluß) besagt, daß von einer bestimmten außerkirchlichen Sekte (die “Reinen”, Katharer) sogar die Priester und Diakone in ihren Ämtern anerkannt werden, sollten sie zur Kirche zurückkehren wollen. Die Taufe war selbstverständlich gültig. Zuvor hatte schon die Synode von Arles im Jahr 314 die Ketzertaufe anerkannt (9. Kanon).

In der Orthodoxie wird aber zum Teil immer noch auf Cyprian von Karthago zurückgegriffen und die katholische Taufe nicht anerkannt. Die Russen erkennen sie vorbehaltlos an (genauso wie die Priesterweihe), die Georgier lehnen sie vorbehaltlos ab, meines Wissens nach tun dies auch die Serben (taufen also “neu”), bei einigen Kirchen (wie der früheren Russischen Auslandskirche) liegt das im Ermessensspielraum des Bischofs bzw. in dessen Vertretung des Priesters. Eine Einheit im Glauben sieht meines Erachtens nach anders aus.

Die mehrheitliche Ablehnung ist übrigens die Reaktion auf ein meines Erachtens nach tragisches römisches Vorgehen. Es ist leider weitgehend unbekannt, daß bis ins 18. Jahrhundert hinein die Kommuniongemeinschaft zwischen Orthodoxen und Katholiken mehr oder weniger ein normaler akzeptierter Vorgang war. Erst nachdem 1729 die Propaganda Fide die Einheit mit dem Bischof von Rom und die Anerkennung seiner Vorrangstellung als unabdingbare Voraussetzung für den Empfang der Sakramente machte (bei wikipedia wird das nicht erwähnt, einen direkten Link zum Text des Dekrets habe ich aber nicht gefunden), kam es 1755 zu einer harschen Reaktion aller griechischen Patriarchate, alle katholischen Sakramente wurden für ungültig erklärt (das russische Patriarchat reagierte 1757 deutlich gelassener, alle(!) Sakramente werden akzeptiert). Diese griechische Ablehnung nach früherer Anerkennung war ein Novum der Kirchengeschichte. Katholischerseits gab es schon immer die Unterscheidung bei Sakramenten von “gültig” und “unerlaubt”, die gibt es bis heute. In der Orthodoxie ist diese weniger scharf artikuliert.

Da in der Orthodoxie generell kein Bischof für den anderen spricht (für Bischöfe eines anderen Patriarchates schon mal gar nicht), ist es auch ziemlich irrelevant für deren Lehre, wenn ein orthodoxer Bischof, wie in Deutschland vor einigen Jahren geschehen, aus “Repräsentant der Orthodoxie” (den es gar nicht gibt) die gegenseitige Anerkennung der Taufe von Katholiken, Protestanten und Orthodoxen mitunterzeichnet.

So, soweit dazu. Da das schon für einen Beitrag recht umfangreich war, kommt der zweite Teil später.

Teil II

Das früheste nachbiblische Zeugnis dafür, daß die Kirche von Rom auch außerhalb des ursprünglich auf dem westlichen Reich beschränkten Jurisdiktionsbereich (=Gebiet der Entscheidungsvollmacht) tätig wurde und dies auch selbstverständlich anerkannt wurde, ist der Erste Brief des römischen Bischofs Klemens an die Kirche in Korinth. Der ist noch aus dem ersten Jahrhundert, den hatte ich vergessen zu erwähnen. Das nur ganz knapp dazu.

