Tiefblickend

Tuesday, 03. May 2016

Sehr selten schreibe ich hier über was Politisches - und das Minenfeld der AfD ist noch einmal etwas besonderes.

Ich bin zwar überhaupt kein Sympathisant der AfD, nicht im geringsten, aber halte mich für einen Demokraten. Und da wundert mich im gesellschaftlichen Diskurs so einiges.

Was ich erstaunlich finde - neben dem Verständnis von Grundrechten auf Seiten der AfD, aber das wäre ein eigenes Thema - ist der Umstand, daß eine politische Kraft, die offensichtlich nicht liberal im kulturgesellschaftlichen Sinne ist, in der öffentlichen Meinung direkt extremistisch genannt wird (mindestens populistisch).

Ich selbst halte mich kulturgesellschaftlich für ziemlich liberal - und die AfD ist dies überhaupt nicht. Was komisch ist, wenn ich mir so den Umgang der Medien damit anschaue, ist, daß man liberal sein muss, um als demokratisch legitim zu erscheinen.

Nein, muß man nicht.

Illiberalität ist in der Demokratie erlaubt. Es ist erlaubt zu sagen und durchzusetzen versuchen, daß man bestimmt soziale Entwicklungen oder auch Menschengruppen nicht bei sich haben will. Klar ist das Aus- und Abgrenzung, aber das ist eben erlaubt. Nur weil man es schlecht findet, ist es nicht undemokratisch. Und ob es grundgesetzkonform ist, bestimmt ggf. das Verfassungsgericht - da haben sich die etablierten Parteien ja auch oft einen Satz heiße Ohren abgeholt.

Der ungarische Ministerpräsident bspw. ist explizit nicht liberal - er sagt das ganz offen. Ist er deswegen kein Demokrat? Gibt es dafür Belege?

Oder der ehemalige tschechische Präsident Vaclav Klaus, der sich als AfD-Fan outete - ist er kein Demokrat? Ich finde die Ansichten beider recht gräßlich - aber gehört dieses Spektrum nicht dazu?


Nachgefragt

Sunday, 24. April 2016

Diese Woche hatte ich zweimal das unverhoffte Glück, mit mir zuvor vollkommen unbekannten Menschen über den Glauben sprechen zu können. Beide schienen überzeugte Christen zu sein, beide waren katholisch, hatten aber ein - in meinen Augen - schwieriges Verhältnis zur von ihnen so genannten “Amtskirche”. Also kurz: Jesus ja, Kirche naja bis nein.

Ich weiß dann nie, wie ich so reagieren soll - einerseits freue ich mich bspw. enorm, im absolut religionsirrelevanten beruflichen Umfeld solche Gespräche führen zu können, andererseits finde ich es traurug, wenn die Kirche so arg entstellt wahrgenommen wird (gut, sie tut auch nicht allzuviel dagegen).

Ich bringe dann ein Schriftzitat - die Hl. Schrift wird ja doch weitgehend akzeptiert - welches die meisten erstaunlicherweise gar nicht kennen, aus Apg 15 vom Apostelkonzil (Beginn Vers 28):

Denn der Heilige Geist und wir haben beschlossen, […]

Es gibt keinen in weltlichem Sinn “anmaßenderen” Text als dieses kleine Stück. Die Apostel vereinnahmen den Hl. Geist für sich! Das ist in modernen Augen arrogant hoch zehn! Doch ohne die Akzeptanz dieser “Arroganz” gäbe es keine Bibel (wer hätte entscheiden dürfen, was dazu gehört?), keine Überlieferung, kein Christentum.

Diese Einsicht erwarte oder erhoffe ich mir nicht direkt. Ich werfe das bloß ein und sage, was ich glaube. Und vor allem freue ich mich, daß es Menschen gibt, die an Jesus glauben und sich ebenso trauen das zu sagen.


R.I.P.

Friday, 22. April 2016

Einer der genialsten Musiker meiner Generation ist von uns gegangen (okay, er war eine Ecke älter). Kaum jemand hat mich je musikalisch so beeindruckt wie Prince. Musikalisch unverkennbar, begnadet in allem was er anfasste, ein Streiter für die Rechte von Musikern gegen die Industrie - und ein zutiefst religiös Suchender.
Er glaubte die Wahrheit bei den Zeugen Jehovas gefunden zu haben und blieb ihnen treu bis zum Schluss. Aufgewachsen war er als Sieben-Tags-Adventist.

Möge der Allmächtige seiner Seele gnädig sein - und hey, eine Band wird er auch dort zusammentrommeln können. Keep up the Funk!


Universell verbreitet

Wednesday, 20. April 2016

Ich kenne eine Firma, in der sowohl die Personalabteilung als auch der Betriebsrat, also beide Parteien der verschiedenen Interessen, darin übereingekommen sind, die abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen (BVen, also nachträglich Vereinbarungen zwischen diesen Parteien, die dadurch Teil des Arbeitsvertrages aller wurden) nicht im firmeneigenen Intranet zu veröffentlichen.

Da ich von anderen Firmen ein offeneres Vorgehen kenne, hatte ich mal den Personalchef gefragt, warum das denn so sei.

Seine Begrüdnung: man möchte nicht, daß bspw. Führungskräfte diese BVen lesen und eigenhändig interpretieren, ohne den Kontext der Entstehung und der Intention in Gänze zu kennen. Es sei Wunsch beider Seiten, daß sie hinzugezogen werden, um bei der konkreten Beachtung einer BV diese notwendige Hilfe zu leisten.

Ich würde mal sagen, jetzt wieder den Bogen zum Bloghauptthema spannend, daß das doch sehr nah am Katholischen ist, auch wenn mittlerweile das Lesen der Hl. Schrift sehr unterstützt wird. :-)


Eindeutig und Minderheit

Saturday, 16. April 2016

Nicht die Gelehrten bestimmen, was an dem Taufglauben wahr ist, sondern der Taufglaube bestimmt, was an den gelehrten Auslegungen gültig ist.

Dies sagte einst Josef Ratzinger als Erzbischof von München, dies glaubte er schon als Theologe und auch später als Papst.

