Erstaunt

Thursday, 12. September 2013

Ich stelle gerade überrascht fest, dass dieser Blog (ich bleibe bei der männlichen Form) vor rund zwei Monaten 10 Jahre alt wurde - wie die Zeit vergeht.
Und wenn ich mich so umschaue, und manch alter Hase ist nicht mehr aktiv zu erblicken, hat wohl nur noch Dylan grauere Blog-Haare als ich.


Zusammenhang

Wednesday, 11. September 2013

Man mag mich für naiv halten, aber ich bin davon überzeugt, daß die lapidar dahingesagte Aussage des US-amerikanischen Außenministers John Kerry über die Kontrolle der syrischen Gaswaffen (ich gehe davon aus, daß das in der Tat rein rhetorisch gemeint war und nicht abgesprochen war) und in Folge die plötzliche Wendung des Konfliktes direkt was mit dem “Gebetssturm” für den Frieden zu tun haben, der kurz zuvor die Welt bewegte.


Paralleluniversen

Friday, 02. August 2013

Ich muss mich immer wieder wundern, für was die Kirche und ihr höchster Repräsentant, der Bischof von Rom und daher Papst, so gehalten wird.

Daß “die Welt”, also die säkularen Medien und Säkulare generell, ihn nicht verstehen, das wundert mich nicht. Sie hängen an seinen Lippen, ob denn mal was kommt, was ihrer eigenen Agenda entspricht. Oder sie beurteilen sie nach dem Standard, den ein Christ ihrer Meinung nach zu erfüllen habe. Dass Papst Franziskus da gut abschneidet, ist nett, aber wahrscheinlich nicht nur ihm egal. Er wird nicht allzuviel auf Meinungen geben.

Doch seltsam ist das Verhalten von angeblich Kirchentreuen - sie verhalten sich nämlich genauso. Beide wollen ihre Reformanliegen unterstützt sehen, egal wie sie denn nun heißen und was das für Anliegen sind. Auch für sie ist der Papst ein Mensch, an den sie konkrete Erwartungen haben und der sie zu erfüllen habe - sonst ist er eben kein guter Papst.
Genauso wird die Kirche gesehen - sie hat die eigenen Bedürfnisse zu erfüllen, nach - zur freien Auswahl, ist nur ein Ausschnitt - “Spiritualität”, nach “Mystik”, nach “Bewahrung der Tradition”, “Eintreten für das Leben”, “Eintreten für soziale Gerechtigkeit” und so weiter und so weiter. Dabei wird das Ringen um die eigene Meinungsherrschaft wahlweise in kirchlichen oder säkularen Medien ausgefochten, gerne auch im Netz, beliebte Themenfelder sind die Liturgie, die disziplinarischen Regeln der Kirche und die Frage nach Amt und Macht.

Nur: das hat wenig bis nichts mit dem zu tun, wofür der Papst und die Kirche da sind.

Die Hauptaufgabe des Papstes ist es nicht, der größte Weltprediger zu sein, allen möglichen Entscheidungsträgern die Leviten zu lesen oder sich in politische Debatten einzuschalten. Klar kann er das machen, muss das aber nicht. Vorherige Päpste haben das zuhauf getan, aber das bedeutet nicht, daß das ein Muss ist.
Seine Hauptaufgabe ist es, die Geschwister im Glauben zu stärken und den ganzen Laden zusammenzuhalten. Das sind zutiefst innerkirchliche Aufgaben. Und es sind Aufgaben, die sich mit einer politischen Agenda, sei sie auch kirchenpolitisch, nicht vereinbaren lassen.

Und die Kirche? Sie stellt uns die Heilmittel zur Verfügung, damit wir unsere Seele retten und von der Sünde und ihren Folgen gereinigt werden. Es geht dabei immer um uns, um jeden einzelnen, nicht um den Papst, nicht um den eigenen Pfarrer, nicht um die Fragen nach der Form der Hl. Messe.
Die Kirche stellt an mich die Frage: “Läßt Du Dich darauf ein, Deine Wunden durch Ihn mit meiner Hilfe heilen zu lassen? Bist Du wirklich offen dafür?”

Das hat mit interessengeleiteten Agenden aber nichts zu tun. Deswegen wird der jetzige Papst auch alle Seiten enttäuschen müssen irgendwann, denn er rückt nicht davon ab das zu tun, was eben essentiell für seinen Job ist - und er sieht die Kirche genauso.


Zurück

Tuesday, 23. July 2013

Da ich die letzten zwei Monate fast ununterbrochen außer Landes war und meine Zeit nicht an irgendeinem Rechner verbringen wollte, kam hier nichts neues.

Während dieser Zeit habe ich ein Buch über Gewaltlosigkeit und gewaltlosen Widerstand aus christlicher Motivation gelesen, das mich zutiefst beeindruckt hat. Die gängigen Einwände und Vorurteile werden dort alle ernsthaft und sukzessive bearbeitet und beantwortet.

Hier ist schon mal das Titelbild, auf die Inhalte gehe ich später noch mal ein. Ist keine leichte Kost, fordert ein neues Denken, aber zutiefst vom Evangelium geprägt (und somit zutiefst franziskanisch, das nur nebenbei):


Eine Frage der Priorität

Tuesday, 21. May 2013

Aufhänger der im folgenden beschrieben Diskussion war folgendes: der Aachener Friedenspreis wird dieses Jahr unter anderem an drei Schulen verliehen, die sich dafür ausgesprochen haben, daß die Bundeswehr keine Möglichkeit haben soll, im Rahmen der eigenen Schule für sich zu werben.

U.a. auf Barbaras Blog, aber nicht nur dort, sondern auch auf facebook und in anderen Medien, wurde auch von katholischer Seite gegen diese Entscheidung protestiert, Barbara schrieb einen Brief an den Ortsbischof Heinrich und an den Militärbischof Franz-Josef.

Ich hatte damals im Kommentarbereich des Beitrages über den Brief an Bischof Heinrich folgendes geschrieben:

Als erstes:

Ich halte die Preisverleihung für vollkommen richtig, gerade weil ich Christ bin. In der Nachfolge Jesu darf Gewalt keinen Platz haben.

und danach aufgrund von Gegenmeinungen:

Barbara hat sich in dem Brief als Katholikin geoutet, somit als Nachfolgerin Jesu. Wieso es für eine Nachfolgerin des gewaltlosen Königs der Könige nicht zu verstehen ist, dass manche einer auf Gewalt basierenden Organisation keine Plattform bieten wollen, ist mir schleierhaft.

Die Bundeswehr ist weder das THW noch das DRK, sie besteht vielmehr aus Soldaten, deren Grundausbildung eben effektives Töten nahebringt - das ist der Sinn einer Armee.

Natürlich darf man andere beschützen, das Tötungsverbot gilt aber immer.

Ein Beitrag auf Barbaras Blog ist wahrscheinlich Resultat dieser meiner Kommentare, dazu gibt es im Kommentarbereich selbet noch vesrchiedenen gegenmeinungen, u.a. den Hinweis, daß bei den Zehn Geboten vom Mord und nicht vom Töten die Rede ist.

Ich möchte jetzt im einzelnen auf diese Meinungen eingehen, dabei ist die Reihenfolge nicht priorisiert, sondern wie sie mir in den Kopf kommt.