Deswegen geht es weiter mit

2. der Streit im Konzil von Chalcedon im Jahr 451, welches weniger als einen Monat dauerte! Es handelte sich bei diesem 4. Ökumenischen Konzil in meinen Augen um das mit Abstand wichtigste Konzil überhaupt, auch weitaus wichtiger als das 21. Ökumenische (das Zweite Vaticanum). Viele meinen “das Konzil” sei immer nur das Zweite Vatikanische gewesen. Wer weiß, daß es bereits 20 Ökumenische Konzile davor gab und es - vorausgesetzt, die Parusie läßt weiter auf sich warten - auch noch womöglich weitere geben wird, die ggf. Entscheidungen des letzten Konzils revidieren, kann es besser einordnen. Aber um Mißverständnissen vorzubeugen: natürlich gilt es, alle(!) Beschlüsse des letzten Konzils mit Gehorsam anzunehmen, denn es steht uns “vorauseilender Gehorsam des Hl. Geistes” nicht zu: keiner weiß, ob, wann und wo je wieder ein Konzil stattfinden wird und was es beschließen wird.
Worum ging es bei diesem Konzil? Hauptsächlich um eines: wer ist Jesus? Ist Er Gott? Ist Er Mensch? Ist Er beides und wenn ja, dann wie? Welche “Natur” hat Er, wie hat Er Anteil an der Gottheit? Das Ergebnis dieses Konzils ist die berühmte Formulierung, daß in der Einen Person (griech. Hypostase) Jesu Christi zwei Naturen, die göttliche und die menschliche “unvermischt, unverändert, ungeteilt und ungetrennt” existent seien.

Wie kam es zu diesem Ergebnis und welche Folgen hatte es? Nun, zuerst zu den Folgen, denn eine große Folge dauert bis heute an. Der damalige Bischof und Patriarch Dioskur von Alexandria konnte es nicht akzeptieren, daß die beiden Naturen in Jesus Christus so wie geschildert “vorlägen” (genau erklären kann und will ich das gar nicht), er betonte mit seinem Gefolge eindeutig die Gottheit Jesu Christi über die Menschheit Jesu. Es kam zu der Abspaltung der Kirche, die im Gefolge dann “alt-orientalisch” genannt wurde. Diese Kirchen gehören bis heute dazu, u.a. auch die in letzter Zeit bekannter gewordenen Kopten. Im allgemeinen werden sie Monophysiten genannt, auch wenn sie selbst die Bezeichnung Miaphysiten bevorzugen.

Entscheidend für die weiter oben ganannte abschließende Formulierung wurde das Eingreifen des römischen Bischofs, des Papstes Leo dem Großen. Er war selbst nicht anwesend (das war bei den im Osten statfindenden Konzilien durchaus üblich), sondern hatte seine Gesandten hingeschickt. Die christologische Streitfrage hatte er nun nach eigenem Bekunden als Inhaber des Apostolischen Stuhls (damit wurde - auch eher unbekannt - nur der römische bezeichnet, obwohl Petrus zuvor auch erster Bischof von Antiochien war) autoritativ beantwortet, indem er ein Schreiben in Chalcedon vorlesen ließ (was der Bischof von Alexandria lange verhindern wollte - jaja, so ging’s damals schon zu …). Dieses Schreiben ging als “Tomus Leonis” in die Geschichte ein. Die Reaktion darauf wird so überliefert, daß manche Konzilsväter begeisert ausriefen, mit der Stimme Leos hätte Petrus selbst gesporchen.
Aber wo ist jetzt der Haken?
Nun, die Bedeutung dieses Tomus wird aus nachvollziehbaren Gründen in Ost und West unterschiedlich gesehen. Während bspw. der orthodoxe Theologe Olivier Clément in seinem Buch “You are Peter” das ganze eher ein wenig runterspielt (obwohl er zugibt, daß sich Leo seiner päpstlichen Vollmacht schon da voll bewußt war), legt Stephan Otto Horn in dem von mir bereits kurz rezensierten Buch schön dar, welche große Bedeutung das Eingreifen des Inhabers des Apostolischen Stuhles hatte. Das kann der Osten natürlich nicht einfach schlucken, das kann man auch nicht argumentativ erzwingen und Quellen können unterschiedlich bewertet werden.