Doch mit dieser vollauf richtigen und katholischen Meinung, die dem Glauben eine Vernunftgemäßheit als Vorschußvertrauen gibt, die eben nicht erarbeitet oder erdacht (und somit vom Individuum nur beschränkt sichtbar), sondern entdeckt werden soll (in all ihrer Weite), eben mit dieser Meinung kann man in deutschen theologischen Zirkeln mehrheitlich keine Begeisterung ernten. Und leider auch bei vielen engagierten theologischen Laien, die sich und ihre Erkenntnisfähigkeit (ebenso) überschätzen.

Aufklärung ist der Beginn des eigenständigen Denkens. Dieses Denken zum Maßstab ewiger Wahrheiten zu machen, ist der Beginn einer neuen Verdunklung.


Wir haben versagt

Monday, 04. April 2016

Mein Erzbischof spricht davon, der Bischof von Passau wird mit einem Interviewbuch dazu befragt, schon früher gab es Publikationen dazu, der Papst attestiert diesem Land eine Erosion des Glaubens etc. pp - es geht zahlenmäßig weiter deutlich bergab und die Augen werden davor nicht verschlossen (immerhin!).

Dabei wird natürlich fleißig analysiert.

Der Religionsunterricht sei keine Katechese mehr (ich wußte aber nach 13 Jahren auch nahe nichts), was er seit 40 Jahren auch nicht mehr sein will.

Die Lehre der Kirche sei nicht modern genug (was angesichts der herben Verluste der Protestanten nicht wirklich überzeugt und ich habe mir die Billionen möglichen Links erspart).

Vieles mehr.

Das alles kritisiert vor allem bei einem: dem anderen!

Eigentlich ist es doch ganz einfach: wir Laien - und zwar vor allem wir - haben auf ganzer Linie versagt! Nicht als erstes die Religionslehrer, nicht als erstes die Bischöfe, nicht als erstes die Priester - der Klerus erreicht vor allem eh nur die, die schon zur Kirche kommen - nein, wir.

Wir Laien haben versagt!

Sie und Du und ich!

Wir wußten es besser als die Kirche, was wahr ist. Dabei half uns das, was wir für modern hielten (aber eigentlich keine Ahnung haben).

Wir wußten besser als die Kirche, was Sünde ist und was nicht. Dabei glaubten wir eher den Ohrschmeichlern als allen anderen, faseln was von Autonomie ohne ansatzweise zu verstehen, was das in letzter Konsequenz bedeutet.

Wir haben uns nicht darum geschert, warum es diese oder jene Glaubenssätze gibt und konnten und können sie mehrheitlich nicht erklären. Wir studieren die Bedienungsanleitung jedes Multimediagerätes und quälen uns durch Bewerbungstrainings, Tarifvertrag, Altersvorsorge, Versicherungen etc. - aber Glaube? Keinen Bock! Kannst Du mir bitte die Schnellversion liefern?

Wir wollen nicht zu viele Fragen stellen, vor allem nicht uns selbst, sonst bricht das Kartenhaus zusammen.

Und dann fragen wir allen Ernstes, warum die Kinder wegbleiben? Unterschätzen wir sie so sehr?
Und dann fragen wir uns allen Ernstes, warum es noch überzeugte Anhänger anderer Religionen gibt? Sollen alle so lau werden wie wir?

Ja, die Bischöfe haben nichts dazu getan, um uns niederschwellig und Pfarrei-nah mit dem Wissen zu versorgen, das wir brauchen, um im echten Leben bestehen zu können. Wer sich nicht für sich müht, hat schon verloren. Auch eine wirkliche Katechese für jeden erreichbar findet nirgendwo kirchlich organisiert statt, nirgendwo.

Es gibt weltweit - man möge mich gerne eines besseren belehren - keine einzige wachsende Ortskirche (und zwar relativ wie absolut!), deren Gläubige mehrheitlich in Opposition zum Lehramt in bedeutenden Fragen stehen.

Nicht daß alle “treuen” Ortskirchen wachsen - aber die Treue zum Lehramt ist eine conditio sine qua non, eine Grundvoraussetzung. Das läßt sich ganz einfach belegen, die Evidenz spricht eine klare Sprache - so bitter das für einzelne sein mag.

Ganz einfach fromm gesprochen: auf der Opposition liegt kein Segen!

Nein, das macht nicht immer Spaß, das ist hartes Brot, der ganz einfache und (aus mir unbekannten Gründen) unbeliebte offizielle Katechismus der Katholischen Kirche neigt nicht zur verschwurbelten Diplomatensprache, sondern schätzt an manchen Stellen das sehr deutliche Wort.

Wenn jemand seine abweichende Meinung in manchem Punkt pflegt, bitte schön. Doch wenn er oder sie die dann als besser, moderner, wahrer verkündet oder verkauft, wenn die offizielle Lehre, also der echte Inhalt der Verpackung, nur noch verschwommen oder verfälscht daherkommt, dann ist das Resultat sicher nicht: große Glaubensfreude, geistiges und/oder zahlenmäßiges Wachstum, intensives Gebetsleben! All das ist es nicht. Und wird es auch nicht.
Die Theorie hat den Realitätscheck eben nicht bestanden - das wird auch nach 50 Jahren nicht mehr besser.

Doch wenn Deutsche eines sind, dann hartnäckig. Überzeugungen werden verfolgt bis zum bitteren Ende, selbst wenn am Schluß außer den Initiatoren keiner mehr da ist, den sie beglücken können (weil alle schon weggelaufen sind).


Anleitung zum Antworten

Friday, 01. April 2016

Wenn sich jemand als Pazifist outet, gibt es ja die üblichen Angriffsstrategien gegen diese Meinung - es werden die bekannten “was würdest Du tun” konstruiert.