1. es ist durchaus umstritten, wie das Tötungsverbot der Zehn Gebote ( 2 Mos 20,13 und 5 Mos 5,17) richtig zu übersetzen ist. Die Vulgata schreibt “non occides”, was “töten, niederschlagen” bedeutet, Luther übersetzt mit “töten”, die Elberfelder ebenfalls, die Einheitsübersetzung dagegen mit “morden”. Bei den internationalen Übersetzungen (ich überblicke Spanisch, Englisch, Französisch und Rumänisch) gibt es durchaus wechselhafte Übersetzungen selbst innerhalb der gleichen Sprache (also wie bei uns). Von eindeutig “du sollst nicht morden!” kann also keine Rede sein.

2. Barbara bezeichnet sich selbst als nicht in der Nachfolge Jesu stehend, weil sie die Evangelischen Räte nicht befolge. Nun, das eine hat mit dem anderen nur bedingt etwas zu tun. Jeder getaufte und gefirmte Christ steht in der Nachfolge Jesu, für einen gläubigen Christen gilt dies umso mehr. Natürlich gibt es die besondere Art der Nachfolge eben in Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam, so wie es neben dem allgemeinen noch das besondere Priestertum gibt, aber die Nachfolge an und für sich gilt für alle, unabhängig vom Lebensstand. Davon kann sich keiner und keine freisprechen. Uns allen soll es zuerst um das Reich Gottes gehen - das bedeutet nichts anderes als in Seiner Nachfolge zu stehen und dafür zu leben, daß diesem Reich der Boden bereitet wird.

Sollte der erwähnte Beitrag aufgrund meiner Kommentare geschrieben worden sein, so werden mir in diesem “moralisierende Vorwürfe” sowie eine “Überhöhung” über andere Christen unterstellt, zudem solle ich mir doch anschauen, wie Jesus mit den Soldaten umgegangen sei.

Inwiefern ich jemandem Vorwürfe gemacht habe, ist mir nicht bekannt. Ich denke zwar in der Tat, daß der Soldatenberuf mit der Nachfolge Jesu schlecht bis gar nicht vereinbar ist, aber das bedeutet nicht, daß ich jemandem Vorwürfe mache, wenn er es anders sieht. Würde ich Vorwürfe machen, wäre meine Rede schon nicht mehr gewaltfrei (was sowieso am schwierigsten ist). Ich überhöhe mich über niemanden, habe allerdings meine Überzeugung.
Jesus war gewaltlos - und gerade das hat zur Gewalt geführt, da dieser Botschaft immer widersprochen wird. Und wenn ich mich Christ nenne, also zu Christus gehörend, dann kann ich nicht - das ist meine feste Überzeugung - redlicherweise andere Grundprinzipien als der vertreten, mit dessen Namen ich mich schmücke.
Jesus ging mit den Soldaten so wie mit allen Leuten um: fair und gerecht. Nur weil Er jemandem keine Vorwürfe machte, heißt das noch lange nicht, daß Er damit einverstanden war. Auch dem Zöllner gegenüber, der letztlich sein ergaunertes Vermögen zurückgeben wollte, hat Er sich zuvor offen, freundlich und fair gegenüber gezeigt.

Dabei geht es prinzipiell in dieser Frage gar nicht um Erfolg oder Mißerfolg, dabei geht es nicht um Völkerrecht, nicht um die Frage, ob die USA jemals von der afghanischen Regierung oder Armee angeriffen worden sind (ich kann mich zwar nicht daran erinnern, aber was soll’s), nicht um die Frage, was eine demokratische Institution ist und was nicht, sondern einzig und allein um die Frage: was kann ich mit dem Namen “Christ” vereinbaren, was ist dieser Name mir wert? Was steht höher: ein Staatsgebilde und ihre Institutionen oder mein Glaube an den Dreifaltigen Gott, der sich in Vollkommenheit im gewaltlosen Jesus offenbart hat? Es ist letztlich eine Frage der Priorität.

Ich hatte schon vor kurzem angedeutet, daß wir viel zu tief im utilitaristischen Denken verhaftet sind: was bringt das, was nutzt das, was hilft etc. Uns soll es um das Reich Gottes gehen, und da werde ich wohl Zustimmung ernten (hoffe ich), das hat wohl mit Utilitarismus eher wenig zu tun.

Mit dieser Meinung mache ich mir sicher nicht nur Freunde, auch innerkirchlich nicht (und zwar nicht nur im Netz). Zwar ist sie seit Jahrhunderten kirchlich abgesegnet (schon Papst Nikolaus IV., der die erste Regel für den weltlichen Franziskanerorden approbierte, untersagte dort das Waffentragen für die weltlichen Ordensleute, was das Ende einiger italienischer Stadtkriege bedeutete), aber leider hat sie sich nocht nicht durchsetzen können. Aber so ist Gewaltlosigkeit nun einmal: ein Angebot, sie drängt sich nicht auf. Sie will überzeugen mit Argumenten und dem Leben, nicht mit Privilegien und Macht. Bei Jesus endete sie am Kreuz, am Ort unseres Heiles. Sie hat auch schon andere Verfechter zu ihrem ganz persönlichen Kreuz geführt, mich noch nicht. Ich hoffe ehrlicherweise auch, daß dieser Kelch an mir vorüber gehen wird.


Positiver Standesdünkel

Saturday, 18. May 2013

Die Zentrale Ethikkommission der Bundesärztekammer ist zwar jetzt nicht das bekannteste Ethikgremium der Bundesrepublik, aber, im Gegensatz zu manch anderem, was meine ärztlichen KollegInnenen so publik machen, eines der ärztlichen Stimmen, auf die man sich auch als christlicher Arzt noch mehr oder weniger “verlassen” kann.

Hier findet man die brandaktuelle Stellungnahme zu dem etwas sperrigen Thema: “Versorgung von nicht regulär krankenversicherten Patienten mit Migrationshintergrund” - also kurz gesagt: “Medizinische Versorgung von Asylbewerbern und Illegalen”

Derzeit gibt es in der aktuellen Gesetzeslage verschiedene skandalöse Tatbestände, die unbedingt abgestellt gehören und die auch in der Stellungnahme angesprochen werden - ich nenne nur zwei:

1. derzeit entscheidet ein Sachbearbeiter des Ausländeramtes (also medizinischer Laie), ob ein Asylbewerber zum Arzt darf - d.h. faktisch, der Patient muss dort vorstellig werden, seine Beschwerden schildern, und darf dann auf die Erlaubnis hoffen zum Arzt gehen zu dürfen. Und im Notfall darf man selbst nicht ins Krankenhaus gehen oder von Nichtärzten (Freunden, Verwandten) gebracht werden. So etwas ist vollkommen inakzeptabel. Man stelle sich vor, eine Notaufnahme würde alle abweisen, bei denen vorher nicht zuhause ein Arzt gewesen ist - eine Horrorvorstellung.

2. derzeit ist es so, daß Illegale deswegen einen Gang insbesondere ins Krankenhaus (Schwangerschaft und Geburt!) scheuen, weil die Krankenhauseitung bei Aufnahme verpflichtet ist, die Daten ans Ausländeramt zu melden, was einer drohenden Abschiebung gleichkommt. Medizinische Versorgung muss ohne Ansehen und Gefahr für die zu behandelnde Person ausführbar sein, dieser Raum gehört zwingend geschützt!

Ich hoffe, daß die Stellungnahme der Ethikkommission nicht verpufft im medialen Zirkus und bin dankbar für diese klare Stimme.


Osterzeit

Friday, 17. May 2013

Es gibt so ein paar Tage im Jahr, da finde ich die kirchlichen Vorgaben nicht so richtig schlüssig.

Bspw. finde ich es seltsam, daß es in der Osterzeit Fastentage gibt - nämlich die Freitage (und deswegen faste ich auch nicht, wiewohl ich sonst schon versuche die Freitage fleischlos zu bleiben - manchmal vergesse ich es aber auch).