Die unterschiedliche Quellen-Bewertung spielt bis heute auch bei dem zweiten folgereichen Thema eine Rolle. Aber dazu später dann im Teil III.

Teil III

Wie angekündigt jetzt der abschließende Teil zum Konzil von Chalcedon, der heute noch Schatten wirft. Es geht hierbei nicht um die Fraktionen Katholisch-orthodox versus alt-orientalisch, sondern grob gesagt um Ost versus West.

Das Stichwort lautet “Canon 28″.

Jedes altkirchliche Konzil hat als Beschlußsammlung die bereits erwähnten Canones herausgegeben, sie sind das eigentliche Ergebnis des Konzils. Der Canon 28 besagt nun, daß der Bischofssitz von Konstantinopel nicht nur wie zuvor beim Ersten Konzil in Konstantinopel im Jahr 381 festgelegt an zweiter Stelle hinter Rom stünde, sondern gleichauf mit Rom den ersten Platz sozusagen teilt. Begründung war der Umstand, daß Konstantinopel jetzt (durch den Sitz des Kaisers) das neue Rom sei.

Jetzt ist es aber so, daß die päpstlichen Gesandten, die sog. Legaten, während der Abstimmung über diesen Canon überhaupt nicht mehr anwesend waren - es handelt sich also um einen Canon ohne päpstliche Teilnahme. Die Legaten haben die Zustimmung auch nachträglich verweigert, ebenso Papst Leo der Große. Es ist in meinen Augen vollkommen nachzuvollziehen, daß sich die Position eines Bischofssitzes nicht an den politischen und somit zeitlichen Machtverhältnissen orientieren darf. Der Apostolische Stuhl war und ist immer nur Rom (das im letzten Beitrag genannte Buch von Horn zeigt viele Quellen auf, die diese Sichtweise auch für den Osten bestätigen), durch den Kaisersitz in Konstantinopel hat auch der dortige Bischof keinen Anteil daran erhalten.
Aus diesem Grund hat Papst Leo das Konzil als ganzes mehrere Jahre überhaupt nicht akzeptiert, erst durch Beknieung durch Kaiser und Bischöfe tat er es dann doch, allerdings ohne den Canon 28. Der wurde im Westen nie akzeptiert.

Okay, soweit so gut. Es gab schon immer - um der Mär von der ach so geeinten Kirche im Ersten Jahrtausend ein Ende zu bereiten - Konzile der einen Region, die in der anderen nicht anerkannt wurden, so bspw. die Synode (Konzil ist nur das latein. Wort für Synode) von Elvira im heutigen Spanien (in der Nähe von Granada) aus dem 4. Jh. Wer schon immer mal wissen wollte, wann der Sabbat als kirchlicher Feiertag zugunsten des Sonntags offiziell abgeschafft wurde - hier war’s (was auch weltweit Einzug hielt). Diese unterschiedliche Tradition der Konzilsinterpretationen in Ost und West, meines Erachtens eines der spannendsten katholisch-orthodoxen ökumenischen Themen, ist aber später noch einen eigenen Beitrag wert.

Also zurück zum Canon 28. Entscheidend jetzt für die weitere Beurteilung dieses Canons ist es, wie die Kirche mit ihm umgegangen ist. Er ist überliefert, das ja. Aber: er findet sich in den ersten Jahrhunderten nach diesem Konzil in keiner kirchlichen(!) Canonsammlung, weder des Westens noch des Ostens! Selbst ein Patriarch von Konstantinopel wie der in der Orthodoxie als heilig hochverehrte Johannes Scholasticus, der über 100 Jahre nach dem Konzil von Chalcedon eine epochale Sammlung des kanonischen(!) Rechts editierte, führt diesen Canon nicht auf, obowhl doch gerade er davon profitiert hätte.