Hier hat Joan Baez mal gezeigt, wie man damit umzugehen hat (Quelle):

Was würdest Du tun, wenn …?
“OK. Du bist Pazifist. Was würdest Du tun, wenn jemand, sagen wir mal, Deine Großmutter überfällt?”
“Meine arme alte Oma überfällt?”
“Ja. Du bist mit Deiner Oma in einem Zimmer, und da ist dieser Kerl im Begriff, sie zu überfallen, und Du stehst daneben. Was würdest Du tun?”
“Ich würde laut schreien ›Ein dreifach Hoch für unsere Oma‹ und aus dem Zimmer gehen.”
“Nein im Ernst: Nimm an, er hat ein Gewehr und will sie erschießen. Würdest Du ihn zuerst erschießen?”
“Hab ich ein Gewehr?”
“Ja.”
“Geht nicht. Ich bin Pazifist. Ich hab kein Gewehr.”
Nun, nimm an, Du hast eins.”
“Gut. Kann ich gut schießen?”
“Ja.”
“Dann würde ich ihm das Gewehr aus der Hand schießen.”
“Nein. Dann bist Du eben kein guter Schütze.”
“Ich hätte Angst zu schießen. Oma könnte daran sterben.”
“Also paß auf - wir nehmen ein anderes Beispiel. Nimm an, Du bist LKW-Fahrer. Du fährst auf einer engen Straße mit einer steilen Felswand auf Deiner Seite. Ein kleines Mädchen steht mitten auf der Straße. Du fährst zu schnell, um rechtzeitig bremsen zu können. Was würdest Du tun?”
“Weiß ich nicht. Was würdest Du tun?”
“Ich frage Dich. Du bist der Pazifist.”
“Ja, weiß ich ja. Also gut: hab ich den LKW unter Kontrolle?”
“Ja.”
“Wie wärs, wenn ich einfach hupe, damit die Kleine aus dem Weg geht?”
“Sie ist zu jung zum Laufen. Und die Hupe funktioniert nicht.”
“Ich reiße das Steuer rum und fahre links an dem Mädchen vorbei, denn es rührt sich ja nicht vom Fleck.”
“Nein, da hat es grad einen Erdrutsch gegeben.”
“Oh, na dann … dann würde ich versuchen, den Wagen über den Steilhang zu fahren, um so das Mädchen zu retten.”
Schweigen
“Nun, nehmen wir an, es ist jemand mit Dir im Wagen. Was dann?”
“Was hat meine Entscheidung damit zu tun, daß ich Kriegsdienstverweigerer bin?”
“Ihr seid zwei Leute im Auto, aber da ist nur ein kleines Mädchen.”
“Jemand hat mal gesagt: ›Wenn Du zu wählen hast zwischen einem wirklichen Übel und einem hypothetischen Übel, dann wähle immer das hypothetische.‹”
“Häh?”
“Ich frag mich, warum Du so darauf erpicht bist, alle Pazifisten in die Pfanne zu hauen.”
“Bin ich ja gar nicht. Ich will nur wissen, was Du tun würdest, wenn …”
“… wenn ich mit einem Freund in einem LKW sitze, mit hohem Tempo auf einer einspurigen Straße fahre und mich einer gefährlichen Stelle nähere, wo ein 10 Monate altes Mädchen mitten auf der Straße sitzt - links von ihr ein Erdrutsch, rechts von ihr ein Steilhang.”
“Richtig”
“Ich würde wahrscheinlich voll in die Bremsen steigen, dadurch meinen Freund durch die Windschutzscheibe jagen, in den Erdrutsch reinschlittern, das kleine Mädchen überfahren, den Abhang hinuntersegeln und in den Tod stürzen. Ohne Zweifel würde am Fuße des Hanges das Haus von meiner Oma stehen, der LKW durch das Dach stürzen und in ihrem Wohnzimmer explodieren, wo sie schließlich zum ersten und letzten Mal in ihrem Leben überfallen würde.”
“Du hast meine Frage nicht beantwortet. Du versucht nur auszuweichen.”
“Ich versuche nur eine Reihe von Dingen zu sagen. Das erste ist, daß niemand weiß, was er in einer kritischen Situation tun wird. Und daß man hypothetische Fragen hypothetisch beantworten muß. Ich will außerdem andeuten, daß Du es mir unmöglich gemacht hast, aus der Situation herauszukommen, ohne eine oder mehrere Personen dabei umzubringen. Du kannst dann auf jeden Fall sagen: ›Kriegsdienstverweigerung ist ne gute Idee, aber sie funktioniert nicht.‹”


Erklärung nötig

Friday, 01. April 2016

Ich verstehe es nicht - vor weniger als einer Woche hat die westliche Christenheit in ihren Hl. Messen und Gottesdiensten feierlich besungen, daß der Tod besiegt ist, daß wir ein Leben von Gott geschenkt bekommen haben, das kein Tod uns je mehr entreißen kann, daß der irdische Tod nur eine Passage hin zu Gott darstellt - und sofort wird Frau Käßmann medial fertig gemacht, weil sie das im Umgang mit Feinden konsequent durchdenkt und Pazifismus fordert. Wird da mit gespaltener Zunge gesungen oder traut sich von den Christen kaum jemand, sich zu Wort zu melden?

(Nachdem alles andere über Jahrhunderte insbesondere in dieser Weltregion nicht funktioniert hat, wäre Gewaltlosigkeit, die keine Passivität bedeutet, ja mal eine Alternative)


Händeschütteln

Monday, 28. March 2016

über doch einen großen theologischen Abgrund an sonstigen Differenzen - aber was Frau Kässmann gesagt hat, wie sich Christen gegenüber Terroristen zu positionieren hätten, stimmt vollkommen. Zumindest denn, wenn man Jesus glaubt und an Ihn glaubt als Herr und Gott.

Natürlich gewinnt man damit in Meinungsumfragen keinen Blumentopf und es ist ein Garantieschein für mehrere virtuelle Hasstiraden.

Ich habe schon häufiger darauf verwiesen, daß unser Herr und Gott nach irdischen Maßstäben auf ganzer Länge gescheitert ist - und dennoch natürlich unser anbetungswürdiges Vorbild ist und bleibt.

Es geht nicht um Erfolg, es geht um Nachfolge.

Traurig wird es dann, wenn selbst Christen das nicht verstehen.

Nachtrag: ich weiß nicht, ob Alexander Kissler an die Gottheit Jesu glaubt, aber er hat ’s schon einmal nicht verstanden.


Was gesagt werden muß

Wednesday, 16. March 2016

(Quelle)


Wichtige Stellungnahme

Wednesday, 16. March 2016

Auch der OFS Deutschland positioniert sich zur sogenannten Flüchtlingsproblematik.


Neue Seite

Wednesday, 09. March 2016

Die Franziskaner haben unter franziskaner.net eine neue Webseite geschaltet, die die alten Inhalte der franziskaner.de-Seite bald komplett ersetzen soll.

Die neue Seite ist sehr gut gestaltet und auch inhaltlich reich ausgestattet - alles in allem sehr lesenswert! Glückwunsch dazu an die Brüder!