Und heute finde ich es ganz besonders seltsam - wir steuern Pfingsten an! Wie kann man da fasten, wie kann man da - wenn man ihn betet - den Schmerzhaften Rosenkranz beten, wo doch der Glorreiche inhaltlich tausendmal besser paßt?

Gut, so entscheidend ist das alles nicht, das ganze Thema nicht, aber manchal mache ich mich auch über so etwas Gedanken. Und es soll jetzt auch nicht so klingen, als würde ich täglich den Rosenkranz beten, das passsiert alle Jubeltage mal, aber heute war es unterwegs eben mal wieder soweit.


Mehr verstanden

Monday, 13. May 2013

Seitdem ich mich mehr mit dem Thema der Gewaltlosigkeit als Nachfolge Jesu beschäftige, habe ich das Gefühl, plötzlich viel mehr vom Evangelium zu verstehen. Echt krass.

(Nur dummerweise wird es dadurch nicht einfacher)


Sowohl als auch

Monday, 13. May 2013

Dass es dieses Buch jetzt auch auf Deutsch gibt, war zwar zu erwarten, wußte ich aber noch nicht, als ich es anfing zu lesen. Nun, daher beruhen meine Eindrücke auf der spanischen Edition.

Ich finde, es gibt in diesem Buch viel “sowohl als auch”, und zwar sowohl den Inhalt der Aussagen insbesondere des damaligen Kardinals als auch den Dialog zwischen ihm und dem Rabbiner selbst betreffend.

Was mir als erstes auffiel, ist, das ich das Gefühl habe, so richtig miteinander reden die beiden eher selten. Viele Themen werden oberflächlich angekratzt, beide geben Statements ab, bestätigen sich manchmal, aber so richtig tief geht das nicht immer. Bei manchen Themenfeldern aber, wie bspw. dem Verhalten der Kirche in Argentinien während der Militärdiktaur oder bei der Frage nach der zukünftigen Rolle der Religion an und für sich, kommt es zu einem richtigen Austausch, dann auch mit Substanz. Also sowohl als auch. Vielleicht lag es auch am Format des Buches, da jedes der fast 30 Themen eine längere Betrachtung verdient hätte.

Dann ist die Betonung der Glaubespraxis für den Papst augenfällig, und zwar die Verpflichtung für jedermann und -frau, aus der man sich auch durch Unterstützung für professioneller Hilfe (Spenden für Caritas bspw.) nicht frei”kaufen” kann. Das richtige Tun, die Orthopraxie, muß aus dem rechten Glauben, der Orthodoxie, hervorgehen, sonst ist es mit der Orthodoxie nicht weit her. Beispiele dafür gibt es im Buch zahlreiche. Nur das Tun ohne den Glauben als festes Fundament dagegen würde die Kirche überflüssig machen.

Dann bestätigt sich das, was auch in seinem Pontifikat immer wieder aufscheint - Papst Franziskus ist unkompliziert, weiß aber genau wie er wirkt und überläßt nichts dem Zufall. Er weiß, warum er was tut und warum er anderes unterläßt. Als Herzblut-Seelsorger und Hirte insbesondere für die Armen nimmt er sich auch sehr zurück, wenn es um Parteinahme in der Politik geht - so geht er selbst nicht wählen, um für alle alles sein zu können.

Rabbiner Abraham Skorka eröffnet häufig die Themen und Jose Bergoglio steigt dann mit ein. Fast immer gibt es Übereinstimmungen, Unterschiede werden kurz angerissen, aber nie wirklich thematisiert, was ein gutes Beispiel für gelungenen Dialog darstellt, wenn man den anderen auch anders sein läßt, was der Sache aber doch viel Würze nimmt, da gar nicht darüber gesprochen wird, warum der Gesprächspartner überhaupt interessant ist - denn gewählt wurden ja beide wegen ihrer unterschiedlichen Glauben.

Also, das Buch ist sicher interessant zu lesen, aber umgehauen hat es mich nicht. Das darf man aber keinesfalls als Abwertung der beteiligten Personen werten. Ich denke einfach, das Format hat mit dem Zwang zur Kürze viel an möglichem Niveau gekostet, wobei dieses Niveau manchmal aufblitzt. Leider recht selten.


Richtige Reihenfolge

Monday, 29. April 2013

Wenn es um die Einheit der Christen geht, wird gerne folgendes Wort Jesu aus dem sog. Hohenpriesterlichen Gebet aus dem Johannes-Evangelium zitiert (JohEv 17,21):

Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.

D.h. durch die Einheit der Christenheit wäre das Zeugnis für die Herrlichkeit Christi um ein Vielfaches stärker. Aber: warum soll “die Welt” überhaupt den Menschen glauben, die sich Christen nennen? Was können wir dazu beitragen? Wie bekommt das Zeugnis von der Einheit der Christenheit und der Kirche Gewicht?

Ganz einfach (Joh 13,34 f., Kenner werden sich an das gestrige Sonntagsevangelium erinnern):

Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt.

Und hier sehe ich das Problem, dass viel zu oft die Prioritäten verschoben sind. Egal, was die Christenheit so anstellt, wie sehr sie sich einigt, wie sehr die Kirchen über ihre Schatten springen und sich einigen in Amt und Sakrament; wenn wir einander nicht lieben, ist das Zeugnis gleich null - denn niemand wird uns für voll nehmen.

Und dafür braucht man keine großen theologischen Abhandlungen studiert haben, muss nicht besonders viel wissen (das mag sogar potentiell schädlich sein für ein reines Herz), man muss bloß akzeptieren, dass der andere nicht nur der andere ist und bleibt, sondern auch anders denkt als man selbst (ohne deswegen die eigene Überzeugung an Wahrheit aufzugeben - und in meinem Fall gibt es Legionen von bislang unbefriedigend beantworteten Fragen an die prot. Theologie(n)).

Ich bin sogar überzeugt: erst wenn wir mehr und ehrlicher einander lieben, wird aus den Hindernissen Reichtum. Wie das genau funktionieren soll? Keine Ahnung. Ob das überhaupt funktionieren kann? Für Gott ist nicht unmöglich, hat mal der Herr behauptet. Eine Ahnung habe ich allerdings nicht.

Doch der Auftrag ist klar: man selbst bleiben und lieben (für mich der Inbegriff des Reiches Gottes). Der Rest kommt dann von alleine.


Neues Gotteslob

Saturday, 27. April 2013

Das neue Gotteslob, welches u.a. die Lieder für die Eucharistiefeier enthält, ist schon in Druck und wird Ende des Jahres (zum 1. Advent, soweit ich weiß, also zum Beginn des Kirchenjahres), erhältlich sein und dann die Norm werden.

Der folgende Link führt zu dem Beitrag der “Herder Korrespondenz”, der dieses neue Gottesob bewertet und einiges an Hintergrundinformationen bringt:

http://www.herder-korrespondenz.de/aktuelle_ausgabe/special/details?k_beitrag=3364630&campaign=kathde/20130422


Keine Erfolgsgeschichte

Thursday, 18. April 2013

Wer rechts in der Suchmaske das Wort “gewaltlos“ eingibt, wird feststellen, daß ich das häufiger thematisiere. Dabei habe ich bislang auch immer deswegen diesen Weg der Konfliktlösung favorisiert, weil er mit oftmals gleichen Erfolgsaussichten viel eher dem Beispiel Jesu entspricht.
Dazu passt das Zitat “People try nonviolence for a week, and when it ‘doesn’t work’ they go back to violence, which hasn’t worked for centuries” von Theodore Roszak.

Doch habe ich jetzt erkannt, daß diese Begründung eigentlich falsch ist.