Nein, wenn der Papst in Rom als Inhaber des alleinigen Apostolischen Stuhls einen Canon nicht mitträgt, gilt er als nicht mehr verbindlich für die Kirche, so war damals die übliche Vorgehensweise.
Erst als das Schisma immer deutlicher wurde, wurde dieser Canon plötzlich hervorgeholt und findet sich als Streitpunkt bis heute auf dem Tablett.

Soweit zu diesem Konzil - und hier beende ich mal die kleine Reihe über die Kathedra Petri.


Erfolg oder Nachfolge

Saturday, 25. January 2014

Wie ich gerade hier bei Barbara las, gab es neulich den alljährlichen Soldatengottesdienst, also hier ein Pontifikalamt mit Hl. Messe (natürlich), im Kölner Dom, zelebriert vom Erzbischof Joachim Kardinal Meisner. Und wie ich an gleicher Stelle las, ist die Regionalgruppe Köln von Pax Christi gegen diese “Veranstaltung”, da sie u.a. ein falsches Signal sende.
In ihrem Beitrag kritisiert Barbara die Naivität von Pax Christi und anderen Friedensbewegten, zumal es sich bei der Bundeswehr auch um ein von der Verfassung vorgesehenes und legitimes staatl. Organ handele.

Nun, es mag überraschen, aber ich habe nichts gegen Soldatengottesdienste.

Hl. Messen für werden für Menschen gefeiert, nicht für Berufsgruppen, auch wenn es immer mal wieder partikulare Gruppen dabei gibt. Die sind mir reichlich egal. Der Mensch ist ein Ebenbild Gottes, unabhängig von seinem Beruf oder seinem “Gnadenstand” (Vorsicht: katholisches Fachchinesisch). Dabei ist mir auch die “Verfassungsgemäßheit” einer beruflichen Tätigkeit egal. Von mir aus kann man auch ein Pontifikalamt für Abtreibungsärzte feiern, auch die machen nichts Strafbares. Vor Gott geht es um den Menschen, und der wird von Ihm immer geliebt. Gott ist für die Sünder da, und da reihe ich mich ein, bei Soldaten und Abtreibungsärzten, bei Heiligen und Versagern, Gläubigen und Zweiflern, und die Leute von Pax Christi Köln hoffentlich ebenso.

Und dennoch: der auch diesmal von Barbara (und vielen anderen) immer wieder gebrachte “Vorwurf” (also Feststellung getarnt), Gewaltlosigkeit würde nicht funktionieren, ist mir als Christ vollkommen schnuppe (ich verweise auf diesen Beitrag).

Ich bin Christ, kein “Erfolgist”. Ich will Christus nachfolgen, nicht dem Erfolg. Christus hat mein Vorbild und Lehrer zu sein, nicht der Erfolg, Gewinn oder Sieg. Ich kann und will nicht zwei Meistern dienen.

Und welches Verhalten Jesus von Nazareth angesichts von Gegnerschaft und Feinden gesgat hat, setze ich mal wieder als bekannt voraus. Erfolgversprechend ist das nicht wirklich, nein, es führt mit großer Wahrscheinlichkeit zur Niederlage am je eigenen Kreuz. Aber es ist Nachfolge. Und ich hoffe, daß ich einst die Stärke dazu haben werde, wenn sie von mir gefordert wird.


Spiegelbild der Unkenntnis

Monday, 06. January 2014

Daß die Kirche, wenn sie einer Eheschließung assistiert, sich vorher vergewissern will, daß diese Ehe auch aus kirchlicher Sicht eine solche ist, scheint ja im ersten Moment nicht wirklich überraschend oder fragwürdig zu sein.

Anders wird es aber wohl für viele unbedarfte Zeitgenossen (davon reichlich Katholiken), wenn sie genau das umsetzt.

Das nach meinem Eindruck katholische Lieblingsfeindbild der Schweizerischen Medien, Bischof Huonder von Chur, hat angeblich entschieden, daß von den Ehepaaren in spe Kinder als Folge der Ehe nicht von vorneherein ausgeschlossen werden dürfen, damit sie kirchlich getraut werden können.