Aus aktuellem Anlaß

Tuesday, 08. March 2016

Dieser Blog ist ja schon uralt und ich habe 2004 diesen Text schon einmal gebracht. Er erscheint heute, gerade hierzulande, in neuem, intensiverem und kostbarerem Licht. Geschrieben von einem, der sein Leben ließ, hingegeben für ein Volk muslimischer Mehrheit, das er zu lieben gelernt hat. Dabei durch und durch katholischer Christ und gerade deswegen voller Liebe.
Es sind Worte der Weisheit - und sie werden nicht allen gefallen.

Das Testament des 1996 ermordeten Trappisten Pater Christian de Chergé.

Wenn es mir eines Tages passieren sollte - und es könnte heute sein - Opfer des Terrorismus zu werden, der wie es scheint jetzt alle Ausländer, die in Algerien leben, einengen will, möchte ich, dass sich meine Gemeinschaft, meine Kirche, meine Familie daran erinnert, dass mein Leben an Gott und an dieses Land GEGEBEN ist. Mögen sie akzeptieren, dass der einzigartige Meister allen Lebens bei diesem brutalen Abschied nicht fremd sein wird. Sie mögen fuer mich beten: Wie könnte ich eines solchen Opfers würdig sein?

Mögen sie diesen Tod vereinigen mit all den anderen ebenso gewalttätigen, die in der Gleichgültigkeit und Anonymität gelassen werden. Mein Leben ist nicht höher im Wert als ein anderes, es hat auch nicht weniger Wert. Jedenfalls hat es nicht die Unschuld der Kindheit. Ich habe lange genug gelebt, um mich als Komplize des Bösen zu wissen, das sich leider in der Welt durchsetzt und das mich selbst in Blindheit schlagen kann. Ich wünsche, wenn der Moment gekommen ist, den Zeitraum zu haben um die Verzeihung von Gott und die meiner Brüder in der Menschheit zu erbitten und gleichzeitig dem zu verzeihen, der mich angreifen wird. Ich möchte einen solchen Tod nicht wünschen. Es scheint mir wichtig, das zu bekennen. Ich sehe wirklich nicht, wie ich mich darüber freuen könnte, wenn dieses Volk, das ich liebe, unterschiedslos meiner Ermordung angeklagt wuerde. Das, was man vielleicht die “Gnade des Martyriums” nennen wird, ist zu teuer zu bezahlen, als dass man es einem Algerier anlastet, welchem auch immer; vor allem, wenn er sagt, in der Treue dessen, was er glaubt der Islam zu sein, zu handeln.

Ich weiss um die Verachtung, mit der man im allgemeinen die Algerier behandelt. Ich weiss auch um die Karikaturen des Islam, welche einen gewissen Islamismus ermutigen. Es ist zu
leicht, sich ein gutes Gewissen zu geben, indem man diesen religiösen Weg mit dem Fundamentalismus seiner Extremisten identifiziert. Algerien und der Islam sind für mich etwas anderes: Sie sind Koerper und Seele. Ich habe es oft genug verkündet, glaube ich, was ich durch Sehen und Wissen empfangen habe: wie oft ich den geraden Leitfaden des Evangeliums gefunden habe, den ich auf den Knien meiner Mutter gelernt hatte, meiner ersten Kirche, genau gesagt in Algerien, und schon im Respekt der muslimischen Gläubigen. Mein Tod wird sicher denen scheinbar Recht geben wollen, die mich als naiv oder Idealist behandelt haben: “Sie mögen jetzt sagen, was sie davon denken!”

Aber sie sollen wissen, dass endlich meine quälende Neugier befreit ist. Dann werde ich, wenn es Gott gefällt, meinen Blick in den des Vaters versenken, mit Ihm seine Kinder im Islam betrachten, so wie Er sie sieht, ganz erleuchtet von der Herrlichkeit Christi, Frucht Seiner Passion, ausgezeichnet durch die Gabe des Heiligen Geistes, dessen geheime Freude es immer sein wird, die Gemeinschaft aufzubauen und mit den Differenzen spielend, die Ähnlichkeit wiederherzustellen.

Dieses verlorene Leben ist ganz das meine und ganz das ihre. Ich danke Gott, der dieses Leben ganz und gar für diese FREUDE gewollt zu haben scheint, trotz und gegen alles. In diesem DANK ist alles über mein Leben von jetzt an gesagt.

Ich schliesse Euch natürlich ein, Freunde von gestern und von heute und euch Freunde von hier, an den Seiten meiner Mutter und meines Vaters, meiner Schwestern und meiner Brüder und der ihren. Das Hundertfache (sei euch) gewährt, wie es versprochen ward! Und auch dich, Freund des letzten Augenblicks, der du nicht wissen wirst, was du tust. Ja, auch für dich will ich dieses DANKE und dieses A-DIEU, vorgesehen von Dir. Wenn es uns gegeben sein soll, werden wir uns als glückliche Schächer im Paradies wiederfinden, wenn es Gott gefällt, unser beider Vater. Amen, Insch’Allah!

Algier, 01. Dezember 1993 Tibhirine, 01. Januar 1994

Christian


Der eine vorgestern

Monday, 07. March 2016

der andere schon Ende Feburar.

Beide gestorben, beide sehr unbekannt - und sind doch auf je unterschiedliche Art und Weise extrem einflußreich gewesen.

Ray Tomlinson und Gillis Lundgren.

Sagt Ihnen nichts?

Sie stehen für: @ und Regale.

Ray Tomlinson war der Erfinder der E-Mail (und machte das @-Zeichen sinnvoll einsetzbar), Gillis Lundgren entwarf das bekannte Billy-Regal eines schwedischen Möbelhandels. Kaum jemand in der westlichen Welt blieb von beiden unberührt.

R.I.P.


Wachstum

Friday, 04. March 2016

Gestern sprach ich mit Geschwistern des Düsseldorfer OFS über die katastrophale Medienarbeit der Kirche hierzulande - mittlerweile glaube ich ja, die Bischöfe wollen es nicht besser machen. Sie haben dazu offensichtlich mehrheitlich nicht verstanden, daß der Glaube über die nächsten Jahre fast komplett ausdünstet und die Austritte bloß zeitlich etwas hinterherhinken, bis zu einer Generation.

Dann fand ich gerade bei Youtube auf einem Video die passenden Kernwörter, die meines Erachtens nach Grundvoraussetzung für Wachstum sind (im englischen Original):

Conversion, Communion, Orthodoxy, Mission

Der dritte Punkt, Rechtgläubigkeit (bzw. die rechte Art des Lobpreises, was es genau heißt, schließt aber das erste ein), findet hierzulande nicht statt.