Warum werden Menschen wie Mohandas “Mahatma” Gandhi und Martin Luther King nachwievor bewundert, warum werden ihre Schriften gelesen?

Nein, nicht weil sie gewaltlos waren.

Sie waren in ihrer Gewaltlosigkeit Nachfolger Jesu, Gandhi sogar explizit als Nicht-Christ, aber eines unterschied sie existentiell von Jesus.
Sie hatten etwas, was Jesus während seines irdischen Lebens mit der Gewaltlosigkeit nicht hatte:

Erfolg.

Es wird wahrscheinlich Hunderte geben, die als Anführer kleinerer oder größerer Bewegungen gewaltlos blieben, aber eben - genauso wie der Mensch Jesus - gescheitert sind, auch sie gelandet am Kreuz ihrer Zeit. Kaum jemand spricht noch von ihnen.

Dabei haben sie trotz des drohenden und später eingetretenen Misserfolges, genauso wie übrigens Gandhi und King immer gesagt haben - und wie es Jesus vorgelebt hat - die Methode immer über den Erfolg gestellt.

Was ist also, wenn man als Christ mit diesem Thema sich beschäftigt oder konfrontiert wird, wichtiger: der Erfolg der Methode oder die Methode als solche?

Jetzt wird mir erst klar, was John Dear meint, als er sagte, er tue das alles, weil er Jesus folgen wolle, nicht weil er darin eine besonders erfolgversprechende Art der Konfliktlösung sieht. Oder wie er schreibt (und ich ihn schon mal zitiert habe):

Of course, I get attacked by the left and the right. On occasion someone tells me I’m wasting my time. Church authorities regularly ban me from their precincts. One Trappist monk told me I’ve undertaken “a hopeless cause, but a noble one.”
For me, however, the mission of peace is something entirely different. I expect it to be about as “effective” as going to Mass, sitting in silent prayer, or visiting the sick. In other words, it makes all the difference!

Mich wundert, daß auch bei diesem Thema die Inkonsistenz der “kirchenpolitischen Lager” sichtbar wird, hier insbesondere des sog. rechten Lagers. Während diese oftmals große Anhänger einer würdigen Liturgie sind (bin ich auch), den häufigen Empfang aller dafür zugänglichen Sakramente empfehlen (insbesondere also auch der Beichte!), das kontemplative Gebet unterstützen (sehr gut!), die katholische Lehre der Kirche hoch halten (immer zu empfehlen!) - alles ohne auf die Frage zu achten, ob das ganze besonders effektiv sei bspw. in der Frage der Mission, weil die Wahrheit eben nicht verhandelbar ist - sind sie beim Thema Gewaltlosigkeit im hier und jetzt als Mittel der Nachfolge Jesu(!) häufig zurückhaltend und sehen hier dann plötzlich das, was sie in den genannten Fragen manchmal für verachtenswert halten, als wichtigstes Kriterium an: was kommt hinten raus.

Konsequenz sieht anders aus.

Also: was sollte für einen Christen im Vordergrund stehen, wenn es um sein gelebtes Christsein geht (dazu gehören Messbesuche ebenso wie Gebete und die Einstellung zur Gewalt zur Zielerreichung)?


Strategie entdeckt

Thursday, 28. March 2013

Wer schon immer wissen wollte, wie die MSM (Mainstreammedien) an die Themen der Kirche rangehen - folgende Szene wurde neulich aus einer geheimen Redaktionssitzung geschmuggelt:


Inspirierend

Friday, 22. March 2013

Man muß nicht mit jeder seiner theologischen Meinungen übereinstimmen, aber wenn es um die Frage der Gewaltlosigkeit geht, dann argumentiert John Dear SJ sehr überzeugend - und lebt es authentisch vor. Mehr als siebzig Mal wurde er schon aufgrund friedlichen Protestes festgenommen, hat deswegen Monate in Isolier- und Einzelhaft verbracht und sich dennoch nie stoppen lassen, sich für Frieden einzusetzen. Wahrer Frieden kommt nicht einfach so auf uns wie die Pax Romana vom großen Kaiser Augustus, wahrer Frieden wächst durch das rechte Zusammenleben der Menschen über Grenzen von Volk, Ethnie, Glauben etc. hinweg.
Dabei, und das macht das Buch auch so empfehlenswert (ich habe es schon vor Jahren gelesen), betont Dear meines Erachtens nach vollkommen zurecht, daß der Frieden mit und in sich selbst die Grundvoraussetzung ist, Frieden nach außen zu schaffen.
Da Franziskus (der aus Assisi, den anderen nenne ich auch immer Papst) ja derzeit aus aktuellem Anlaß in aller Munde ist, möchte ich nur kurz darauf hinweisen, daß er den Menschen genau dies immer wünschte und sie damit segnete, mit dem Frieden Gottes (der Name dieses Blogs ist ja der franziskanische lateinische Gruß schlechthin). Die Armut, die Franziskus leben konnte, wäre ohne diesen inneren Frieden nie möglich gewesen. Sein Einsatz für den Frieden bei Kriegen und Streitereien ebensowenig, seine Zurücknahme seiner selbst als er die Leitung des Ordens aufgab auch nicht und so weiter - all das konnte er nur, weil er den Frieden des Herrn hatte.

Was bedeutet das für uns? Viele wollen eine arme Kirche, viele wollen, daß die Kirche, wenn auch nur symbolhaft, Schritte unternimmt, damit sie selbst auf Leitungsebene wieder glaubwürdiger mit der Botschaft auftritt, die sie verkündet. Doch gleichzeitig fordern das auch manche auf sehr eindringliche Art und Weise, klagen an, glauben besser zu wissen und be- und verurteilen. Haben Sie den Frieden? Ohne den Frieden schaffen auch wir die Änderung unseres Lebens nicht, die vielleicht durch eine exponierte Person wie der Papst neu an uns als Anfrage gestellt wird (schon erstaunlich, daß der Stellvertreter manche mehr zum Denken bringt als der Chef selbst).
Daher ist Wut auf die Umstände, verbissener Wille oder Ärger über Ungerechtigkeit als Hauptmotivationen selten ein erfolgverprechendes Rezept, besonders nicht für einen selbst, wenn man anderen was substantiell Gutes tun will. Die wirkliche Motivation aus dem Glauben an Jesus heraus ist die Gnade des erfahrenen Friedens durch Ihn.


Gerade mal zwei Tage

Friday, 15. March 2013

Gerade mal zwei Tage ist Papst Franziskus im Amt, schon wird er auch innerkirchlich aufs ärgste beäugt und beurteilt, egal von welchem Lager. Sich besonders besonnen dünkende Menschen meinen, daß es für ein Urteil natürlich noch “viel zu früh” sei.

Wie wäre es daegen mit Jesus’ Hinweis, mal so was ganz neues im innerkirchlichen Dialog, zitiert in Mt 7,1?

Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.


Papst Franziskus

Wednesday, 13. March 2013

Ich bin hellauf begeistert, daß er sich den Namen des Hl. Franz gegeben hat. Und ich bin jetzt schon zuversichtlich, daß von ihm noch weitere positive Impulse zu erwarten sind. Aber allen Reformgierigen muß ich sagen - auch er wird aller Voraussicht nach katholisch bleiben…


Vollgeld - die Alternative

Wednesday, 13. March 2013

Als Franziskus lebte, kam es zu einem entscheidenden Umbruch in der Gesellschaft des Mittelalters, den er selbst als Sohn eines Tuchhändlers hautnah miterlebte: den Wandel von einer dominierenden Tausch- zu einer dominierenden Geldwirtschaft.