Und jetzt lese man unter dem verlinkten Artikel mal die große Mehrheit der Kommentare …

Daß es seit Jahrhunderten(!) Lehre der Kirche ist, daß ohne Offenheit für Kinder die Ehe nicht gültig ist, also keine kirchlich anerkannte Ehe ist, weiß anscheinend nahezu niemand mehr vom normalen Kirchenvolk.

Wer ein Beispiel vom Komplettversagen der Glaubensunterweisung der letzten Jahrzehnte braucht, bitte schön!

(Dabei geht es mir nicht um die Wertung dieser kirchlichen Lehre, mir geht es darum, daß man sie gefälligst kennen sollte, sich also eben nicht überrascht zeigt).


Die einen und die anderen

Saturday, 28. December 2013

Die einen, die Christen, feiern Weihnachten als Fest der Menschwerdung Gottes - ewig “unglaublich!” - immer noch. Der Baum steht, die Krippe auch, Weihnachtslieder werden vielleicht noch gesungen, das ganze kann noch ein Weile dauern.
Die anderen, falls sie das kulturelle Weihnachten gefeiert haben, haben den Baum schon abgebaut, warten evtl. auf die Mitnahme von der städtischen Entsorgung desselben - und haben sich vielleicht nie gefragt, warum der Jahreswechsel nicht an Weihnachten selbst, wäre ja mathematisch pasender, sondern 7 Tage später gefeiert wird (der Grund ist übrigens die sog. Weihnachtsoktav). Die Menschwerdung Gottes? Nein, was zählt, ist das Fest als kulturelles und im besten Fall familiäres wirkliches Fest.
Dann gibt es noch die dritten, da steht der Baum vielleicht, vielleicht auch nicht. Irgendwie ist da ein diffuser Glaube an Jesus, als Christkind faßbarer als als Mann am Kreuz und dann sogar Auferstandener. Das ganze im Schlepptau der Geschichte (Kirche, Sakramente, der ganze pipapo) läßt man lieber im eigenen Leben möglichst unbeachtet - von Lebenswenden mal abgesehen. Es stört mehr als daß es zu helfen scheint.

Und ich frage mich warum.

(Und bin gleichzeitig dankbar für das Geschenk des Glaubens, denn wirklich “erarbeiten” kann es sich niemand.)

Ich frage mich, warum es vielen so schwerfällt, einfach mal so zu tun, als wäre die ganze Geschichte von Jesus wirklich wahr. Nicht wie Bonhoeffer mal meinte (in ganz anderem Kontext!) so leben “als ob es Gott nicht gäbe”, sondern im Gegenteil so glauben und im besten Fall leben, als stimmte es.

Die einen haben philosophische oder erkenntnistheoretische Hinderungsgründe - diese respektiere ich, auch wenn ich sie für nicht stichhaltig halte. Doch viele scheinen zu denken (vielleicht irre ich mich!): “So what? Was hat das mit mir zu tun? Darum kann ich mich maximal noch kümmern, wenn ich alt und klapprig bin, so kurz vor dem Ende.” Sie feiern vielleicht Weihnachten, glauben vielleicht auch an Jesus, irgendwie, so ganz sicher sind sie nicht, aber wirklich beschäftigen tun sie ich mit diesem Thema kaum. Und genau das verstehe ich nicht. Denn wenn ich es für ansatzweise wahr halte, dann gibt es doch kein faszinierenderes Thema, oder? Und wie schafft man es, mit dieser ständigen Unsicherheit über die absolute Wahrheit klarzukommen? Ich würde ständig grübeln und mich in Literatur verkrümeln - was ich jetzt auch tue, schließlich bin auch ich ein Kind des skeptischen Zeitalters - nur um endlich mal klarzuhaben, was ich denn jetzt für richtig halte.