Eine Ortskirche ohne Treue zum Glauben der Kirche, wie er bspw. im Katechismus der Katholischen Kirche zugrunde gelegt ist, ist zum Aussterben oder Verlust der katholischen Identität verurteilt.

Davon bin ich zutiefst überzeugt. Solange sich das nicht ändert - und eine Änderung sehe ich nicht - wird der Trend weiter bergab gehen.


Tagespolitik

Monday, 29. February 2016

Normalerweise findet sich hier nichts zu tagespolitischen Themen, das können andere besser.

Doch ich möchte einen Beitrag hervorheben, der meines Erachtens nach sehr viel Beachtung verdient: die Dresdner Rede des ZEIT-Chefredakteurs Giovanni di Lorenzo. Bitte nicht beurteilen, bevor man sie nicht ganz gehört oder ganz gelesen hat.

Groß!


Exerzitien online

Monday, 22. February 2016

Vielleicht kennt der eine oder die andere das: man macht den Fernseher an (was bei mir höchst selten passiert) oder schaltet das Radio ein (das dagegen sehr oft) und es erklingt eine bedeutungsschwere Stimme mit einem typischen Einschlag zwischen bedenkentragend und gewollt tiefgründig. Egal von welcher christlicher Gemeinschaft, ob katholisch oder jemand anders, fast immer gleich (vielleicht ist das “Einstellungskriterium”). Anti-Werbung par excellence.

Fast immer schalte ich ab. Und leider findet man dies auch in katholischen Fernsehsendern, zumindest deutschsprachigen, zuhauf.

Ganz anders dieser Mann, der nicht nur ganz normal spricht, sondern dabei auch noch tiefste geistliche Erkenntnis vermittelt. Ich habe noch nicht alle acht Teile gesehen, doch das, was ich gesehen habe, läßt mich zum “Fan” dieses jungen Ordenspriesters werden. Er beweist eine unglaubliche Vertrautheit mit Gott, seiner großen Liebe. Einfach nur sehr gut. Voller Weisheit. Anschauen.

P. Luc Emmerich


Von ein bißchen außerhalb betrachtet

Thursday, 18. February 2016

Die Professoren Schockenhoff (den ich als Moraltheologen sehr schätze) und Striet (von dem ich ehrlicherweise noch nichts gelesen habe), werden diesen unbedeutenden Blog kaum lesen. Aber dennoch möchte ich etwas zu ihrer Replik auf die Kritik von Bischof Rudolf Vorderholzer aus Regensburg sagen.

Dabei sehe ich das aus der Brille desjenigen, der sich nicht selten (allein schon aus Gründen der Fortbildung) mit der medizinsichen Wissenschaft und ihrem Betrieb beschäftigt. Auch wenn es sich da um eine naturwissenschaftliche Richtung handelt, vermute ich mal, sind die “gruppendynamischen” Prozesse vergleichbar.

Zuerst zu der Stellungnahme von Prof. Schockenhoff. Einige wichtige Aussagen fielen mir gleich ins Auge:

Ebenso wie in anderen Disziplinen wird auch in der Theologie manches Schrille, Wichtigtuerische und Unsinnige geäußert, das niemand vermisst hätte, wenn es ungesagt geblieben wäre. Doch bedürfen derartige unüberlegte Wortmeldungen keiner Intervention des Magisteriums in den Prozess der wissenschaftlichen Auseinandersetzung, da sie durch diese selbst korrigiert werden.

Diese Aussage erinnert mich an das Mantra der Marktradikalen - misch Dich nicht ein, der Markt (hier = “die wissenschaftliche Auseinandersetzung”) regelt das von allein - so als gäbe es dort ein Naturgesetz, daß sich die Wahrheit quasi rausmendelt (der Herr Mendel dürfte biologisch Interessierten noch aus der Schulzeit vertraut sein). Das ist natürlich Unsinn. Ebensowenig wie es den von Habermas ja so oft gewünschten und dennoch unerreichten herrschaftsfreien Diskurs gibt - auch und gerade nicht in der Wissenschaft jeglichen Faches - gibt es auch keine von Beweggründen wie Eitelkeit, Anpassung, Angst, Streben nach Anerkennung, Besitzstandswahrung etc. komplett freie Wissenschaftsgruppen. In der Medizin fallen mir gleich einige Beispiele ein, wie schwer es Außenseiter trotz aller Daten hatten. Und in der Geisteswissenschaft gibt es manchmal keine sicheren “Daten”, sondern mehr oder weniger überzeugende Argumentationen.

Es ist ein Erfordernis intellektueller Redlichkeit, dem jeder in der Kirche verpflichtet ist, sich mit unzureichenden Antworten nicht zufriedenzugeben und ungelöste Probleme nicht zu verdrängen. Daher kann es zum Dienst der Theologie an der Glaubensgemeinschaft der Kirche gehören, dass sie sich dem Totschweigen ungelöster Probleme entgegenstellt.

Wer definiert das Problem als solches? Ist etwa die Unmöglichkeit der Frauenordination ein theologiewissenschaftliches Problem oder nicht vielmehr ein sozio-psychologisches? Wäre es nicht die Aufgabe der Theologie, bspw. diese Unmöglichkeit theologisch redlich und verständlich zu erklären - was ja auch manche Theologen tun, die aber natürlich nicht zur Gruppe von Schockenhoff/Striet gehören? Oder ist es nicht Aufgabe der Wissenschaft zu erklären?

Es widerspricht keineswegs der geforderten Loyalität gegenüber dem kirchlichen Lehramt, nach den Gründen zu fragen, warum einzelne die Lebensführung der Gläubigen betreffende Lehrmeinungen (etwa bezüglich der künstlichen Empfängnisregelung, der gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften oder der Zulassung Wiederverheirateter zu den Sakramenten) in breiten Kreisen des Volkes Gottes nicht rezipiert werden.

Wie wäre es, wenn man in der Klammer auch die gelebte Nächstenliebe, Verleugnung des Selbst, Ablehnen des Gottes Geld etc. aufführen würde? Auch hier gibt es eine deutlich gelebte Diskrepanz zwischen Lehramt und Gottesvolk. Was heißt das? Soll die Kirche das jetzt gutheißen?