Geld stand plötzlich im Mittelpunkt und war nicht mehr nur das Mittel, um den Wert von Gütern umzurechnen, sondern wurde zum eigentlichen Zweck des Besitzes.

Daraus erwuchs seine Ablehnung des Geldes, weil er sah, wie es zum Götzen werden kann.

Bis heute hat sich an all dem nicht viel geändert: Geld ist immer noch Selbstzweck und leider auch Götze für viele.

Interessanterweise war aber früher doch einiges anders: es ging hauptsächlich um Geld, das man tatsächlich auch besitzt - heute geht es um Geld, das auf dem Konto als Zahl erscheint.

Und noch viel interessanter ist der Umstand, wie es dort hinkommt bzw. die Frage, ob es tatsächlich existiert.

Kann denn Geld auf den Konto sein, das es gar nicht gibt?

Ja! 90% des derzeit “gehandelten” Geldes gibt es eigentlich gar nicht (in Münzen und Banknoten), es handelt sich dabei um sog. Giralgeld.

Das entsteht ganz einfach: eine Bank vergibt einen Kredit (bspw. 200.000 Euro für einen Hauskauf) und überweist diese Summe an den Kreditnehmer. Bei dem sind dann 200.000 Euro mehr auf dem Konto.

Die Bank hat dieses Geld aber einfach erfunden (Giralgeld klingt besser)! Derzeit werden nur rund 3% der Kreditsummen durch echtes, also Zentralbankgeld abgesichert, insgesamt müssen weniger als 10% durch Eigenkapital der Bank abgesichert sein, also 90% können frei erfunden werden.

So findet die tagtägliche Geldvermehrung statt.

Da somit viel mehr Geld im Umlauf ist als Güter dahinterstehen und es somit sich um im wahrsten Sinne des Wortes “Luftnummern” handelt, ist das Risiko dementsprechend bei Krisen groß. Denn wenn, Stichwort Immobilienkrise, diese zuvor großzügig verteilten Kredite plötzlich nicht mehr bezahlt werden können, muß der geringe Anteil Eigenkapital herangezogen werden und aus dem großen Verdienst wird ein Verlust.

Dazu kommt noch etwas anderes: aufgrund dieser Fähigkeit, Geld zu erfinden, machen sich die Staaten bei privaten Intituten abhängig (nämlich den Banken), da sich sich ja bei ihnen refinanzieren. Und diese Abhängigkeit von ganzen Völkern gilt es zu beenden.

Ein vielversprechender Ansatz ist der, daß nur noch Geld verliehen werden darf, das wirklich existiert. Klingt zwar erst einmal vernünftig, wäre aber eine Revolution.

Man nennt so etwas Vollgeld. Und hier findet man alle benötgiten Informationen dazu. Denn so wie jetzt darf es nicht mehr weitergehen.


Ungerecht

Monday, 11. March 2013

Als ich gestern mit iubita mea nach der Hl. Messe über das Sonntags-Evangelium vom “Barmherzigen Vater” sprach (auch bekannt unter dem Titel “Verlorener Sohn”, zu finden bei Lukas 15,11-32), meinte sie, daß, wenn denn der Barmherzige Vater ein Bild für Gott sein soll, dann wäre Gott ungerecht.

Erst einmal mußte ich stutzen, aber es stimmt. Das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg, die trotz unterschiedlicher Arbeitszeiten alle den gleichen Lohn bekommen, zeigt ja dasselbe (Mt 20,1-16).

Gott ist nicht nach unseren Maßstäben gerecht.

Er ist auch nicht die Gerechtigkeit unserer Maßstäbe, die wir hier auf Erden bloß erhoffen, aber nicht erreichen können.

Gott ist barmherzig.

Und Barmherzigkeit ist immer Zuwendung, obwohl es einem nicht zusteht. Barmherzigkeit ist ungerecht (darauf wollte iubita mea hinaus). Das bedeutet nicht, daß jemand anders darunter “zu leiden” hat - und der ältere Sohn im Gleichnis litt, weil er den eigentlichen Wert des Bleibens beim Vater m.E. nach nicht erkannt hatte - aber das kann es durchaus sein.

Denn Leiden ist nicht immer objektivierbar.

Hat jemand etwas verloren, der bei einem bekannten Quiz € 500.000 nicht gewinnt und an einer Frage scheitert, obwohl er auch mit leeren Händen zum Quiz kam?

Aber die eigentliche Frage ist doch: ist es für uns nicht viel tröstlicher, daß wir einen barmherzigen Gott anstelle eines wirklich gerechten haben?


Ab heute abend leer

Thursday, 28. February 2013

Im Hochgebet entfällt das Bekennen der Einheit mit dem Papst.

Die Kirche hält ein wenig den Atem an.

Wachen und beten …


Noch ein paar Gedanken zum Rücktritt von Benedikt XVI.

Thursday, 14. February 2013

Es soll die Reaktion zahlreicher Gläubiger gewesen sein, daß sie jetzt das Gefühl haben, ihr Vater werde sie verlassen, wie bei einer Scheidung. Dieses Gefühl teile ich nicht, aus Gründen, die ich noch darlegen werde, aber ich kann sie in ihrer historischen Entwicklung verstehen. Selbst Kardinal Meisner ließ ein ähnliches Gefühl zumindest anklingen.

Andere sagen, Papst Benedikt tue jetzt doch das, was er fürchtete und wofür er zu Beginn seiner Amtszeit um Gebet bat, daß er eben nicht “furchtsam vor den Wölfen fliehe”. Das halte ich für eine Unterstellung - er hat selbst erlebt, wie sein Vorgänger im Amt, der Sel. Papst Johannes Paul II. aus allein körperlichen Gründen nicht mehr in der Lage war, die Zügel selbst noch in den Händen zu halten und wie deswegen selbst er selbst und andere Kurienkardinäle faktisch die Amtsgeschäfte übernahmen. Ob deswegen gleich die römische Kurie mit den Wölfen gemeint ist, wage ich hier nicht zu beurteilen, aber offensichtlich wäre eine Flucht vor den Wölfen ein Einknicken in wölfische Forderungen gewesen - und das hat er nie getan.

Schließlich habe ich noch gelesen, daß er durch seinen baldigen Rücktritt das Amt in seiner Bedeutung relativiert habe - auch das sehe ich nicht so. Er hat es entmythifiziert, entzaubert, wie auch schon der Berliner Erzbischof und meiner früherer Weihbischof Kardinal Woelki gesagt hat. Dazu hatte ich ja schon etwas geschrieben.

Die Gefahr, daß das Amt ggf. bei mehreren Rücktritten (aber auch erst dann!) zu sehr funktional und somit weltlich gesehen wird, sehe ich zwar auch, aber gleichzeitig begrüße ich die Abwendung einer zu großen Fixierung auf den “Heiligen Vater” (wobei ich diese Bezeichnung an sich problemlos finde).

In den Ostkirchen gibt es keinen Rücktritt von Bischöfen welcher Art auch immer ab einer bestimmten Altersgrenze, und das hat auch sein Gutes, wie schon Kardinal Meisner in dem oben verlinkten Interview dargelegt hat. Da es aber seit Papst Paul VI. bei uns die reguläre Altersgrenze von 75 Jahren bei Ortsbischöfen und die Grenze von 80 Jahren bei Konklaven zu Papstwahlen gibt (also aktives Wahlrecht, d.h. selbst wählen dürfen - gewählt werden darf theoretisch ja jeder männlicher Katholik), ist es schon seltsam, daß gleiches bischöfliches Recht für die Amtszeit bei dem Bischof von Rom anders sein soll. Doch nicht nur der Name “Heiliger Vater” deutet eben die Sonderstellung an, er ist eben mehr als der Erste unter gleichen.