Nach meiner Erfahrung ist es so toll, an Jesus zu glauben, eben mit all dem pipapo mit Kirche und Sakramente und so, daß man diese Gewißheit allen wünscht! Nie mehr ist man wirklich einsam, die Welt-Anschauung ändert sich fundamental - und zwar ins wunderschön Positive - das ganze Leben, das eigene wie das der anderen, bekommt eine unbeschreibliche Wichtigkeit.

Des Evangeliums Freude, eben “Evangelii Gaudium”.


Evangelii Gaudium

Tuesday, 17. December 2013

Vielleicht bin ich etwas langsam (es gibt ja auch Wichtigeres zu tun), aber ich bin jetzt erst mit dem letzten Apostolischen Schreiben von Papst Franziskus fertig geworden.

Und es ist schon erstaunlich, oder vielleicht auch wiederum gar nicht - was bei mir hängen blieb, sind einige Passagen, die ich noch nirgendwo sonst debattiert gefunden habe.

Da wäre erstens der kleine Abriß einer kleinen Theologie der Stadt (Absätze 71-75). Das Christentum war anfangs eine Religion in der Stadt, kaum auf dem Land, und genauso ist auch die erneute Bewegung zu sehen (auch wenn auf dem Land die kulturellen Wegmarken oft noch stark vom Kulturbringer Kirche, mehr als von der Glaubensgemeinschaft Kirche, geprägt sind). Die Zukunft des Christentums liegt in der Stadt, in einem multikulturellen, multireligiösen und natürlich auch multinationalen Umfeld.

Dann hat mich ein größerer Abschnitt tief beeindruckt, in Kapitel 4 der ganze Abschnitt IIII, mithin die Absätze 217-237. Hier entwirft der Papst ein beeindruckende und konsistente Werteordnung aller Bemühungen um die Evangelisierung. Diese Ordnung tröstet und bestärkt, ordnet vieles, erfüllt von Hoffnung, richtig ein.

Dagegen sind die Aussagen, die bspw. das konkrete Papstamt, die soziale Gerechtigkeit oder Umgang mit Scheitern und Schuld, an mir ziemlich abgeperlt. Nicht daß sie nicht manchmal wunderschön voller Herz und Mitgefühl und manchmal auch Selbstironie formuliert wären, aber sie sind nichts Neues vom päpstlichen Lehramt, bloß alter Wein in vielleicht neu erscheinendem Schlauch. Natürlich stimme ich dem allem vorbehaltlos zu und halte es für gut, daß Papst Franziskus es erneut und deutlich in Erinnerung ruft, wie die Kirche das wirtschaftliche Handeln richtig bewertet, doch wie gesagt, was Neues ist das nicht (manch einer hat es vielleicht vorher nicht wahrhaben wollen).

Das was ich dagegen oben genannt habe, hatte ich so noch nicht gelesen (was nicht heißt, daß es nicht schon viele Ansätze bspw. einer Theologie der Stadt gäbe).

Aus jeder Zeile trieft aber die Freude am Evangelium, und das ist die größte Anfrage an einen jeden von uns. Kann man sie, falls überhaupt vorhanden, uns anmerken, ansehen, anhören?


Vielleicht sagst Du bis hierher “Na und?”

Saturday, 14. December 2013

Aber Weihnachten ist der Geburtstag des Gottes mit Migrationshintergrund.



Wieder da

Saturday, 07. December 2013

Die unendlich große Zahl an täglich mehrfach hier vorbeischauenden Internetsurfern wird festgestellt haben, daß diese Seite ein paar Tage nicht so richtig da war.

Ein Domainumzug hat nur schrittweise funktioniert (bzw. ich hatte zu wenig Zeit, den Inhalt direkt mit umzuziehen, der Domainname war schnell beim neuen Anbieter).

Jetzt jeht et wieder, wie der Rheinländer so sacht.