Nun zu Professor Striet:

Wer sich in seinem religiösen Selbsterleben noch nicht darauf beschränkt, einer narzisstischen Wellness-Spiritualität alltägliche Opfer zu bringen, verbindet sein Katholischsein mit sozialem oder auch politischem Engagement und beruft sich auf das Zweite Vatikanische Konzil.

Gerade ist ja auch das Jahr des geweihten Lebens zu Ende gegangen. Ich frage mich, wie Prof. Striet deren Existenzberechtigung, insbesondere der strikt kontemplativen Orden, mit diesem Satz im Hinterkopf so zu beschreiben vermag…

Als Musterbeispiele einer solchen Theologenexistenz werden dann die ehemaligen Theologieprofessoren Joseph Ratzinger und Gottlieb Söhngen, der theologische Ziehvater Ratzingers, genannt. Von Letzterem werde sogar berichtet, er sei zwar aus traditionshistorischen Gründen gegen die Dogmatisierung der Leiblichen Auferstehung Mariens in den Himmel gewesen, habe aber bereits in deren Vorfeld erklärt, er werde sich, falls es dazu komme, der »Weisheit der Kirche« und deren »Glauben« beugen. Denn was sei dagegen die »Weisheit eines kleinen Professors«.
Moralisieren sollte man nicht vorschnell, jede und jeder ist Kind seiner Zeit. Aber Bischof Voderholzer sollte wissen, dass eine solche Gehorsamshaltung dem Zeitgeist der damaligen Zeit völlig entsprach und nichts Besonderes war.

Und diese Haltung sollte bis heute nichts Besonderes unter Katholiken sein. Es mag hierzulande nahezu 80 Mio. Fußballbundestrainer geben (nicht alle interessieren sich ja für Fußball), aber unter den fast 27 Mio. Katholiken hoffentlich nicht fast 27 Mio. Päpste, die über ihr eigenes Wahrheitsgerüst für sich abstimmen. Der Unterschied zwischen, wie es Professor Striet nennt, “Glaubensfreiheit” und Glaubenswillkür ist alles andere als klar in seiner Stellungnahme.

Und nicht zuletzt das folgende Zitat, das auch den gegenüber Prof. Schockenhoff in meine Augen deutlich überheblicheren Ton noch einmal darlegt:

Aber wenn Bischof Voderholzer unmittelbar nachdem er auf die brutale, menschenverachtende Unterdrückung der Religionsfreiheit und anderer in Nordkorea zu sprechen kommt, fragt, warum man sich nicht hierzu geäußert habe, und dann mutmaßt, das Thema Glaubensfreiheit sei wohl auf Fragen wie die der Ehelehre gemünzt, er bezogen auf diese die Forderung »Liberalisierung« wittert und eine solche Liberalisierung als Verhöhnung aller begreift, die wie der heilige Johannes der Täufer und der heilige Thomas Morus »gerade auch für das christliche Ehe-ideal den Märtyrertod auf sich genommen« hätten, dann wünschte ich mir doch eine ruhigere, akademisch gesättigte Unterscheidungsfähigkeit. In der »Tagespost« mögen solche Bezüge überzeugen. In einer Wissensgesellschaft lösen sie Kopfschütteln aus. Agierte die Theologie an Fakultäten im staatlichen Wissenschaftssystem so, würde dies ihr Aus bedeuten.

Es stimmt, Martyrium bis in den Tod und “ruhige akademisch gesättigte [sic!] Unterscheidungsfähigkeit” vertragen sich nicht so gut. Nun ist ja bekanntlich nicht das Blut der akademisch gesättigten Professoren , sondern das der Märtyrer der Samen der Kirche (Tertullian im 2. Jahrhundert). Daher ist das Kopfschütteln durchaus als Kompliment zu werten. Und das Entscheidende für die Bedeutung der Katholischen Theologie ist auch nicht ihre Tätigkeit im “staatlichen Wissenschaftssystem” oder ihr Ansehen darin, denn das ist nichts anderes als Eitelkeit, sondern der Dienst an der Einen Wahrheit, die Person ist.

Peter Winnemöller fragt und schreibt dazu:

Allein die Vorstellung, Wissenschaft könne ein Lehramt ausbilden, muß jedem Wissenschaftstheoretiker einen Schauder des Grusels über die Rücken jagen. Könnte es eine orthodoxe Physik geben? Könnte es ein Lehramt der Wirtschaftswissenschaften geben? Es erscheint unerklärlich, wie ausgerechnet Theologen auf eine solche Idee kommen können. Es zeichnet ein geradezu jämmerliches Bild von Wissenschaftlern, sich nur noch im eigenen Elfenbeinturm hinterfragen lassen zu wollen.

Und genau hier muß ich ihm widersprechen. Es ist sehr gut erklärlich. Genauso erlebe ich wissenschaftliches Leben. Natürlich gibt es eine orthodoxe Physik, wie auch eine orthodoxe Medizin. Die Peer Reviews der bedeutenden Journals entscheiden, was als veröffentlichungswürdig und damit als “neue Erkenntnis” publiziert werden darf und was nicht. Dabei gibt es sehr strenge Reglementarien und auch unausgesprochene Axiome. Als bspw. Stanley Prusiner die Prionen entdeckte, verstieß er gegen das Axiom, daß Strukturinformationen eines biologischen Körpers auch ohne RNA oder DNA übermittelt werden kann - jahrelang war er nicht anerkannter Außenseiter seiner Zunft. Ich habe persönlich Professoren kennengelernt, die selbst nach seinem Nobelpreis der These noch nicht trauten.
Und ich habe in der Medizin auch hervorragende Ärzte kennengelernt, die ihre Behandlungserfolge, die auf unorthodoxen(!) Vorgehensweisen beruhten (auch wenn sie gut zu erklären waren) nicht anständig publizieren konnten, sie wurden ständig abgelehnt.