Für mich hat die Bedeutung des Rücktrittes einige Seiten, die ich noch nirgendwo belichtet gesehen habe, vielleicht auch, weil sie andere so gar nicht teilen.

Erst einmal, ganz kurz, wurde mehrfach berichtet, der Text zu geplanten Enzyklika über den Glauben (nach denen über die Liebe Deus Caritas est und die Hoffnung Spe salvi) sei noch in der Endredaktion und noch nicht fertig und werde daher nicht mehr als Enzyklika veröffentlicht. Für mich ist dieser Akt der Rücknahme seiner selbst zum Wohl der Kirche ein riesen Beispiel des Glaubens, da brauche ich keine Texte mehr!

Dann zur Figur des “Heiligen Vaters” und damit einhergehend zur Benennung als Vicarius Christi, als Stellvertreter Christi. Der erste Vater des Christenmenschen (neben dem Einen Unseren natürlich, ich meine jetzt auf Erden) ist der eigene Ortsbischof, ob es und paßt oder nicht (mir gefällt’s, aber andere sehen das problematischer, hier oder anderswo). Der Ortsbischof ist auch für sein Bistum der, und zwar ganz offiziell und lange gelehrt, Stellvertreter Christi - und zwar nicht als Papstvertreter, sondern als Apostelnachfolger mit eigener Würde (siehe u.a. Katechismus der Katholischen Kirche, Art. 1560).
Vielleicht hat Papst Benedikt XVI. mit diesem Rücktritt dem Amt des Ortsbischofs einen großen Auftrieb gegeben, dem - nach meinen unerheblichen Wünschen - noch viele weitere auch durchaus rechtlicher Art folgen dürfen. Und die Aufwertung des Amtes des Ortsbischofs ist nichts anderes als eine Grundvoraussetzung für eine reale praktisch-theologische Annäherung mit den Kirchen der Orthodoxie.

Ich bin ziemlich zuversichtlich, daß Benedikt dies mitbedacht hat.

Das alles, so sinnvoll und stimmig es auch sein mag, soll aber nicht über die tiefe Traurigkeit hinwegtäuschen, die auch ich immer noch empfinde - denn er war (und ist bis zum 28.02.2013!) ein verdammt super Papst.


Es paßt zu ihm

Monday, 11. February 2013

Ich konnte es, heute mit einer Grippe fast ständig zuhause im Bett, erst nicht glauben, als ich von der Rücktrittsankündigung Papst Benedikts durch meinen besten Freund hörte - wahrscheinlich war ich auch noch zu benebelt vom Fieber. Ich wollte es aber auch nicht glauben.

Doch als auch mir dann klar wurde, daß das keine Ente ist, dachte ich: es paßt zu ihm.

Josef Ratzinger hat nie viel Aufhebens um seine Person gemacht. Was manche Leute anfangs für ein “überhebliches Understatement” hielten, nämlich seine erste päpstliche Selbstbeschreibung als “einfacher Arbeiter im Weinberg des Herrn” zeigt sich eben jetzt in Konsequenz. Hinter der Rücktrittsankündigung steckt bei ihm aber jetzt womöglich - reine Spekulation meinerseits - eine ernsthaftere Erkrankung, so daß ich ihm alles nur erdenklich Gute wünsche. Sein Wunsch, seinen Lebensabend in Gebet und Meditation zu verbringen, nach einem Leben für die Harmonie von Theologie und Vernunft, kommt auch nicht überraschend.

Das Wohl und Wehe der Kirche liegt trotz allen enormen Einflusses nicht am Papst, es ist nicht seine Kirche. Und schon vor Jahrzehnten schrieb der damalige Professor Ratzinger als Hauptgrund für sein Verbleiben in der Kirche, daß es eben Seine Kirche sei, die Kirche Jesu Christi. Alles andere ist weniger wichtig.

Ich habe kein Recht darauf, weil ich nichts dazu getan habe, aber ich bin dennoch auf diesen Papst stolz. Sogar durch seinen Rücktritt zeigt er einmal mehr, daß es nur um den Einen gehen kann, um den Zimmermannssohn aus Nazareth, nicht um die kirchliche Selbstdarstellung.

Möge Gott uns wieder einen Papst schenken, der weiß, daß es die Hauptaufgabe seines Amtes ist, auf Jesus und Seine Kirche zu verweisen.


Die Pillen danach oder ein Stimme mehr im Konzert, nämlich meine

Friday, 08. February 2013

Nachdem schon fast alles zu dem Kölner Fall des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers gesagt wurde, nur noch nicht von jedem, sehe ich mich mittlerweile gezwungen, auch mal was dazu zu schreiben.

Als Arzt (wenn auch kein Frauenarzt) kenne ich vielleicht ein paar Informationsquellen, die selbst dem Erzbischof von Köln - meinem Ortsbischof - nicht zugänglich gemacht werden und die daher zu seiner Stellungnahme führen, die mich doch etwas irritiert hat, da diese Stellungnahme, kurz gesagt, wissenschaftlich nicht haltbar ist (zugegebenermaßen bleibt der Kardinal klugerweise sehr vage). Es gibt keine Pille danach, die sicher die Einnistung nicht verhindert! Das werfe ich ihm nicht vor, aber vielleicht kann ihm das jemand mitteilen, der zufällig über diesen Beitrag stolpert. Dazu gleich mehr.

Erstaunlich fand ich den Wortlaut einer gemeinsamen Erklärung des Bundesverbandes der Frauenärzte (bvf) und der Deutsche Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin (DGGEF). Dort ist folgendes zu lesen:

Liebe KollegInnen, leider wird in diesen Tagen viel Unsinn über die Pillen danach, EllaOne und Pidana, verbreitet. Einzig richtig ist, dass beide Pillen den Eisprung verschieben und somit die Spermien keine Gelegenheit finden, eine Eizelle zu befruchten.

Das klingt vielleicht überzeugend, weil es von Fachgesellschaften stimmt, wird dadurch aber nicht korrekt. Medizinische Erkenntnis beruht auf Belegen (Evidenz) und nicht auf Autoritäten (Eminenz). Für eine wissenschaftliche Stellungnahme ist der Sprachduktus zudem sehr ungewöhnlich (mal neutral formuliert).

Unsinn wurde vielleicht verbreitet, aber es ist eben nicht einzig richtig, daß die beiden genannten Mittel (Wirkstoffe Ulipristalacetat bei EllaOne und Levonorgestrel bei Pidana) den Eisprung verhindern. Sicher tun sie das, weil beide Mittel, EllaOne noch viel mehr als Pidana, das für Eisprung und Schwangerschaft wichtige Hormon Progesteron ver- bzw. behindern.

Soweit so nicht abtreibend. Aber warum bin ich der Meinung - und zwar nicht allein - daß dennoch beide Mittel, auch das favorisierte EllaOne, abtreibende Funktion haben, weil sie die Einnistung in die Gebärmutter des sich entwickelnden Menschen verhindern?

In der Fachinformation (auch als Beipackzettel bekannt) von EllaOne als dem Ulipristalactet, findet sich der Hinweis, daß das Präparat auch noch 5 Tage(!) nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr (GV) wirkt. Sollte der Eisprung am Tag oder kurz nach dem GV stattgefunden haben, so kann das Präparat, obwohl es trotzdem wirkt(!), diesen natürlich nicht rückwirkend verhindern. Gleichzeitig dauert es keine fünf Tage bis zur Befruchtung, da die Eizelle nur weniger als einen Tag nach Eisprung überhaupt “befruchtungsfähig” ist (seltsames Wort, aber macht die Sache klar). Deswegen muß es eine andere Wirkweise haben - nämlich die Verhinderung der Einnistung, auch Nidationshemmung genannt.