(Es wird auch noch alles wieder eingedeutscht irgendwann, keine Sorge)


Einwand Nummer 2

Monday, 04. November 2013

(Hier geht’s zum Einwand Nummer 1)

Der nächste Einwand gegen die christlich motivierte Gewaltlosigkeit, der in dem genannten Buch vorgestellt wird, hat es in sich - gleichzeitig ist dieses Kapitel eines der besseren, und es geht zur Sache.

Die Frage ist: ist es vertretbar, daß man Unschuldige sterben läßt, bloß weil man einem militärischen Eingreifen nicht zustimmt?

Die Kernfrage ist also nicht, ob man selbst für seine Überzeugung sterben würde, sondern ob man andere für seine Überzeugungen sterben lassen würde. Dies wird von dem Autor dieses Essays klar benannt.

Und er fängt schon sehr sympathisch an. Er ist nämlich nicht gerne Pazifist. Er mag es eigentlich überhaupt nicht, in diese Kategorie gesteckt zu werden, findet viele Pazifisten überheblich und selbstgerecht und hat die Erfahrung gemacht, auch im eigenen familiären Umfeld, daß militärisches Engagement nicht nur moralisch gut erscheint, sondern auch von Menschen vertreten und an der Front verantwortet wird, die höchst integre Persönlichkeiten sind.

Doch letztlich geht es nicht um säkulare Moral, um Moral, die jedermann und -frau vielleicht nachvollziehen kann, sondern es geht um das Beispiel Jesu. und es geht vor allem um eines: um die Auferstehung. Ohne die Wahrheit der Auferstehung sind wir als Christen ja nach den Worten des Apostels Paulus eh die erbärmlichsten Kreaturen auf diesem Planeten (1 Kor 15), ohne die Auferstehung macht christlicherseits konsequente Gewaltlosigkeit überhaupt keinen Sinn. Und nur mit dem Glauben an die Auferstehung kann man die Frage bejahen, ob der Tod Unschuldiger zu verantworten ist.

Der Glaube an die Auferstehung und an die Gerechtigkeit Gottes führt dazu, daß irgendwann und irgendwie Gott allen, auch den unschuldig Getöteten, Gerechtigkeit widerfahren läßt. Das ist die Überzeugung des Christen (ich hoffe mal, daß das Konsens ist).

Gleiches gilt auch natürlich für die unschuldig Getöteten, die bei einem militärischen Eingreifen umkommen - denn ohne diese menschlichen “Kollateralschäden” kommt auch in den Zeiten angeblich präzisester Vernichtungswaffen kein Konflikt aus.

Wer militärisches Eingreifen ablehnt, tötet zwar nicht, aber er macht es sich ggf. zu bequem, nur damit er sich nicht die Hände schmutzig machen muß. Es ist aber auch möglich, ein militärsiches Eingreifen abzulehnen und trotzdem aktiv zu sein (siehe Einwand Nummer 1). Nur bei Untätigkeit wird das Töten regungslos zugelassen. Daher greift dieser oft gehörte Vorwurf des “sich zu leicht machens” nicht.


Berechtigte Frage

Tuesday, 29. October 2013
Gibt es etwas Lächerlicheres als einen Christen, der sich nicht um die Anderen kümmert?

Johannes, ca. 345-407, Patriarch von Konstantinopel, genannt Chrysostomus (Goldmund)


Anspruch

Monday, 07. October 2013

Ein Freund amüsiert sich manchmal wohlwollend über meine u.a. in christlichen Internetforen kundgetane Meinung, daß man die Menschen bitte nicht unterfordern solle. Ich bin schon seit Jahren der Meinung, daß anspruchsloses Ohrschmeicheln in Predigten und Verlautbarungen von welcher Stelle auch immer letztlich den Menschen viel weniger dient als Aufforderungen und Aufrütteln.