Doch selbst das ist noch nicht einmal das Hauptproblem. Ich kenne die wichtigsten katholischen theologischen Journals nicht und weiß daher auch nicht, ob überhaupt die dt. Stimme da eine Rolle spielt (natürlich in der Wissenschaftssprache Englisch publiziert). Das Hauptproblem sind nicht die publizierten Arbeiten, sondern der Umstand, daß die Professoren ihre Erkenntnis für “die” Erkenntnis halten - das Problem ist die Lehre! Sie lehren nicht beides gleichwertig und gleichberechtigt und unvoreingenommen: ihre Meinung und die der Kirche, wenn sie davon abweichen. Die Kirche wird als Stimme im dtsprachigen Raum (das ist anderswo ganz anders!) gar nicht mehr als wissenschaftlich relevant wahrgenommen! Es stellt sich hier schon die Frage, inwiefern das System der staatl. katholischen Fakultäten da der Kirche noch einen Dienst tut (denn das sollen sie!). Soweit ich weiß, hat der verstorbene Pariser Erzbischof und Kardinal Lustiger ja genau aufgrund dieser Frage das Theologiestudium für Priesteramtsanwärter auch komplett ans Priesterseminar verfrachtet. Übrigens erntet das Erzbistum Paris jetzt auch Früchte (vielleicht auch deswegen) - auch wenn es dt. Professoren nicht gefallen mag.


Realitätscheck

Tuesday, 09. February 2016

Gestern hatte ich ein erhellendes Erlebnis:

während des Mittagessens in der Kantine sprachen wir in einer Gruppe über das schlechte Wetter und die abgesagten Rosenmontagsumzüge (ich arbeite in einer Stadt ohne große Karnevalstradition). Da meinte eine Teilnehmerin des Gespräches, Akademikerin und Führungskraft sinngemäß: wie kann man auch den Karneval in den Februar legen und sich dann über das Wetter beschweren.

Es war ihr absolut unbekannt, daß Karneval was mit Fastenzeit zu tun hat, daß dieses wiederum mit Ostern zu tun hat und Ostern nun einmal ein beweglicher Feiertag ist. Sie sei nicht religiös und habe damit nichts am Hut. Außerdem sei das, da wurde ihr von anderen assistiert, ja alles nur menschliche Konvention. Interessanterweise waren unter den Befürwortern dieses Standpunktes auch eingefleischte Fußballfans, deren menschliche Konventionen (=Fußball-Regeln) allerdings sakrosankt sind…

Stimmt, diese Konvention hat 1700 Jahre Geschichte auf dem Buckel und wird von 2 Mrd. Menschen so gehandhabt. Und daß Nichtglauben ein Rechtfertigung für Nichtwissen ist, habe ich auch nie verstanden. Immerhin gehören noch rund 50 Mio. Landsleute einer christlichen Gemeinschaft an und irgendwie war das ganze doch arg kulturprägend (von der Jahreszählung mal ganz abgesehen). Nein, man muß nicht wissen, daß Ostern immer der erste Sonntag nach dem ersten Frühlingsvolllmond ist, aber daß Karneval irgendwie mit Fastenzeit und dieses mit Ostern zusammenhängen könnte - tut mir Leid, für mich ist das Allgemeinbildung im europ. Kulturraum (wie auch Grundwissen über das Judentum und den Islam).

Es war alles in allem sehr erhellend: natürlich wußte ich irgendwie, daß auch nur das kleinste Einmaleins des christlichen Wissens kaum noch da ist - aber es ist ein doch dann überraschender Realitätscheck, dieses mal so ganz unerwartet präsentiert zu bekommen.


Platin-Regel

Thursday, 04. February 2016

Die Goldene Regel ist ja bekannt:

Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.

Doch besser ist die Platin Regel:

Behandle andere so, wie sie selbst behandelt werden wollen.

(Quelle)


Wer so alles katholisch spricht

Wednesday, 03. February 2016

Im 21. Jahrhundert sind auch manche überzeugte Kommunisten hier zitierfähig:

Es gibt nicht einfach verschiedene Wissensformen – das wissenschaftliche, das magische, das gesellschaftliche Wissen usw. Nein, es gibt wahres und falsches Wissen. Es gibt nicht einfach verschiedene Kunstformen – es gibt Kunst und Nichtkunst. Es gibt nicht einfach verschiedene Formen des Managements und der Administration – es gibt gute und falsche Politiken. Es gibt nicht einfach verschiedene sexuelle Praktiken – es gibt Liebe und Sex. Wir müssen wieder lernen, hart zu argumentieren – auf die Gefahr hin, Menschen weh zu tun. Ihre Betroffenheit, ihr Schmerz ist kein Maßstab für die Wahrheit. Und an ihr sollten wir uns trotz allem orientieren. Nur so gelangen wir zu einem Universalismus, der die Menschheit voranbringt.


Gelangweilt

Monday, 01. February 2016

Ich weiß nicht, ob es zu merken war in meinem letzten Beitrag: mich langweilt das alles zunehmend. Mich langweilt Kirchenpolitik. Mich langweilen die Kämpfe, unterstützt durch schlechte kirchliche Medien, die es nicht schaffen, auch mal 5 Minuten zu recherchieren. Mich langweilt das Durchsetzen von Agenden unterschiedlichster Art.

Gott dagegen ist hochspannend, Seine Hl. Schrift, Seine Heiligen, Sein Anspruch “Seid vollkommen, wie Euer Vater im Himmel vollkommen ist”, unter den die Kirche nie verkünden wird.

Das ist alles wichtig, der Rest ist dagegen Kirchenklatsch.

Natürlich ist es schade, daß eine der reichsten Nationen der Welt mit einigen der reichsten Ortskirchen der Welt es nicht gebacken bekommt, anständige kirchliche Medien aufzubauen, die einfach nur das sagen, was die Kirche lehrt und zwar so, daß es der Normalo auch versteht. Aber wer weiß, vielleicht ist das ja nicht gewollt (keine Sorge, ich rutsche nicht in den Kirchenklatsch ab). Es ist eben so, ich habe da wenig Einfluß. Mein Minizeugnis in meinem Leben, schon so schlecht genug, ist mein Teil - und meine Aufgabe, die niemand sonst erfüllen kann.


Wo bleibt das Popcorn?

Friday, 29. January 2016

Das wird noch spaßig.

Die Schweizer haben einen neuen Vertreter des Papstes, einen neuen Nuntius bekommen. Ein Amerikaner. Wer die Entwicklung der katholischen Kirche in den USA ein wenig verfolgt, wird sich nicht wundern, daß es sich um jemanden handelt, der das Eigene am Katholischen sehr akzentuiert. In den USA gibt es so viele stabile christliche Glaubensrichtungen, daß sich jeder was anderes in der Nähe aussuchen kann, wenn ihm das Katholische nicht paßt. Außerdem liegt “competitiveness” den Amis eh im Blut, damit wachsen sie auf. Jemanden von der eigenen religiösen Ansicht überzeugen zu wollen, ist dort alles andere als verpönt. Und daß Katholiken zu Rom stehen ebensowenig.