Die Schleimhaut der Gebärmutter nennt man übrigens Endometrium, dort würde sich das Ei einnisten und diese Schleimhaut wird normalerweise regelmäßig abgestoßen - mit folgender Blutung, wenn auf den monatlichen Eisprung keine Befruchtung folgt, für Frauen ein bekanntes Phänomen.

Und nun gibt es noch eine Organisation, die im Gegensatz zu den oben genannten keine finanziellen Interessen an der Fortpflanzung oder ärztlichen Konsultation hat, die übergeordnete “Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft”. In deren Infoschreiben zu EllaOne findet sich folgender Passus:

Ulipristalacetat ist ein oral wirkender synthetischer Progesteron-Rezeptor-Modulator mit Bindung am menschlichen Progesteron-Rezeptor. Als Wirkungsmechanismus werden die Hemmung oder Verzögerung der Ovulation sowie eine Beeinflussung des Endometriums dargestellt. Eine Aussage zur Sicherheit, sollte das Mittel während einer bestehenden Frühschwangerschaft eingenommen werden, kann nicht getroffen werden. Eine Schwangerschaft muss daher vor Einnahme ausgeschlossen werden.

Da haben wir es, eine “Beeinflussung des Endometriums”, also die Verhinderung der Einnistung, was nichts anderes ist als eine Frühabtreibung (wie auch Kardinal Meisner feststellt).

Deswegen werde ich auch weiterhin kein Rezept für die Pille danach, welche auch immer, ausstellen.

Nebenbei sei noch erklärt, warum ein Schwangerschaftstest (SS-Test) gemacht werden muß vor der Einnahme: niemand kann garantieren, daß es nicht zu Fehlbildungen des Kindes kommt, wenn die SS schon besteht. Viel wahrscheinlicher ist ein Frühabort (also auch Abtreibung), da ein starker Abfall des Progesteron eben häufig dazu führt - wie jede weiß, die schon mal eine ungewollte Fehlgeburt miterleben mußte. Der SS-Test mißt ja das ß-HCG, was wiederum nach Einnistung in der Gebärmutter produziert wird, also diese voraussetzt. Daher bedeutet ein neg. ß-HCG auch eigentlich nicht “nicht schwanger”, sondern “nichts eingenistet”.

Noch ein sehr wichtiger Nachtrag: in diesem Interview mit dem Domradio spricht Dr. Albring, Vorsitzender des oben genannten bvf, von neuen Studien der letzten zwei Jahre, die sicher gezeigt hätten, daß keine Nidationshemmung stattfindet. Da ich immer skeptisch bin, wenn von “neuen Studien” die Rede ist, ohne daß diese benannt werden - nun ist vielleicht so ein Interview auch nicht der Zeitpunkt dafür - habe ich gerade selber mal geschaut.

Ich weiß nicht, ob Dr. Albring was aktuelleres als November 2012 vorzuweisen hat, aber vor 4 Monaten erschien in dem “Cleveland Clinic Journal of Medicine” der Artikel “Emergency contraception: Separating fact from fiction“, also wie gemacht für diese Debatte.

Dort heißt es zu Ulipristalacetet (bei uns EllaOne), Erklärungen in [ ] dazu von mir:

Ulipristal is structurally similar to mifepristone [die Abtreibungspille RU 486 oder Mifegyne], and its mechanism of action varies depending on the time of administration during the menstrual cycle. When unprotected intercourse occurs during a time when fertility is not possible, ulipristal behaves like a placebo. When intercourse occurs just before ovulation, ulipristal acts by delaying ovulation and thereby preventing fertilization (similar to levonorgestrel [Pidana]). Ulipristal may have an additional action of affecting the ability of the embryo to either attach to the endometrium or maintain its attachment, by a variety of mechanisms of action. Because of this, some in the popular press and on the Internet have spoken out against the use of ulipristal [was nachvollziehbar ist].

The ACOG considers pregnancy to begin not with fertilization of the egg but with implantation, as demonstrated by a positive pregnancy test [das ist bekanntlich nicht die Sicht der Kirche und die der Biologie, sondern eine Frage der Nachweisbarkeit].

Of note, the copper IUD [bekannt als Spirale oder Intrauterinpessar] also prevents implantation after fertilization, which likely explains its high efficacy.

Women who have detailed questions about this can be counseled that levonorgestrel works mostly by preventing ovulation, and that ulipristal and the copper IUD might also work via postfertilization mechanisms. However, they are not considered to be abortive, based on standard definitions of pregnancy.

If a woman is pregnant and she takes levonorgestrel-based emergency contraception, this has not been shown to have any adverse effects on the fetus (similar to oral contraceptives).


Und wieder Krieg

Friday, 25. January 2013

Zu dem rüstet sich anscheinend auch immer mehr die Bundeswehr.

Jetzt hat sie angekündigt, Drohnen für den Kriegseinsatz zu beschaffen (für Aufklärungszwecke hat sie diese schon seit langem).

Natürlich sind das alle “hochpräzise” Waffen, die zivilen Opfer solcher Drohnen in Pakistan, Afghanistan und andernorts waren halt zur falschen Zeit am falschen Ort oder sahen falsch aus oder haben sich militärisch unklug verhalten. (Satire aus)

Während ich schon im vorletzten Beitrag dargelegt habe, daß das Recht auf den gerechtfertigten Krieg ein Recht der Selbstverteidígung eines Volkes beschreibt - und Selbstverteidigung kann man eben nicht an andere Länder delegieren - ist der Krieg mit Drohnen ein Krieg ohne jegliche moralische Rechtfertigung.

Drohnen dienen nämlich hauptsächlich dazu, Menschen zu töten, die in dem Moment gerade nicht angreifen, die - wie bspw. im Irak - auch den Kontrolleur der Drohne nie angegriffen haben.

Es ist erstaunlich, daß man zu dieser Playstation-Entwicklung des realen Krieges so wenig an Protesten hört.

Wahrscheinlich sind uns die anderen wirklich so egal, wie es scheint.


Noch mal über Weihnachten

Friday, 25. January 2013

(Die folgenden Ausführungen verdanke ich Dr. Michael Barbers Podcast von thesacredpage.com über die Geburt Jesu)

Gut, wir sind liturgisch wieder “im Jahreskreis” (irgendwie mag ich das Wort nicht, klingt wie Stuhlkreis), aber bezugnehmend auf den oben genannten Podcast (und ihn erweiternd) möchte ich noch was über die Geburtserzählungen in den Evangelien sagen und wie tief kulturelle Traditionen unser Bibelverständnis prägen.

Jeder wird Krippendarstellungen kennen. Jesus wird geboren, hierzulande in einem Stall dargestellt, auch wenn es faktisch eher eine Höhle war, dazu gesellen sich Schafshirten und die Weisen aus dem Morgenland. So ist die übliche Darstellung, ggf. mit Ochs und Esel und manchmal auch ein paar Engel.

Diese Darstellung führte dazu, daß ich mich immer fragte, warum das Epiphanie-Fest erst zwei Wochen nach Weihnachten gefeiert wird (am 06.01.). Kürzlich dachte ich mir dann: gut, wahrscheinlich kamen die Weisen aus dem Morgenland erst ein paar Tage später hinzu, Maria war noch im Wochenbett und daher nicht ganz so mobil.

Doch erst durch den Podcast wurde mir klar, daß das alles biblisch gesehen äußerst unwahrscheinlich ist und daß ich von einer einfachen Krippendarstellung zutiefst geprägt worden bin in meinem historischen Verständnis dessen, was damals passiert ist.