Und als ich gestern mit iubita mea ein super interessantes Buch des Begründers der Logotherapie, Viktor Frankl, las (nicht zu verwechseln mit Logopädie, was ganz anderes), stieß ich auf ein Zitat eines sehr bekannten Deutschen. Frankl betrachtet dieses Zitat als Grundlage jeglicher Psychotherapie.

Ich denke es ist ebenso geeignet als Grundlage jeglicher Pastoral.

Wenn wir die Menschen nur nehmen wie sie sind, so machen wir sie schlechter; wenn wir sie behandeln, als wären sie, was sie sein sollten, so bringen wir sie dahin, wohin sie zu bringen sind.

J.W. von Goethe


Einwand Nummer 1

Friday, 27. September 2013

Wie schon erwähnt, möchte ich ab und zu ein wenig die Einwände skizzieren, die in dem Buch “A Faith not Worth Fighting For” gegen die Position der christlich motivierten Gewaltlosigkeit angebracht werden.

Hier folgt der erste, oft gehört, gerne auch in den Sozialen Medien mal vorgebracht:

“Ist Gewaltlosigkeit nicht passiv?” (das ist die schöne Umschreibung für deutlichere Vorwürfe, die man sich anzuhören hat, wenn man kriegerische Maßnahmen der verschiedensten Motivation ablehnt)

Nein, Gewaltlosigkeit ist alles andere als passiv. Auf Wikipedia findet sich folgendes schönes Zitat des bekannten Autors Aldous Huxley:

Gewaltloser Widerstand bedeutet nicht Nichtstun. Er bedeutet, die ungeheure Kraftanstrengung zu unternehmen, die nötig ist, um das Böse mit dem Guten zu besiegen. Diese Kraftanstrengung baut nicht auf starke Muskeln und teuflische Waffen: Sie baut auf moralische Tapferkeit, auf Selbstbeherrschung und auf das unvergessliche, zähe Bewusstsein, dass es auf Erden keinen Menschen gibt - so brutal, so persönlich feindselig er auch sei - ohne angeborenes Fundament von Güte, ohne Liebe zur Gerechtigkeit, ohne Achtung vor dem Wahren und Guten; all dies ist für jeden erreichbar, der die geeigneten Mittel verwendet.

Das Entscheidende dabei ist, und das ist grundlegend für die das Christliche an der Motivation, dass die Treue zur eigenen Überzeugung wichtiger ist als der Erfolg. Der gewaltlose Weg wird als der Weg der Nachfolge Christi verstanden.

Aber natürlich sind auch Nichtchristen unter den überzeugten Anhängern der Gewaltosigkeit (wer bspw. meint, im Islam könne es sowas nicht geben, zumindest nicht mit Einfluss, der schaue sich mal die Geschichte von Khan Abdul Gaffar Khan genauer an), doch deren Motivation ist für mich nicht entscheidend (und für die Autoren des Buches auch nicht).

Welche Methoden des gewaltlosen Widerstandes gibt es?

Nach dem einflussreichsten Theoretiker der Gewaltlosigkeit, gene Sharp, sind die Methoden zusammengefasst folgende (zu jeder gibt es zahlreiche Ideen des “Auslebens”, man muss sehen, was für einen und für eine konkrete Situation am besten passt):

Gewaltfreier Protest und Überzeugung
Soziale Nichtzusammenarbeit
Wirtschaftliche Boykottaktionen
Streikaktionen
Politische Nichtzusammenarbeit
Gewaltfreie Intervention

Ziel des gesamten Gedankens der Gewaltlosigkeit ist dabei nicht der Sieg, nicht der Erledigen des Feindes, sondern vielmehr das Gewinnen des Feindes. Ja, es ist viel mühsamer und sicher auch deswegen häufiger nicht von Erfolg gekrönt. Doch hier bin ich wieder bei Jesus: er endete am Kreuz, weil er sich selbst in der Gewaltlosigkeit treu blieb - und gerade da zeigt sich die Bestätigung durch Seinen Vater.