Und dann so einen zu den Schweizern - da darf sogar die KNA nicht schweigen und muß ihn erst einmal wahrheitswidrig verunglimpfen (er hat die Deutsche Bischofskonferenz natürlich nicht als häretisch bezeichnet!). Ja, das wird noch interessant.

[Nachtrag: sehe gerade, war nicht die KNA, von der der Artikel stammt, sondern das domradio in der Einleitung zum Artikel. Die Behauptung ist mit einem Fragezeichen versehen und wird nicht widerlegt - so etwas ist einfach mieser Journalismus. Die unwahre Behauptung geht ja auch nur gegen einen Bischof, deswegen hat das bei domradio schon Tradition.]

Irgendwie paßt es ja 100% ins Vorurteil, wenn manch ein Schweizer meint, aus Geldgründen besonders wichtig zu sein und deswegen mitbestimmen zu wollen, wer den Papst bei ihnen vertritt. Wenn man Papst Franziskus glauben kann, wird ihn das aber weniger interessieren als der berühmte Sack Reis.

Neenee, die Schweizer Katholiken und romtreu - da wird eher noch der Kölner Dom fertig! Aber was das heißt, weiß der fromme Rheinländer natürlich. Daher dürfen wir uns bestimmt noch auf lustige Kirchen-Episoden bei den Eidgenossen freuen.


Ach ja …

Saturday, 23. January 2016

Ich war mir nicht sicher, ob ich über diese “Schlusserklärung” nicht doch lieber den verschämten Mantel des Schweigens werfen sollte, doch irgendwie ist sie auch eine Selbstoffenbarung der besonderen Art.

Die dt. katholische gutbürgerliche Theologie, international zunehmend irrelevant, feiert mal wieder sich selbst und ihr abstruses Bild von dem, was sie als Kirche sehen.

Die wissenschaftliche Theologie als Lehramt neben den Bischöfen. Aha.

Mission bestehe aus Diakonie und Caritas, aus Verkündigung explizit nicht. Soso.

Es werden Worthülsen wie

Wir stehen dafür ein, die Unentbehrlichkeit religiöser Sinn-Ressourcen für den zivilgesellschaftlichen Diskurs aufzuzeigen und eine religiöse Bildung zu fördern, die der Beantwortung der Sinnfrage in der freien Gesellschaft dient, ohne vereinnahmen zu wollen

produziert (passend zur Anti-Mission)

und wird andererseits Blödsinn wie

Die gemeinsame Schlusserklärung wurde am 7. Dezember 2015 verabschiedet. Fünfzig Jahre zuvor wurde die gegenseitige Exkommunikation zwischen Ost und West dem Vergessen anheimgestellt.

geschrieben (Hinweis: die Westkirche und die Ostkirche haben sich gegenseitig nie exkommuniziert, aber was stören schon Fakten!).

Tja, Leute, wer von Euch macht das wohlsituierte Licht aus?

Aber was soll’s. Es werden weiter Menschen vor dem Allerheiligsten knien, das Mysterium würdig gefeierter Liturgie anbetend mitvollziehen, im Nächsten Christus sehen und es auch sagen(!), ihren Kindern von der Freude des Christseins in der weltweiten Kirche Jesu erzählen, die großen treuen Theologen der gesamten Kirchengeschichte lesen, die Biographien der Heiligen studieren und zum Vorbild nehmen, die ewige Jungfrau und Gottesmutter Maria als ihre Mutter um Hilfe bitten, weiterhin all das für wahr halten, was die Gemeinschaft der Kirche über alle Generationen als wahr lehrte …

… während C4-Professoren gekränkt darüber trauern, daß sie trotz all ihrer Schlauheit nicht mitregieren dürfen.


Widersprüchlich

Sunday, 17. January 2016

Der Beitragstitel bezieht sich nicht auf meine Bewertung dieses Buches - ich finde es sehr gut und auf alle Fälle empfehlenswert. Die wichtigsten Mystiker des katholischen Abendlandes werden vorgestellt - allerdings auch nur diese. Die Ostkirchen, deren mystische Tradition deutlicher größer ist als im Westen, werden komplett ausgespart, Protestanten erscheinen ebenfalls nicht.
Dennoch gibt es gerade für Katholiken eine gut lesbare und interessante Übersicht, die Lust auf mehr macht. Jede vorgestellte Persönlichkeit wird auch in ihren Zitaten kurz vorgestellt, in meinen Augen manches Mal zu knapp für einen guten Eindruck.
Großen Wert scheint der Autor auf etwas zu legen, was mir widersprüchlich erscheint - eine mystische Orthodoxie im Sinne einer Rechtgläubigkeit der mystischen Erfahrung. Die mystische Theologie ist der stammelnde Versuch, intensive Gotteserfahrung zu artikulieren. Dabei gibt es in den Augen des Autors offensichtlich eine Art “Mainstream”, die manche Erfahrungen für nicht christlich deklariert. Interessanterweise fallen darunter die Behauptungen von Meister Eckhart aus dem 13. Jahrhundert, dem bekanntesten dt. Mystiker, nachdem wir schon hier im irdischen Leben Gott in seiner Wesenheit unverhüllt erkennen können und manche Meinung der mir zuvor unbekannten Marguerite Porète, einer Zeitgenössin Eckharts, die ähnliches postulierte.
Ich bin mit dem Autor der Meinung, daß es auch Irrwege der Mystiker geben kann - dafür haben wir ja die Korrektur durch die Kirche, die ich für eminent wichtig halte, damit aus manchen Theologen und interessierten Laien keine Gnostiker werden, die meinen, es eben mehr als andere “durchblickt” zu haben - doch ist das ganze in der Mystik nicht einfach in Schubladen zu stecken. Problematisch wird es aber immer dann, wenn mystische Erfahrungen in Worte gepackt werden und die Person versucht, diese höchst individuelle Erfahrung zu verallgemeinern.
Daher: ich verstehe das Anliegen des Autors, teile es auch, finde aber die Wortwahl manchmal etwas zu herb (auch bzgl. esoterischer “Angebote”). Das Anliegen des Buches aber, die Vorstellung herausragender Mystiker, wird voll erreicht.