Also, Matthäus berichtet überhaupt nicht von der konkreten Geburt Jesu, obwohl er schreibt (1,18) “Mit der Geburt Jesu Christi war es so”. Er berichtet dann davon, daß Josef die Schwangerschaft bemerkt, ihm der Engel erscheint etc., er dem Sohn den Namen Jesus gab und daß dann “als Jesus geboren worden war” (2,1) die Sterndeuter kamen.

Vom Tag der Geburt als solches wird nichts berichtet, das steht alles bei Lukas.

Was die Geschichte mit den Sterndeutern (oder in Deutschland die Hl. Drei Könige) angeht, so ist die Sache wohl ganz anders gelaufen. Sie sahen den “Stern” bereits in ihrer Heimat, machten sich dann auf den Weg, um das Kind anzubeten. Der Weg hat bnestimmt einiges an Zeit in Anspruch genommen, auch mit Last- und Reittieren. Um ziemlich sicher zu sein, wann denn dieser neue König geboren wurde, läßt sich ja Herodes “von ihnen genau sagen, wann der Stern erschienen war” (2,7) - um anschließend alle Jungen in und um Bethlehem im Alter bis zu zwei Jahre ermorden zu lassen.
Daß somit der Besuch der Sterndeuter, die die Jesus mit seinen Eltern ja auch nicht in einer Höhle, sondern in einem Haus vorfanden (2,11), wahrscheinlich erst mindestens ein Jahr später stattfand, ist somit ziemlich wahrscheinlich.
Natürlich kann auch Herodes einfach mal so einen “Sicherheitsabstand” von zwei Lebensjahren bei der Beurteilung der möglichen Rivalen einsetzen, aber begründet werden müßte das schon.

Wie sehr doch eine einfache Krippe mich (und womöglich andere) beeinflussen kann.


Die Kirche und der Krieg

Sunday, 13. January 2013

Vor einigen Tagen hatte ich auf Facebook eine Diskussion mit anderen Katholiken darüber, was ein Christ denn gutheißen solle in Situationen wie bspw. Syrien, also die Frage, ob militärischer Einsatz von außen nicht nur zu rechtfertigen, sondern zu fordern sei.
Begonnen hatte diese Diskussion mit der Behaptung, Pazifisten würden tatenlos zusehen und das Schicksal der Leidenden sei ihnen egal.

Ich weiß, über dieses Thema sind Bibliotheken geschrieben worden, aber ich möchte auch mal meinen Senf dazu geben.

In der Diskussion habe ich die pazifistische Meinung vertreten (und zwar aus Überzeugung, nicht als rhetorische Übung)

Es ist unschwer zu überprüfen, daß für einen Christen mit dem Glauben an Jesus Christus dessen Anweisungen aus dem Evangelium eindeutig nicht in Richtung Kriegsführung, sondern in Richtung Friedfertigkeit und Erduldung von Unrecht gehen.

Aber das soll jetzt gar nicht das Thema sein, das ist ja eindeutig (man nehme nur die Bergpredigt). Mir wurde gesagt, ich solle mich doch einfach mal an den Katechismus der Katholischen Kirche halten, und genau das habe ich getan. Angesichts der Lehre vom “Gerechten Krieg” (ich bevorzuge ja die Übersetzung “Gerechtfertigter Krieg”, was ebenso stimmt und die Konnotation des Gut-Sein im Wort “gerecht” wegläßt) dachte ich zuerst, ich würde etwas finden, was meiner Meinung widerspricht.

Doch mitnichten!

Gleichsam eine Lebensanleitung für Gewaltlosigkeit ist Nr. 2306:

Wer auf gewaltsame und blutige Handlungen verzichtet und zur Wahrung und Verteidigung der Menschenrechte Mittel einsetzt, die auch den Schwächsten zur Verfügung stehen, legt Zeugnis ab für die Liebe des Evangeliums, sofern dabei nicht die Rechte und Pflichten der anderen Menschen und der Gesellschaft verletzt werden. Er bezeugt zu Recht, welch schwerwiegende physische und moralische Gefahren der Einsatz gewaltsamer Mittel mit sich bringt, der immer Zerstörungen und Tote hinterläßt.

Warum sinkt seit Jahren die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland? Nicht weil die Unfallchirurgie so enorme Fortschritte gemacht hätte, sondern weil die Sicherheitsmaßnahmen immer besser werden, weil also die Gefahr für das Menschenleben sinkt, Gefahren erst gar nicht entstehen können. Prävention vor Zusammenflickenmüssen! Das bedeutet hier also: keinen Waffenexport und keinen Anspruch, bei Waffensystemen vorne dabei zu sein!

Im Katechismus steht das unter 2315:

Die Anhäufung von Waffen erscheint vielen als ein paradoxerweise geeignetes Vorgehen, mögliche Gegner vom Krieg abzuhalten. Sie sehen darin das wirksamste Mittel, um den Frieden zwischen den Nationen zu sichern. Gegenüber einer solchen Abschreckung sind schwere moralische Vorbehalte anzubringen. Der Rüstungswettlauf sichert den Frieden nicht. Statt die Kriegsursachen zu beseitigen, droht er diese zu verschlimmern. Die Ausgabe ungeheurer Summen, die für die Herstellung immer neuer Waffen verwendet werden, verhindert, daß notleidenden Völkern geholfen wird. Somit hält die übermäßige Rüstung die Entwicklung der Völker auf. Sie vervielfacht die Konfliktgründe und verstärkt die Gefahr der Ausbreitung von Kriegen.

Und was ist mit dem “gerechten Krieg”? Die Bedingungen dazu finden sich in 2309:

Die Bedingungen, unter denen es einem Volk gestattet ist, sich in Notwehr militärisch zu verteidigen, sind genau einzuhalten. Eine solche Entscheidung ist so schwerwiegend, daß sie nur unter den folgenden strengen Bedingungen, die gleichzeitig gegeben sein müssen, sittlich vertretbar ist:

- Der Schaden, der der Nation oder der Völkergemeinschaft durch den Angreifer zugefügt wird, muß sicher feststehen, schwerwiegend und von Dauer sein.

- Alle anderen Mittel, dem Schaden ein Ende zu machen, müssen sich als undurchführbar oder wirkungslos erwiesen haben.

- Es muß ernsthafte Aussicht auf Erfolg bestehen.

- Der Gebrauch von Waffen darf nicht Schäden und Wirren mit sich bringen, die schlimmer sind als das zu beseitigende Übel. Beim Urteil darüber, ob diese Bedingung erfüllt ist, ist sorgfältig auf die gewaltige Zerstörungskraft der modernen Waffen zu achten.

Dies sind die herkömmlichen Elemente, die in der sogenannten Lehre vom „gerechten Krieg” angeführt werden.

Die Beurteilung, ob alle diese Voraussetzungen für die sittliche Erlaubtheit eines Verteidigungskrieges vorliegen, kommt dem klugen Ermessen derer zu, die mit der Wahrung des Gemeinwohls betraut sind.

Das Wichtigste steht im ersten Satz: es geht um das Recht eines Volkes, sich zu verteidigen. Es geht eben nicht darum, eine Staatsform oder Werte in fernen Hügeln zu verteidigen. So etwas rechtfertigt keine zivilen Opfer (die es immer gibt!)

Christen sollen Jesus nachfolgen. Wie viel Unrecht, das er sicher auch gesehen hat (wie Mißhandlungen durch die Besatzer, Wucher-Zölle und Erniedrigungen der Frauen) hat er denn anders als durch das Wort und Beispiel zu verhindert versucht?